Am Investorentag letzte Woche gab sich der neue UBS-CEO Sergio Ermotti, 51, bestimmt. Die Grossbank würde sich markant verändern, ihr Investmentbanking verkleinern, das Private Banking stärken, die Gewinne verstetigen. Eine „substanzielle“ Risikoreduktion, versprach Ermotti.
Der Markt empfing Ermottis neue UBS kühl. Die Aktie des Schweizer Finanzmultis ist seit dem Vorstellen der angepassten Strategie um rund 5 Prozent auf 10 Franken gesunken. Der Abstand zum Allzeittief von Frühling 2009 von 8,20 Franken ist klein geworden.
Warum ist Ermotti fürs Erste gescheitert mit seinem Plan? Schliesslich hat er doch verkündet, was der „Markt“ vermeintlich erwartete: weniger Handel, weniger Risiken, mehr Vermögensverwaltung.
Die Antwort ist ernüchternd. Ermotti hat offensichtlich gar keinen Plan. Sondern nur eine Taktik. Eine Salamitaktik. Er gibt nämlich nur vor, das Steuer herumzureissen. In Tat und Wahrheit belässt er das Wesentliche beim Alten.
Die UBS bleibt eine globale Grossbank. Sie steht nach wie vor auf 4 Beinen, dem Schweizer Universalgeschäft, dem Private Banking für die Vermögenden der Welt, der Vermögensverwaltung mit ihren Produkten, und der Investmentbank mit ihren Bonus motivierten Stars.
Dass im Wesentlichen alles beim Alten bleibt, zeigen bereits zwei wichtige Zielgrössen von Ermottis „New UBS“. Einerseits will die Bank ihre risikogewichteten Aktiven auf rund 150 Milliarden Franken halbieren, grösstenteils in der Investmentbank. Das klingt nach sehr viel. Andererseits sinkt in der Investmentbank der Personalbestand lediglich von 18’000 auf 16’000.
Halbieren, gleichzeitig nur gut 10 Prozent der Stellen streichen – wie passt das zusammen? Ermotti meint: Ganz einfach, es würden kapital-, nicht aber personenintensive Bereiche zurückgefahren.
Klingt gut, ist aber nur die halbe Wahrheit. Im Zentrum der ganzen Grössenfrage der UBS-Investmentbank steht das sogenannte FICC-Geschäft, kurz für Fixed Income, Currencies, Commodities oder Zinsen, Währungen und Rohstoffe. Umstritten ist der Zinsenteil von FICC. Dort erlitt die Bank ab 2007 mit einem riesigen Berg maroder US-Hypothekenpapieren Schiffbruch.
Im Fixed Income der UBS arbeiten Tausende von Leute, sagt ein Kenner der Verhältnisse. Ein Abbau um 2000 in der ganzen Investmentbank sei demnach alles andere als ein tiefer Schnitt. Eine wahre Umkehr bräuchte allein im Fixed Income einen Abbau Tausender von Trader und Spezialisten.
Der UBS-Insider spricht von einer verpassten Chance. Er sieht die UBS mit ihrer Investmentbank gefangen im strategischen Niemandsland: zu gross für eine erfolgreiche Nischenstrategie, zu klein für eine globale Vormachtsstellung.
Ein alternativer Plan würde viel radikaler aussehen, meint die Quelle. Die UBS würde sich auf ihre Stärken in der Investmentbank konzentrieren, den Aktienhandel und das Devisengeschäft. Vor allem im Währungshandel habe es die Bank dank viel IT-Einsatz und einer völlig neuen Kultur, die auf Kunden- statt Eigenhandel basiert, von weit hinten an die Weltspitze gearbeitet.
Das Erfolgsgeheimnis ist sowohl im Devisen- als auch im Aktiengeschäft der „Flow“. Massive Kundenströme werden intern abgeglichen, um das Restrisiko für die Bank möglichst klein zu halten.
Das führt zu einem klassischen Win-Win. Die Kunden profitieren von attraktiven Preisen, die Bank maximiert ihren Gewinn bei kleinem Risiko. Wer so agiert, muss wie ein guter Ingenieur funktioneren.
Unter Ermotti-Vorgänger Oswald Grübel wurde der „Flow“-Erfolg erneut durch „Prop Trading“ gefährdet. „Prop Trading“ meint Eigenhandel. Grübel pfropfte der gut geschmierten „Flow“-Maschine ein wenig Eigenhandel auf. Bis es vor 2 Monaten in London mit dem Fall eines Juniorhändlers und einem Verlust von 2 Milliarden Franken krachte. Wieder einmal.
Hier liegt die Wurzel des ewigen UBS-Versagens. Die „Flow“-Kultur und die „Prop Trading“-Kultur passen nicht zusammen (siehe auch den Standpunkt von Ex-UBS-Investmentbankchef Markus Granziol). Die „Flow“-Kultur ist eine echte Kunden-Kultur, die „Prop Trading“-Kultur verkörpert eine Spekulations-Kultur.
Während den „Flow“-Trader jeden Tag der Gedanke umtreibt, wie er sein eigenes Risiko respektive jenes seiner Bank mit möglichst viel Kundengeschäften möglichst klein halten kann, sucht der „Prop Trader“ nach Opportunitäten, um einen Quickie-Gewinn zu erzielen.
Beides unter einem Dach geht nicht. Genau das aber versucht die UBS – gleich wie Erzrivalin Credit Suisse – seit zwei Jahrzehnten. „One Bank“ heisst das Konzept. Es hat nie funktioniert. Die Kulturen sind schlicht zu verschieden. Feuer und Wasser.
Ermotti ist Investmentbanker, er weiss also darüber Bescheid. Warum hat er die Weichen trotzdem nicht radikal gestellt, warum will er die Investmentbank nicht auf „Flow“ bei Aktien und Devisen umstellen und den Rest (das Beratungsgeschäft mit seinem „Hollywood“-Glamour) kippen oder auf ein Minimum (Zinsengeschäft) beschränken? Ist er planlos? Oder ist er ein Gefangener der immer noch riesigen Positionen in der UBS-Bilanz, deren Werthaltigkeit kritisch sein und bei einem Abbau die Bank gefährden könnte?
hello
War dies der erste Artikel auf insideparadeplatz? Und noch kein Kommentar, unglaublich, das holen wir jetzt nach 😀