Still und leise wechseln „Insider“ der Credit Suisse das Anlagepferd. Die Top-Leute der Grossbank verkaufen Aktien und Optionen ihrer eigenen Firma im grossen Stil und setzen ihr eigenes Geld lieber auf spezielle Zinspapiere der CS.
Am 8. und 9. März kam es unbemerkt von der Öffentlichkeit zu 5 Kauftransaktionen sogenannter Contingent Convertibles (CoCos) der CS.
4 Konzernleitungsmitglieder und 1 Verwaltungsrat der CS setzten in jenen Tagen insgesamt 1,9 Millionen des eigenen Vermögens auf CS-CoCos. Bereits vor Jahresfrist erwarb ein erster CS-Topshot CoCo-Wandler über 1,4 Millionen, wie eine Six-Börsen-Meldung vom letzten Mai zeigt.
Umgekehrt stiessen CS-Spitzenleute in den letzten Wochen und Monaten eigene Aktien und Optionen auf breiter Front ab.
In den vergangenen 12 Monaten kam es zu 10 Verkaufsdeals von obersten CS-Chefs im Gesamtwert von über 6 Millionen. In der gleichen Zeitperiode verlor die CS-Aktie einen Drittel ihres Werts.
Das Timing stimmte. Ein Grossteil der Verkäufe fand nämlich Anfang Mai 2011 statt. Damals lag der Kurs der CS-Aktie knapp unter 40 Franken. Letzten Freitag ging die CS-Namenaktie bei 26.50 Franken aus dem Markt. Hätten die CS-Insider die Dividendenpapiere behalten, hätten sie hohe Buchverlust erlitten.
Bei den stattdessen erworbenen CS-CoCos handelt es sich um spezielle Wandelobligationen, die von der Bankenaufsicht als Eigenkapital angerechnet werden. Sie sind die CS-Antwort auf verschärfte Kapitalvorschriften.
Beide Grossbanken UBS und CS müssen in den nächsten Jahren Milliarden von Zusatz-Eigenkapital aufbringen, um eine nächste Krise besser abfedern zu können. Aber nur die CS setzt dabei auf CoCos, die bei einem „Trigger“ in CS-Aktien gewandelt werden.
Die UBS bot hingegen kürzlich sogenannte Loss Absorbing Bonds an. Diese verfallen, wenn das Kernkapital bestimmte Untergrenzen durchbricht. In Marktkreisen heisst es, die UBS-Verlust-Bonds seien derzeit weniger gefragt als die CS-CoCos.
Auch die ZKB emittierte kürzlich eine Wandelobligation. Obwohl der ZKB-Wandler mit 3,5 Prozent nicht einmal halb so viel zahlt wie die CS-CoCos, waren die Obligationen der Staatsbank laut einem Zürcher Banker ebenfalls gefragt.
Die CS-Insider fühlten sich vom hohen Zinssatz von 7,125 Prozent der eigenen CoCos offenbar stark angezogen. Bisher ging ihr Kalkül auf. Der letzte Preis liegt gemäss Börse bei 101.90 Prozent.
Es handelt sich um CoCo-Tranchen der höheren Auslösungsbarriere. Diese werden in CS-Aktien gewandelt, wenn die Kapitalquote der Grossbank unter die 7-Prozent-Grenze fällt.
Eine nächste Barriere besteht gemäss Vorgaben des Schweizer Regulators bei 5 Prozent. Dort ist zusätzlich eine Sicherung der systemrelevanten Schweizer Einheiten geplant, zusammen mit der Auflösung des „faulen“ Grossteils der Bank.
Dass CS-Manager eigene Aktien verkaufen und stattdessen in CoCos ihrer Bank investieren würden, sei nicht verwunderlich, sagt ein CS-Sprecher.
Die Topleute der Grossbank sässen wegen den Entschädigungsmodellen auf vielen eigenen Aktien und Optionen. Um dieses Klumpenrisiko abzubauen und das eigene Vermögen breiter zu diversifizieren, würden CS-CoCos statt -Aktien erworben.
Bei Konkurrentin UBS haben weniger Insider eigene Beteiligungspapiere abgestossen. Gerade mal 2 Verwaltungsräte kauften nach der Jahrespressekonferenz Anfang Februar Aktien für insgesamt 650’000 Franken.
In beiden Fällen handelt es sich um eine zustehende Entschädigung, die statt in bar in Aktienform bezogen wurde.
Die CS gilt als Vorreiterin von CoCos als Teil der massiv verschärften Eigenkapital-Vorschriften. Laut der Bank sei bei dieser Fremdkapitalform am besten sichergestellt, dass die Interessen von Gläubigern und Aktionärin gleichgeschaltet sind.
In einer Krise würden sowohl Aktionäre als auch CoCo-Kapitalgeber ein Unterschreiten der Kapitaluntergrenze möglichst verhindern wollen, begründet der CS-Sprecher.
Eine Umwandlung von Coco- in Eigenkapital würde nämlich zu einer Flut neuer CS-Aktien führen, der zukünftige Gewinn würde auf viel mehr Anteilsscheine verteilt und entsprechend verwässert. Das sei nicht im Interesse der beiden Arten von Kapitalgeber.
Bei den UBS-Verlust-Bonds ist die Interessenlage zwischen den zwei Kapital-Kategorien anders.
Nähert sich die Eigenkapital-Decke der Untergrenze, könnte für die Aktionäre das Interesse an einem Durchbrechen der Barriere steigen.
Dadurch würden hohe Ausstände gegenüber den Fremdkapital-Gläubiger ersatzlos verfallen, was der Bank frische Luft verschaffen und den Druck auf die Aktien reduzieren würde.
Ex-UBS-Konzernchef Oswald Grübel, ein grosser Gegner der CoCos, hat zu seiner Zeit anders argumentiert. CoCos wären brandgefährlich, meinte Grübel, weil sie eine aufziehende Krise erst recht befeuern würden.
Einmal in der Nähe der Barriere angelangt, würden die Aktionäre das Weite suchen, was die Bank in der öffentlichen Wahrnehmung erst recht zum Krisenfall machen würde.
Eine Art „Run“ auf die Bank würde das Kapital rasch schmelzen lassen. CoCo-Anleihen mit ihrer grossen Gewinn-Verwässerung für die Aktionäre würden so zu einer Self Fulfilling Prophecy, sagte Grübel, der die UBS-Kommandobrücke nach einem 2-Milliarden-Derivatecrash letzten Herbst verlassen hatte.
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