Die englische Labour-Opposition plant die Grossbanken-Zerschlagung, ebenso wie SPD-Kanzlerkandidat Peer „Peitschen“-Steinbrück. Die Finanzaufseher ziehen jetzt noch stärker die Schrauben an.
Gleiches muss die Industrie hierzulande nicht befürchten. Zwar ist das Problem Kleinstaat versus Riesen-Finanzkonzerne so gross wie sonst nirgends. Doch eine gesunde Distanz zwischen Aufsicht und Industrie fehlt.
Grund ist die enge Verbandelung zwischen Aufsicht und Beaufsichtigten. Manche Chef-Aufseher erwecken durch ihren Karriereweg gar den Eindruck, dass sie ihren Aufstieg in der Finanzindustrie beschleunigen, indem sie diese schonen.
In dieses Fahrwasser hat sich die zweithöchste Finma-Frau Monica Mächler manövriert.
Beim Versicherungsmulti Zürich war Mächler einst aufsteigende Juristin. 2007 wechselte sie dann die Fronten und wurde an die Spitze der Versicherungsaufsicht nach Bern geholt.
Gross heraus kam Mächler 2009, als der Banken- und der Versicherungsregulator zur Finanzmarktaufsicht (Finma) fusioniert wurden. Da kriegte Mächler das einflussreiche Vizepräsidium im Finma-Verwaltungsrat zugesprochen.
Dort war es Mächlers oberste Verpflichtung, den Versicherungen auf den Zahn zu fühlen. Hat sie das getan?
Das ist wenig wahrscheinlich. Sonst hätte sie ihren nächsten Karriereschritt vermutlich kaum vollziehen können.
Mächler verliess gestern den Finma-VR, um nächsten Frühling nach einer Abkühlphase von ein paar wenigen Monaten den VR ihrer Ex-Firma, der Zürich-Versicherung, zu verstärken.
„Revolving door“ nennen die USA den geschmeidigen Wechsel von Industrie zu Aufsicht und zurück.
Bekannt wurden Goldman-Sachs-Kader, die vor und während der Finanzkrise durch die Drehtür der US-Regierung ein- und ausgingen.
„Revolving“-Mächler führte einzig bei der „Bilanz“ zu leiser Kritik.
Trotz operativer Distanz, die Mächler als Finma-VR gehabt habe, bleibe „ein Gschmäckle, wenn die oberste Versicherungsaufseherin zwischen Regulierer und Reguliertem hin und her pendelt“.
Die Franzosen würden solche Wechsel „Pantouflage“ nennen, meinte die Zeitung.
Statt spitze Bemerkungen oder gar die Verordnung einer ein- oder mehrjährigen „Cooling off“-Periode kriegte Monica Mächler von ihrer Präsidentin ausschliesslich dickes Lob.
Praktisch zeitgleich mit Mächlers Ausscheiden schob die Finma die geplante scharfe Versicherungsaufsicht auf die lange Bank.
Genau an solchen Entscheiden manifestiert sich das Kernproblem.
Selbst wenn Mächler ihren Job bei der Finma mit der nötigen Distanz zu den Versicherungen verübt haben sollte, rückt ihre „Revolving“-Karriere eine für das Land zentrale Behörde in trübes Licht.
Mark Branson heisst ein anderer Finma-Topshot mit besonderer Nähe zu den beaufsichtigten Instituten.
Branson stand im Sommer 2008 im Welt-Scheinwerferlicht, als er vor einem US-Senatsausschuss die Mithilfe der UBS bei Steuerhinterziehungen von vermögenden Amerikanern eingestand.
Damals war Branson ehrgeiziger Finanzchef der UBS-Division Vermögensverwaltung. Wenige Monate später kam es zum Krach.
Branson hatte sich per Mail bei Chefs und Kollegen darüber beschwert, dass er nach dem Aufräumen im US-Steuerdisput nichts Spannendes mehr zu tun habe, wie eine Quelle sagt.
Mit seiner Selbstinszenierung geriet Branson an die falsche Adresse. Der preussische Oswald Grübel, der in der Zwischenzeit als Retter das CEO-Steuer übernommen hatte, stellte den Engländer in den Senkel.
Branson brauchte etwas Neues. Im Herbst vor 3 Jahren wurde er fündig. Die Finma kürte ihn zum neuen Chef-Aufpasser über alle Banken des Landes.
Damit hatte Branson einen der wichtigsten Jobs der Industrie. Es ging darum, die Grossbanken sicher zu machen, sodass nie mehr der Steuerzahler für sie bluten müsste.
Die Regulierung unter Branson blieb moderat, auch wenn sich UBS und CS öffentlich beschwerten. Das gehörte zum Spiel.
