Der Tag ist gekommen. 9 Monate nach Anbinden des Frankens an den Euro werden Thomas Jordan und seine Nationalbank-Führung von den grossen Devisen-Fonds getestet.
Hält Professor Jordan dem Sturm stand? Kann die SNB ihre Euro-Front halten?
Die Schlacht könnte wüst werden. Mit ungleichen Gegnern: Hier eine Truppe von Akademikern, die ihr Rüstzeug in Hörsälen und Bibliotheken geholt hat; da gnadenlose Milliarden-Manager, die das geringste Anzeichen von Schwäche für sich und ihre Investoren auszunutzen wissen.
Für die Financial Times handelt es sich um nichts weniger als den „ersten richtigen Test des Schweizer Wegs zur Schwächung der eigenen Währung“. Dazu hatte die SNB den Franken letzten September bei mindestens 1.20 pro Euro fixiert.
Würde die Grenze fallen, schösse der Franken nach oben. Eine 1:1-Parität zum Euro, wie sie im Sommer 2011 vor der SNB-Anbindung kurzzeitig eingetreten war, würde wieder realistisch.
Analysten sind skeptisch. Ein „ungeordneter“ Griechenland-Exit aus dem Euro könnte laut der amerikanischen Grossbank Citi beim Euro-Dollar-Paar von derzeit 1.25 Dollar zu Parität führen, schreibt die FT.
Ähnlich würde sich wohl der Kurs in Franken entwickeln, wenn der „Peg“ – die Anbindung – wegfallen würde.
Die Schweizer Industrie würde noch stärker leiden. Im April sackten die Exporte in den EU-Raum um 7 Prozent ein, trotz fixer Untergrenze. Nur Uhren und Pharma laufen rund.
Für viele Maschinenbauer und andere Industriebetriebe macht der Franken hingegen schon bei 1.20 pro Euro eigene Ausfuhren schwierig.
Ein unkontrolliertes Hochschnellen könnte für diese Betriebe zur existenziellen Krise werden.
Düster sähe es auch in der Bilanz der SNB aus. Bei einem Euro-Crash auf 1 Franken runter würden die zuletzt ausgewiesenen 124 Milliarden in Euro-Anlagen auf rund 100 Milliarden fallen.
Und auch die Depots und Performance bei den Vermögensverwaltern kämen wohl unter die Räder. Viele Anlagen sind in Euro. Ein Einbruch würde auf die Höhe der „Assets under Management“ und die darauf erzielten Einnahmen durchschlagen.
Noch hält Jordan tapfer die Stellung. Die SNB würde die Untergrenze verteidigen, koste es, was es wolle, richtet seine Bank auf Anfragen jeweils aus.
Mit der Glaubwürdigkeit des Notenbank-Präsidenten steht und fällt das Land.
Seinen Aufstieg in eine der wichtigsten Positionen des Landes verdankt Jordan dem Zufall. Er fiel zwar schon im Studium in Bern als talentierter Geldtheoretiker auf. Doch stets blieb der 48-jährige Bieler ein etwas ungelenker, unscheinbarer Denkertyp.
Den Fight mit den Märkten führten andere. Glamour-Mann Philipp Hildebrand, selbst ein geborener Hedgefund-Manager, wagte das Kräftemessen mit Lust und Verve.
Nun ist Hildebrand über alle 7 Berge, und Jordan muss seine Rumpftruppe zum entscheidenden Gefecht organisieren. Es fragt sich, ob die zurückgebliebenen Notenbank-Chefs in ihrem Headquarter an der Zürcher Börsenstrasse bereit sind.
Die Hildebrand-Nachfolgewirren liegen noch nicht weit zurück, das Dreier-Spitzenteam wurde erst kürzlich komplettiert.
Es besteht ausschliesslich aus Funktionären. Neben Jordan sitzen ein weiterer Professor und ein Ex-Spitzenbeamter aus dem Berner Finanzdepartement an der Spritze.
Gleichzeitig zur grossen Herausforderung bastelt SNB-Chef Jordan an seinem Äusseren. Mit Blick auf seine erhöhte Medienpräsenz tauschte er die Brille.
Die mit dem dunklen, eckigen Gestell verschwand, heute trägt er eine mit feinerem und leicht runderen Rahmen. Das Detail zeigt: Jordan will staatsmännisch wirken. Ruhig, bestimmt, gewillt.
Die Auftritte des SNB-Chefs werden ebenfalls souveräner. Trotzdem bleiben Welten zwischen ihm und Vorgänger Hildebrand, ein rhetorischer Ausnahmekönner.
Perception is everything. Unter Hildebrand hatte der Franken nach der Anbindung meist ein Polster zur Untergrenze.
Im November, als noch niemand von Hildebrands Insidergeschäften sprach, lag der Euro auf über 1.24 Franken. Nach dem Rücktritt sackte er auf 1.22 runter, war damit aber immer noch deutlich über der „Todeszone“.
