Im mondänen Prime Tower in Zürich gehts drunter und drüber. Grund ist der Schweizer Ableger des Finanzmultis Deutsche Bank (DBS).
Das grosse Auslandinstitut mit dem klangvollen Namen und der illustren Firmenadresse betreibt Raubbau am eigenen Organismus: Statt Aufbau herrscht Abriss bei laufendem Betrieb.
Die Misere könnte ins Auge gehen. Langjährige Klienten mit grossen Vermögen werden von der DBS als unerwünscht behandelt. Die Folge ist ein Abfluss an Vermögen und guten Beratern.
Treiber dahinter ist „Phoenix“, ein Geheimprojekt zum Ausmisten von Schwarzgeld.
Der Name passt: Das alte Geschäft wird in Schutt und Asche gelegt. Doch was an Neuem daraus hervorgehen soll, ist für Beobachter unklar.
Das Ziel von „Phoenix“ ist eindeutig. Die Steuerhinterzieher aus Europa werden zur Selbstanzeige gedrängt.
Die Mittel dafür sind wenig zimperlich. Maximal 10’000 Euro in Cash zahlt die DBS ihren Offshore-Kunden mit Steuerproblemen seit Anfang Jahr noch aus.
Der „Erfolg“ lässt nicht auf sich warten. „Im Zuge von ‚Phoenix‘ gibt es auch Vermögensabflüsse, aber das war vorauszusehen“, sagt eine DBS-Sprecherin.
Laut einem Insider würde sich das Deutsche-Management in der Schweiz über jeden verlorenen Kunden beinahe freuen. Das würde die Arbeit erleichtern, meint die Quelle.
Diese zeichnet das Bild einer Chaos-Organisation – mit offenen Zahlungsaufträgen, überfälligen Kreditkartenanträgen, unausgeführten Saldierungen.
Alle Reklamationen und Problemfälle würden im „Business Quality Management“ landen, heisst es. Beim internen Trouble-Shooting handle es sich um die am besten funktionierende Einheit der DBS.
Senior-Berater der Deutschen sehen offenbar keine Zukunft beim Institut, das mit gegen 1’000 Mitarbeitern zu den Flaggschiffen der Auslandbanken auf dem Finanzplatz zählt.
Ein Team mit zwei langjährigen Russland-Beratern, das insgesamt eine Milliarde Franken Vermögen verwalten soll, hat soeben gekündigt. Neu sind die Leute bei Coutts Schweiz, dem Ableger der bekannten englischen Privatbank.
Hinzu kommt der Abgang von Rolf Frehner, ein in der Szene bekannter Osteuropa-Vermögensberater.
Frehner war einst im Russland-Team von Coutts, die ihrerseits ausser Tritt geraten ist. Via der deutschen Sal. Oppenheim landete er bei der DBS.
Nun wird Frehner, der bei der DBS im Europa-Geschäft tätig war, ab August Russland-Chef bei der Zürcher Vontobel.
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Im Prime-Tower-Hochhaus reagiert man scheinbar gelassen. „Wir konzentrieren uns auf das oberste Kundensegment und auf Wachstumsmärkte“, sagt die Deutsche-Bank-Sprecherin.
Dafür soll eine neue Informatik helfen. Die DBS stellt in diesen Wochen vom Alt-System Temenos auf das moderne Avaloq um.
Avaloq sei „ein Element, um unser Wachstum zu unterstützen“, heisst es bei der DBS.
Der zentrale Moment von „Renaissance“ – so heisst das grosse IT-Projekt der Deutschen – ist für August geplant.
Dann soll das „Go-live“ stattfinden, worauf die DBS-Mannschaft von ihrem Chef Marco Bizzozero eingeschwört wird.
Bizzozero, ein junger Aufsteiger von Swiss Banking, hat vor Wochenfrist in einem internen Mail an das ganze Personal ausführlich über die Umstellung von Temenos auf Avaloq informiert.