Es folgten UBS-Skandale um Libor-Manipulationen und Adoboli-Derivatecrash. Nun hätte es einen scharfen Watchdog mit genügend Distanz zur UBS gebraucht.
Branson verkörpert das Gegenteil. Der Banken-Aufseher trat weder bei der Libor- noch bei der Adoboli-Untersuchung in den Ausstand.
„Die einjährige Cooling-off-Periode von Mark Branson ist schon seit Längerem abgelaufen“, begründet ein Finma-Sprecher. „Es gibt keine Gründe für einen Ausstand im Fall Adoboli.“
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Alex Durrer, Chefökonom der LGT Group, ist allerdings überzeugt, dass die Perspektiven am Finanzmarkt vor allem vom Ausgang der chronisch-akuten Strukturprobleme abhängen. Für Anleger bleibe vor diesem Hintergrund eine disziplinierte Diversifikation ein Muss. Gegenüber Risikoanlagen ist Durrer vorsichtig. Statt dessen setzt er auf Cash, Gold und den japanischen Yen, seit der Schweizer Franken zum „Euronuch“ degradiert ist.
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Solche Personalbewegungen wie auch andere Vorkommnisse bringen es mit sich, dass man Zweifel kriegt, dass die FINMA sich wirklich um den Anlegerschutz bemueht. Vielmehr wird hier Artenschutz für Banken und Versicherungen betrieben. Nur so ist zu Erklaeren, dass die Vorkommnisse um BVK, BKB etc. etc. bis jetzt keine nennenswerten personellen Konsequenzen hatten.
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Die Finma ist für Mitarbeiter mit Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche, die in der Nähe der beiden wichtigen Finanzdienstleistungszentren in Zürich und Genf wohnen als Arbeitgeber schlicht nicht attraktiv. Zudem sucht die Finma in Ihren Stellenanzeigen für die meisten Stellen Juristen, eventuell sogar mit Anwaltspatent oder mit Erfahrung in Aufsichtsbehörden (Regulierung), obwohl in den beaufsichtigten Bereichen primär Mitarbeiter mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung anstatt Juristen arbeiten. Das praktische betriebswirtschaftliche Wissen über den Bereich, den man reguliert ist viel wichtiger als das relativ rasch und einfach zu erwerbende Wissen über die Finanzmarktvorschriften in der Schweiz. In der Finma sind laut ihren Stellenanzigen Juristen für die Prüfung von Gesuchen für Bewilligungen für kollektive Anlagen oder für Gesuch für Bewilligungen für die Verwaltung von kollektiven Anlagen zuständig. Juristen haben aber in der Regel keine Ahnung, welchen Inhalt Prospekte für diese Fonds haben sollten, welche Risiken eine Anlage in einen solchen Fonds beinhaltet und im Prospekt stehen sollte und welche Organisation und Kontrollen es braucht um einen solchen Fonds zu verwalten. Das Einstellung von zu vielen Juristen und von zu wenigen Personen mit praktischer Erfahrung in der Produktion von Finanzdienstleistungen wurde auch bei der U.S. Securities and Exchange Commission als „overlawyering“ kritisiert und empfohlen mehr Finanzspezialisten mit praktischer Erfahrung einzustellen.
Es brächte folgende Verbesserungsmassnahmen:
1) Auslagerung der meisten Arbeitsplätze der Finma in Büros in den Finanzzentren Zürich und Genf damit die potentiellen Mitarbeiter, die dort schon leben nicht lange nach Bern pendeln müssen und auch für Geschäftsreisen zu den in Zürich und Genf (bzw. Zug) ansässigen Beaufsichtigten nicht so viel Zeit verbraten müssen. Das steigert die Attraktivität als Arbeitgeber und die Effizienz.
2) Gleich hohe Entlöhnung wie in der Finanzdienstleistungsbranche. Sonst werden erfahrene gute Leute wohl kaum zur Finma gehen.
3) Mehr Personen mit Ausbildung in Betriebswirtschaft und praktischer Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche einstellen und Betriebswirte durch Betriebswirte (oder Mathematiker, Statistiker, Physiker oder Ingenieure) beaufsichtigten lassen.
4) Aufsichtsrechtliche Prüfungen direkt durch bei der Finma angestellte Mitarbeiter anstatt durch private Revisionsgesellschaften ausführen lassen. Sonst wird die Finma nie das nötige Fachwissen erwerben, weil dieses Fachwissen dann ewig bei den Revisionsgesellschaften bleibt und die Finma eventuell nur deren Revisionsberichte liest, deren Inhalt aber eventuell nicht zu hundert Prozent versteht.
5) Die Regulierung über Mindestinhalte von Prospekten die ohne öffentliche Werbung an qualifizierte Anleger vertrieben werden ist zu lasch. Es ist ein unbewissenes Dogma, dass qualifizierte Anleger schon selber in der Lage sind in einer investment due diligence vor der Anlageentscheid vom Fondsanbieter alle relevanten Informationen einzuholen und, dass diese dann auch nicht angelogen werden oder ihnen relevante Tatsachen verschwiegen werden.
