Der Verwaltungsratspräsident und die Konzernleiterin der Post, welche beim mutmasslichen Subventions-Betrug Postauto hoch und heilig volle Transparenz versprochen haben, weigern sich, die vom Management der PostFinance offenbar komplett falsch kolportierten Kosten für das neue IT-System, das über Ostern eingeführt werden soll, zu berichtigen.
Nachdem die PostFinance die Kosten für die Ablösung des Kernbankensystems über Jahre kaschierte, verkündete sie Ende Januar dieses Jahres an einer extra einberufenen Pressekonferenz, dass sich die vor sieben Jahren gemunkelten 50 Millionen Franken durch Replannings inzwischen auf stolze 150 Millionen verdreifacht hätten.
Glaubt man jedoch dem Chefinspektor der PostFinance, der sich zwar mehr durch nicht rapportierte Ferien und unstatthafte operative Scharmützel, die allerdings vom Verwaltungsrat PostFinance goutiert werden, als durch professionelle Revision profiliert, sind die Kosten weit höher veranschlagt. Sie lägen nahe beim IT-Migrationsprojekt der Berner Kantonalbank, das nach seiner Rechnung schliesslich eine halbe Milliarde Schweizer Franken verschlungen hätte.
Die Berner KB mit dem damaligen, inzwischen bei der PostFinance angeheuerten, Chefinspektor verteidigte den Flop auch lange, nachdem alle anderen Kundenbanken und Aktionäre sukzessive aus dem nie endenden IT-Migrations-Schlamassel des Real Time Centers abgesprungen waren.
Ist es überhaupt legitim, dass ein Staatsbetrieb die Investitionen für ein solch grosses Projekt verschweigt? Und wie ist eine dermassen eklatante Fehlinformation zu werten? Ist es vielleicht deshalb, weil die Ausgaben aufgrund der überlangen Projektdauer völlig aus dem Ruder gelaufen sind?
Auf jeden Fall überschiessen die Kosten des PostFinance-Projekts vergleichbare Kernbankensystem-Migrationen massiv. Ein „Core Banking System“, das nicht einmal eine Kredit- und nur eine rudimentäre Wertschriftenapplikation umfasst, müsste (pro Kunde) deutlich günstiger sein als eine Gesamtlösung einer Lokalbank mit einem viel breiteren und tieferen Angebotsspektrum und daher auch komplexeren Anforderungen an ein Computersystem.
So nutzt offenbar etwa die 2013 mit viel Brimborium eingeführte Fondslösung von Tata Consultancy Services (TCS) nur einen Bruchteil der von BaNCS angebotenen Datenbankfelder und sei daher ein paar Nummern zu gross und entsprechend unwirtschaftlich für das simple Geschäftsmodell der PostFinance.
Der in einschlägigen Kreisen unbestritten komplexeste Teil einer Bankensoftware, die Wertschriftenapplikation besorgt im Übrigen (nach wie vor) die Swissquote für die PostFinance.
Interessanterweise gaben die Protagonisten der PostFinance an der Pressekonferenz im Januar auch zum Besten, dass die indische Software wegen der vorhandenen Performance den etablierten Schweizer Bankenplattformen vorgezogen worden sei. Warum die PostFinance gemäss gut unterrichteter Kreise erst Jahre später überhaupt die Performance der indischen BaNCS-Java-Lösung testete, erklärten sie nicht.
Die skalierbaren (Schweizer) Lösungen wären sicher schon vor dem Kaufentscheid bereit gewesen, den Performance-Nachweis zu erbringen.
Wie viel Informatik-Kompetenz in den Chefetagen der PostFinance vorhanden ist, zeigt auch der neuste Strategie-Clou. Weil das herkömmliche Geschäftsmodell nicht mehr taugt, will ausgerechnet die PostFinance, die ihr Entwicklungs-Know-how out gesourct hat, sich nun als „Digital Powerhouse“ positionieren.