Heute berichtet die Financial Times von möglichen Geheim-Stützungskäufen der holländischen Rabobank im Auftrag der SNB.
Händler sprechen von 50 Milliarden Euro, die von der Rabo allein in den letzten Tagen zusammen ramassiert worden seien. Die Holländer würden für die SNB handeln, vermuten diese Insider.
Grosse Investoren hatten in den vergangenen Monaten auf einen steigenden Euro gegenüber dem Franken gesetzt. Nun haben sie gedreht.
„We felt until now that the peg was very credible“, zitiert die FT einen Manager von Threadneedle Asset Management zur bisherigen Einschätzung der Frankenanbindung. „But given the flows going through the market we thought it was prudent to eliminate that position.“
Dann fügt der Grossinvestor düster hinzu: „The SNB for the first time are being properly tested.“
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Export Stern auf dem EU dunkelblauen Himmel ist am sinken. ich meine damit Deutsche Exportindustrie, die stottert, das gewaltig, trotz anders lautender Behauptungen, sprich Propaganda. Die Zugeständnisse, die Deutsche Firmen schon heute ihren Kunden in St. Petersburg und Moskau machen müssen um die Käufer überhaupt noch in ihre Luxusgaragen zu holen sind bombastisch. Auch der Russe ist nicht mehr bereit für die Luxuskarrossen 40% mehr zu zahlen, als noch vor einem Jahr. Früher hiess es aus dem deutsche Munde der Exporteure nach Russland: “ Dem Russen kann man alles verkaufen, es kann nicht teuer genug sein.“ Auch dort kauft der Russe keinen Maybach mehr. Man importiert die Luxusuhr oder die Luxusuhren selber und kauft sie in der Schweiz an der Bahnhofstrasse in Zürich oder eben in Genf.
Der Deutsche Exportmarkt positioniert sich schon langsam in Asien. Ihre Exporte sind in Europa in den ersten Monaten des Jahres um 6% gesunken.
Zum Professor Jordan. Man müsse den Tag nicht vor dem Abend loben. Er ist ein Theoretiker. Herr Hildebrand ist nicht gerade glamurös aber bewegt sich in einem Netzwerk von dem Jordan nur träumen könnte und ist ein Praktiker, was in diesem Monetary Business von Wichtigkeit ist.
Ein Optimist der ersten Stunde, der über enorme Erfahrung in diesem Business verfügt.
Was mit der Untergrenze passiert werden wir irgendwann in der 2-ten Hälfte des Monats erst erfahren. Ich schliesse nicht aus, dass die Griechen sich gegen die Diktatur des Brüssels und des Euro stellen werden und die Eurozone verlassen. Es ist auch gut so. Es ist sogar sehr gut so für alle souveräne Staaten, die souverän bleiben wollen. Mit diesem Griechen Bashing haben sich einige Kommissionäre in Brüssel und in Deutschland die Finger bereits verbrannt. Das kennen wir nämlich auch. Eine Währung sagen die Professoren ist nun mal eine emotionale Sache und liegt auf dem Level des kollektiven Bewusstseins. -
@Nachgeschaut.
Vollkommen einverstande – unter der Bedingung, dass man die SNB abschafft. Auf der einen Seite soll sie die Geldmenge, Zinsen steuern, die Inflation/Deflation bekämpfen aber Forexpflege darf sie nicht? Wenn wir uns schon an eine de-facto staatliche Planwirtschaft anpassen müssen, sehe ich ich nicht ein warum nicht den €/CHF Kurs ’steuern‘.
Mit freiem Markt/Kapitalismus à la Österreicher hat das natürlich nichts mehr zu tun. Aber da sind wir schon lange drüber hinweg, nicht war? Sonst gäbe es die UBS heute auch nicht mehr, kein TBTF, kein ‚privatisieren der Profite und sozialisieren der Verluste‘.
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Die Exportindustrie lahmt hauptsächlich weil in Europa kein Geld zum Investieren und Konsumieren da ist. Auch viele Firmen im EU-Raum haben Probleme in EU Länder zu liefern. Da kann die Währung wirklich nicht schuld sein. Oder glaubt jemand noch, dass GR weiterhin Miliardenaufträge an die deutsche Rüstungsindustrie vergeben kann? Oder glaubt noch jemand, Europäer würden weiterhin Solarpanels in Deutschland kaufen?
Zudem kann es den Firmen gar nicht so schlecht gehen, wenn immer noch so viele Zuwanderer in die Schweiz kommen.
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Nachtrag… siehe Kommentar weiter unten. Mit den vielen Milliarden Euros in einem Schweizer-Staatsfonds könnte man sich auch andenken die „Deutsche Bank“ zu kaufen und sie dann in „Neue Schweizer Bank“ umbenennen. Wetten der Peer Steinbrück würde sich dann nicht mehr so flegelhaft gegenüber uns benehmen?
