Nach dem Aus für Raymond Bär und Konrad Hummler war Christoph Ammann das letzte Schlachtross von Swiss Banking. Für die Credit Suisse gab Ammann einst den Tarif an der Börse durch, später wachte er beim Bankenregulator über die Branche.
Nun hat es den Grand old man erwischt. Ammann gab gestern „out of the blue“ seinen kurz bevorstehenden Rücktritt als Präsident der Privatbank Sarasin bekannt.
Ob sich Ammanns CEO Joachim Strähle halten kann, bleibt ungewiss. Strähle war letzten Sommer in den USA juristisch zurückgehalten worden und musste sich im Steuerkrieg befragen lassen.
Er und seine Mitstreiter im VR von Sarasin hätten sich „konsequent für die Gleichbehandlung aller Aktionäre und für eine Beschleunigung des Übernahmeprozesses eingesetzt“, liess Präsident Ammann gestern am späten Abend in einem dürren Sarasin-Communiqué die Öffentlichkeit wissen.
Damit lief die Truppe des 71-jährigen bei den neuen Machthabern auf.
Die „Handlungsfähigkeit“ seit dem Verkauf von Sarasin an die brasilianische Bankerfamilie Safra im letzten November sei „zunehmend eingeschränkt“ worden, man könne die Aufgaben „heute nicht mehr wahrnehmen“, heisst es in der Mitteilung.
Ammanns Kehrtwende überrascht. Bisher hatten der starke Sarasin-Mann und seine Kollegen stets die gute Kooperation mit den neuen Eigentümern aus Lateinamerika hervorgehoben.
Ammanns Ende ist mehr als nur eine Anekdote in stürmischen Zeiten.
Persönlich handelt es sich für Ammann um eine bittere Niederlage zum Ende einer stolzen Karriere, die sich meistens hinter den dicken Mauern des Finanzplatzes abgespielt hat.
Gleichzeitig wirft sein erzwungener Rücktritt durch die Hintertür ein grelles Schlaglicht auf eine Schweizer Banker-Elite, die zuletzt nicht mehr auf der Höhe der Aufgaben war.
Konrad Hummler war das Aushängeschild eines freien, mutigen und erfolgreichen Bankenmodells, das sich nicht um ausländische Ansichten scherte. Das ging solange gut, bis die US-Justiz mit der Peitsche knallte und Hummler seine Wegelin-Bank im Januar notfallmässig verramschen musste.
Raymond Bär, einer anderer Private-Banker mit bekanntem Namen und langer Karriere, könnte wie Hummler über US-Steuerdrohungen gestürzt sein.
Dass Bär diesen Frühling vorzeitig in Pension ging, könnte mit dem never- ending Steuerkrieg zusammenhängen.
Christoph Ammann von der Basler Sarasin hingegen dachte offenbar lange, er könne sich auch unter den neuen Besitzern an der Macht halten.
Beim Deal mit Safra war dem Sarasin-Präsidenten jedenfalls noch zum Feiern zumute. Auf die Frage der NZZ am Sonntag letzten Herbst, was ihn an der Safra-Gruppe überzeuge, meinte Ammann: „Sie kann auf eine 200-jährige Geschichte zurückblicken, ist enorm kapitalstark und gehört zu den zehn grössten Privatbanken in Brasilien. Das sind gute Voraussetzungen, unsere Wachstumsstrategie fortzusetzen.“
Dass die Zukunft am Rheinknie ohne ihn stattfinden würde, hatte sich Ammann kaum vorgestellt. Sonst hätte er vermutlich nicht „den unbedingten Willen, das Geschäft weiterzuentwickeln“ der Banker aus Sao Paulo gelobt.
„Sie denken unternehmerisch und wollen uns unterstützen, weiter zu wachsen“, meinte Ammann im Gespräch. „Sie haben klargemacht, dass sie uns nicht kaufen würden, wenn wir nicht wollten.“
Man kann von der Fehleinschätzung des Jahres sprechen. Auch Sarasin-CEO Joachim Strähle könnte bald unsanft auf die Welt kommen.
Den Verkauf einer der ältesten Privatbanken der Schweiz an ein wenig transparentes Finanz-Powerhaus aus Lateinamerika begründete Strähle im erwähnten NZZ-Interview auf eigenwillige Art und Weise.
„Mit der Bank Sarasin bleibt eine wertvolle Marke bestehen“, frohlockte der Sarasin-Chef damals. Man könne den beiden Sarasin-Topshots gratulieren, dass „wir als eine der führenden Schweizer Privatbanken erhalten bleiben“.
Präsident Ammann hätte im geplanten Setup den Schweizer Charakter an der Spitze der Bank sicherstellen sollen. Nach dessen Abgang ist die Bahn frei für die undurchsichtigen Safra-Banker.
