Die Welt ist ungerecht. Vor allem jene des grossen Geldes. Während sich mehr und mehr Chefs von Swiss Banking mit einem Geständnis in Übersee aus der US-Steuer-Umklammerung befreien, sitzt ein unbekannter Offshore-Banker der Credit Suisse seit 16 Monaten in Amerika fest.
Der Kontrast könnte nicht grösser sein. Hier die bekannten und hochbezahlten Joachim Strähle von der Basler Sarasin und Walter Berchtold, ein langjähriger Bigboss der Credit Suisse; dort ein kleiner CS-Offshorebanker, den niemand kennt und seit den Headlines seiner Verhaftung in Vergessenheit geraten ist.
Selten zeigt sich deutlicher, dass Schweizer Banker nicht gleich Schweizer Banker sind.
Weil Berchtold ein hoher Chef einer wichtigen Bank ist, konnte er mit den USA Bedingungen aushandeln, um seine eigene Rolle und jene der CS in der Ära der Steuerhinterziehung zu klären.
Bestandteil des Agreements war die Zusicherung der US-Häscher, den CS-Topshot nach seiner Aussage springen zu lassen. Berchtold kriegte von den USA ein Non Prosecution Agreement (NPA), das ihn gegen zukünftige Ermittlungen im US-Steuerkrieg immunisiert.
Bei Sarasin-CEO Joachim Strähle liegt der Fall anders, kommt aber auf der persönlichen Ebene auf das Gleiche heraus.
Strähle wurde letzten Sommer während einem Ferienaufenthalt in Amerika zu einem Geständnis gezwungen. Weil ihn die USA danach springen liessen, ist anzunehmen, dass auch Strähle ein NPA der Amerikaner erhalten hat.
Ein solcher Gnadenakt steht für Christos B. nicht zur Debatte. Dafür ist der 46-jährige Vermögensverwalter der CS eine zu kleine Nummer.
Was soll der Mann mit Frau, zwei Kindern und einem schönen, aber bescheidenen Heim in einer Zürcher Seegemeinde den USA im Gegenzug liefern können?
Nichts im Vergleich zu Strähle und Berchtold, zwei Spitzenbanker der Offshore-Nation Schweiz mit Kenntnissen der intimsten Geheimnissen. Entsprechend wertvoll dürften Strähles und Berchtolds Informationen für die USA und deren Feldzug gegen die störrischen Eidgenossen und ihr Finanz-Paradies sein.
Weitere oberste Banker des Finanzplatzes könnten „freiwillig“ in den USA ausgesagt haben oder sind derzeit intensiv bestrebt, ihren eigenen Rechtsstatus ins Lot zu bringen.
Die berufliche Stellung macht den ganzen Unterschied. Strähle, Berchtold und Topbanker von der UBS, die schon früher in den USA ausgesagt hatten, bleiben von Anklagen und Berufsverboten verschont. Die Ausnahme ist Raoul Weil, Ex-Nummer 3 der UBS und seit Ende 2008 ein „US-Fugitive“.
Christos B. und viele weitere No names aus der Schweiz, die von Uncle Sam gejagt und geplagt werden, werden hingegen zu Bauernopfern und stehen auf internationalen Fahndungslisten.
Für die meisten der rund 30 Angeklagten im US-Steuerkonflikt ist die Schweiz damit zum goldenen Käfig geworden.
Danach würde sich Christos B. derzeit wohl sehnen. Nach dessen kurzzeitiger Verhaftung im Januar 2011 ist die Alpenrepublik für den griechisch-stämmigen Familienvater zum fernen Gestirn geworden.
B. ist im warmen Miami gestrandet, wo er seit Monaten auf seinen Gerichtsprozesse wartet und sich die lange Zeit mit Fitness am Strand und Lesen in einer kleinen Wohnung vertreibt.
So unbedeutend Christos B. als einer von Tausenden von Schweizer Offshore-Bankern gewesen sein mag: Als Geisel ist er für die USA Gold wert.
Mit seinem früheren Undercover-Einsatz für die UBS ist der Swiss Banker zur Trumpfkarte der Amerikaner gegen die CS geworden. Ins dortige lizenzierte US-Geschäft hatte B. 2009 gewechselt.
Als Too big to fail unter den bedrängten Schweizer Banken führt jeder Deal über die Grossbank. Das macht Christos B. und seinen Angehörigen in der Schweiz das Leben schwer.
Für sie ist der Konflikt zum undurchsichtigen, unentrinnbaren und nicht enden wollenden Drama geworden.
Im Unterschied zu den obersten Chefs des Finanzplatzes kann B. sein Schicksal nicht mehr selbst beeinflussen. Gleich wie die übrigen kleinen Fische muss er im Gegenteil befürchten, bei einem Abkommen zwischen den USA und der Schweiz als Quantité négligeable vergessen und verraten zu werden.
Die offiziellen Verhandler in Bern scheinen sich jedenfalls keine Gedanken über die Zukunft der zwei Dutzend angeklagten Anwälte, Treuhänder, Vermögensverwalter und Middle Manager in der Schweiz zu machen.
Eine Übereinkunft unter Summe aller Ansprüche soll zwar Milliarden von Geld und Tausende von US-Kunden-Namen umfassen, aber eine Freilassung der angeklagten Schweizer steht offiziell nicht zur Debatte.
Für die Betroffenen zeigt sich die Schweiz von ihrer hässlichen Seite. In der Vorzeige-Demokratie mit ihrem heiligen Prinzip der gleichen Rechte für jeden Bürger ist doch nicht jeder ganz gleich.
Zwar ist auch Christos B. ein Banker; aber keiner mit der Machtposition eines Walter Berchtold oder Joe Strähle. Damit fehlt dem kleinen Mann die nötige Verhandlungsmasse zur eigenen Freilassung.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joe Strähle und Walti Berthold sind die neuen Meilis der CH!
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CS und UBS hängen nicht nur Ihre Kunden in den Wind sondern auch Ihre Mitarbeiter. Hier haben Sie überhaupt keine Probleme um Ihre eigene Haut zu retten.
Wen wundert es dann, dass speziell der einfache Kundenberater im Middle Management ans Messer geliefert wird und nicht geschützt wird?
Dies ist gängige Praxis.
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Bravo! Wenn Joe und Wädi einen deal haben, dann haben es Raymond, Bradey, Urs, Martin & Co. schon längst…
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Lieber Herr Hässig
Wieso schreiben Sie den Nachnamen des Herrn B. nicht mehr aus, am 28. Dezember wussten Sie doch noch, wie der Herr hiess und taten dies auf Ihrem Blog auch kund?
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…so ist es leider. Verrat hat in der Schweiz mittlerweile Tradition. – Der ganze Schweizer Mittelstand wird systematisch verraten (u.a. mit PFZ und deren Folgen). – Aber das darf man ja in der Schweiz nicht ‚mal mehr offen sagen, wenn man nicht gleich in die „Schmuddel-Ecke“ gestellt werden will.
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Genau so ist es leider!
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...so ist es leider. Verrat hat in der Schweiz mittlerweile Tradition. - Der ganze Schweizer Mittelstand wird systematisch verraten (u.a.…
Lieber Herr Hässig Wieso schreiben Sie den Nachnamen des Herrn B. nicht mehr aus, am 28. Dezember wussten Sie doch…
Bravo! Wenn Joe und Wädi einen deal haben, dann haben es Raymond, Bradey, Urs, Martin & Co. schon längst...