6) Ohne ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU bzw. dem EWR und einem Abkommen mit der U.S. Securities and Exchange Commission wird die heimische Finanzdienstleistungsindustrie mehrfacher sich eventuell sogar widersprechender Bürokratie unterzogen, die hohe Kosten hat und eventuell den Marktzugang sogar verhindert und auch durch ausländische Aufsichtsbehörden geprüft.
7) Einrichtung von Massnahmen zum Schutz von Hinweisgebern (Whistleblower) und rasche Bezahlung von substantiellen Prämien an Hinweisgeber durch die Finma, damit diese das Risiko einzugehen nach dem Hinweis eventuell von ihrem Arbeitgeber gekündigt zu werden und über längere Zeit keine relativ hohe Entlöhnung mehr zu beziehen und keine neue Arbeitsstelle mehr zu finden.
8) Unterstellung der Aufsicht über die Pensionskassen unter die Finma anstatt und das Bundesamt für Sozialversicherungen und dessen Oberaufsichtskommission. Zur Beaufsichtigung von Pensionskassen benötigt man ähnliches Wissen wie bei der Beaufsichtigung von kollektiven Kapitalanlagen und Vermögensverwaltern, da auch die Pensionskassen in kollektive Kapitalanlagen investieren und Vermögensverwaltung betreiben. Darüber hinaus benötigt man bei der Beaufsichtigung von Pensionskassen ähnliches Fachwissen wie bei Lebensversicherungen, da es auf der Passivseite ebenfalls um die Bewertung von Langlebigkeits- und Invaliditätsrisiken geht. Zudem gehören die Pensionskassen volumenmässig zu den grössten Anlegern und Kunden im Finanzdienstleistungsmarkt und die Aufsichtstätigkeit würde auch da Synergien zur Regulierung der Anbieter von Finanzdienstleistungen bieten.Aber wahrscheinlich wird sich ohnehin nichts ändern und dann fliegt einfach der nächste Skandal auf oder es kommt eine ausländische Aufsichtsbehörde darauf …
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The comment above contains a lot of factually wrong statements on top there are no premisses in Geneva. Check your facts.
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S’öi Häfeli, s’öi Pöschteli… und vor allem viel kassieren für viel Leerlauf, das ist leider Tatsache!
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Sie schreiben:
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Bekannt wurden Goldman-Sachs-Kader, die vor und während der Finanzkrise durch die Drehtür der US-Regierung ein- und ausgingen.
—-Henry Paulson? Robert Rubin?
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Nur die naiven Schweizer wählen einen Engländer in ihre Bankenaufsicht, das würde in England umgekehrt nie passieren.
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so ist es, und bei den Franzosen, Deutschen, Italienern etc. auch nicht.
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Um die Aufsicht nicht blauäugig wahrzunehmen ist die FINMA auf Mitarbeiter angewiesen, die das Geschäft „kennen“. Zudem ist es nicht einfach, diese Leute im Arbeitsmarkt zu finden, da die finanziellen Anreize im „Front business“ deutlich grösser sind. Anderseits scheint es eine schweizerische Besonderheit zu sein, dass ausgerechnet „gestandene“ ehemalige Private Banker und Grossbankenmanager (mit Leidenschaft?)zur Aufsicht wechseln. Uneigennützig tun sie dies wohl nicht(?) Als Aussenstehender kommt man den Eindruck nicht ganz los, dass hier Agenten von besonderer Stelle „auf Mission“ geschickt wurden und – nachdem sie den „Marsch durch die Institutionen“ hinter sich haben – wieder zum originären business wechseln. Von wem erhielten diese „Job-Hopper“ den Auftrag in der Aufsicht zum rechten zu schauen und für wen…???? Etwa so wie der Steuerkommissär, der die Seite wechselt: vom Geldeintreiber zum Steuer-Optimierungsberater, da er die Schlupflöcher ja kennt.
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Es handelt sich hier um die CH-Version von Korruption. Agreements als ungeschriebene Regeln à la Adoboli und Steuerfluchtneugeld (direkt oder via Wegschauen) und Bezahlung später via VR-Mandate.
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Um die Aufsicht nicht blauäugig wahrzunehmen ist die FINMA auf Mitarbeiter angewiesen, die das Geschäft "kennen". Zudem ist es nicht…
Nur die naiven Schweizer wählen einen Engländer in ihre Bankenaufsicht, das würde in England umgekehrt nie passieren.
Es handelt sich hier um die CH-Version von Korruption. Agreements als ungeschriebene Regeln à la Adoboli und Steuerfluchtneugeld (direkt oder…