Die Postfinance ist ein Riese, wie die NZZ heute schön auflistet. Fast 3 Millionen Kunden, 120 Milliarden Bilanzsumme, 111 Milliarden Kundengelder – das entspricht 15 Prozent Marktanteil.
Und im Zahlungsverkehr steht die Schweiz ohne Postfinance still, deshalb ist die Bank zu gross für den Untergang.
Doch damit ist die Führung nicht zufrieden. Sie will endlich die volle Freiheit. Die NZZ macht in ihrer Story Stimmung für eine zumindest teilweise Privatisierung der Staatsbank.
[simple-google-ads-ad-tag id=“ip_content_banner“]
Die Zeitung argumentiert mit dem sinkenden Wert für den Bund als 100-Prozent-Besitzerin der Postfinance. Diese darf nur Spargelder annehmen, aber keine Kredite vergeben.
Wobei: Das stimmt nur zum Teil. Direkt sind der Postfinance die Hände gebunden. Über Partner wie die Valiant ist die Postfinance längst im Hypokredit-Geschäft aktiv.
Egal, entscheidend ist, dass die NZZ zur Privatisierung der Postfinance aufruft, wogegen sich die übrigen Banken via ihre Lobbyisten in Bern wehren. Sie wollen den Inlandkuchen unter sich verteilen.
Der mediale Ruf nach mehr Freiheit kommt den Chefs der Postfinance gelegen. Sie können damit von den hausgemachten Schwächen ablenken.
Diese nehmen immer gravierendere Ausmasse an. Letzte Woche stand E-Finance – das ist das Online-Banking der Postfinance – während Stunden still.
Ein Sprecher der Postfinance bestätigt den Absturz. „E-Finance war heute Mittag aufgrund einer Störung vorübergehend nicht erreichbar“, meinte er letzten Donnerstag. „Unterdessen läuft das System wieder einwandfrei.“
Es handelte sich um den x-ten Computer-Crash beim Gelben Riesen. Die Führung hat auf ein indisches System gesetzt und betont bei jeder Gelegenheit, dass dieses gut läuft.
Die Abstürze sprechen eine andere Sprache. Was genau der Grund für diese ist, bleibt offen. Doch dass inzwischen Computerpannen zum Normalzustand gehören, sagt mehr aus als tausend Worte.
Crash auf Crash auf Crash bei der Postfinance – und keiner schaut mehr hin.
Dabei hätte es die Postfinance-Führung im Operativen selbst in der Hand, gut abzuschneiden. Dort kann sie unabhängig von der Politik punkten.
Stattdessen hat sie ihr Tagesgeschäft nicht im Griff. Neben den unzähligen Abstürzen rückte ihr Mobil-Zahlungssystem namens Twint letzten Monat in den öffentlichen Fokus.
Hinter Twint stehen vor allem Postfinance-Cracks, die seit Jahren für die Staatsbank versuchen, digital zu punkten.
Dort, in der digitalen Revolution, sieht die Postfinance-Spitze unter CEO Hansruedi Köng ihre grosse Chance.
In der NZZ meint Köng, dass sein Unternehmen dank schlanken Strukturen einen direkteren Weg in die Digitalisierung wählen könne als die Konkurrenz.
Effektiv zeigt Twint, dass vieles verschlungen und kompliziert läuft, wenn die Postfinance-Leute das Sagen haben.
[simple-google-ads-ad-tag id=“ip_content_middle“]
Die Twint-Geschichte ist ein Trauerspiel sondergleichen. Auf zwei Jahre Dornröschenschlaf, während denen Apple Pay das Feld besetzte, folgte eine Lancierung, die in die Hose ging.
Folgen für die Verantwortlichen in Bern: keine.
Dafür stellen diese nun politische Forderungen nach mehr unternehmerischer Freiheit, wie heute medial durch das bürgerliche Blatt NZZ propagiert.
Je länger die Krise bei der Postfinance andauert, desto mehr stellt sich die Frage, was der siebenköpfige Verwaltungsrat dagegen unternimmt.
