Vor kurzem sprach Pierin Vincenz an einer Tagung über die Finanzplatz-Zukunft. Er wolle sie am Beispiel seiner Raiffeisen erläutern, meinte er.
Was folgte, war erhellend. Vincenz hat … keine Strategie. Try and error, würde dies im Angelsächsischen genannt. Einfach mal loslegen hier bei uns.
Wegelin kaufen, daraus Notenstein basteln. Sarasin-Stars kaufen, daraus Asset Management zimmern. Vontobel-Partnerin austricksen, aus Scherbenhaufen Informatik neu erfinden.
Wäre Vincenz Chef einer Privatbank, hätte diese wohl längst Schieflage. Den Tanker Raiffeisen bringt hingegen nichts so schnell auf Grund. Genossenschafter sind halt tumbes Stimmvieh.
Wie Vincenz tickt, zeigt das Beispiel seiner „Strategie“ mit Beat Wittmann. Sie führte zu einem einzigartigen Debakel mit über 40 Millionen Investment ohne erkennbaren Nutzen.
Und sie zeigt, wie Vincenz sich selbst in Sicherheit bringt, wenn es brenzlig wird. Dann kappt er die Leinen zu vermeintlichen Freunden und schiebt alle Schuld in deren Hafen.
Wittmann hatte eine Idee. Wieder einmal. Nachdem er bei Clariden Leu und danach bei Julius Bär mit Getöse von Bord gegangen war, wollte er mit seiner eigenen Dynapartners klein bleiben, aber steil herauskommen.
Das Problem war, dass niemand im Markt auf den zwar bekannten, aber umstrittenen Assetmanager gewartet hatte.
Neue Kunden kamen fast keine, die Performance war überschaubar. Die Assets strömten Wittmann nicht zu, sondern tröpfelten höchstens ein wenig. Dynapartners kam auf 20 bis 30 Millionen, viel zu wenig zum Abheben.
Was tun? Wittmann hat zwar im Geschäftlichen Schwächen wie alle. Aber etwas nimmt ihm keiner: sein einzigartiges Talent für Auftritte.
Sei es auf CNBC, sei es vor Investoren wie Rumen Hranov und Roland Berger, sei es vor Genossenschafts-König Pierin Vincenz: Alle glauben Wittmanns grossspurigen Versprechen.
Und so setzten viele auf den Sohn des bekannten, zornigen Professoren und Buchautoren Walter Wittmann aus den Bündner Bergen.
Vincenz tat dies in einem noch nie dagewesenen Mass. In mehreren Tranchen erhöhte der Raiffeisen-Chef das Aktienkapital von Wittmanns Assetmanagement, bis dieses schliesslich über 40 Millionen gross war.
Mit der gefüllten Kriegskasse machte sich Wittmann, nun unter dem hochtrabenden Namen „The Capital Management Group“, auf, das Schweizer Asset Management neu zu erfinden.
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Er sprach mit fast allen, Grossen und Kleinen, Reichen und weniger Reichen. Die meisten winkten ab. Was sollten sie unter der Fuchtel des Möchtegern-Zampanos?, fragten sich viele.
Wittmann blieb nichts anderes übrig, als das zu kaufen, was sich kaufen liess: hier eine Vescore des bekannten Basler Professoren Heinz Zimmermann, da eine CEAMS eines Philipp Weckherlin, dann etwas in Genf.
Alles landete lose unter dem Dach der Capital-Management-Gruppe. Kurzfristig stimmte der Deal. Die Verkäufer kriegten aus Wittmanns Raiffeisen-Schatulle Geld für Anteile an ihren Babies, Wittmann konnte eine wachsende Gruppe vorweisen.
Nur einem wurde es mit der Zeit ungeheuer. Pierin Vincenz sah ein offenes Loch, aus dem die Millionen nur so hinausströmten, ohne dass er abschätzen konnte, was Wittmanns Gebilde dereinst an Erträgen bringen würde.
Der Mann, der ebenfalls aus den Alpen Graubündens stammt und dessen Vater einst auf dem Präsidentenstuhl der Raiffeisen-Gruppe gesessen hatte, zeichnet sich durch ein beeindruckendes Bauchgefühl aus.
Dieses meldete sich offenbar zu Wort. Wittmann hatte die Raiffeisen-Millionen mit beiden Händen ausgegeben, doch offenbar ging seine Strategie nicht auf.
Sollte Vincenz in jenem luziden Moment die Realität erkannt haben, dann merkte er damals, was das Problem war. Mit Wittmann und ihm fanden sich zwei, die nicht strategisch dachten und agierten, sondern einfach drauflos schossen.
