Peter Noser besucht regelmässig die Online-Seite des Zürcher Kunst-Auktionshauses Schuler Auktionen. Kürzlich traute der Galerist seinen Augen nicht.
Da wurde ein kleines Werk des US-Malers John Seery zum Verkauf angeboten. Es trägt den Namen „Turmoil“ und ist mit 17’000 Franken nicht besonders teuer.
Doch etwas Anderes lässt aufhorchen. Das Bild gehört Seery selbst, und der weiss nichts von der anstehenden Auktion in einem der renommierten Versteigerungshäuser der Limmatstadt.
Peter Noser kann dies mit Bestimmtheit sagen. „Seery’s Bild war bei mir in meiner Galerie. Ich habe es dann vor Jahren der Swisscanto ausgeliehen, damit sie es in ihren Räumen ausstellen konnte.“
Die Swisscanto war damals noch in einem Geschäftshaus nahe des Hauptbahnhofs Zürich einquartiert, dort, wo unten das Kino ABC existierte.
Die Anlage- und Fondsgesellschaft gehörte zu jenem Zeitpunkt den Kantonalbanken, war also ein Gemeinschaftswerk. Später zügelte die Swisscanto an die mondäne Europaallee in Zürich.
Vor 3 Jahren wurde sie von der Zürcher Kantonalbank übernommen. Weil die ZKB viel Büroraum im Zürcher Prime Tower beim Bahnhof Hardbrücke hatte, zügelte die Swisscanto erneut.
Im Zuge dieser zweimaligen Umzüge ging das Bild von John Seery verloren.
Auf Nachfragen des Galeristen, der für das Werk verantwortlich war, da er es in Kommission hatte, versprachen die Swisscanto-Leute, die neu auf der ZKB-Payroll waren, es ihm sofort zu schicken.
Sobald sie es fänden.
Jahrelang blieb es still. Kein Anruf, kein Bild. Schweigen.
Und nun, per Zufall, entdeckt Galerist Noser das Werk; bereit zur Versteigerung bei Schuler Auktionen.
Sofort interveniert Noser bei der Kantonalbank. Anfänglich regt sich nicht viel. Dann geht plötzlich alles sehr schnell. Die ZKB verspricht, ihm das Werk auszuhändigen.
„Die Zürcher Kantonalbank wurde (letzte Woche) erstmals vom beauftragten Galeristen der ehemaligen Swisscanto über seinen Eigentumsanspruch auf besagtes Bild informiert“, sagt eine Sprecherin der Bank.
„Die Bank hat das Bild aus der Auktion zurückgezogen und wird es dem rechtmässigen Eigentümer zurückgeben.“
Wie aber lässt sich erklären, dass die ZKB das Gemälde mir nichts, dir nichts zum Verkauf gab und dieses nach Jahren des Verschwindens nur aus Zufall zum Vorschein kam?
Die Sprecherin will den Vorgang ausführlich schildern.
„Beim Verkauf von Swisscanto an die Zürcher Kantonalbank gingen die Kunstwerke, für die zum damaligen Zeitpunkt kein Eigentumsanspruch angemeldet worden war, in den Besitz der Zürcher Kantonalbank über – dazu gehörte auch das besagte Bild.
„Die Kunstfachstelle der Zürcher Kantonalbank hat das besagte Bild dem Auktionshaus eingeliefert, weil es nicht in das Kunstkonzept der Bank passt und der Bank bis dato nicht bekannt war, dass ein Dritter Ansprüche auf dieses Bild erhebt.“
Damit ist für die Sprecherin klar: „Das besagte Bild war nicht verschwunden.“
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Die beliebtesten Kommentare
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Dieser Einzelfall erinnert an das massenhafte Verschwinden von mit Steuergeld bezahlter Kunst aus stadtzürcherischen Büros. Man kann annehmen, dass der eine oder andere Beamte ein Bild oder eine Statue, die ihm gefiel, bei der Pensionierung oder dem Stellenwechsel einfach mitnahm. Kontrollen oder eine zuverlässige Bestandesverwaltung gab es bei der Stadt offensichtlich nicht.
