In Grossbuchstaben verkünden die Basler seit Wochen: „Sarasin bleibt Sarasin“.
Das ist Wunschdenken. Heute Abend geht die Geschichte der Schweizer Traditionsbank zu Ende. Dann nämlich läuft das Pflicht-Übernahmeangebot an die Sarasin-Minderheitsaktionäre ab.
Je nachdem, wie viele Kleinaktionäre ihre Papiere der 50-Prozent-Besitzerin Safra aus dem brasilianischen Sao Paolo andienen, verschwindet Sarasin rasch von der Börse.
Danach dürfte es still werden um die Basler.
Ein Indiz ist die Safra-Kommunikation. Sie zeichnet sich durch besondere Zurückhaltung aus.
„Wir können derzeit nichts sagen, das über das öffentlich Gesagte in der Offerte hinaus geht“, antwortete Safra-Sprecher Robert Siegfried am Freitag auf die Frage, wie gut das Angebot bei den Minderheitsaktionären ankomme.
Die Pressestelle von Sarasin hatte zuvor an die Safra-Kommunikation verwiesen. „Die Offerte unterbreitet Safra“, begründete Basel.
Safra-Sprecher Siegfried agiert als Angestellter der New Yorker Kommunikationsfirma Kekst and Company aus Amerika heraus. Er ist weit weg vom Basler Rheinknie.
Kommunikation ist Chefsache. Im Fall von Sarasin wird Wichtiges nicht mehr aus der Schweiz heraus mitgeteilt, sondern aus Übersee.
Viele dürften über die Entwicklung bei der Basler Privatbank unter der neuen Eigentümerschaft aus dem aufstrebenden Lateinamerika-Riesenland enttäuscht sein.
Für die meisten Stakeholders verschwindet Sarasin in der Safra-Blackbox. Ihre Hoffnung, dass die bekannte Firma dank dem vielen Geld und dem Geschäftssinn des Safra-Familienclans zu neuen Ufern aufbrechen würde, hat sich bisher nicht erfüllt.
Verlierer in dieser Geschichte gibt es viele: die Aktionäre, die Mitarbeiter, die Öffentlichkeit. Sie alle erfahren wenig über die wahren Entscheidungsabläufe.
Zufrieden sein können neben den Safra-Chefs vor allem ein paar hohe Sarasin-Manager mit der Aussicht, ihre lukrativen Positionen noch eine Weile zu behalten.
Den bisher höchsten Preis für den Verkauf nach Sao Paulo bezahlen die Sarasin-Kleinaktionäre.
Diese haben offensichtlicht die Fahnen gestreckt. Dass sie noch mehr aus ihren Titeln herausholen könnten, dürfte für die meisten kein Thema mehr sein.
Am Freitag Abend lag der Sarasin-Kurs bei 26.95 Franken, knapp unter den offerierten 27 Franken. Damit spricht aus Sicht der kleinen Shareholder nichts mehr gegen Annahme des Safra-Angebots.
Dessen Preis ist ein Abklatsch früherer Höhenflüge. Anfang der 2000er Jahre steuerte die Sarasin-Aktie Richtung 60-Franken-Grenze, bei Ausbruch der Finanzkrise Ende 2007 lag der Titel immer noch über 50 Franken.
Danach sackte er kurzzeitig ab. Als er sich wieder erholt hatte, pendelte er meistens zwischen 30 und 40 Franken.
Als vor Jahresfrist der Übernahmekampf um die Bank mit rund 100 Milliarden verwalteten Vermögen entbrannte, rieben sich die Minderheitsaktionäre die Hände.
Julius Bär offerierte 39 Franken pro Titel, wie damals aus Bär-Kreisen verlautete. Hätten demnach die Zürcher das Rennen gemacht, wären die Kleinaktionäre auf ihre Rechnung gekommen.
Auch mit den Safra-Bankern, die Ende November 2011 für 36 Franken zum Handkuss kamen, liess sich leben, dachten viele Sarasin-Miteigentümer. Der Preis schien in Ordnung.
Die kalte Dusche kam Ende Juli. „Safra kündigt Lancierung der Kaufofferte für die im Publikum gehaltenen Namenaktien B der Bank Sarasin an“, teilten die Brasilianer nüchtern mit.
Der offerierte Preis lag mit 27 Franken auf dem absoluten Minimum, 25 Prozent unter den 36 Franken, welche die Brasilianer der Rabobank aus Holland für deren 50-Prozent-Paket bezahlt hatten.
Tiefer durften die neuen Sarasin-Herren aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht gehen. Gleichzeitig strichen sie auch noch die Dividende.
An der Spitze der Sarasin spielt man mit. Der Co-Leiter des Private Bankings Fidelis Götz verkaufte seine Anteile über die Börse und löste dafür Ende August 1,6 Millionen Franken.
„Ich bin gegenüber der Bank Sarasin absolut verpflichtet und bin überzeugt vom künftigen Entwicklungspotenzial der Bank“, wehrte er sich in der Finanz und Wirtschaft vorsorglich gegen den möglichen Eindruck, bald abzuspringen.
Ein zweiter Topmann der Basler Privatbank hat letzten Mittwoch die 27-Franken-Offerte der Safra Bank akzeptiert und im Gegenzug 2,1 Millionen Franken erhalten, wie Daten der Börsenorganisation Six zeigen.
Für die 1’700 Mitarbeiter der Sarasin-Bank bricht hingegen eine ungewisse Zeit an. Sie wissen nicht, wohin die Reise unter den Safra-Bankern geht.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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delisting ist gut…ihr werdet sehen!
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Da hat wohl das Sarasin Management ein Eigentor geschossen, sie haben sich mit Händen und Füssen gegen eine Uebernahme durch Julius Bär gewehrt und dachten die Brasilianer würden sie an der langen Leine halten und nun kommt es um einiges krasser als erwartet…
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spricht nicht gerade für Joe’s strategisches Geschick!
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und wo sind die Kommentare, welche heute vor 13:00 erfasst wurden?
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Ich habe mein Geld schon lange abgezogen! Keine Lust auf eine dubiose brasilianische mauschel Auslandbank!
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Der vermeintliche Befreiungsschlag ist wohl zu einem Boomerang geworden.
Es wird sowieso ein Blutbad geben, Joe Straehles Abgang ist wohl nur verschoben, aber nicht aufgehoben.
Schade um diese Traditionsbank.
Und Joe scheint einen netten zu sein (kenne ihn nicht persönlich, nur von 3. Hand), aber vielleicht findet er eine neue Herausforderung die er gewachsen ist. -
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Deutsche Sprache, schwere Sprache!
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ja klar hat joe ja auch selbst geschrieben
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Der vermeintliche Befreiungsschlag ist wohl zu einem Boomerang geworden. Es wird sowieso ein Blutbad geben, Joe Straehles Abgang ist wohl…
Ich habe mein Geld schon lange abgezogen! Keine Lust auf eine dubiose brasilianische mauschel Auslandbank!
und wo sind die Kommentare, welche heute vor 13:00 erfasst wurden?