Dort sitzen renommierte Köpfe. Angeführt wird das Gremium von Rolf Watter, einem der bekanntesten Wirtschaftsanwälte des Landes.
Die restlichen Sitze verteilen sich auf 3 Postleute, 2 Ex-Banker von Lombard Odier und den Ex-Anlagechef der Zürcher Julius Bär.
Durchaus honorige Leute. Bis jetzt lassen sie die Postfinance-Truppe unter CEO Köng irrlichtern, ohne deren Treiben Einhalt zu gebieten.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Wir werden um die Digitalisierung nicht herumkommen. Allerdings befürchte ich, wir werden die eine oder andere Überraschung erleben (e-Banking bei Postfinance, Wahlmanipulation USA, Blackout etc.). Wenn’s richtig schief läuft, kann’s schnell existentiell werden. Dann werden wir uns an die guten alten mechanischen Zeiten zurückerinnern.
-
Der einzige Grund, warum die Postfinance so gross wurde, ist, weil sie dem Staat gehört. Bei einer Privatisierung würde das Unternehmen sehr bald geschluckt und verschwinden – natürlich wären dann die Top Mangager finanziell saniert, aber sonst würde es nicht viel bringen.
-
@Liberaler
Deinen queren Wertvorstellungen folgend werden wir also eines Tages augenreibend aufwachen (nicht alle natürlich) und uns fragen, wie das nur kommen konnte mit der haltlosen Verschacherung von lebensnotwendiger Infrastruktur und Public Services an z.B. dubiose China „Investment“buden…
Hoffnungslos ausgeliefert und dem maximum profitum geopfert… – auch was uns die Geschichte lehrt resp. lehren könnte, scheint spurlos an dir vorbeigegangen zu sein. Na dann schlaf einfach weiter und träum schön von deinem ach so liberalen Niedergang. -
Einmal McKinsey drüber, die Hälfte der Truppe entlassen und an einen ausländischen Aktionär verscherbeln damit ein paar Manager weiter golfen können, und dann ist auch die Post in der Reihe im Schweizer Trauerspiel.
-
Etwas interessante Nachricht zu Nachdenken… eigentlich zu Vor-Denken, wenn man in Sommer überhaupt denken kann!
https://www.ft.com/content/95808118-662e-11e7-9a66-93fb352ba1fe
-
-
Stellen Sie doch mal eine Anfrage bei Postfinance, wie die Stimmung und die aktuelle Fluktuation ist. Es bleiben aktuell nur die Leute dort, die keine anderen Möglichkeiten haben. Und genau die Leute, die bleiben, sind die falschen für den Turnaround zum „Digital Powerhouse“. Aber Hauptsache man konnte Geld bei den Mitarbeitern sparen und die FTE verringern.
-
Die Führung hat auf ein indisches System gesetzt. — Zum Glück ist das ein Staatsbetrieb.
Wir haben in der Schweiz einige Betriebe, die Gesamtlösungen für Finanzdienstleister anbieten und bei mind. 80% der Schweizer Banken im Einsatz sind. Aber hunderte von Millionen im Ausland zu vergeben ist für ein schweizer Staatsbetrieb ok. Das ist meines Erachtens der grösste Skandal.-
Rob Soglia, gespaltene Persönlichkeit?
-
-
Die Führung hat auf ein indisches System gesetzt. — Zum Glück ist das ein Staatsbetrieb.
Wir haben in der Schweiz einige Betriebe, die Gesamtlösungen für Finanzdienstleister anbieten und bei mind. 80% der Schweizer Banken im Einsatz sind. Aber hunderte von Millionen im Ausland zu vergeben ist für ein schweizer Staatsbetrieb ok. Das ist meines Erachtens der grösste Skandal.-
Wer waren noch gleich die Anteilseigner bei Avaloq? So von wegen Gewinne ins Ausland…
Und die 80% Banken (Evidenzen?) in der Schweiz haben auch alle über 1 Milliarde Zahlungen pro Jahr und die „CH Anbieter Systeme“ drücken das locker durch?
-
-
Apropos Staatsunternehmen und Inder:
Die IT-Firma Ergon AG hat ein Produkt, welches die Swisscom verwendet. Bisher hat die Ergon AG den Service dazu geliefert.
