Chinesische Vermögende (Ultra High Net Worth Individuals, UHNW) kümmern sich um die privaten Investitionen erstaunlicherweise oft selbst, insbesondere für Investitionen in der Ferne. Ein Haus in St. Moritz zu besitzen – am besten am Suvretta-Hang – steht dabei ganz weit oben auf der Wunschliste. Der Genferseeraum scheint an Bedeutung zu verlieren. Zürich gewinnt. Und das Interesse an Investments in Schweizer Unternehmen steigt. Ihr Geld haben sie alle in Mainland China gemacht. Vielfach in Städten, deren Namen wir noch nie gehört haben. Meist sind sie zwischen 40 und 60, mit einem starken Frauenanteil. Bereits folgt die zweite Generation, hervorragend ausgebildet. International orientiert.
Die Schweiz geniesst in Asien unverändert einen hervorragenden Ruf. Auch das Schweizer Bankenwesen. Mehr als „UBS“ oder „Credit Suisse“ höre ich in meinen Gesprächen mit chinesischen UHNW jedoch konkret nicht. Die Wirren zwischen der Schweiz und den USA werden von meinen Gesprächspartnern zur Kenntnis genommen, aber nicht wirklich verstanden. Der Steuerstreit mit der EU und Deutschland spielt in der chinesischen Wahrnehmung keine Rolle.
In Peking und Shanghai haben die UBS und die Credit Suisse die Nase vorn. Das lässt sich einfach erklären. Die Credit Suisse betreibt in China Bankgeschäfte seit 1955. Die UBS gilt als Spätzünder, hat jedoch seit dem offiziellen Markteintritt 2003 eine beeindruckende Aufholjagd hingelegt und für die grosse Investorenkonferenz im Januar CEO Sergio Ermotti nach Shanghai eingeflogen. Im Private Banking ist die Credit Suisse unter den UHNW der privaten Unternehmern in Shanghai, Beijing oder Guangzhou hervorragend vernetzt. Der UBS wird eine grosse Nähe zu den einflussreichen, vermögenden Topleuten der staatlichen Grosskonzerne nachgesagt. Für die Hunderten von IPOs der nächsten Jahre eine hervorragende Ausgangsposition der UBS.
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All dies wäre Grund genug für Schweizer Privatbanken – und nicht nur die Privatebanking-Abteilungen der Grossbanken – Flagge zu zeigen. Dabei geht es nicht darum, „Me too“ in das Gewusel der boomenden chinesischen Finanzszene zu rufen. Schweizer Privatbanken und insbesondere die, welche noch von Familien kontrolliert werden, verfügen über Eigenschaften, die nah an der chinesischen Befindlichkeit liegen: Wunsch nach Vertrauen und Sympathie, Pragmatismus, Kostenwahrheit, Effizienz, Flexibilität, Sicherheit, unternehmerische Lösungen.
Sind es nicht genau die Faktoren, welche das Schweizer Privatbanking in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu dem werden liess, wovon der Finanzplatz Schweiz heute noch profitiert? Natürlich gibt es auch in China Black Money. Natürlich wird der chinesische Staat früher oder später die Steuerschraube anziehen und die Kontrolle erhöhen müssen. Steueroptimierung ist beim UHNW jedoch nur eine von vielen Komponenten, welche die Auswahl einer Bank beeinflussen. Steueroptimierung ist auch nicht der Kern des Private Bankings.
Mainland-China hat inzwischen gegen 1’000 Dollar-Milliardäre hervorgebracht. Nur wenige besitzen zum Schutz ihres Vermögens Strukturen. Der Investitionsdruck ist in dieser Gruppe um ein Vielfaches höher als vor zehn Jahren bei den paar russischen Oligarchen. Für viele der UHNW sind die Restriktionen überwindbar, was Investments im Ausland betrifft. Umso stärker ist der Wunsch, pragmatisch in Real Estate und Unternehmenswerten Direktinvestments zu tätigen.
Manche Schweizer Private Banker scheinen vergessen zu haben, dass ihre Disziplin sich nicht darin erschöpft, seinem Kunden Produkte ins Portfolio zu legen. Die kulturellen Barrieren zwischen der Schweiz und China existieren, sie sind jedoch überwindbar für diejenigen, welche offen durch die Welt gehen. Fehler darf man nur einmal machen. Der Finanzplatz Schweiz verliert auch wegen den vielen Fehlern in der Vergangenheit gegenüber London, New York und Hong Kong laufend an Bedeutung. Im Private Banking muss dies nicht sein. Chinesische UHNW könnten das traditionelle Schweizer Privat Banking erstrahlen lassen. Das Zeitfenster ist jetzt offen.
Sehr geehrter Herr Oehen
Besten Dank für den höchst interessanten Artikel.
Ich hätte viele Fragen. Nur drei
1. Wie haben die UHNW i.d.R. ihr Geld verdient? Gibt es ein Muster?
2. Welche Ch-Unternehmen kaufen sie am liebsten?
3. Welche Produkte (CH) lassen sich in China am besten vermarkten?
Freundlihe Grüsse
Marc Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer
Ein Muster, wie die UHNW in der Regel ihr „Geld“ verdient haben, gibt es nicht. Jedoch stehen unternehmerischer Erfolge im Vordergrund. Und (noch nicht) Erlöse aus IPOs etc.