An der Grenze zwischen der vietnamesischen Stadt Lào Cai und der chinesischen Stadt Hekou in der Provinz Yunnan kann man einen stetigen Strom vietnamesischer Händler beobachten, die grosse Warenpakete aus China nach Vietnam transportieren.
Diese Waren werden dann an Grosshändler im ganzen Land verteilt.

Was mir auffiel, war der überraschend niedrige Preis für Schuhe in China im Vergleich zu Vietnam.
Angesichts der höheren Arbeitskosten in China hätte man erwarten können, dass die Produktion von kostengünstigen, arbeitsintensiven Gütern wie Schuhen in Ländern wie Vietnam, Bangladesch und ähnlichen weiter unten in der Wertschöpfungskette angesiedelt wäre.
Ein chinesischer Ökonom lieferte jedoch eine Erklärung: Chinesische Schuhfabriken sind hoch automatisiert, was die Arbeitskosten erheblich senkt.
Darüber hinaus profitieren sie aufgrund ihrer Grösse von Skaleneffekten. Diese Fabriken werden auch durch ein effizientes lokales Ökosystem unterstützt.
Ledergerbereien, Klebstoff- und Schnürsenkel-Hersteller sowie andere Zulieferer befinden sich in der Nähe und profitieren ebenfalls von Skaleneffekten.
Infolgedessen bleiben die Produktionskosten in China niedriger als in vielen anderen Entwicklungsländern.
Der Experte wies jedoch darauf hin, dass die Schuhindustrie in China ihren Höhepunkt überschritten habe. Die Industrieplaner der Regierung befürworteten jetzt die Verlagerung der Schuh- und Bekleidungsproduktion in die BRICS-Länder, aus denen China diese Waren importieren würde.
Im Gegenzug würde China hochwertige Ausrüstung und schlüsselfertige Fabriken an seine Partner exportieren.
Diese Strategie fördert nicht nur das Wachstum der Partnerländer, sondern trägt auch zur Wiederherstellung des Handelsgleichgewichts bei.

Sogenannte „alte“ Industrien erhalten keine Kredite mehr. Chinas grösste Banken, die sich in Staatsbesitz befinden, finanzieren in erster Linie „zukunftsorientierte“ Sektoren im Einklang mit der nationalen Industriepolitik.
Dieser Politikwechsel hat China dabei geholfen, sich zu einem weltweit führenden Anbieter von Solarenergie, Elektrofahrzeugen, Robotik und anderen fortschrittlichen Technologien zu entwickeln
Die chinesischen Banken erreichten 2018 einen Höhepunkt bei der Vergabe von Immobilienkrediten, doch seitdem wurden diese Kredite drastisch reduziert.
Gemäss der offiziellen Politik müssen insolvente Immobilien-Unternehmen entweder Konkurs anmelden oder nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen umstrukturiert werden – Rettungsaktionen gibt es nicht mehr.
Stattdessen wurden die Kredite auf produktive und zukunftsorientierte Sektoren umgelenkt. In den letzten vier Jahren hat dies die chinesische Wirtschaft von einem aufgeblähten Immobiliensektor weg zu nachhaltig wachsenden Branchen gelenkt.
Chinas wachsender Handelsüberschuss – der mittlerweile 1 Billion US-Dollar oder etwa 4 Prozent des weltweiten Handelsvolumens übersteigt – hat erhebliche globale Auswirkungen.
Der Überschuss stärkt zwar die Wirtschaft Chinas, gibt aber auch Anlass zu Bedenken hinsichtlich der langfristigen Nachhaltigkeit und der globalen Handelsungleichgewichte.
China begann 2018 mit der Neujustierung seiner Handelsabhängigkeit, nachdem die US-Regierung in Trumps erster Präsidentschaft Strafzölle und Sanktionen verhängt hatte.
Darunter die viel beachtete Verhaftung der Finanzchefin von Huawei während eines Zwischenstopps in Kanada wegen angeblicher Verstösse gegen einseitige US-Sanktionen gegen den Iran (die Kanada nicht übernommen hatte).