Neu wird HP Indien den Service für dieses Produkt übernehmen! Also für ein ihr fremdes!
Bei der Ergon AG sind 1/4 aller Arbeitsplätze bedrohte!
Die Politik schreit, wenn ein Lehrling bei der Swisscom seinen Lehre unterbrechen muss.
Schreit sie jetzt auch bei einem Jobverlust von 25%?
Offshoring bringt, je nach Schätzung, nur 20% Kostenersparnis. Manchmal wird es gar teurer. Info von 2003 aus den USA!
Die Löhne in den Auslagerungsländern effektiv gesehen völlig unwichtig im Gesamtprozess.
Dazu gibt es Untersuchungen. Ausser die Manager haben wissentlich ihre Macht missbraucht.
-
Ich habe selbst bei der genannten Firma Ergon AG gearbeitet. Das tragische an der Auslagerung eines komplexen Qualitäts-Produkt ist ja nicht nur der mögliche lokale Verlust von Arbeitsplätzen, sondern auch der Verlust, die Ethik im Arbeitsmarkt kontrollieren/beeinflussen zu können. Ergon AG hat Preise für den besten Arbeitgeber der Schweiz gewonnen. Lass sehen ob die Kapitalisten in Indien für Lohntransparenz, faire Anstellungsverhältnisse und KEINE Auswüchse bei den Managernlöhnen sorgen, zuversichtlich bin ich nicht.
Die ganzen überliberalen NZZ-Schreiberlinge verdrängen immer wieder gerne, dass unsere staatlichen und halb-privaten Unternehmen trotz Flopps zu den besten weltweit gehören! Wer das nicht glaubt steige wiedermal in Deutschland in einen Zug oder versuche in der Schweiz mit jemand anderem als der Post eine etwas komplexere Bankenanbindung zu realisieren (selbst gemacht). Die (halb)staatlichen mögen träge sein, aber das Resultat an Services ist am Ende meist den Privaten in ihrer Breite und Qualität doch weit überlegen!
-
-
Das mit der unternehmerischen „Freiheit“ kennen wir von der staatlichen Telekom Swisscom. Jens Alder damals: „sonst wird es dem Management langweilig“, folge Miliardenabschreiber in Ungarn und Italien, überhöhte Preise zur Finanzierung.
Das selbe Spiel jetzt als bei der Postbank. Daher nein. Einfach nein.
-
Und wieder einmal hatte Blocher Recht… aber wenn man nur Flaschen im Bundesrat hat, die ein Leben lang in der geschützten Werkstatt gelebt haben, kann man ja zu keinem anderen Resultat kommen.
Swissair, Swisscom, Ruag, Post, SBB, Nationalstrassennetz… es gäbe noch einiges, das nicht Staatsaufgabe ist. -
@Laura Stern 🙂
Hm, ich bin weiss Gott kein Sozi, aber es gibt Dinge im Leben, die sind Allgemeingut und -Recht, ausgehend vom Natur- und Menschenrecht. Wie z.B. Trinkwasserversorgung, öffentlicher Schienenverkehr, Nationalstrassennetz u.a. Was im Falle von Privatisierungen in diesem Bereich abgeht, kann man im nahegelegenen Ausland gut beobachten: Alle diese Allgemeingüter, die privatisiert worden sind, sind marode und brechen auseinander (bspw. Schienenverkehr in UK, etc. etc.), weil nicht der Service Public, sondern der Profit zählt! Ausserdem ist es Enteignung der Bürger, wenn der Staat bspw. Nationalstrassen, die mit Steuergeldern über Jahrzehnte erbaut und unterhalten wurden, einfach an Private Firmen veräussert. Das Geld fliesst dabei ja nicht zurück an die eigentlichen Eigentümer (Steuerzahler)! Allgemeingut gehört definitiv NICHT privatisiert. Aus der Post/PostFinance könnte man durchaus Teile Privatisieren, jedoch sicher nicht den Zahlungsverkehr und die Postzustellung. Es gibt ein Weltpostgesetz wo sich auch unsere liebe Post dran halten muss, da es über den Gesetzen des jeweiligen Landes steht. Ob sie dies tatsächlich immer macht, wenn sie Poststellen und Dienstleistungen kürzt, bleibt mal dahingestellt. -
@ Laura von einem anderen Stern und Blocher Jünger: zur Horizonterweiterung lies doch einfach das obige Statement von Visionär immer wieder mal kurz durch – könnte helfen.
