Heute frohlockt der flamboyante Julius-Bär-Chef Boris Collardi über seinen letzten Spitzentransfer. Mit Oliver Bartholet holt er einen renommierten UBS-Rechtsmann zur Privatbank.
Hinter der Personalie steckt eines der grössten Debakel der jüngeren Bär-Geschichte. Es trägt den Namen „Atlas“ und geht genau um das, was der neue Mann abdecken muss.
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Risiken. Respektive die Vermeidung davon, wenn sie zu gefährlich sind.
Die Bär-Bank unter Boris Collardi hat solche Gefahren lange weitgehend ignoriert. Während bei der UBS und der CS längst das grosse Compliance-Monster gezüchtet wurde, machte Collardi frischfröhlich weiter wie zu guten alten Bankgeheimnis-Zeiten.
Die Rechnung folgte später. Spätestens sei die Amerikaner die Fifa-Chefs jagen, ist Collardi ein umgedrehter Handschuh.
Seine Bär wurde zur Fifa-Bank und erschien in US-Anklageschriften. Jetzt wusste selbst Ferrari- und Frauen-Draufgänger Collardi, was es geschlagen hatte.
So lancierte Collardi das Projekt Atlas. Es startete vor einem Jahr und sah vor, dass alle Kunden im Computer der Bär solide erfasst wären.
Was nach Selbstverständlichkeit klingt, ist bei Bär eine Herkulesaufgabe. Die Bank hatte bei vielen Privatkunden wenig bis fast nichts erfasst. Von wo stammten deren Vermögen, was steckte hinter Zahlungsflüssen, wie genau sind sie in Politik und Wirtschaft ihrer Heimat verstrickt?
Keine Ahnung. Blindflug.
Die Bär-Compliance – ein Schrebergarten wie in den 1980er Jahren von Swiss Banking.
Atlas sollte alles ändern. Atlas war das Versprechen von Boris Collardi und seinen Compliance Chefs Roman Baumgartner und Martin Eichmann, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und eine scharfe Kontrolle über die heissen Kunden auf die Beine zu stellen.
Die Finanzmarktaufsicht Finma gab Ziele vor. Sie tat dies, nachdem die Untersuchungsfirma Deloitte schwere Mängel bei der Julius Bär gefunden und diese den Berner „Polizisten“ in einem Bericht aufgelistet hatte.
Der Deloitte-Bericht zu Bär war eine einzige Katastrophe für die Zürcher. Sie versuchten, diesen via NZZ schlechtzureden.
Das brachte die Finma gleich nochmals auf die Palme. Nun war endgültig Schluss. Atlas total oder sonst sprechen wir Tacheles, so die Botschaft von Mark Branson und seinen Finma-Watchdogs.
Die Julius Bär machte sich an die Arbeit. An Pressekonferenzen und auf Anfragen der Medien betonten ihre Sprecher, wie man aufs Tempo drücke, keine Mittel und Kosten scheuen würde, um zum Pionier einer neuen, scharfen und schlagkräftigen Überwachung zu werden.
Dann kam der Sommer 2017 – und Atlas kollabierte.
Eine Auflistung zum aktuellen Stand des Grossprojekts brachte zum Vorschein, was sich die Bär-Chefs nicht einmal in ihren wildesten Träumen hätten ausmalen können.
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Atlas war nirgends. Die Operation war schlicht ein Desaster.
Nur bei 4 Prozent war KYC – das ist die bekannte Abkürzung für Know Your Client und steht im Zentrum jeder korrekten Dokumentation von Bankkunden – inzwischen erfasst und im Computer.
Das Vorgabe der Finma aber lautete: Bis Ende 2017 müssen 40 Prozent aller Privatkunden bezüglich KYC korrekt im System drin sein.
Die Bär-Leute rieben sich die Augen. 4 Prozent statt 40 Prozent – gerade mal einen Zehntel des Ziels war per August erreicht. Selbst mit aller Kraft wäre die Aufholjagd bis Dezember nicht zu schaffen.
Es kam zum Austausch mit der Finma. Diese reagierte unwirsch. Erstens war sie verärgert wegen eines Bär-Managers, der in der NZZ die Aufsicht in den Senkel stellte.
Man habe den Deloitte-Bericht ins rechte Licht rücken können, meinte der ungenannt gebliebene Bär-Banker im führenden Zürcher Wirtschaftsblatt.
Die Finma stellte die Bär-Führung darauf schriftlich zur Rede. Und die Finanzaufsicht machte in ihrem Schreiben klar, dass die Zürcher Privatbank nun sofort Gas geben müsse mit ihrem Atlas.