Hätte sich die PostFinance (nur) die Mühe genommen, die bei der Digitalisierung führenden Finanzinstitute zu beobachten, hätte sie leicht feststellen können, dass deren Kernkompetenz eben in der Entwicklung liegt, damit sie agil als First Mover immer einen Schritt voraus sind.
Das reine Zusammenkaufen von Fintech-Unternehmen, ohne Synergien durch die Verbindung der Systeme zu nutzen, macht noch lange kein „Digital Powerhouse“ aus und steigert wohl den Unternehmenswert kaum.
Suboptimale Unternehmensentscheide sind unschön und penibel, vor allem wenn damit – wie bei der PostFinance – Staatseigentum „verbrannt“ wird. Gravierender scheint allerdings, dass die Post offenbar nichts aus dem Postauto-Bschiss gelernt hat.
Wie glaubwürdig sind die unter anderem an der Bilanzmedienkonferenz gebetsmühlenartig vorgetragenen Versprechungen und Beteuerungen nach voller Transparenz, wenn sich sowohl der Post-Verwaltungsratspräsident als auch die Konzernleiterin und Vorsitzende des Verwaltungsratsausschusses Core Banking Transformation PostFinance trotz mehrfacher Aufforderung unisono weigern, die Eigentümer und Steuerzahler korrekt über die Kosten des IT-Projekts zu informieren?
Auch der gesamte Verwaltungsrat der PostFinance unter der Führung von Professor Rolf Watter mit „breiter Erfahrung in allen Arten von M&A-Transaktionen, inkl. Abwehrkämpfen“ hat sich um eine Richtigstellung gedrückt und damit wesentlich zum Wattergate der Post beigetragen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Was soll diese ganze Aufregung ???
Dieser Konzern wirtschaftet doch seit Jahrzehnten so. Viele wissen das keiner reagiert. .
Ein Beispiel dazu:
Wieso konnte resp. kann die Post über Jahrzente jedes Jahr > 1 Mia. CHF an Posteinzahltaxen von Unbeteiligten einfordern, die keinen Einfluss auf diesen Zahlungsprozess nehmen können?Parlament und Bundesrat haben dieses System bewusst mitgetragen, sei es auch nur um den sog. Service Public der Post am Leben zu erhalten
Die Banken haben diesen ethisch fragwürdigen Prozess nicht angefochten, weil ja auch ihre Interessen, wie das Bankgeheimnis, auf der politischen Bühne unterstützt wurde.So funktioniert doch das ganze System weltweit auf diesem „Sau Häfeli – Sau-Deckeli“ -Prinzip das Personen, die an die Macht kommen leitet —> Putin, Assad, Erdogan, Xi Jinpin, Trump etc. etc.
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Gegen den ehemaligen Arbeitgeber und gegen den VR und Anwalt Watter schiessen… ich würde mich schon mal warm anziehen, egal wieviel Wahrheit der Beitrag hat oder eben nicht.
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Irgendwie bezeichnend für die Welt, in der wir heute leben…!
Ein Bericht über Raffeisen (i ging verloren), den Bündner Don Pepe oder Frau Ceregato, generiert regelmässig deutlich über 100 comments jeglicher Art.
Ein Bericht, der den unglaublichen Skandal beleuchtet, wie in der öffentlichen Verwaltung und in Staatsbetrieben mit Steuergeldern umgegangen wird und kein Politiker oder Revisor das ganze hinterfragt, schafft es nicht mal auf 10 posts!
Kunde sein bei Raiffeisen muss ich nicht, Steuern zahlen hingegen schon…!!!
Vermutlich verdienen wir es in unserer oberflächlichen Empörungskultur einfach nicht anders.
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Vielleicht ist dieser Schreiber nicht gerade der berufenste Botschafter…
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@Naja….
Ihr Kommentar hat wohl auch nicht das Potenzial in die Literaturgeschichte einzugehen, aber vielleicht der Beitrag in die Postgeschichte – sofern die Politik und die FINMA ihre Pflichten wahrnehmen.
