Beizensterben im Zürcher Seefeld?
Dass 2023 mit dem Hornegg und dem Schlüssel binnen weniger Monate gleich zwei Quartierbeizen im Besitz der Stadt Zürich schliessen mussten, klingt wie eine Katastrophe für ein kleines Einzugsgebiet wie den Kreis 8.
Doch das Gegenteil ist der Fall, es gibt im Gegenzug Platz für neue Ideen, wenn sie mit Liebe ausgeführt werden. Der Bestand hält derweil sein Niveau oder legt zu.
Ein diskretes, aber wegweisendes Beispiel für einen neuen Betrieb ist das Café Draft an der Wildbachstrasse.
Klein und doch luftig, ist es mit „Functional Drinks“ und Spezialitätenkaffees („Chagagino“ mit pulverisiertem Chaga-Pilz, gesüsst mit Monkfruit, Investors take note) sowie Brunch am Wochenende auf eine junge, gesundheitsbewusste Klientel im Kreis 8 ausgerichtet.
Das Draft ergänzt mit seinem eher femininen Profil das direkt an der Seefeldstrasse gelegene, supergemütliche Café Serge von Moritz Richter.
Erfolgreich ist auch das Maison 33 an der Ecke Dufourstrasse-Höschgasse, wo der Kanadier Matt Witt seit rund vier Jahren mit Charme und frischem Angebot überzeugt.
Aufgrund ihrer Grösse ziehen diese Lokale wenige Gäste aus den umliegenden Quartieren an, weshalb man selten von ihnen hört.
Doch wer sie besucht, erlebt die gelöste Stimmung des Quartiers am Seeufer auf unmittelbare Weise.
Dies gilt erst recht für Tyler Brûlés Café Monocle, wo sich buchstäblich die ganze Welt zum Kaffee und abends zum Apéro trifft – nirgends im Land dürfte die Expat-Dichte höher sein.
Brûlés Lokal ist seit mehreren Jahren erfolgreich, auch, weil er mehrmals jährlich die lokale Kreativszene zu saisonalen Produktemärkten versammelt.
Es gibt dann Keramik, Parfums, Lederwaren, Cocktails und Wäsche zu erwerben, sämtlich von den Betreibern kleiner Maker-Labels aus der Stadt persönlich angeboten.
Die Seefeldstrasse kreuzt vor der Zolliker Gemeindegrenze die Linie des „Goldküsten-Express“ der S-Bahn. An dieser Schnittstelle liegt die denkmalgeschützte Mühle Tiefenbrunnnen.
Michael Wehrli als Statthalter der Besitzerfamilie ist hier für zwei spannende und erfolgreiche Gastrobetriebe verantwortlich.
In der Blauen Ente wirtet mit grossem Engagement Geschäftsführer Alexandre Hannemann, der bis zur Schliessung des erwähnten, im Besitz der Stadt befindlichen Restaurants Schlüssel, ebendort als Pächter aktiv war.
2024 wurde mit Tobias Buholzer (zuletzt Rose in Rüschlikon) ein profilierter Küchenchef angeheuert. Die Gerichte sind modern und im Vergleich zu gewissen Traditionslokalen im Kreis 1 bestens bezahlbar.
Ergänzend ist das Café Kornsilo vis-à-vis der Blauen Ente ein geräumiger und genussvoller Ort für den Aufenthalt tagsüber.
Nicht zu vergessen: Gleich auf der anderen Seite der Gleise liegt mit der Brasserie Seefeld das Lokal, wo die besten Ravioli al Plín der Stadt serviert werden.
Der Sarde Antonio Mancosu ist dort seit vielen Jahren für die Küche verantwortlich und verkauft sein Lokal fast jeden Abend aus. Der Lunch ist zu empfehlen.
Erwähnt sei weiter die Enoteca Riviera an der Dufourstrasse, ein Geheimtipp-„Italiener“ mit überdurchschnittlich stimmungsvollen Räumen, tollen Weinen und einer Küche, die sich auf Italiens Traditionen besinnt.
Die Crew des geschlossenen Hornegg unter ihrem herzlichen Chef Ruben Vaithilingam ist übrigens seit 2022 im unprätentiösen Tüfenegg schräg gegenüber des Riviera anzutreffen.
Ein Wort zur Fischerstube, die im Besitz der Stadt ist und von der Commercio AG geführt (Mère Catherine, Commihalle, Collana auf dem Sechseläutenplatz und Ora-Bar im Unterdorf) wird.