Seine detaillierten Angaben über anderthalb Seiten zeigen die Bedeutung von „Renaissance“. Sie halten seit Wochen die ganze DBS auf Trab.
Am übernächsten Samstag und nochmals Ende Juni werden Grosstests durchgeführt. Dabei wird der Betrieb eines normalen Tags simuliert. Dafür braucht es unzählige Mitarbeiter, die eine Sonderschicht einlegen.
Man sei sich des „Extra-Efforts inklusive Wochenend-Arbeit“ bewusst, schreibt DBS-CEO Bizzozero seinen Leuten. Als Entschädigung erhalten diese die Aussicht für bessere Zeiten.
„Rest assured that this is noticed and appreciated by all of us“, verbreitet Bizzozero statt Boni gute Stimmung.
Mit der Deutschen Bank Schweiz steigt ein weiteres Institut auf Avaloq um. Deren Banken-Informatik hat sich längst zum Industriestandard gemausert. Vontobel, Sarasin und viele andere setzen auf die Software.
Für die DBS ist der Sprung besonders gross. Ihr bisheriges Temenos-System gilt als bescheiden.
Was auf den ersten Blick als Fortschritt erscheint, könnte das Problem der DBS verschärfen.
Unter ihrem Leithammel Bizzozero richtet sie ihr ganzes Augenmerk auf die Technologie. Vergessen geht der Kunde.
„Sowohl internationale Kunden also auch vermögende Privatkunden mit Wohnsitz in der Schweiz vertrauen auf unsere Leidenschaft für erstklassige, individuelle Finanzlösungen – regional und weltweit“, lautet der DBS-Werbespruch.
Dass es immer weniger sind, wirft die Frage nach der Zukunft einer Bank auf, deren Mutterhaus in Schieflage geraten ist.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Das Problem ist nicht das im Artikel erwähnte Top Management der Bank; das Problem sind die Personen, die ein solches Management antellen.
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Kurz und bündig:
Absolute Chaostruppe mit enormen Qualitätsproblemen in ihren Abläufen, Prozessen und im Output an den Kunden.
Ein Wunder eigentlich, dass die FINMA diese Bank nie richtig unter die Lupe genommen hat bezüglich Operational Risks.
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Der Artikel ist sehr treffend, könnte direkt aus meiner Feder sein, ich habe in meiner lediglich kurzen Zeit bei der DBS exakt dieses beschriebene Chaos miterlebt. Hier nur einige Punkte:
– IT ist absolut katastrophal (outgesourced zu IBM), enorm lange Wartezeiten für Onsight-Support, Lernresistenz (es treten immer und immer wieder dieselben Probleme auf), was damit an nicht sichtbarten Kosten verursacht wird, ist garantiert um ein Vielfaches höher als die ursprüngliche Einsparung
– Durchlauferhitzung: auf der einen Seite werden viele MA neuangestellt um auf der anderen Seite teure „Dinosaurier“ kurz vor Pensionsalter zu „entsorgen“ (Neuanstellungen erfolgen i.d.R. nur in Bereichen mit Aussenwirkung
– Belegschaft teilweise massiv überlastet: Anfragen bei der Rechtsabteilung werden nicht oder nur mit unzähligen Wochen Verspätung beantwortet
– 200% commitment vom MA erwartet, Gegenleistung 0% commitment seitens der Bank zum MA (oder besser zum Söldner)
– Kunde ist weniger als nur nicht zentral, wird beinahe als lästig empfunden
– Enorme Qualitätsprobleme im Backoffice-Bereich (hat keine Aussenwirkung und wird deshalb klar vernachlässigt)
– könnte noch unzählige Punkte addieren, vielleicht wäre ein Buch zu schreiben der richtige Ansatz-
Genau so sieht es da aus. Man hat auch den Eindruck, dass viele Leute gar nicht gross Ahnung vom Bankgeschäft haben. Viele Praktikanten und Temporäre schwirren herum. Output der gesamten Organisation ist wirklich sehr mager und genügt den Qualitätsanforderungen an eine CH Bank mit Weissgeld nicht.