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Was ist schon ein Digital Powerhouse? Glaubt der Herr Köng tatsächlich, er könne in diesem Bereich mit ganz grossen Playern mithalten? PF ist ein Mitläufer und Zahlungsverkehr-Abwickler mit einer eigenen Selbstüberschätzung und zu hohen Löhnen in den Kaderetagen. Bitte auf dem Boden bleiben und erst einmal die IT-Projekte des Tagesgeschäftes unter Kontrolle haben.
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Man erkennt sofort, dass du ein Mitarbeiter der PostFinance bist. Genau wegen solche **** (denk dir selber was aus), ist die PostFinance viel Geld am ausgeben, um sich ständig zu rechtfertigen. Ich wünsche dir in einem kleinen von ausländischen Inhaber (nichts gegen Internationalisierung) geführtem Unternehmen (z.B Reinigungsfirma oder Bauunternehmen) zu arbeiten, wo man dich als Aussenseiter behandelt. Möglicherweise würdest du ein Unternehmen wie PostFinance und seine Werte mehr schätzen. Denn du hattest sicherlich nur Glück, dass du eingestellt wurdest augrund deinem (schweizer ) Namen oder Militärdienst. Bin mir aber sicher, dass die Kollegen das nachträglich unheimlich bereuen.
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Das ist nicht der einzige IT-Exzess in staatsnahen Betrieben. Dass solche Dinge nicht publik werden liegt daran, dass in Bundesbern meist alle daran beteiligt sind: GL, Verwaltungsrat und Politiker, Aufsichtsbehörde des Bundes – sie alle backen und verdienen ihre Brötchen in diesen Unternehmen. Da schaut man lieber weg und will hier nicht gestört werden. Ein Trauerspiel, dass den Steuerzahler hunderte von Millionen kostet. Einzig die Eidgenössischen Finanzkontrolle könnte hier die Missstände aufdecken, dürfte, dürfte aber aufgrund der Vielzahl Mandate zeitlich überfordert sein.
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„Das reine Zusammenkaufen von Fintech-Unternehmen, ohne Synergien durch die Verbindung der Systeme zu nutzen …“, ist bei Kantonalbanken ebenso verbreitet und zeigt mir, die Banken haben eine gänzlich fehlende Digitalisierungs-Strategie. Wie auch, die Personal-Fluktuation ist erschreckend tief und nach wie vor haben langjährige Ja-Sager den Posten des CDO.
Echter Wandel kommt von aussen. Die jungen CEO wie beispielsweise bei der BLKB oder AKB täten gut daran, eine echte Veränderung herbeizuführen. Doch wie Adenauer schon sagte: „“Man schüttet kein schmutziges Wasser weg, solange man kein sauberes hat“.
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Mit Blick auf die üblichen „AGB“ bei Arbeitsverträgen…Ich hoffe der Schreiberling und ex PF Ma hat vor der Publikation den Anwalt seines Vertrauens konsultiert 😉
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@Karl Leser
„AKB“? Als Vorbild? Ihnen scheint entgangen zu sein, dass der „Verantwortliche“ da vorher CFO beim Postkonzern war („F“) und als solches bis zur Nasenspitze im Postauto-Morast und dem damit verbundenen Subventionsbetrug in dreistelliger Millionenhöhe involviert war. Wenn die Info von Lukas Hässig stimmt, dann hat er sogar ein noch aggressiveres Vorgehen gefordert!
Aber die Finma nimmt es ja offensichtlich mit der Gewähr nicht so besonders ernst. Und die AKB pennt vor sich her. Herr Hässig, dieses Thema könnten Sie ruhig auch wieder mal aufgreifen!
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Das ist nicht der einzige IT-Exzess in staatsnahen Betrieben. Dass solche Dinge nicht publik werden liegt daran, dass in Bundesbern…
"Das reine Zusammenkaufen von Fintech-Unternehmen, ohne Synergien durch die Verbindung der Systeme zu nutzen ...", ist bei Kantonalbanken ebenso verbreitet…
Was ist schon ein Digital Powerhouse? Glaubt der Herr Köng tatsächlich, er könne in diesem Bereich mit ganz grossen Playern…