Dies war der Beginn einer langsamen, aber entschlossenen Abkoppelung von den Vereinigten Staaten. Im Jahr 2017 gingen 21,6 Prozent der chinesischen Exporte in die USA; bis 2024 sank dieser Anteil auf 13,4 Prozent – ein Rückgang um 38 Prozent.
Im gleichen Zeitraum stiegen die Gesamtexporte Chinas jedoch um 58,4 Prozent, was die erfolgreiche Diversifizierung weg von den US-Märkten unterstreicht.

Darüber hinaus wird die chinesische Wirtschaft aktuellen Zahlen zufolge in diesem Jahr voraussichtlich um rund 5 Prozent wachsen. Dieses Wachstum entspricht der Gesamtwirtschaftsgrösse Vietnams und Kambodschas zusammen.
Obwohl die US-Zölle Anreize für eine Umleitung chinesischer Exporte über Länder wie Vietnam und Indonesien schaffen, verhindern logistische Einschränkungen, dass dies zu einer weit verbreiteten Lösung wird.
Sieben der zehn grössten Häfen der Welt liegen in China, und die Infrastruktur in kleineren Ländern kann mit dem erforderlichen Umfang einfach nicht mithalten.
Darüber hinaus leiden chinesische Exporteure nicht sonderlich unter den Zöllen. Bloomberg berichtet, dass chinesische Häfen in der Woche bis zum 22. April 6,7 Millionen Container umgeschlagen haben – ein Anstieg um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Chinas Gesamtstrategie besteht darin, seine Abhängigkeit vom Export zu verringern und sich auf das Wachstum des heimischen Verbrauchermarktes zu konzentrieren.
Die lokalen Regierungen geben jedoch weiterhin der industriellen Produktion Vorrang vor sozialen Dienstleistungen, die den Konsum ankurbeln würden.
Die Zentralregierung möchte dies ändern. Und obwohl die meisten chinesischen Unternehmen wettbewerbsfähig sind und unter Marktbedingungen arbeiten, haben einige aufstrebende Sektoren zunehmend mit Überkapazitäten zu kämpfen.
China unternimmt derzeit Schritte, um den privaten Konsum anzukurbeln und seine Abhängigkeit von Exporten und Infrastruktur-Investitionen zu verringern. Städte wie Tianjin haben Pilotreformen zur Stimulierung des Binnenkonsums gestartet.
Beispielsweise durch den Zugang zu besseren Schulen für neue Hausbesitzer – ein wichtiger Anreiz für chinesische Eltern, für welche die Bildung ihrer Kinder eine hohe Priorität hat.
In der Hauptstadt der Inneren Mongolei sollen grosszügige Kinderbetreuungs-Zuschüsse grössere Familien unterstützen, um sowohl die Geburtenrate als auch den Konsum anzukurbeln.

Die Politik zur Erneuerung der Dörfer („village rejuvenation“) ist eine weitere wichtige Initiative. Sie will deutlich mehr Anreize als bisher für Unternehmensgründungen, die Schaffung von Arbeitsplätzen (insbesondere für Wanderarbeitnehmer), die Verbesserung des Lebensstandards und die Steigerung des Konsums in ländlichen Gebieten bieten.
Im Jahr 2023 lebten etwa 477 Millionen Menschen – rund ein Drittel der chinesischen Bevölkerung – in ländlichen Gebieten. Ihr durchschnittliches verfügbares Einkommen betrug jedoch 2024 nur 23’119 Yuan, verglichen mit 54’188 Yuan in städtischen Gebieten.
Diese Kluft zwischen Stadt und Land hat sich zwar im Laufe der Zeit verringert (von 3,14 im Jahr 2007 auf 2,34 im Jahr 2024), bleibt aber weiterhin erheblich. Die Reform des ländlichen Raums ist daher ein wichtiger Motor für künftiges Wachstum.
Mit Blick auf die Zukunft liegt das grösste Wachstumspotenzial Chinas möglicherweise in der Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen zu Indien. Die beiden Volkswirtschaften ergänzen sich.
