Boris Collardi zeigt für 2014 stolze Zahlen: zweistelliges Gewinnplus, viel Neugeld, Dividenden-Sprung. Der Leistungsausweis lässt sich sehen.
Das Aushängeschild des Schweizer Private Bankings könnte also rundum zufrieden sein. Doch seine Miene verdüsterte sich schlagartig, als der Franken vor 2 Wochen sich vom Euro abkoppelte.
Denn Collardis Julius Bär leidet stärker als die meisten anderen Banken unter dem Schock. Die Kosten der Privatbank fallen in teuren Franken an, die Erträge der Vermögensverwaltung in schwachen Dollar und Euro.
Das Problem nennt man „Transaction Costs“. Es trifft alle Exportindustrien, zu denen auch das Offshore-Banking mit seinen exportierten Dienstleistungen aus dem Inland zählt.
Collardis Offshore-Problem hat sich durch die Übernahme von Merrill Lynch International akzentuiert. Die eingekauften Merrill-Kunden handeln und zahlen hauptsächlich in Dollar.
Nun muss Collardi sanieren. Wie immer, wenn Banken sparen müssen, geht es um Jobs. Sie sind der mit Abstand grösste Kostenblock.
Bär sei „in der Lage, den Auswirkungen der jüngsten Aufwertung des Schweizer Frankens aus einer Position der Stärke zu begegnen“, malte Collardi heute früh die schlechte Botschaft schön.
Geplant ist ein Abbauprogramm über 100 Millionen. Rund 200 Stellen vor allem im Backoffice sollen innert den nächsten Monaten abgebaut werden. Zudem gibt es teilweise einen Anstellungsstopp.
Brisant ist ein Projekt, das vor einigen Monaten auf dem Tisch von Collardis Geschäftsleitung lag. Es geht um die Aktienanalyse, die in Zukunft von einem externen Anbieter aus Indien kommen soll.
Möglicherweise handelt es sich um Copal Amba, ein führendes indisches Insourcingunternehmen.
Ob ein Entscheid gefallen sei, wollte ein Sprecher von Bär vor ein paar Wochen nicht kommentieren.
Das Projekt wirft die zentrale Frage auf, wieviel „Swiss made“ zukünftig noch in der Julius Bär stecken wird.
Die Privatbank wirbt mit ihrer Schweizer Herkunft. Wenn sie jedoch zentrale Einheiten ins Ausland und dort zu Zulieferern verschiebt, dann entwickelt sich das Versprechen zu einer Mogelpackung.
Laut mehreren Quellen soll die Aktienanalyse von Bär nur noch zum Teil von der Bank selbst betrieben werden. Die bisher abgedeckten Titel würden weiterhin aus Zürich heraus analysiert.
Hingegen ginge Bär für die massive Erweiterung des Titelspektrums im Zuge der Merrill-Übernahme fremd. Ein Abdecken der vielen neuen Aktien hätte zu einem grossen Kostenschub im Inland geführt, heisst es.
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Geplant ist zunächst eine dreijährige Übergangsphase, während der die grosse Investmentbank Merrill Lynch, die zur Bank of America gehört und die ihre internationale Privatbanken-Kundschaft 2012 den Schweizern verkauft hatte, die Aktienanalyse im Auftragsverhältnis weiterführt.
Das bedeutet, dass die Julius Bär der Merrill Lynch für deren Leistung gutes Geld zahlen muss. Die Amerikaner dürften für ihren Service einen happigen Preis verlangen.
Ab 2017 oder 2018 soll dann die weltweite Aktienanalyse von der erwähnten, auf Insourcing von Finanzservices spezialisierten Marktleaderin aus Indien stammen.
Diese würde den Grossteil der Arbeit auf Auftragsbasis für die Bär-Zentrale in Zürich erledigen. Am Hauptsitz würden die bisherigen Analysten die indischen Vorleistungen zu Reports und Empfehlungen zuhanden der Kundschaft zusammensetzen.