Das war einer zu viel. Denn Vincenz hatte noch ein paar andere Verlustlöcher.
Da war die Sarasin-Truppe unter dem Kommando von Aris Prepoudis. Der hatte gegen 50 Leute von Basel mit zu den Sankt-Gallern gebracht und kostete eine Granate.
Und auch die Notenstein Privatbank unter Adrian Künzi war noch kein Lotto-Sechser. Die Ex-Wegelin-Bank litt unter Hüst-und-Hott und einem exorbitant schlechten Kosten-Ertrags-Verhältnis.
Dass sich Vincenz mit der Zürcher Vontobel verkracht hatte, machte die Sache nicht besser. Der Streit um den Kooperationsvertrag zwang ihn zu einer IT-Vorwärtsstrategie. Nun baut er mit Avaloq eine Rieseninformatik auf der grünen Wiese.
Die vielen Baustellen mit den hohen Risiken hatten das Potenzial, für ihn persönlich gefährlich zu werden. Da zeigte Vincenz, warum er es ganz nach oben geschafft hatte.
Vincenz kann brutal werden. Er schob Wittmann die alleinige Verantwortung am Desaster zu. Der konnte sich nicht wehren und steht nun als grosser Versager im Swiss Banking da.
Pierin Vincenz hingegen macht weiter, als ob nichts passiert wäre.
Es ist dies das Privileg des übermächtigen Chefs der Kolchose namens Raiffeisen.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Try and error. Nicht schlecht, mach ich auch mal.
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Joeeeehhh, dieser Artikel ist doch Hafächäs
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Huch, noch ein so guter Artikel wie am Tag zuvor über die ZKB-Swisscanto. Swiss Banking am Ende. Zuwenig Wettbewerb. Zuwenig Business. Zuwenig Kenntnisse. Verluste a-Hoi.
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Freut mich zu hören, dass ich – nach 20 Jahren Tätigkeit in der Finanzbranche – zur Kategorie Tumbes Stimmvieh gehören soll. Niveau in der Berichterstattung kann man offenbar hier nicht erwarten.
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Sensationell geschrieben.
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also, das mag ja sein. aber insgesamt gibt es auch gutes über die wettbewerbs- und kundenorientierung von ch-banken zu notieren, sogar auf Basis einer Studie
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Die Details sind möglicherweise nicht die Stärke des L.H. Dennoch ist seine Einschätzung nicht unrichtig. Eine tragfähige und langfristig angelegte Strategie sieht anders aus, liebe Raiffeisen-Fraktion. Auch wenn Ihr das nicht gern hört.
Pierin Vincenz kann das übrigens egal sein. Um den Scherbenhaufen kümmert sich dann sein Nachfolger. Apropos: wer ist eigentlich die Nummer Zwei im Bündner Raiffeisen-Geflecht?
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Genossenschafter sind weder tumb noch sind sie Stimmvieh. Sie haben bei Raiffeisen Schweiz nämlich keine Stimme und damit nichts zu sagen. Stimmen können sie nur in den lokalen Raiffeisenbanken. Die gut 300 Raiffeisenbanken sind ihrerseits die Eigentümer von Raiffeisen Schweiz, haben in deren oberstem Organ („Delegiertenversammlung“) aber auch keine Stimme. Sie sind nur in 22 Vereinen („Regionalverbänden“) organisiert, welche die Mitglieder der Delegiertenversammlung von Raiffeisen Schweiz bestimmen. Und diese wählt dann den Verwaltungsrat, der für die Wahl der Geschäftsleitung und die strategische Ausrichtung verantwortlich ist. Das Ganze ist ziemlich kompliziert und sehr intransparent. Wirklich basisdemokratisch ist es sicher nicht. Ob Raiffeisen damit ein Beispiel für gute Corporate Governance ist, scheint eher fraglich.
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Bitte etwas genauer nehmen! Die Delegierten sind Bankleiter oder VR-Präsidenten der einzelnen Raiffeisenbanken. Diese Delegierten verfügen über ein Stimmrecht an der DV. An diesen DV’s wird nicht nur „durchgewinkt“. Es werden sehr kritische Fragen gestellt bezüglich Strategie der Gruppe und es wird auch Nein gesagt, wenn die Delegierten nicht damit einverstanden sind.
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Anstatt einfach voll auf den Mann (Lukas Hässig) zu schiessen, sollten die Kommentatoren lieber die Argumente Hässigs entkräften. Sofern möglich….