-
-
Muss immer alles privatisiert werden? Wird hier von der NZZ wieder die Gier nach Wachstum propagiert? Manchmal ist es auch klüger, man man gewisse Dinge im Grundkonzept so belässt wie es ist. Auch in einem staatlichen Gefäss kann Wachstum oder Modernisierung Einzug halten, vielleicht nicht so schnell. Wir haben in den letzten 10 bis 15 Jahren ausreichend gesehen wo das hinführen kann, der Grössebwahn min gewissen Managern, heute Top, dann Flop und anschliessend von der Bildfläche verschwunden!
-
Aus meiner Sicht gibt es absolut Teile, welche bei Postfinance privatisiert werden könnten. Das allerdings wird den Postverantwortlichen nicht gefallen, weil diese ihre Kompetenzen behalten wollen. Die sogenannt bankähnlichen Teile wären es, welche zu privatisieren wären. Mit der Privatisierung verbunden eine Banklizenz. Insbesondere der Zahlungsverkehr soll bei Postfinance verbleiben. Und wenn die Zinsen bei Gelegenheit auch wieder etwas anziehen, kann darauf sogar etwas Zins bezahlt werden, sofern die Rechnung stimmt.
-
In Bereichen, wo der Markt spielt, hat der Staat nichts verloren. Durch die staatliche Garantie führt die Einmischung des Staates in den Markt höchstens zu Verzerrungen und teilweise zu Dumping-Preisen, welche betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigt sind, da quersubventioniert.
Also alles privatisieren, wo es genügend private Anbieter hat und nichts Zwingendes für ein staatliches Angebot spricht.
-
@Liberaler
Spielt denn der Markt? Wieso braucht es soviel Regulierung auf dem Finanzplatz, wenn der Markt spielt? Wo ist die Verzerrung? Wo machen staatliche Banken Dumping? Der Zahlungsverkehr müsste sonst die SIX sicherstellen, damit wäre das private Monopol komplett, entspräche dies einem funktionierenden Markt? -
@Liberaler: Der Markt spielt eben selten und zugleich sind ja genau die Politiker und Konzerne welche vordergründig den Markt spielen lassen möchten auch jene welche ihn hinterrum verhindern sobald es bei Ihrer Klientel oder Familie ans Eingemachte geht bzw. die Firma selbst nicht selbst profitiert. Es wird nie einen freien Markt geben, dafür werden selbst die bürgerlichen und pseudo-liberalen Politiker und Kräfte sorgen. Die Öffentlichkeit sieht dies leider zu wenig.
-
@fuchsd1946:
Seit PostFinance ihre Depositenkonti „Sparkonti“ nennen darf – obwohl der Begriff Sparen in diesem Zusammenhang eine exorbitante Übertreibung darstellt – ist sie bereits im Besitz einer Bankenlizenz. Nur, weil sich die Finanzlobby den Kreditkuchen lieber unter sich selbst aufteilen will, bleibt PostFinance vom Kreditgeschäft ausgeschlossen. Man könnte also von einer kastrierten Bankenlizenz sprechen, was den Wettbewerb zu Ungunsten von PostFinance massiv verzerrt.
-
Muss immer alles privatisiert werden? Wird hier von der NZZ wieder die Gier nach Wachstum propagiert? Manchmal ist es auch…
Das mit der unternehmerischen "Freiheit" kennen wir von der staatlichen Telekom Swisscom. Jens Alder damals: "sonst wird es dem Management…
Apropos Staatsunternehmen und Inder: Die IT-Firma Ergon AG hat ein Produkt, welches die Swisscom verwendet. Bisher hat die Ergon AG…