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Bin bei einem anderen Institut tätig, empfinde aber den Approach VOR Einführung des AIA aufzuräumen und dabei notgedrungen einige langjährige Schwarzgeld-Kunden mit der Aufforderung zur Selbstanzeige zu verärgen als richtig und sinnvoll. Wer einfach weiter träumt und auch die auf die genügsamen Schwarzgeld-Kunden abgestimmte Uralt-Informatik nicht erneuert, dürfte sehr bald mit einem Geschäftsmodell dastehen, welches eher schief in der Landschaft steht. Der Autor scheint aber im Gegensatz zu M. Bizzozero noch nicht in der neuen Bankenwelt angekommen zu sein.
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@ Joe: Glauben Sie mir Joe, die von Ihnen genannte „Uralt-Informatik“ von Temenos war auch nicht in der Lage, das Schwarzgeld effizient zu bewirtschaften. Wer wie die Führung der Deutschen Bank Schweiz Saldierungen in der Höhe 100-er Millionen EUR monatelang hinauszögert und Privatbanken nicht integrieren kann hat keine seriöse, langfristige Strategie wie Sie hier schreiben.
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das kürzlich publizierte Auslandbanken-Sterben hat mit Deutsche Bank womöglich die prominenteste Adresse erreicht. And more to come.
Da hilft selbst das Domizil im Tower-Gebäude nicht weiter. Der Absturz ist womöglich um so heftiger…….
Selbst im höchsten Tower:
Fehlt längstens die Power! -
Wenn ich sehe, welche Vollpfosten und Schwachströmler da arbeiten, dann wundert mich nichts mehr.
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Ich habe mich per Post direkt bei Bizzozero beworben aber keine Antwort erhalten. Dies ist sicher ein Problem in der Spedi/Regi wo er vermutlich für die Früh-post verantwortlich ist oder braucht mann dort vielleicht Ver/An/stand.
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In BizzoZERO’s Ufficio brennt das Licht Tag und Nacht, weil er unermüdlich für das Wohl seiner Mitarbeiter schuftet. Da kann er keine Bewerbungsunterlagen bearbeiten.
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@dave hill: Na klar doch, vermutlich hat er einen Licht-Timer falsch „programmiert“. Jetzt brennt es halt durchgehend.
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@Mad: Mamma mia, Sie brennen ja noch heller als „ZERO’s“ Büro … 😉
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@Dave Hill: Nimm Mad nicht zu ernst, Ironie zu erkennen ist nicht jedermanns Stärke 😉
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@ scary Harry: Womit „Mad“ die besten Chancen hat, bei „ZERO“ den Posten als Unterstabschef zu bekommen …
@ Mad: Bewirb Dich! Du hast es nicht besser verdient!
@ der Alpensegler: Capisci ahora, warum Du keine Chance auf die Stelle hattest … ?? -
@Dave Hill: Danke für den tollen Tip!
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@Mad: Hey, als USC kannst Du seinen Licht-Timer umprogrammieren und damit ist Deine Karriere als zukünftiger CEO der Deutschen Bank garantiert …
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@Dave Hill: a) Du weisst nicht wer ich bin, b) würde es – aus eigener Erfahrung – auf den obersten Etagen oft richtig hell, wenn bloss einer ein Streichholz anmachte… 😉
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@ Joe: Glauben Sie mir Joe, die von Ihnen genannte "Uralt-Informatik" von Temenos war auch nicht in der Lage, das…
Ich habe mich per Post direkt bei Bizzozero beworben aber keine Antwort erhalten. Dies ist sicher ein Problem in der…
Wenn ich sehe, welche Vollpfosten und Schwachströmler da arbeiten, dann wundert mich nichts mehr.