Gérard Fischer zieht nach Arbeitsschluss gern ein paar Runden in einem Propellerflugzeug. Umgeben von Funk und Messgeräten fühlt er sich als Herr der Lage.
Fischer, der Mann der 50 Milliarden Swisscanto-Vermögen, gilt auch beim wichtigen Schweizer Assetmanager und Gemeinschaftswerk der Kantonalbanken als Kontrollfreak.
Insider berichten, dass der Doktor der Wirtschaftswissenschaften sich in den wöchentlichen Sitzungen der Swisscanto-Geschäftsleitung gerne selbst in Szene setze.
Jeder Antrag der Kollegen oder aus dem Mannschaftsraum würde in seine Kleinstteile zerlegt, bis Fischer das Haar in der Suppe gefunden habe.
Das Thema kann noch so unbedeutend sein: Fischer zeigt, wo’s langgeht. Selbst die Frage des Sujets für die Swisscanto-Weihnachtskarte ging hoch bis in Fischers Obergreimum.
Ein Führungsstil mit Folgen. Fischer hat Duckmäuser um sich geschart. Die starken Figuren in der Swisscanto-Leitung haben sich hingegen längst verzogen oder wurden geschasst.
Für Fischer, den Hobbypilot im Swisscanto-Cockpit, schien die Rechnung aufzugehen. Er galt als unangreifbar.
Bis vor kurzem. Jetzt nicht mehr.
Beim viertgrössten Assetmanager des Finanzplatzes ist es zum Aufstand gekommen. Und zwar nicht an der Basis in Form einer Revolution; sondern dort, wo der Hebel angesetzt werden muss.
Bei den Eigentümern. Diese sind die 24 Kantonalbanken des Landes. Je nach Grösse halten sie Aktien an der Swisscanto, die Fonds und weitere Produkte für die Staatsbanken kreiert und managt.
Nachdem Fischer mit seiner Swisscanto zuletzt Jahr für Jahr Kundenassets verloren hatte, ging der Verwaltungsrat, der die Kantonalbanken als Besitzer abbildet, hinter die Strategie.
Zusammen mit McKinsey – eine andere Quelle erwähnt als Ausgangspunkt einen Workshop mit der Beratungsfirma PwC – entstand die „Strategie 2020“.
Diesen Frühling zog Fischer „Strategie 2020“ aus dem Hut. Weniger, dafür bessere Produkte, lautete die Losung. Dann, so Fischer, könne die Swisscanto auch im Ausland expandieren.
Kapitän Fischer trug dick auf. Mit „2020“ würde die Swisscanto in einigen Jahren wieder mehr Gewinn erzielen, den Kantonalbanken würden sichere Ausschüttungen winken.
Der Schuss ging nach hinten los. Statt dass die Swisscanto-Eigentümer Fischers Plan absegneten, entzogen sie ihm das Vertrauen.
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Und zwar radikal. Nicht mehr Fischers luftige Zukunftsphantasie stand zur Debatte, sondern eine völlig neue Lösung.
Der Verkauf der ganzen Swisscanto.
Für einen Insider der einzig richtige Entscheid. „Fischer hat die Swisscanto fett und bürokratisch gemacht, die Firma hat Kosten aufgebaut, aber Kunden verloren, und sie hat Trends verschlafen.“
Tatsächlich liefen Konkurrenten der Swisscanto den Rang ab. Die ETF-Welle mit ihren günstig abgebildeten Börsenindizes ging an Swisscanto vorbei, während Blackrock & Co. damit durchstarteten.
Also abstossen. Doch wie?
Die Swisscanto-Spitze machte sich an den Verkaufsprozess. Da zeigte sich, dass die staatlich geschützten Kantonalbanken wenig Ahnung vom Kräftespiel in der freien Wildbahn haben.
Drei Interessenten wurden zur Due Diligence eingeladen, also der intensiven Prüfung von Büchern und Plänen.