Mit Philippe Garrod ist hier ein junger Geschäftsführer am Werk, der den Gastrobertrieb unter der beeindruckenden Strohdachkuppel mit wasserbezogenen Kulinarik-Events anreichert und zum Beispiel Abende mit dem Räucherexperten Patrick Marxer oder Shanty-Nights durchführt.
Ebenfalls mehrheitlich im Fischbereich angesiedelt und noch kaum bekannt: Mit dem Mura an der Fröhlichstrasse eröffnete der ehemalige Küchenchef des verrückt exklusiven Sushi Shin beim Münsterhof ein klitzekleines Omakase-Restaurant.
Zum Lunch werden Bento-Boxen serviert. Achtung – das Lokal ist nur für eineinhalb Jahre hier, im Anschluss folgt eine Renovation.
Es wäre eine Unterlassungsssünde, das Razzia in den Räumen eines ehemaligen Kinos nicht zu erwähnen.
An kaum einem Ort in der Stadt ist das Raumerlebnis spektakulärer und luxuriöser, die Küche ist modern und nicht übertrieben teuer (für Zürichs Verhältnisse), könnte allenfalls klarer profiliert sein.
Die Desserts von Felicia Ludwig sind hingegen benchmarkmässig ästhetisch und ebenso fein.
Ein Ausrufezeichen setzt die Wiedereröffnung der ehemaligen Pizzeria Capri, geplant auf Mitte Mai. Hinter dem neuen Konzept stehen Daniel Kehl, seine Partnerin Ivona Kehl-Perkovic und Markus Stöckle vom Rosi beim Lochergut.
Wer Stöckle kennt, weiss, dass er gemeinsam mit seiner Lebens- und Geschäftspartnerin Elif Oskan (Restoran Gül an der Tellstrasse, Gül Express beim Hauptbahnhof) in den letzten Jahren die Zürcher Gastroszene kräftig dynamisiert hat.
Mit Charles Aggett als viertem Partner wird ein ehemaliger Sous-Chef des Rosi in der Küche des Capri das Kommando haben.
Daniel Kehl ist Mitgründer des erfolgreichen Labels für Gemeinschafts-Gastronomie TwoSpice (Yooji’s, Rice Up, Nooba, Yalda), an dem sich mittlerweile Coop substanziell beteiligt hat.
Darüber hinaus ist er nach wie vor Miteigentümer der längst etablierten Seefeld-Lokale Iroqouis und Totó.
Das neue Capri ist für Kehl und seine Gruppe von Partnern jedoch unabhängig von bisherigen Vorhaben und „eine reine Herzensangelegenheit“, wie er im Gespräch sagt.
Was das Angebot betrifft, will das neue Capri-Team sich noch nicht in die Karten schauen lassen. Doch man darf fest damit rechnen, dass die Gastronomie im Kreis 8 diesen Frühling einen zusätzlichen Energieschub erfährt.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Danke für Ihre Replik, HGH.
Ich denke auch nicht, dass das Seefeld in einem Gastro-Sterben steckt. Vielmehr verändert sich die Gastroszene – und zwar in ganz Zürich.
Für die eher konservative und inerte Leserschaft von IP, die Zürich mit Neid und Argwohn betrachtet, ist das natürlich nicht so einfach. Das hat auch nicht nur mit kapitalistischen Immobilieninvestoren zu tun, sondern ebenso mit der Nachfrageseite.
Diese mag zwar etwas internationaler sein, doch das muss nicht schlecht sein. Jemand muss ja schliesslich Geld in Restaurants ausgeben. „Der Schweizer“ isst ja lieber sein Café complet in seinen eigenen vier Wänden …
Die alten Beizen wollte letztlich ohnehin niemand mehr wirklich sehen.
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aufgesetzte Betriebe
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DRAFT. Coffee furchtbar, die Karikatur eines Expat-Lokals, das Monocle ebenfalls eine Expat-Wüste und für die Nachfolge des Capri (früher ein sympathischer Italiener) schwant einem Schlimmes. Und zum Schluss: Es gibt nicht Provinzielleres als eine Speisekarte nur auf Englisch – für die halt, die keine Sprachen können.
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DRAFT, ja auf jeden Fall ein Insta-vermarktetes Lokal für Expats, die auch mal ins Seefeld reisen um was zu entdecken. Immer mit der Hoffnung, vielleicht einen reichen Schweizer aus dem Seefeld kennenzulernen. In englisch, natürlich. Facts: Der Kaffee ist schlicht AMAZING!
