Amerikaner strafen Amerikaner ab. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat kürzlich die UBS auf die Note „A“ herabgestuft. Die CS konnte ihr „A+“ zwar halten, doch S&P droht auch der zweiten Schweizer Grossbank mit einer Abstrafung. Grund sind vor allem die riskanten, angelsächsisch dominierten Investmentbanken der beiden helvetischen Finanzhäuser.
Ganz anders die Kantonalbanken. Gemäss heutiger NZZ bezeichnete ein S&P-Analyst deren Unterlegung mit eigenem Kapital als „stark oder sehr stark“. Im Gespräch mit der Zeitung erhielten die UBS und die CS bei der wichtigen Kapitalausstattung hingegen lediglich ein „adäquat“. Was die Geldaufnahme bei anderen Banken betreffe, so stünden die zwei Schweizer Big banks etwas besser da als viele andere globale Finanzkonzerne. Klar wurde aber ebenso: Auch die UBS und die CS sind wie ihre Konkurrenten an Wallstreet und in Europa ziemlich direkt von der Finanzkrise 2.0 betroffen.
Kantonalbanken top, Raiffeisen nach wie vor gut, Grossbanken aber nur durchschnittlich – das Verdikt gibt zu denken. Immer mehr und immer stärker. S&P ist die wichtigste der weltführenden Rating-Agenturen. Ihre Analysen verharmlosten bis 2007 die Krise. Seither nehmen S&P und Konsorten ihre Aufgabe ernst. Sie warnen vor Zahlungsproblemen, sie reduzieren die Kreditwürdigkeit, sie schaffen Transparenz. Die Folgen: Das Leben wird für Banken mit riskanten Geschäftsmodellen schwierig.
Das soll so sein. Und das ist das Problem von UBS und CS. Deren Spitzenmanagement hält auch im Jahre 5 der grossen Krise am integrierten Geschäftsmodell fest. One Bank heisst dieses und vereinigt Vermögensverwaltung mit Investmentbank, Sicherheit mit Spekulation, Seriosität mit Bonus-Mentalität, Wasser mit Feuer.
Es passt nicht zusammen. Hat nie zusammengepasst, wird nie zusammenpassen. Zu verschieden sind die Kulturen und die Anforderungen, zu unterschiedlich sind die Interessen. Die grosse Weichenstellung Mitte der 1990er Jahre mit der massiven Expansion im amerikanischen Investmentbanking hat beide Schweizer Grossbank in die strategische Sackgasse geführt. Der logische Schluss kann nur die Umkehr sein.
Zwei Fragen stellen sich. Warum passiert diese Umkehr nicht? Was passiert, wenn das Topmanagement an der One Bank festhält?
Die Lösung des ersten Rätsels sind die Angelsachsen. Mit dem Anspruch, eine führende Rolle an Wallstreet zu spielen, überliessen die UBS und die CS den Amerikanern und Engländern entscheidende Schalthebel in ihren Firmen. Diese nutzten ihre neue Machtstellung durch gnadenloses Powerplay für ihre eigenen Interessen. Den wirklichen Big guys gings darum, in möglichst kurzer Zeit wirklich reich zu werden. Die rund 25 Millionen für den damaligen UBS-Präsidenten Marcel Ospel und seinen CEO Peter Wuffli waren in deren Augen Peanuts. Sie dachten in Beträgen von 50 und 100 Millionen – pro Jahr. Weil sie formell nicht zuoberst in der Hierarchie waren, blieben ihre horrenden Beträge für die Öffentlichkeit weitgehend im Dunkeln.
Den Reibach möglich gemacht hat der ungehinderte Zugang zur Vermögensverwaltung. Das Kerngeschäft von Swiss Banking mit seinem einzigartigen Steuervorteil war jahrzehntelang ein Goldesel. Den angelsächsischen Investementbankern gelang es, eine Pipeline vom Private Banking nach Wallstreet zu legen. Die riesigen Geldströme flossen ins eigene Gambling-Business und landeten zu einem grossen Teil in Form von Boni in den eigenen Taschen.
Das war und ist auch heute noch das Geschäftsmodell der intergrierten Bank. Weil die Angelsachsen an der Spritze sitzen, ändert sich nichts daran. Zu viel steht für die entscheidenden Figuren auf dem Spiel. So stellt sich die zweite Frage: Wenn trotz Jahrhundertkrisen faktisch alles beim Alten geblieben ist: Was passiert als Nächstes?
Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Die Rating-Agenturen aber beschäftigen sich mit der Zukunft. Und ihre Urteile sorgen dafür, dass die Grossbanken für ihr One-Bank-Modell höhere Zinsen bezahlen müssen. Das Geschäft mit zwei unverträglichen Einheiten unter dem gleichen Dach verliert rasant an Attraktivität. Hinzu kommt der Protest der Strasse. Die 99-Prozent-Occupy-Bewegung mag an Kraft verloren haben. Aber dass der gesellschaftliche Kit auf dem Spiel steht, ist unbestritten.
Teuer und unattraktiv plus eine gesellschaftliche Zeitbombe: Das kann nicht gutgehen. Das Ende der One Bank naht, unabhängig davon, ob dies die UBS- und CS-Spitzen wahrhaben wollen. Vielleicht spielen die Verantwortlichen auch nur auf Zeit, um die eigenen Finanzen noch möglichst lange zu stärken.
Was folgt zuletzt? Vieles deutet darauf hin, dass sich die UBS und die CS in langweilige Utility-Banken zurückverwandeln müssen, mit einem grossen Inland-Geschäft und einer Stand-alone-Vermögensverwaltung. Den Rest – das Investmentbanking – kaufen sie extern ein.
Dann werden die Rating-Agenturen den Daumen wieder nach oben heben und die Aktienkurse wohl nach oben zeigen. Dann haben die Grossbanken nach 2 Jahrzehnten Irrungen und Wirrungen wieder ihren richtigen Platz in der Geschichte. Voraussetzung ist, dass sie die Kraft aufbringen, die angelsächsischen Powerplayer heimzuschicken. Yankee Go Home!, lautet die Losung.
Kommentare