Doch da war das Projekt längst aus allen Terminschienen gefallen. Es lag am Boden, ohne Aussicht auf Erfolg.
Die Atlas-Misere dürfte der Grund für die jetzt erfolgte Spitzenverpflichtung des UBS-Compliance-Spezialisten sein. Das Signal an Bern lautet: Wir rüsten auf.
Wenn nicht mit Atlas, dass wenigstens mit einem Mann. Das sieht doch gut aus.
Wenigstens auf dem Papier. Und für den Aktionär bedeutet es noch mehr Kosten. Oliver Bartholet zieht in die Geschäftsleitung ein, wo er 7-stellig verdienen wird.
Spart die Bank wenigstens durch den Abgang des Vorgängers?
Nicht doch. Bernhard Hodler bleibt auf der Payroll der Julius Bär und wird Stellvertreter des grossen Collardi.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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KYC für 4% der Kunden, d.h. die Bank weiss nicht, welche Risiken die Kunden eingehen wollen, welche ihre Ziele sind. Hoffentlich weiss die Bank, wem die Asset gehören, welche sie verwaltet, oder auch nicht. Und das soll World Wide Premium Banking sein. Gute Nacht.
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Der Misserfolg von Atlas bringt die akute Führungsschwäche von BC und seiner Entourage ans Licht. Genauso wie damals die Busse der Amis für die CS, die viel höher als diejenige für die UBS ausfiel. Wieso: auch bei der CS zeigte sich fast gleiche Muster wie jetzt bei JB: das Top-Mgmt kann schön reden, exzellent Schall und Rauch verbreiten, vorzüglich blenden und exorbitante Packages garnieren. Aber die Organisation macht nicht, was das Top Mgmt will. Die oben machen ihr Ding und die unten auch, nur haben die Dinge nichts miteinander zu tun. BC & Co haben eben wenig Followership ausserhalb des Günstlingkreises. Es ist aber gerade dies, was Leaders von Schwätzern und Blendern unterscheidet. Der Aktionär bezahlt die Zeche. Selber schuld!
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Projekt Atlas ist ausschliessslich nur pro forma. Intransparenz und Showtime sind die zwei tragenden Säulen von BC’s einfachem Geschäftsmodell.
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Atlas ist window dressing für die Finma, und der Projektleiter hält KYC für eine Körbchengrösse.
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Zeit für das Rescue compliance Programm:
„Ethical common sense“ und sollte eigentlich in jedem Beraterhirn vorhanden und einsetzbar sein. Vielleicht wird damit der Bonus etwas kleiner ausfallen, er wird dafür nachhaltig sein und tatsächlich ausbezahlt werden. Deferred Bonus Entschädigungen, die eh nur dem Management dienen, wären dann unnötig.
Die Kunden würden sich über weniger admin und Gebühren freuen und die Aktionäre könnten auf einen kleinen Profit hoffen. -
Lieber Bär Verwaltungsrat
Es ist mir schon immer unbegreiflich gewesen, warum jemand wie BC, der sein Leben lang kaum viel geleistet hat, ausser Alex Widmer in den Allerwertesten zu kriechen, nach dessen traurigen Ableben zum CEO ernannt wurde.
Noch unbegreiflicher ist mir, weshalb Ihr nach all den Skandalen in die BC verwickelt war und ist, nach all seinen Fehlentscheidungen und -investitionen, noch immer keine Massnahmen ergreift.
BC schadet dem Ansehen der Bank und gehört endlich geschasst. Bei Rückzahlung mindestens der Hälfte seiner Bezüge.
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BC = der Dany Bahar der Zürcher Finanzwelt…
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Ach Mike. Du weisst nicht wieso?
Weil BC Dinge weiss, die er eben a) nicht wissen sollte und b), wenn er schlecht drauf ist und diese ausplappert, die Oberen in echte Probleme schlittern. Andere Gründe kann es nicht geben. Er kennt quasi die Leiche im Keller.