China bietet erschwingliche Investitionsgüter, Indien stellt eine grosse Zahl kostengünstiger Arbeitskräfte zur Verfügung.
Wenn chinesische Fabriken beginnen, nach Indien zu verlagern, könnte die daraus resultierende Synergie ein enormes regionales Wachstum auslösen.
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Wer mit China geht, geht mit den Chancen.
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Eine Kehrseite hat jede Muenze. Fakt ist: was China in den letzten 20 Jahren erreicht hat, gibt uns allen einen völlig neuen, globalen „Massstab“ bezgl. Mindset & Speed/Beschleunigung. Durfte zw 1986 u. 89 ein Duzent mal durch gesamt China reisen. Vor 5 Jahren das letzte mal. Vorher-Nacher – aus eigener Erfahrung.
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China war etwa 2000 Jahre lang bis ins 18. Jh. die weltweit führende Zivilisation, und wurde dann vom Westen im Zuge der Aufklärung und industriellen Revolution überholt. China stagnierte im 19. Jh. und zerstörte sich im 20. Jh. weitgehend selbst. Ab 1980 folgten etwa 35 Jahre der raschen Erholung, weil der Kommunismus relativiert wurde. Seit ca. 10 Jahren gibt es wieder einen lebenslänglichen Chef der unfehlbaren Partei. Der weitere Weg ist vorgezeichnet.
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Ex-FDPler schreibt: „China war etwa 2000 Jahre lang bis ins 18. Jh. die weltweit führende Zivilisation, und wurde dann vom Westen im Zuge der Aufklärung und industriellen Revolution überholt.“
Im 18. Jh. hatte England ein grosses Handelsdefizit (v.a. Tee) mit China, was zu einem grossen Abfluss von Silber führte. China wollte keine Produkte der „industriellen Revolution“ kaufen. Die East India Company lies auf dem Indischen Subkontinent Opium anbauen, um es dann unter dem Label „free trade“ mit Waffengewalt China aufzuzwingen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Opium_Wars
Allfällige Ähnlichkeiten mit der heutigen Zeit sind rein zufällig…
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Die Nachfrageorientierung die bis Mitte der 90′ verfolgt wurde hat man durch Angebotsirientierung ersetzt. Dies führte zu Abstieg Europas und Aufstieg Chinas ganz ejnfach weil die Angebotsorientierung bis zum globalisierten Exzess umgesetzt wurde. Gleichheit qurde die Binnennachfrage ebenfallS aufgegeben und durch Masseneinwanderung ersetzt. Die bereits tiefen Löhne der heimischen Arbeiter wurden durch staatliche Beihilfen für Asylanten-Flüchtlinge ersetzt. Dies führte zu immer tieferen Löhnen und massiver Armut in alten westlichen Industriestaaten sowie allgemein stark steigenden Lebenskosten. Ein weiteres unbekanntes Geschäftsfeld sind Remitances (Auslandüberweisungen) die in der Schweiz um die 30 Mrd. jährlich ausmachen. Wirtschaftsleistung die hier für immer verloren ist, bezahlt durch den Staa. Es wird Zeit die Binnenachfrage zu stärken, durch massiv höhere Löhne und Sozialleistungen und Renten um die Nachfrage aus dem inneren zu stärken.
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China hat eine jetzt schon leicht und in Zukunft massiv abnehmende Gesamtbevölkerung, seit über zehn Jahren eine Abnahme der Bevölkerung im Erwerbsalter und gleichzeitig hohe Arbeitslosigkeit bei den Jungen, und dazu seit etwa fünf Jahren eine massive Immobilienkrise. Binnenkonsumwunder eher unwahrscheinlich.
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Obwohl China sicher nicht „das Gelbe vom Ei ist“ oder über jeden Verdacht erhaben, fällt dennoch auf, dass sich da die Regierenden Gedanken machen, sich den Gegebenheiten anpassen und auf die mögliche Zukunft fokussieren. Alles Sachen, welche im Wertewesten leider zunehmend fehlt.
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Interessanter Artikel, lebe zeitweise in einem BRICS Land und kann einiges vom Inhalt bestätigen.