Es waren dies: die ZKB, die Bank Vontobel und die Lebensversicherin Swiss Life.
Statt auf grosses Interesse bei allen drei Häusern zu stossen, sprangen die Vontobel-Bank und die Swiss Life schon nach kurzer Zeit wieder ab.
Es handle sich bei der Swisscanto um einen „Sanierungsfall“, sagt eine Quelle. Höchstens Teile seien attraktiv, aber sicher nicht das Ganze.
Übrig blieb die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Sie hatte nun alle Trumpfkarten in den Händen.
Den Zürchern war nämlich zu Ohren gekommen, was in einem Verkaufsprozess niemals sich herumsprechen darf; dass sie nach Absagen ihrer Mitkonkurrenten allein im Rennen verblieben sei.
Die ZKB packte die Gelegenheit beim Schopf. Sie trieb den Preis nach unten.
Weit, weit nach unten.
Die eigene Bewertungsanalyse der Swisscanto hatte im Zuge der Strategiefindung einen Wert von 900 Millionen bis 1,2 Milliarden ergeben.
Nun bot die ZKB die Hälfte. 500 bis 600 Millionen lautete ihr Angebot für die ganze Swisscanto.
Ein Schnäppchen? Im Vergleich zum selbst errechneten Wert des Gemeinschaftswerks ganz bestimmt.
Doch der ZKB-Preis zeigt, dass die Einschätzungen zur Swisscanto weit auseinandergehen. Die Zürcher finden Fischers Fonds nur halb so gut wie dieser selbst.
Für Fischer wäre ein Verkauf möglicherweise das Ende des persönlichen Höhenflugs. Die Swisscanto würde wohl mit dem ZKB-Assetmanagement fusioniert, mit Jobabbau top-down bei der Swisscanto.
Der Ball liegt bei den übrigen 23 Kantonalbanken. Sind sie bereit, den Zürchern die Swisscanto zum Halbtax zu überlassen?
Hier liegt die letzte Chance von Gérard Fischer. Zieren sich die vielen Staatsbanken, dann könnte der Swisscanto-Pilot noch länger seine Runden drehen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Weitere Ex Swisscanto
Was der Autor über den Swisscanto CEO Fischer schreibt, haben ungezählte Mitarbeiter erlebt und erleben es wohl immer noch. Viele Kollegen könnten es bestätigen, soweit sie angstfrei sind. Umso erstaunlicher sind jeweilen seine guten Bilanz Ratings, welche indirekt vermutlich auf die relative Marktposition oder auf einige Produkte abstellen. Vom Typ her hätte er vielleicht nicht höher als ein Chefbuchhalter befördert werden sollen, wo sicher gute Arbeit verrichtet würde. Einflussreiche Aktionäre wollen aber auch als CEO oft nur einen Vollzieher. Grosszügige und charismatische menschliche Führungsqualitäten sind ihm weitgehend uneigen, er orientiert sich zwecks Kompensation vielmehr an Detailversessenheit bis fast zum Exzess. So züchtet er privat auch Bienenstämme, als Ergänzung zum Propellerfliegen. Eine einzige kritische Meinung oder ein vielleicht kleiner Fehler kann zuweilen zur Entlassung führen, vielleicht erst viel später, denn er vergisst solche Ereignisse nie und man hat das Gefühl, es werde darüber Buch geführt. Einen Aufstand der Geschäftsleitung konnte er kurz nach seinem Eintritt erfolgreich niederschlagen. Heute ist von den guten erfahrenen Managern niemand mehr da. Diese Haltung kann nicht gut ausgehen, auch wenn man ihm Besseres wünschte als das Führen an den Abgrund, wie der Autor und Insider Kommentatoren ausführen. Da könnte man vielleicht immer noch gut von den Japanern lernen, bevor es zu spät ist und es alle Aktionäre merken. Stichwort Kaizen.