Gibt’s auch bei anderen Banken in der Schweiz…
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Die Geschichte ist, sofern sie denn zutrifft, eigentlich erschreckend. Offenbar kennt die Bank ihre Kunden nicht bzw. ist absolut unzureichend dokumentiert. Aus einer Compliance-Optik im Jahr 2017 ein absolutes Desaster. Es ist mir ein Rätsel, wieso sich der Regulator dermassen vorführen lässt, nachdem selbst rennomierte Prüfgesellschaften den Stecker gezogen haben. Aber Boris wäre nicht Collardi, wenn er die Schlinge um seinen Hals – als oberster operative Verantwortlicher – nicht bereits weitergereicht hätte. Vor diesem Hintergrund dürfte denn auch die Nomination eine stellvertretenden CEOs zu sehen sein. Ein Sündenbock wure vorsorglich beteits einmal installiert. Ein schlauer Fuchs, der umtriebige BC…
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Tja, das Problem eigentlich liegt bei der Fach und zwar es heisst so schön Risk Management und eben nicht Risikoidentifikation…
Die Academia ist hier gefragt und zwar man kann eben nur Risiken Steuern, Managen wenn man hat zuerst diese Identifiziert, Erkannt…. solange das nicht passiert, ist der brillante Collardi unschuldig: wie könnte er schon wissen?
Wie Pilatus: wenn er richtig gewüsst hätte, hätte doch nicht getan…
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Interessant: Laut heutiger Medienmitteilung wird Bernie Hodler weiterhin dem Kreditbereich vorstehen. Schon klar, dass der neue CRO da keine direkte Verantwortung übernehmen will – bei so irrwitzigen Kredit- und Reputationsrisiken wie dem Turmbauer zu Vals!
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Bär ist bzw. war in mehrere Fälle von schwerer Geldwäscherei verstrickt. Hätte die FINMA den gleichen Mass-stab angelegt wie bei der BSI, wäre auch Bär die Lizenz entzogen worden.
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Baer und Collardi sind für Finma TBTP (Too big to punish, Vorstufe von TBTF. TBTP ist der erstrebenswerteste Status für jedes Finanzinstitut; TBTF ist hingegen Scheisse, da mit vielen Auflagen verbunden).
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The clock is clicking, dear Boris.
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the clock is clicking… while the gun is ticking?
watch the witch, watchman!
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Bestes Beispiel dass die FINMA nicht wirklich zupackt. BB erfüllt Vorgaben nicht, die Verantwortlichen müssen gefeuert werden. Collardi ist der Hauptverantwortliche! Nun wird die Frist verlängert, vielleicht eine Busse, mehr nicht! Eine wirksame Vorgabe der FINMA wäre gewesen, keine neuen Geschäfte mehr bis alle Altkunden KYC kontrolliert und neu registriert wären. Meine bekannte Forderung: FINMA abschaffen, die Aufgaben den Amis übertragen und alle Probleme mit Schweizer Banken wären gelöst und die Finanzindustrie könnte nicht nehr flächendeckend den Ruf der Schweiz schädigen!
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Collardi weiss wohl zuviel aus Bransons Vergangenheit, deshalb ist er (und ein paar andere) „nicht fassbar“.
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Zu Ihren Forderungen müsste noch gehören, das Eidg. Finanzdepartement unter BR Maurer näher unter die Lupe zu nehmen. Einerseits deckt dieses den unerträglichen Zustand der FINMA und deren Inkompetenz, andererseits erfüllt es den Banken sozusagen jeden Wunsch, entweder absichtlich oder grobfahrlässig. Aber sicher nicht im Interesse der Bankkunden.
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Ob der vorbestrafte Remo Stoffel schon in „Atlas“ erfasst ist?
Ist der Priora-Kredit gar kein „richtiger“ Kredit, sondern eine Treuhandkonstruktion?
Ist Bär vom „Mozambique-Virus“ befallen, das Branson angeblich nicht kennt? -
Venimus; Vidimus; Vicimus!
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Apfelmus
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Baer war ja die Drehscheibe der FIFA Transaktionen – die Konti der Fifa Bosse waren bei Baer auf hochdotierte Direktionsmitglieder geschlüsselt; warum werden diese MA nicht entlassen, der Ottonormalverbraucher bei Baer muss „tagfertig“ den Laden verlassen – diese 5-Sterne Taugenichtsgenerale werden gedeckt.
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Wieso schreitet die Staatsanwaltschaft ein?
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Gute Frage… Vielleicht sind Sie schon dran?
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Bär ist bzw. war in mehrere Fälle von schwerer Geldwäscherei verstrickt. Hätte die FINMA den gleichen Mass-stab angelegt wie bei…
Lieber Bär Verwaltungsrat Es ist mir schon immer unbegreiflich gewesen, warum jemand wie BC, der sein Leben lang kaum viel…
Bestes Beispiel dass die FINMA nicht wirklich zupackt. BB erfüllt Vorgaben nicht, die Verantwortlichen müssen gefeuert werden. Collardi ist der…