Eugen Haltiner stand für eine Finanzmarktaufsicht (Finma) unter Einfluss der Grossbank UBS. Mit Haltiners Abgang per Ende 2010 wähnte man dieses Malaise für beendet.
Der Eindruck täuscht. Die Finma steht heute stärker unter UBS-Einfluss als vor der Staatsrettung der Grossbank vor 3 Jahren auf dem Höhepunkt der Subprime-Krise.
Das überrascht. Eine zentrale Lehre aus dem UBS-Crash war, dass die Aufsicht unabhängiger, kritischer und besser wird.
Dass der quantitative und qualitative Ausbau der Finma nun aber ausgerechnet mit Spitzenkräften der beinahe untergegangenen Grossbank erfolgen würde, deren gigantisches US-Hypothekenrisiko die Berner Aufsicht nie erkannt hatte, wirkt wie eine Ironie der Geschichte.
Im Vergleich zur Ära Haltiner, als es lediglich um den obersten Kopf ging, macht sich ein eigentlicher UBS-Filz in der Finma breit. Allein drei Spitzenpositionen sind durch Aushängeschilder der Grossbank besetzt.
Chef des Geschäftsbereichs Banken ist seit 2010 Mark Branson. Branson war bis zu seinem Wechsel Finanzchef der weltweiten UBS-Vermögensverwaltung.
Im Finma-Verwaltungsrat sitzt seit Anfang dieses Jahres Joseph Rickenbacher, ein Urgestein der UBS und vor seiner Pensionierung oberster Risikokontrolleur der globalen Vermögensverwaltung der Grossbank.
Branson und Rickenbacher arbeiteten zuletzt in der gleichen UBS-Division und müssen sich entsprechend vertraut sein.
Hinzu kommt Karl Rappl. Der wechselte 2009 zur Aufsicht nach Bern und amtet derzeit als Chef Capital Markets.
Experte Rappl ist wichtig, wenn es um die Bewilligung der Risikomodelle der Grossbanken geht. Mit solchen versuchen die UBS und die Credit Suisse, ihr Eigenkapital möglichst tief zu halten.
Die UBS-Seilschaft passt zum „Think Big“ bei der Finma. War die frühere Eidgenössische Bankenkommission noch eine Amtsstelle mit besonderen Aufgaben, mutiert sie im Kleid der modernen Finma zur Super-Behörde. Empire building in der kleinen Bundeshauptstadt.
Die Ex-UBS-Chefs haben Rückenwind. Gestern monierte das Financial Stability Board, der Vatikan der Welt-Finanzaufsicht, die beschränkten Ressourcen der Finma.
Dass externe Prüfer mit wichtigen Untersuchungen beauftragt würden, passe nicht zu einer modernen Behörde.
Ein weiterer Ausbau ist somit absehbar. Bereits nach Ausbruch der Krise im 2007 stockte die Finma massiv auf heute rund 400 Angestellte auf und eröffnete oder plante Ableger in der ganzen Schweiz. Für Finma-Bankenchef Branson musste die Landesregierung die Lohn-Obergrenze für Spitzenbeamte ausser Kraft setzen.
Die UBS-Vorherrschaft blieb unter dem öffentlichen Radar. Mit Patrick Raaflaub steht seit 2009 ein Versicherer am Finma-Chefruder. Raaflaub war Spitzenmann bei Rückversicher Swiss Re.
Raaflaub zieht mit seiner Kritik an den Banken das öffentliche Rampenlicht auf sich. In seinem Schatten baut die UBS-Seilschaft das eigene Reich aus. So wurden die Teams für die CS- und UBS-Aufsicht in letzter Zeit etwa verdoppelt.
Ob die Qualität der Aufsicht steigt, muss sich weisen. Das Problem der mangelnden Ressourcen war in der alten Welt sekundär. Problematisch war vor allem die fehlende kritische Haltung gegenüber den besser verdienenden und weltgewandter auftretenden Grossbanken.
Das führte zu einer geistigen Abhängigkeit. Kritische Nachfragen und unbestechliche Auflagen waren nicht gefragt.
Eugen Haltiner bezahlte den Preis für seine UBS-Herkunft. Unter seiner Führung rettete die Schweiz am 18. Februar 2009 die Grossbank vor US-Strafklagen, als das Land 250 US-Kunden vorbei am Rechtsweg offengelegte. Haltiner wurde letztes Jahr vom obersten Gericht gerügt.
Die neue UBS-Vorherrschaft in Bern ist subtiler.
Die FINMA hat unter anderem folgende Schutzfunktionen zum Ziel:
> Systemschutz
> Einlegerschutz
> Investorenschutz
> Reputationsschutz
> Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes…
Hand aufs Herz, welche Note würden Sie der FINMA für die Erfüllung dieser Ziele geben?
Das Trio FINMA, UBS, Bundesrat, hat unserem Land und dem Finanzplatz einen irreparablen Schaden zugefügt.
Gegen die Schweiz wird ein Wirtschaftskrieg geführt.
Die Situation ist leider noch viel schlimmer als im Artikel skizziert: über 50% der leitenden Funktionen in der FINMA werden von früheren Interessenvertetern besetzt (die Leiter Risikomanagement Banken, resp. Versicherungen, die Leiter Kapital, …). Die FINMA ist bestenfalls eine Selbstregulierungsbehörde der Finanzinstitute.
Ehrlicher wäre es, Bankivereinigung und SVV zusammenzulegen und die FINMA in die neue Super-Lobby-Organisation zu integrieren.
In der Schweiz ist es die UBS, in den USA heisst es ja in diesem Zusammenhang schon länger Government Sachs (in Anlehnung an NYSE:GS). Wissen tun wir das alle, leben damit können wir auch, ändern wird es sich leider nicht.