Das Vorgehen erinnert an andere Industrien, in denen Traditionsunternehmen bei günstigen Zulieferern Einzelstücke „just in time“ bestellen, um diese dann zu einem eigenen Produkt unter dem eigenen Namen zusammenzubauen.
Es handelt sich um eine Deindustrialisierung im Heimmarkt.
Bär will diesen Weg offenbar gehen, um ihre „Transaction Costs“, die Asymmetrie zwischen Schweizer Kosten und ausländischen Erträgen, zu reduzieren.
Zum Kostenproblem gesellt sich eine Altlast. Sollten die USA im Steuerstreit Julius Bär hart anpacken, könnte das zum Abführen eines ganzen Jahresgewinns führen.
Der Konflikt sollte gemäss früheren Aussagen von Boris Collardi eigentlich längst erledigt sein. Heute früh verlor der Bär-Chef im Communiqué seiner Bank kein Wort mehr darüber.
Was das bedeutet, kann von aussen niemand sagen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Wieso nicht? Die IT teilt dieses Schicksal schon jahrelang. Fragt sich nur wie die CH gedenkt in Zukunft weiterzufahren.
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Kein Unternehmen kann nachhaltig geführt werden, solange es an der Börse gelistet ist. Da zählen Quartalsergebnisse, keine Werte. Schon gar keine ethischen.
Aktionäre gehen Maximalrenditen nach – und schichten um, sobald diese einbrechen.
Verantwortung? Das war mal! Macht euch doch nichts vor! -
Weiter oursourcen und immer noch nicht begriffen, dass das rein auf kostenoptimierung gestützte Geschäftsmodell einfach nicht aufgehen wird.
Was hat der Schweizer Finanzplatz an Innovation die letzten 20 Jahre geleistet? …und damit meine ich nicht irgendwelche Perversionen um die Kunden auszunehmen sondern wirklich einen (disruptiven) , innovativen Schritt nach vorne.
Swiss Made eben. -
Bravo. Auf eine solche Schnapsidee muss man zuerst kommen. Was die in Indien machen hat mit Research wohl nichts zu tun. Passt zu Julius Baer: null Format, null Investment Kompetenz, null Produkt Know-how. Der Laden ist eine teure Execution Plattform.
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Es gab mal eine Zeit, da galt noch das Motto „Eigentum verpflichtet“. Im Fokus des Wirtschaftens standen nicht nur die Anteilseigner einer Firma und deren Management, sondern auch die Mitarbeiter und das Gemeinwesen. Diese Zeiten sind wohl endgültig vorbei: den Gewinn um 96% zu steigern und dabei gleichzeitig zu verkünden, jede 15. Stelle in der Schweiz zu streichen ist schon extrem makaber. Und es zeugt davon, dass den verantwortlichen Managern jeglicher moralischer Kompass abhanden gekommen ist.
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Treffend, und HJB würde sich im Grabe umdrehen.
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@Mike: so makaber es klingt, aber Alex Widmer hat nichts damit zu tun, dass Collardi CEO wurde. Er hatte den VR von all den Kandidaten am meisten ueberzeugt. Und ob ihr das wahrhaben wollt oder nicht, Baer ist sehr gut aufgestellt, vor allem in den neuen Maerkten, und auf dem richtigen Weg.
(ich arbeite nicht bei Baer, versuche aber seine Leistung objektiv zu beurteilen) -
Bedauerlich. Der Verlust von Stellen in der Heimat ist schlimm genug.
Dies wirkt jedoch wie ein Tropfen auf dem heissen Stein verglichen mit dem Schaden was solche Massnahme ein Land und eine Gesellschaft über Generationen hinweg zufügen kann.
WARNUNG – RANT
Ich gehöre nicht zum 1%. Ich mache mich wenige Sorgen um mich selber aber wo sollen unsere Kinder und Enkelkinder arbeiten wenn man ausgerechnet Kernkompetenzen auslagert?