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Ein ganz seltsames Auktionshaus ist das. Haben die keinen lückenlosen Trail des Kunstwerks verlangt? Ich dachte, das sei spätestens seit dem Thema Raubkunst Standard. Hätte das Auktionshaus trotz dem Namen ZKB ihre Due Diligence seriös durchgeführt, hätte die ZKB ihr Problem sofort erkennen müssen (Suche in den Büchern der Swisscanto nach der Herkunft des Werks).
Ich wundere mich, wie in Sachen Compliance und Best Practice noch immer geschludert wird, vorallem in den Branchen Handel, Kunst, Antiquitäten, etc. -
Schuler Auktionen Homepage: Suchfunktion „Seery“ ergibt zwei Treffer, 3156 (Turmoil, zurückgezogen, notabene Schätzung 1000-1500 und nicht 17’000), und 3155 – weiterhin in Auktion – vermisst der Galerist noch ein zweites und/oder hat sich die ZKB ein weiteres unter den Nagel gerissen??
Passt übrigens der Titel, „turmoil“ – es schöns Durenand da!
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Zitat: „Die Kunstfachstelle der Zürcher Kantonalbank hat das besagte Bild dem Auktionshaus eingeliefert, weil es nicht in das Kunstkonzept der Bank passt…“
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, Kunstfachstelle….Kunstkonzept, als ob die dem Kt. ZH gehörende Bank eine Unterabteilung des Kunsthauses wäre. Schuster bleib bei deinen Leisten möchte man der Bank zurufen auf der Suche nach ein bisschen Zins auf dem Kontoauszug. Obwohl die spannende Frage hier eigentlich eine ganz andere ist: Wozu Kunst? Sollen die ins Konzept passenden Bilder in den Besprechungsräumlichkeiten helfen, die Kunden einzuseifen und eine Wohlfühlatmosphäre zu bekünsteln damit diese gefälligst mehr Anlagen und Mandate des erfolglosen CIO abschliessen anstatt echte Beratung zu verlangen?
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Andere werden in einem solchen Fall wegen Hehlerei verurteilt. Bei ZKB ist das natürlich ein
„Fehler“. Soviel zum Thema Rechtsgleichheit
Schweiz wie sie funktioniert -
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Logisch, was da passiert ist: als die SwissCanto an die ZKB überging, wurde vergessen, der ZKB mitzuteilen, dass dies eine Leihgabe war. Wenn ich die SwissCanto gewesen wäre, hätte ich dieses Bild zu diesem Zeitpunkt zurück gegeben, weil später eh niehmand mehr weiss, was war.
Und so war es dann auch….
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Die Sprecherin der ZKB scheint nur begrenzt Ahnung vom Schweizerischen Obligationenrecht zu haben.
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Aha, also wenn man einer Bank etwas ausleiht, dann muss man annehmen das sie nach ein paar Jahren einfach vergisst das da etwas geliehen wurde.
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Also soll ich bei der Bank nun eine Hypo machen weil sie die in ein paar Jahren vergisst ?
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Oder muss ich mein Konto dort regelmässig kontrollieren denn es könnte ja was vergessen werden ?
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Also der Gallerist war nachlässig, er hätte schon viel energischer sein Bild zurückfordern sollen, allenfalls Schadenersatz beanspruchen, aber sicher nicht Jahre zuwarten.
Existierte da ein sauberer Vertrag für die Ausleihe ?
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Trotzdem, die Kernkompetenz einer Bank sollte ja die Buchhaltung sein und deren wichtigste Eigenschaft die Seriosität.
An beidem scheint dort ein grober Mangel zu herrschen.-
Komische Geschichte! Oder verstehe ich nicht ganz?😂
Wir vermissen schon jetzt die “ Guten R… – Geschichten…“💥
Aber Interessant ist für mich nur ein Punkt hier: es ist normal, dass ein Politiker seine Bilder an AM oder Banken verleihen? Gibt es nicht genuge Ausstellungen und Ateliers auch in Zürich?
