Für Insider heisst er schlicht „Rotary 1“. Gemeint ist der Stadt-Zürcher Rotary, der zum weltweiten Serviceclub-Netzwerk gehört. Im Rotary 1 sitzt, wer in Zürichs Wirtschaft Rang und Namen hat.
Zum Beispiel Philipp Hildebrand. Oder auch sein Vertrauter Markus Neuhaus. Neuhaus ist Chef der Prüfgesellschaft PwC, welche die Bücher von Hildebrands Ex-Arbeitgeberin Nationalbank unter die Lupe nimmt.
Die Nähe könnte sich beim brisanten PwC-Gutachten, das Hildebrand von jeglicher Schuld freigesprochen hatte, bezahlt gemacht haben. Was dieses taugt, dürfte sich bald klären. Laut NZZ steht ein Zweit-Gutachten von KPMG kurz vor der Publikation.
Für PwC-Chef Neuhaus droht das umstrittene Hildebrand-Gutachten zum persönlichen Waterloo zu werden. Plötzlich ist es für den mächtigen Strippenzieher des Finanzplatzes und seine einflussreiche PwC nicht mehr möglich, wie bisher im Versteckten zu operieren.
PwC-Kritiker monieren den diktatorischen Führungsstil von Neuhaus. „Mit Kritik kann Markus Neuhaus nicht umgehen“, sagt ein PwC-Mann. „Partner, welche ihn oder seine Entscheidungen kritisieren, haben nichts mehr zu lachen.“
Unter der Herrschaft von Neuhaus soll es zuletzt zu rund einem Dutzend Abgängen von hohen Kaderleuten gekommen sein, sagt eine andere Quelle.
Am meisten zu reden gab die Trennung von Andrin Waldburger, einem Weggefährten von Neuhaus seit über 20 Jahren. Waldburger wurde von Neuhaus im Frühling 2009 aus der Firma katapultiert. Offizieller Grund war eine freundschaftliche Beziehung Waldburgers zu einer PwC-Personalfrau. Zum Verhängnis wurde Waldburger, dass er die Frau nach offenbar vorgetäuschtem Krankenurlaub nicht unverzüglich entlassen hatte.
Laut PwC-Quellen steckte ein Machtkampf mit Neuhaus hinter Waldburgers Absetzung. Neuhaus hatte 2003 den CEO-Job bei der PwC übernommen und hätte nach drei Amtsperioden mit je 3 Jahren Mitte 2012 abtreten müssen.
Im Herbst 2008 brachte VR-Präsident Hans Wey den Vorschlag vor die 170 PwC-Partner, die Amtszeitbeschränkung des CEOs aufzuheben. Rund zwei Drittel der Partner lehnten dies ab. „Das war eine riesige Überraschung für die Väter des Vorhabens“, sagt ein PwC-Partner.
Kurze Zeit später habe PwC-Präsident Wey das Geschäft erneut vor die Partner bringen wollen, sagt die Quelle. Dabei sei Waldburger zum grossen Gegenspieler von Wey und Neuhaus geworden.
Waldburger war damals Chef der Service-Linie Steuern. Während es dort mit ansehnlichen Wachstumrsraten aufwärts ging, gerieten die zwei übrigen Service-Linien Audit und Beratung unter Druck.
Waldburger soll sich als Chef der boomenden Tax-Division in strategische Fragen eingemischt haben, sagt der Insider. Das habe Markus Neuhaus, der als CEO zusammen mit dem Präsidenten ein enges Tandem bilde und für die Strategie zuständig sei, nicht goutiert.
Als die Aufhebung der CEO-Amtszeitbeschränkung erneut aufs Tapet kam, habe Waldburger das Kind beim Namen genannt, sagt die PwC-Auskunftsperson. Das sei eine „Lex Neuhaus“, seien Waldburgers Worte gewesen.
Kurze Zeit später war Waldburger Geschichte. In nur drei Wochen, von Mitte Februar, als er seine krank geschriebene interne Vertraute überraschend auf der Skipiste getroffen hatte, bis Anfang März soll das Verhältnis zwischen den beiden langjährigen Weggefährten Neuhaus und Waldburger in Brüche gegangen sein.
Die Trennung verlief unschön. Waldburger soll Neuhaus herausgefordert haben. Der machtbewusste PwC-Chef hätte die Vorwürfe gegen Waldburger schriftlich auflisten und in einer Abgangsvereinbarung aufführen müssen. Das hätte für Neuhaus zum Problem werden können.
Zuletzt habe Heinrich Koller, Ex-Chef des Bundesamts für Justiz zur Zeit von Christoph Blocher als Justizminister, als Mediator geschlichtet. Koller sitzt in einem Beirat der PwC Schweiz.
PwC-Chef Markus Neuhaus ging zuletzt als Sieger aus dem Machtkampf mit Waldburger hervor. Waldburger wäre der logische Nachfolger auf dem PwC-CEO-Stuhl ab Mitte 2012 gewesen. Nun hatte es den Neuhaus-Kritiker weggefegt.
Zurück seien Ja-Sager geblieben, sagt eine andere PwC-Quelle. Zudem helfen familiäre Bande an der Spitze. So sass jahrelang ein Schwager von Neuhaus im PwC-Spitzengremium.
Mitte Jahr wird nun Neuhaus Präsident des PwC-Verwaltungsrats. Sein Nachfolger als CEO ist ein langer Weggefährte. Er gilt nicht als widerborstiger Typ, der seine eigene Meinung äussern würde.
Damit dürfte Neuhaus sein persönliches Ziel erreicht haben und Mister PwC im Land bleiben. Diese Rolle fiel bisher dem CEO zu. Mit seinem Wechsel vom CEO- auf den Präsidenten-Stuhl dürfte sich die Macht ins Aufsichtsgremium verschieben.
Eine PwC-Sprecherin wollte keine Fragen für diesen Artikel beantworten. Neuhaus-Widersacher Waldburger nahm keine Stellung.
Ob sich Neuhaus als weiterhin starker Mann für die PwC bezahlt machen wird, muss sich weisen. Neuhaus gilt zwar als belesen, intellektuell stark und kräftig im internen Auftritt. Viele fühlen sich davon eingeschüchtert.
Mit seiner Nähe zur Elite ist Neuhaus aber in gefährlichen Gewässern unterwegs. Mit Hildebrand war er von 2008 bis 2010 auch im Führungsorgan der “Stiftung zur Förderung des Studiengangs Master in Law and Economics an der Universität St. Gallen” zusammen.
Im Herbst 2008 durfte Hildebrand im Zunfthaus zur Meisen an einem berühmten PwC-Netzwerk-Event auftreten.
Seine Nähe zu Hildebrand sieht der PwC-Chef nicht als Problem. „Wir sind die unabhängigste Stelle, die es gegenüber der Nationalbank überhaupt gibt“, sagte Neuhaus der „Aargauer Zeitung“ und der „Südostschweiz“ Ende Januar. Dann haute er auf den Putz. „Wenn jemand behauptet, wir hätten ein Gefälligkeitsgutachten ausgestellt, ist das schlicht und einfach dumm.“
Einer der Gutachter war Thomas Romer. Romer, ein Partner innerhalb der PwC-Service-Linie Wirtschaftsprüfung und Leiter Bankenrevision, ist Leitender Revisor der SNB.
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