Wir sollten den starken Franken besser zu unseren Gunsten ausnützen und die vielen Milliarden Euros nicht nur in evtl. riskante Staatsanleihen investieren sondern das CH-Volk in Form eines Staatsfonds Teilhaber werden lassen. -
Jordan ist um Welten besser als der Blender Hildebrand und durchaus auch glaubwürdiger, das werden die Märkte auch so erleben. Dass Hedge-Fund Manager die besseren Notenbanker sein sollen leuchtet mir echt nicht ein – was für eine sinnlose Behauptung. Hier ist Charakter und Standfestigkeit gefragt, keine Stärke von Hildebrand. Hildebrand war zudem das Liebkindchen von EWS, Raaflaub & Co. (wahrscheinlich auf vom Opportunisten Schneider-Amman), was man von Jordan ja defintiv nicht sagen kann – dies alleine sagt genug (Gutes) über Jordan aus
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lasst dem CHF-Kurs den freien Lauf. Wenn es ein Teil der Exportindustrie schwerer hat, dann profitiert die Importindustrie. Zudem profitieren die Exporteure von billigeren importen, die sie hauptsächlich für ihre Produkte verwenden. Sooo schlimm ist es nicht. Oder hat je jemand gehört, dass früher jemand für tiefere Kurse war, als die Importe viel zu teuer waren?
Wichtig ist, dass die Importgewinne den Konsumenten voll und in echtzeit weitegegeben werden. Hier braucht es den Ombudsmann.
Hoffentlich macht die SNB endlich die Anbindung an den Euro rückgängig, bevor die Verluste zuuu hoch werden.-
Kann man so nonchalant sagen wenn man, als Export KMU, nicht jetzt die Preisliste fürs 2. Halbjahr in € rausmailen muss und die ausländische Konkurrenz auch nicht schläft.
Von billigerem Import leben ist etwa die gleiche Logik wie wenn sich Coiffeure gegenseitig die Haare zweimal mehr schneiden und sich freuen was fuer die Wirtschaft zu tun – das BIP geht rauf, also geht es uns besser, nicht war?
Oder anders rum: Importierte Materialkosten sind in den Betrieben die ich etwas kenne ungefähr so ausschlaggebend wie der Rohkaffeepreis im Espresso in der Beiz (nein, ich sags nicht wie wenig das ist. Auch etwas recherchieren und kalkulieren lernen).
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@max. sie sprechen uns aus dem heimatlichen hochlohnstandort herzen: export-KMU endlich in den EU raum auslagern, dorthin gehen für die produktion wo die PFZ-einwanderer bereits zu hause sind und die aktive konkurrenz auch nicht schläft! es werden in der CH immer noch viel zu viel zero engineering güter hergestellt. heimatlich eben. prüfen sie das modell, engineering swiss made – herstellung made anywhere. der markt wirds danken und in der CH hat es wieder mehr platz für value jobs. NB: KMU sind beratungsresistent – zu deren leid.
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Leider und zum vollen Unverständnis betreibt die SNB neu eine Währungspolitik. Sie wird daran scheitern, wie bereits andere Länder. Angefangen hat Hildebrands Vorgänger Roth. Völlig grundlos vertedigte dieser die Marke von EUR 1.50 (was war daran so wichtig??) und übergab just an Hildebrand als die Marke bröckelte. Wie auch Hildebrand und jetzt Jordan signalisiert die SNB, dass sie für die KMU’s (Exporter) die Kohlen zum Feuer rausholt. Dies ist fatal. Ein Exporter muss ZWINGEND seine Währungsrisiken selber managen, d.h. grössere Teile seiner zukünftig erwarteten Währungseinnahmen absichern. Der Franken wird stark bleiben so lange wir zuwenig konsumieren (sprich importieren). Der Handelsbilanzüberschuss der Schweiz liegt bei ca. 4% des BIP. Wie soll da der Franken schwächer werden? Die SNB wird wahrscheinlich scheitern eine bestimmte „Marke“ zu halten. Besser wäre wenn die SNB die vielen Euros einem zu gründenden CH-Staatsfonds zuführt und dieser investiert in europäische Blue Chip Firmen, nach Vorbild von Norwegen. Was die als Öl haben haben wir aus dem Engineering und Produktions Know-how (also Handelsüberschüsse). Ein netter Nebeneffekt: Man würde der Schweiz wieder mit Respekt begegnen (sonst kaufen wir uns die Lufthansa mitsamt der SWISS zurück…:) )
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@Max. Accepted!
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lasst dem CHF-Kurs den freien Lauf. Wenn es ein Teil der Exportindustrie schwerer hat, dann profitiert die Importindustrie. Zudem profitieren…
Jordan ist um Welten besser als der Blender Hildebrand und durchaus auch glaubwürdiger, das werden die Märkte auch so erleben.…
Kann man so nonchalant sagen wenn man, als Export KMU, nicht jetzt die Preisliste fürs 2. Halbjahr in € rausmailen…