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Es handelt sich hier ja nicht um eigentliche Empfehlungen, eher um einen kleinen Spaziergang durchs Quartier als Antwort auf https://insideparadeplatz.ch/2025/03/15/zuercher-seefeld-das-grosse-beizen-und-bar-sterben/
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Starbucks Café „amazing“..😂
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Das liest sich ja sūffisanter als Seiler‘s wöchentlicher Menütipp.
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Mir ist Zürich zu aufgeblasen. Pittoresk, wunderschön hergerichtet- und sauteuer. So eine Art Rolls-Royce unter den Weltstädten, einfach ohne Welt. Dafür mit einer sozialen Kälte, die es wirklich in sich hat! Das Seefeld ist ein Soziotop, eine hermetische Welt mit dem Charme eines Architekturmuseums. Ein idealer Ort für Snobs und (zugezogene) Neureiche. Richtige Weltstädte sind voller Leben und voller Gegensätze. Zürich hingegen ist steril, reich und kalt, brrrrr..! Aber in meiner Erinnerung ist Zürich ein Stück Heimat und wird es immer bleiben. Das schreibe ich aus „Korean Town“ oder Malate in Manila.
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Eon weiteres HIGHLIGHT im Seefeld ist das Restaurant Gandria! Das Menu Surprise (oder besser, sorpresa) ist himmlisch kreativ.
Hingegen teile ich die Begeisterung für das Monocle und Razzia nicht- sind mehr eine ‚Base‘ für seelenlose Hipsters und Expats.
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Ja, ich habe einige Lokale bewusst nicht erwähnt. Es ging grad nicht um einen kompletten Guide, nur um einen Spaziergang als Antwort auf https://insideparadeplatz.ch/2025/03/15/zuercher-seefeld-das-grosse-beizen-und-bar-sterben/ … Hatecke ist spannend, das Cocktail-Labor No Idea ebenfalls. Die Bar im La Réserve ist toll, das Fumoir erst recht. Es gibt auch noch Blumenau/La Zagra, oder das absolut grossartige Flühgässli. Schade, dass die meisten Kommentierenden hier anscheinend keine Lust haben, für solche Erlebnisse Geld auszugeben.
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Auf das Capri kann das Amalfi gut verzichten!
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Die renditegeilen Immobilienbesitzer machen den Gastronomen das Leben schwer denn Sie haben keine Ahnung was es bedeutet ein Gastrobetrieb einigermassen profitabel zu betreiben.
Dazu hat die Plandemie Zeit hat dieser Branche immens geschadet. Nicht nur finanziell sondern auch personell. Gute Mitarbeiter haben in dieser Zeit einen anderen Job gefunden und sind nicht wieder zurück.
Gastronomie ist ein hartes Business. Teure Infrastruktur wie Küche, Geräte und Inventar, Arbeiten wenn die anderen Frei haben, immer freundlich sein, immer alles frisch haben wollen und dazu die absurden Vorschriften der Behörden. Für fiktive Parkplätze anhand der Sitzplätze bezahlen.
Luxus Designertaschen für einige Tausend zu kaufen welche für wenig Geld produziert werden nur weil darauf ein bestimmter Name steht, ist ja kein Problem.
Es wäre schön mit etwas mehr Dankbarkeit und Respekt den Betreibern von Gastronomischen Betrieben zukommen zu lassen.
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Zürich ist megaout! Ausser bei den woken Insassen und den Expats…erstere können sich das zunehmend nicht mehr leisten, zweitere sind geistig verwirrte Globalistennommaden, die nach dem bevorstehenden Niedergang auch weg sein werden. Auswärtige kommen wegen Kulinarik kaum mehr nach Zürich, man will sich ja nicht an allen Ecken nötigen lassen.
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sehe ich genau so
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Schon verdächtig wenn man so eine Promotion für Restaurants im Seefeld schreiben muss … ausser dem Conti und allenfalls dem Amalfi, vielleicht noch Bimi kann man alles vergessen im Seefeld. Kundschaft sin eh nur expats, die temporär dort leben
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Der Bruder von Creme Brulé?
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Der Onkel von Tyler Swift
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Mit Verlaub, als Promotor des Zürcher Food Labels ‚Toxic Restroom Recycling Company‘ kann ich das so nicht stehen lassen. Die Gastronomie im Kreis 8 ist (wie auch in allen anderen Kreisen Zürichs) eine Reise wert.