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Alleine die Gegenüberstellung der Entwicklung AuM vs. Personalbestand zeigt, dass Fischer die Lage falsch eingeschätzt hat. Die hohen Kosten versuchte man zu Lasten der Partner einzusparen und zwang diese in die Knie. Sind wir gespannt welche KBs wirklich noch hinter Swisscanto stehen und welche den Notausgang nehmen. Spricht alles pro ZKB.
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Man kann über Fischer und seinen Kontrollwahn sagen, was man will. Dank seiner Liebe zum Detail hatte GFI, wie er intern genannt wird, stets die Kontrolle über „sein“ Unternehmen und hat dieses vor den Krisen der vergangenen Jahre bewahrt. No Madoff, No Lehman, no US fines.
Was der Autor nicht schreibt, ist dass die „verschlafenen Trends“ wie ETFs, Auslandexpansion etc. von Fischer eingeleitet worden sind, aber vom Verwaltungsrat jeweils zurück gepfiffen wurden (zu teuer, zu riskant, passt nicht zum Aktionärsumfeld…).
Und WER sitzt im Swisscanto Verwaltungsrat??
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No Madoff ist ganz sicher nicht Herrn Fischer’s Verdienst und korreliert auch nicht mit Kontrollwahn, sondern einzig und allein mit „prudent management“ der Fondsmanager.
Nicht die Lorbeeren auf die falschen Häupter setzen!
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Ausgabeaufschlag, Management Fee, Custodian Fee, Verkaufspesen, Kick-Backs und Retros. Nur Idioten „investieren“ in solche Fonds (nicht nur Swisscanto).
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Der Artikel von Hr. Hässig trifft es auf den Punkt. Aufgeblasener Laden mit wenig fähigem Management. Die guten Leute wurden gemobbt oder entlassen. Tia, was hat der gute Gérard Fischer in den letzten 10 Jahren erreicht?
Personal von 250 auf über 400 raufgefahren und gleichzeitig viele Assets verloren. ( Hatte Hr. Fischer damals nicht schon das Deutsche Bank Asset Management an die Wand gefahren? ) Dass die Kantonalbanken so lange zugeschaut haben ist für mich immer noch ein Rätsel. -
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sind jetzt die guten an der reihe?
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Anlagefonds wurden lange Zeit als Kunden-Melkmaschinen missbraucht, darum der schlechte Ruf. Viele reiche Kunden kaufen aus Prinzip keine Anlagefonds.
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@nahrungskette: klar, ich auch nicht. bin aber nicht reich…
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Chapeau für die Leistungen von G. Fischer in den letzten Jahren für die ganze Branche (SFAMA & Co.). Hier hat G. Fischer einen ganz anderen Eindruck hinterlassen.
Ich frage mich: Was hat es mit dem Wirbel um die sonst beschauliche Swisscanto und G. Fischer auf sich? Wird hier etwas orchestriert? Ist L. Hässig jemanden auf den Leim gekrochen oder lässt er sich für etwas verwenden?
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Sehe ich ganz anders. Fischer spielt sich gerne als Oberlehrer auf, im eigenen Laden hat er aber Führungslosigkeit gezeigt und regiert diktatorisch. Dass die Swisscanto heute so schlecht dasteht hat er, zusammen mit seinem VR unter der Leitung von Andreas Waespi zu verantworten.
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Fischer scheint nicht der einzige Chef zu sein, der seine Mitarbeitenden bremst.
Gemäss einer Umfrage der Hay Group gelingt es jeder zweiten Führungskraft in der Schweiz (53%!) ein schlechtes Arbeitsklima zu schaffen. Dennoch, die Faktoren, die die Motivation am Arbeitsplatz beeinflussen sind vielfältig und man ist ihnen durchaus nicht hilflos ausgeliefert.
http://www.hrundleadership.ch/human-resources/wie-motiviere-ich-mich-am-arbeitsplatz/
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Fischermann ist „ausgebowled“ mit twenty-twenty !