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Zwischen Indien und China kommt es praktisch jedes Jahr zu Grenzstreitigkeiten. Auch unter Modi hat sich das nicht geändert. Die Situation ist auch wegen Pakistan explosiv, das mit China zusammenarbeitet. Ein Teil Pakistans, Baluchistan, will sich abspalten, hat sich eben gerade unabhängig erklärt und wird von Indien unterstützt. Dann sind noch eine ganze Reihe von Problemen mit Taiwan, Philippinen, Vietnam, Australien und Japan. Selbst auf Teile Russland erhebt China Ansprüche. Wer unter solchen Vorzeichen noch glaubt, die Region im fernen Osten werde zum Zukuntswunder, könnte sich gewaltig täuschen.
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Man sollte an dieser Stelle einmal wieder daran erinnern, dass Taiwan (als demokratisches Land) bis 25.10.1971 Mitglied der UNO war – und dann einfach gegen die kommunistische Diktatur der Volksrepublik China ausgetauscht (und damit rausgeschmissen) wurde.
Eigentlich müsste Taiwan Anspruch auf Rest-China erheben. Schliesslich hat sich die letzte LEGITIME Regierung Chinas vor den Rebellen dorthin zurückziehen müssen.
Autokraten können die Selbstbestimmung und Demokratie die im Völkerrecht verankert ist, nicht akzeptieren. Solche Diktaturen sollen bitte aus der UNO austreten oder ausgeschlossen werden.
Nichts neues in der Neuzeit, die Achse des Bösen im Doppel wie immer.
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China’s prognostizierten Wachstumsraten von 5% kann kaum getraut werden.Die Manipulation von Zahlenmaterial ist üblich. Nicht wunderlich, muss dieses Land endlich den Binnenmarkt forcieren; es bleibt ihnen nichts anderes übrig.
China ist der größte Problemfall der Welt. Es ist de facto eine kapitalistische Diktatur im Mantel der uralten und auf den Müllhaufen der Geschichte gehörenden kommunistischen Ideologie. Der grosse Widerspruch besteht darin, das der Kommunismus eben nicht zulässt, dass Kapital in privater Hand ist, Bürger reich werden, wirtschaftliche Entscheidungen von Privatpersonen getroffen werden. Wenn also die Herrschaft der KP Chinas und ihres Führers Xi zu bewerten ist, muss von einem Scheinkommunismus gesprochen werden. Diese Regierungsform scheint an ihre Grenzen zu stossen, wenn sie auch in den letzten 20 Jahren extrem erfolgreich zu sein schien. Auf Dauer ist Unfreiheit eben kein wirklicher Prosperitätstreiber.
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Echte Gewerkschaften gibt es in diesem pseudokommunistischen China eben nicht. Das geschundene Arbeitervolk aus dem Hinterland muss spuren.
Der Präsident der Volksrepublik China Premier Xi Jinping, hatte in der Zeit der rigorosen Einschränkungen während der Covid-Zeit bloss eine zynische Botschaft übrig: „Esst Bitterkeit“.
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Ein Beispiel ist Griechenland kurz vor der Staatspleite im Jahre 2015. Dem Land wurde gedroht, dass es bloss noch EU-Gelder bekommen kann, wenn es folgsam alles privatisierte und den Hafen von Piräus den Chinesen verkaufte . Wie wäre es damals gewesen, wenn z.Bsp. die Europäische Zentralbank den Hafen von Piräus selber erworben hätte, anstatt diesen den Chinesen zu verkaufen? Da fehlt eindeutig die Weitsicht und Strategie vieler EU-Bürokraten.
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Obwohl China sicher nicht "das Gelbe vom Ei ist" oder über jeden Verdacht erhaben, fällt dennoch auf, dass sich da…
China's prognostizierten Wachstumsraten von 5% kann kaum getraut werden.Die Manipulation von Zahlenmaterial ist üblich. Nicht wunderlich, muss dieses Land endlich…
Ein Beispiel ist Griechenland kurz vor der Staatspleite im Jahre 2015. Dem Land wurde gedroht, dass es bloss noch EU-Gelder…