Heute kann ich den Kartoffelsalat aus dem Glas empfehlen (mit 1A Nitratpökelsalz und erlesensten Stabilisatoren). Dazu eine einseitig geflämmte Fleischkäsescheibe mit Löwensenf. Für 33.50. Heute als Promotion: ein Glas warme Cola dazu für nur 6.50 zusätzlich. Eiswürfel 1.50 pro Stück.
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Synergieeffekte Gastronomie und Spitäler …. 🤔
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Korrektur!
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Wo in Zürich kann ich meine Bestellung noch in Mundart aufgeben?
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Ausländische Billiglöhner, Fertigprodukte aber zu Höchstpreisen.
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Und die Bestellung muss ich dann auf albanisch, polnisch oder türkisch aufgeben! Nein, danke!
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Da fehlt der Hinweis ‚Publireportage‘.
Fact ist, die Zürcher Gastro-Szene ist zu teuer für den Frass den sie auftischt. Da hilft auch Werbung in eigener Sache nichts.
Café Draft: Cappucino 6 Franken. Filterkaffee 7 Franken.
Brasserie Seefeld: kaputte Website. Monocle scheint jedenfalls kein Restaurant zu sein, sondern so ein Dropshipping Store.Beim Rest habe ich nicht verstanden, was der Autor eigentlich verkaufen möchte.
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Ein Autor, der seinen eigenen Namen falsch schreibt. Es wird immer besser.
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Mehrheitlich vorgekochte Fertigprodukte zu Höchstpreisen!
Tiefkühl-Gemüse,
gefrorene Fischfilets.
Kartoffeln im Glas.
Rühr-Ei aus dem Tetrapak etc.-
Rührei aus dem Tetrapak, love it!
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Große Expat-Dichte, nein Danke!
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Zurück zu Zwingli:
Zürich will eine Stadt ohne Werbung werden: Betroffen sind Plakate und Bildschirme auf öffentlichem Grund, also auf Bürgersteigen, Leuchtdrehsäulen, an Tramstationen und Bahnhöfen.
Alles, was kommerzielle Werbebotschaften trägt, kurzum alles, was öffentlich wirkt – und damit den Sinn von Werbung erfüllt – soll dort künftig beschränkt oder verboten sein. Auch das Verbot bestimmter Werbeinhalte wird erwogen. Unterbleiben soll beispielsweise Reklame für Billigflüge, die Bürger mit bescheidenem Portemonnaie anspricht. Anführer des Kreuzzugs sind Alternative, Grüne und Linke.
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Wie sagte Waigel doch im Deutschen Bundestag:
Dieses Land wird von Idioten regiert.
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Es ist amüsant, wie sich die Touris, Oligarchen und Expats von der Zürcher Gastro-Szene übers Ohr hauen lassen. Aufgewärmter Convenience-Frass hier, Gammelfleisch dort – Hauptsache schön teuer und schlecht.
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Expats sind nicht anderes gewöhnt!
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ZürcherInnen kann man leicht übers Ohr hauen, weisse Tischtücher, weisse Servietten und schon meinen sie das Essen sei gut!
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Irgendwo einfach reinsitzen und Generationen von bisherigen Gästen und Geschichten zu eigen machen und Leute treffen geht in keinem der erwähnten Orte. Hast keine Superlative gibts keine Helden.
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Und lass mir den Hand (Sic!) Georg schön grüssen.
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Seit wann bist Du den wieder draussen?
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Was soll dieses Geschreibsel?
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Dieser Mann hat den Überblick.
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Hand – auch ein Expat, der die Preise im Seefeld nach oben treibt?
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Das Essen kann noch so gut sein. Der Gesamteindruck ist schlecht. Die Polizei und Politiker schauen weg, wenn direkt neben ihnen Graffiti-Schmierereien stattfinden. Das Seefeld nicht mehr vorzeigbar.
Es ist amüsant, wie sich die Touris, Oligarchen und Expats von der Zürcher Gastro-Szene übers Ohr hauen lassen. Aufgewärmter Convenience-Frass…
Mehrheitlich vorgekochte Fertigprodukte zu Höchstpreisen! Tiefkühl-Gemüse, gefrorene Fischfilets. Kartoffeln im Glas. Rühr-Ei aus dem Tetrapak etc.
Ausländische Billiglöhner, Fertigprodukte aber zu Höchstpreisen.