Diese kommunizieren etwa so laut wie Thunfische. Für die 1700 Sarasin-Mitarbeiter in der Schweiz, der EU, im Nahen Osten und in Asien, könnte der von der eigenen Führungscrew mit allen Kräften angestrengte Verkauf an die Safra-Familie zum schmerzhaften Trauma werden.
Dass sie sich mit Ammann und Strähle solidarisch gegen einen drohen Verkauf an die Zürcher Julius Bär stemmten, wird das Sarasin-Personal möglicherweise noch bereuen.
Mit einzigartigen Protestaktionen hatte die Sarasin-Spitze dafür gesorgt, dass die bisherige Eigentümerin der Privatbank, die holländische Rabo Genossenschaftsbank, kalte Füsse kriegte und den Zuschlag statt Zürich Sao Paulo gab.
Bär-CEO Boris Collardi stand im Regen. Statt sich zu grämen, machte sich der 38-jährige auf die Jagd nach einem nächsten Ziel.
Nun könnte Collardi fündig geworden sein. Gestern bestätigte Julius Bär, den Kauf des Nicht-Amerika-Privatebankings von Merrill Lynch zu prüfen.
Der Sprung wäre etwa gleich gross wie der geplante mit Sarasin. Bär käme mit den Vermögen der Bank-of-America-Tochter auf über 250 Milliarden Privatkunden-Vermögen. Die Zürcher lägen neu deutlich vor dem Safra-Sarasin-Gespann.
Es wäre die Rache des Jahres.
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Die beliebtesten Kommentare
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Was für eine gute Nachricht dass Ammann endlich weg ist! Jetzt noch Strähle und dann kann es wieder vorwärts gehen!
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In den kommenden Jahren wird es heissen: CH-Bankbranche minus 25% Beschäftigte und Löhne bzw. Gesamtentschädigungen des Bankenkaders minus 30%, wetten?
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Positiv denken: ‚Gesundschrumpfen‘ heisst das!
Zudem fehlen 6000 Lehrlinge für technische Berufe. Flexibel sein, umsteigen, bitte, sonst nehmen die Chinesen noch alle produktiven Jobs weg.Eine schleichende geisteswissenschaftliche Akademisierung ist auch Gift für den Spitzenwerkplatz Schweiz. Nichts gegen die ‚Science Popos‘ aber mit den Massen die da, zum Beispiel, die Uni Genf produziert, kann man kaum in der Exportweltmeisterschaft vorne mithalten. Ausnahmen gibts natürlich – wenige 🙂
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Sarasin – ist das nicht die Bank wo IT Meilis Datenklau praktizieren? Kontoauszüge verteilen, wenn es um ‚höhere‘ Interessen geht? Was mit unfehlbarer, schlafwandlerischer Sicherheit von eben demselben Sarasiner, mit dem rechten Parteibuch, entschieden wird? R.I.P. Sarasin.
Man sehnt sich nach ‚richtigen‘ Banquiers, nach cleveren Finanz-Persönlichkeiten, nach strategischen Vordenker mit weltweitem top Image. Wir kennen sie vom Hörensagenlesen: Hans J. Bär, Nikolaus Senn, Fritz Leutwiler. Sogar Bundesräte mit Format wie Kurt Furgler gabs. Was für ein Unterschied zu der heutigen traurigen Garnitur von Selbstdarsteller und – sicher unbewusst – Totengräber der Marke Schweizer Privatbank.
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Austritt «out of the blue»? – immer wieder erstaunlich wie präzis Hässig berichtet. Sorry, aber Ammanns Austritt war schon lange bekannt und angekündigt.
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Swiss Banking ? Was ist denn das ? Koffer mit Geld in eine Schweizer Bank bringen. Der Schweizer Old Boys Küngel bringt nichts mehr und deswegen werden, stärkere, ausländische Banken in der Schweiz AUFRÄUMEN.
Collardi wird sich mit dem Deal verheben. Zwei Bank Kulturen zusammenzubringen ist sehr schwer. Was hat Amman gebracht für die Sarasin! Nur Schaden. Wenn sie gut dastünde, hätte man sie ja nicht verscherbeln müssen.
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vor allem Strähle hat nur Schaden für Sarasin gebracht … !! absolut inkompetent!
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Swiss Banking ? Was ist denn das ? Koffer mit Geld in eine Schweizer Bank bringen. Der Schweizer Old Boys…
Austritt «out of the blue»? - immer wieder erstaunlich wie präzis Hässig berichtet. Sorry, aber Ammanns Austritt war schon lange…
Sarasin - ist das nicht die Bank wo IT Meilis Datenklau praktizieren? Kontoauszüge verteilen, wenn es um 'höhere' Interessen geht?…