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Siehe Kommentar von Zampano
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Im Angelsächsischen heisst es dann auch trial and error nicht try and error. Aber bei diesem hochspannenden Artikel spielts ja auch keine Rolle….ganz nach dem Motto who cares!
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Mir stellt sich schon die Frage: wie kann es sein, dass die Fonds solche erbärmliche Ladenhüter blieben? Die Performance ist definitiv nicht berauschend, aber auch kein Desaster. Die Gebühren sind hoch, aber nicht unverschämt. Wie kann es sein, dass so manches viel fragwürdigere Leonteq Struki sich im Raiffeissenuniversum besser verkaufte? Wurde da Wittmann schlichtweg vom Verkauf im Regen stehen gelassen?
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Ganz einfach: Raiffeisen = Best in Class Ansatz und dies sehr konsequent
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Lukas: Meine Strategie? Einfach mal losschreiben
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eben Same Old Shit; und was machen wir nun mit Wittmann Junior?
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Wie fundiert die Sachlage ist, lasse ich mal aussen vor. Aber auf jeden Fall ist es eine der ganz süffigen Geschichten von L.H., sehr schön, Danke! Und das schadet an einem Freitag wirklich nicht.
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Und wo hat sich jetzt die „News“ versteckt … LH, das wissen wir doch alles schon!
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Hier ein paar Beispiele über die Falscheinschätzung von Herr Hässig zu Raiffeisen im Überblick:
Vincenz zahlte 75 Mio. zu viel für Leonteq-Aktien (Falsch)
Wie Leonteq Pierin Vincenz über Tisch zog (Falsch)
Vincenz vergoldet Struki-Knaben von Leonteq (Falsch)
Vincenz hat Raiffeisen in Sackgasse geführt (Falsch)
Vincenz sägt Notenstein-CEO Adrian Künzi ab (Falsch)
What the heck suchte Vincenz im US-Sumpf? (Falsch)
3’000 Raiffeisen-Kunden stolpern über Strukicrash (Falsch)Nur um ein paar Beispiele aufzuzeigen, über welche hier grossspurig berichtet wurden, sich kurze Zeit später jedoch offensichtlich als falsch herausstellten!
Hab den Artikel trotzdem gerne gelesen – zeigt uns einfach, die Artikel hier sind mit Vorsicht zu geniessen…. grosser Vorsicht 😉
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Genau meine Worte!
Nicht umsonst hat IP den übernamen „Banken-Blick“.
Pierin kann tun und lassen was er will, es ist sowieso falsch, nur weil Meister Hässig ihn nicht mag. Von sauberer und seriöser Recherche keine Spur. Ganz nach dem Motto: Einfach mal drauflos babbeln…
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Absolute Sauerei, solche Aussagen verbiete ich mir!!!!
„Genossenschafter sind halt tumbes Stimmvieh“
Ein Glück hab ich, über 1.5 Millionen Genossenschafter sind wir – Herr Hässig möchte wohl unterschwellig sagen, wir Schweizer sind dumm!
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Herr Genossenschafter, haben Sie an irgendeiner Raiffeisengenossenschaftsversammlung schon mal je auch nur eine kritische Frage (sei es zur lokalen Geschäftspolitik, der Vorgaben des Verbandes, der Besetzung von VR Positionen gehört)? Ich nicht. Von daher hat LH schon recht, solange man die Genossenschafter an der versammlung gut füttert und mit reichlich Alkohol beglückt werden sie nie ihrer Verantwortung als Eigentümer nachkommen.
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@Peter Besserwisser? Wie kann man Mitglied in 300 Raiffeisenbanken sein?
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@Peter Besserwisser: Ich war an Generalversammlungen von 4 verschiedenen Raiffeisenbanken (mehrmals), darunter bei einer Fusions-Versammlung –> soviele Kommentare kann ich Ihnen hier gar nicht aufschreiben.
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Und die Moral von dieser Geschicht?
Lukas war mal wieder hässig.
Er gab sich kritisch und lässig,
nur viel Inhalt war da nicht.
Und die Moral von dieser Geschicht? Lukas war mal wieder hässig. Er gab sich kritisch und lässig, nur viel Inhalt…
Absolute Sauerei, solche Aussagen verbiete ich mir!!!! "Genossenschafter sind halt tumbes Stimmvieh" Ein Glück hab ich, über 1.5 Millionen Genossenschafter…
Hier ein paar Beispiele über die Falscheinschätzung von Herr Hässig zu Raiffeisen im Überblick: Vincenz zahlte 75 Mio. zu viel…