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keine ahnung woher lh sein infos bezieht… in diesem fall sind sie sehr mangelhaft! vom geschriebenen text kann maximal 1/5 als realität bezeichnet werden. eine weitere realität ist der wandel indem sich die banche bedindet, dazu stark sinkende retros! andere häuser haben bereits in der vergangeheit unterschlupf (Sicherheit) gesucht und gefunden, weitere werden folgen. dass die kb’s einen verkauf an rb oder einer grossbank nicht zustimmen liegt auf der hand – dann lieber ein freundschaftsangebot an eine andere kb!
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Keine Ahnung, wieso Sie sich Insider nennen. Fischer hat alles was sich ihm in den Weg gestellt hat weggeräumt und Thanen ohne jegliche Eigeninitiative engagiert. Er fuhr eine falsche Strategie, welche durch seine Leute ohne Mut zur Widerrede getragen wurde. Die ZKB ist schon lange Konkurrentin der Swisscanto, hat sich hervorragend in Position gebracht und sich entsprechend aufgestellt. Teure Retailfonds sind mega out. Günstige und gute Instfonds gefragt.
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na dann vegleichen sie mal kosten und erträge… (also, vegleich zu mitbewerber! 😉 retros bitte mitbetrachten!)
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Die Konkurrenz durch ETF spüren auch andere Anlagestiftungen massiv. ETF sind ein Mengengeschäft und ohne ansehnliche Assetbasis für den Emittenten nicht rentabel. Black Rock hat die nötige Grösse um positive Skalenerträge mit ETF zu erzeugen. Von diesem strukturellen Produktewandel sind die anderen Anlagestiftungen auch betroffen, unabhängig von der Führung. Ich denke, es hängt weniger mit der Person CEO zusammen als vielmehr mit dem globalen Wandel im Anlegerverhalten der Pension Funds (weg von teuren Boutique-Produkten mit durchschnittlicher Performance und hin zu kostengünstigen ETF mit Marktperformance). Dies hat wenig mit „Bruchpilot Fischer“ zu tun, sondern mit Verschiebung der Anlegerpräferenzen hin zu passiven Mengenprodukte mit kleiner Marge. Fazit: Assetbasis erweitern durch allfällige Uebernahme.- Ein Vorgang, der in der Finanzindustrie in Zukunft noch häufiger anzutreffen ist.
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Das Schöne ist, je mehr Anleger ihre Anlagestrategie mittels passiven Anlagen umsetzen, desto attraktiver wird das aktive Anlegen wieder! Bis dahin wird es jedoch noch eine Weile dauern, da passive Anteil noch einen relativ kleinen Teil am Anlagevolumen ausmachen…
Was viele Leute jedoch vergessen ist, dass mittels ETF’s keine Anlagestrategie gefahren wird, sondern das Rebalancing jeweils selbst vorgenommen werden muss, womit der Durschnittsanleger wohl überfordert ist.
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So dumm können ja nicht mal Kantonalbänkler sein, dass sie Swisscanto für einen „Spot-Preis“ der ZKB überlassen! Oder?
Na gut, wir werden es wohl bald sehen!
Vielleicht schaltet sich ja noch Pierin Vincenz in den Bieterkampf ein 😉
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Erinnere mich gerne an Gérard Fischer aus gemeinsamen Vontobel-Zeiten.
Damals ist er jedenfalls noch nicht als Kontrollfreak aufgefallen.
Erinnere mich gerne an Gérard Fischer aus gemeinsamen Vontobel-Zeiten. Damals ist er jedenfalls noch nicht als Kontrollfreak aufgefallen.
So dumm können ja nicht mal Kantonalbänkler sein, dass sie Swisscanto für einen "Spot-Preis" der ZKB überlassen! Oder? Na gut,…
Die Konkurrenz durch ETF spüren auch andere Anlagestiftungen massiv. ETF sind ein Mengengeschäft und ohne ansehnliche Assetbasis für den Emittenten…