Sonst kann ich auch behaupten, “ mein Gold“ aus der Tresorerie wieder zu haben…. never forget!
Dieser Punkt wäre interessant abzuklären, vor allem in eine Gesellschaft, wo “ niemanden gibt es etwas Gratis, geschweige denn Ausleihungen…. „Ausser wir natürlich…wir tun das… -
@ We remember
Der Politiker heisst Ruedi Noser (SR FDP). Peter Noser ist Künstler und Kunstvermittler.
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Wow…so ignorant…we are sorry and we heartfully apologize for this big mistake!
Thank you very much and best greetings from Santa Monica! 😁😁
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In Basel bedienen sich die Räuber aus den Schliessfächern einer angesehenen Bank.
Da ist das Verschwinden eines unbedeutenden kleinen Bildes, verloren und verstaubt beim Umzug, kaum der Rede wert. Vielleicht hätte der Leihgeber besser die Auktion abwarten sollen, um den “ sagenhaften Erlös“ dann anzumahnen.
Jetzt muss das kleine „Unbekannte“ wieder zuhause aufgehängt werden? 🙂
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„Sprecherin“ sein ist schon ein wundervoller Job. Vor allem abends, wenn man in den Spiegel schaut. Fehler können passieren. Kein Problem. Aber sie souverän zugeben wäre professionell. Zumal bei so einer Lappalie, die jeder kennt, der schon einmal gezügelt ist. Freut mich für den Galeristen. Gute Publicity. Wenigstens hat er keinen Schaden.
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Wird das mit allen herrenlosen Gegenstände so gemacht bei den Banken?. Aber es ist bekannt, dass speziell Kunstgegenstände (va Bilder) welche Banken „besitzen“ und oft in Büros, Hallen, Gänge, in Filialen oder sonst wo (Keller – Archiv) rumhängen haben ganz schlecht archiviert und dokumentiert sind. Da gibt es massiv Nachholbedarf. Ob es sich nun um einen alten Stich handelt oder um einen grossen Lichtenstein- Aber wer soll da Ordnung machen? Em Chef sy Sekretärin? oder ein Junior aus dem Communication?
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Bis jetzt glaubte ich stets solche Dinge landen bei der Pfandleihanstalt, einer Division der ZKB.
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Guten Tag
Ich habe im Jahr 2014 eine Wohnungsräumung in Zürich-Wollishofen durchgeführt und dabei SCHULER-Auktionen mit dem Verkauf/Versteigerung beauftragt.
In diesem Zusammenhang ist eine „Keramik-Frauenakt“ eines Schweizer Künstlers verschwunden. Ich habe mehrmals und lange mit Herrn Philippe Schuler telefoniert. Er hat mir mit Nachdruck immer wieder gesagt ich solle die Polizei nicht einschalten, ich könne nichts beweisen.
Es war SEHR skurril.
Ich habe kein Vertrauen in Schuler-Auktionen. Ich bin davon überzeugt, dass die Büste von ihm entwendet worden ist. Geblieben ist ein Photo und den starken Verdacht, dass die Büste irgendwann mal zum Verkauf angeboten wird.-
ich denke, genau dieses (dass die büste verkauft wird) haben sie exakt jetzt verhindert. aber der spur sollte man nachgehen, ob es noch andere betroffene gibt und das keine single bad apples sind.
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mein Name tut nichts zur Sache aber ich kaufe und verkaufe bei Schuler seit mind. 1996 und ich glaube kaum, dass das Personal ein Objekt entwendet. Das ist echt unwahrscheinlich.
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„Nichts ist so beständig wie der Wandel“
Heraklit
* um 520 v. Chr.; † um 460 v. Chr.http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13436431.html
Die Sprecherin der ZKB scheint nur begrenzt Ahnung vom Schweizerischen Obligationenrecht zu haben.
Aha, also wenn man einer Bank etwas ausleiht, dann muss man annehmen das sie nach ein paar Jahren einfach vergisst…
Andere werden in einem solchen Fall wegen Hehlerei verurteilt. Bei ZKB ist das natürlich ein "Fehler". Soviel zum Thema Rechtsgleichheit…