Besonders ist dies in den Hi-Tech und IT-Branchen zu beobachten, dazu gehört auch das Finanzwesen. (Ohne Rechner überlebt auch keine Bank oder Versicherung heutzutage mehr als eine Woche).
Es ist auch nicht so leicht Schuhe und Lederware aus Spanien, Italien und Portugal zu kaufen. Viel kommt aus Asien.
Die Elektronikbranche hat diese De-Industrialisierung auch hinter sich. Welche europäische Hersteller gibt es für Fernseher, Handys, Radio, Elektronik? Alles schon in Asien. Jobs adé.
Und die jüngsten Entwicklungen mit dem Taxi-Unternehmer Über und Lyft zeigen einen bedauerlichen Trend auf. Taxi-Unternehmen werden durch „Innovation“ aus den Markt gedrängt. Der Taxifahrer zahlt aber auch Steuer, Autoversicherung, kauft auch bei Migros und Coop ein, ernährt seine Familie, zahlt Krankenkasse- und Pensionskassenbeiträge und trägt zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Wer kommt für die Kosten auf? Über? Lyft? Google? Unwahrscheinlich. Wer gewinnt? Über? Lyft? Google? Sicher.
Aber, sobald die Über-Fahrer durch automatisch-fahrende Autos ersetzt werden können wird dies auch geschehen. Dies gilt sowohl für die Spediteure. Wir können nicht davon leben, dass wir uns gegenseitig die Haare schneiden. Es ist gesellschaftlicher Selbstmord.
Die Arbeitswelt ist dank Internet in Verwandlung. Welche Enzelhändler gibt es noch die nicht von Amazon & Co. bedroht sind? und der kalte Hauch von Globalisierung erreicht langsam die Schweiz und der Schweizer Finanzplatz.
Mit jede Stelle die ins Ausland ausgelagert wird, verliert man auch ein kleines Stück Schweiz und grosses Stück Zukünft. Anstatt hier zu sparen, muss man nicht nach nur nach den Quartalszahlen und die eigene Boni schauen sondern wie in Amerika investieren, ausbilden.
Aber den Herren da oben ist es scheiss egal. Die gehören zum 1%. Die Zukünft der Gesellschaft ist den einfach furz egal.
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wo sollen unsere Kinder und Enkelkinder arbeiten wenn man ausgerechnet Kernkompetenzen auslagert?
Beim Haus von B. Collardi und Co., kochen, putzen, waschen für die Herren der Zukunft. -
Meistens wird eingespartes Geld woanders wieder ausgegeben. Somit führen technische Effizienzsteigerungen nur zu Umschichtungen.
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@Huppenmeier
ob sie dort arbeiten wollen, das ist hier die Frage. Wirbel-Säule-freie Lebewesen vielleicht schon, aber was ist mit denen, die ihr Gehirn und Gewissen nicht jeden morgen beim Portier abgeben wollen?
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Gemaess vielen Kommentaren (inkl LH) faehrt Boris Collardi die Bank schon seit Jahren an die Wand. Aber bis jetzt wuerde ich sagen, dass er die Bank erfolgreich durch schwierige Zeiten manoevriert. Warum immer so negativ? Seid doch mal zufrieden , dass ein Schweizer eine Schweizer Bank fuehrt!
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Erstens ist Boris Collardi nur halber Schweizer.
Zweitens haben meine Vorredner allesamt Recht. Boris Collardi hat im Laufe seiner Karriere mehrfach bewiesen, dass diese nur auf einer einzigen Tatsache basiert: Er hat von Anfang an wie eine Klette an Alex Widmer geklebt und die Drecksarbeit für ihn erledigt. Als Dank hat ihn Widmer durch alle Stufen seiner eigenen Karriere stets mitgezogen und ihn mit für Widmer strategisch wichtigen Positionen betraut. Schliesslich will solche Positionen von jemandem besetzt wissen, der bedingungslos macht was man ihm sagt.
Daher hat Collardi in seiner Karriere auch noch kein einziges Mal durch Innovationen oder strategische Weitsicht brilliert. Das einzige was er zustandebringt ist den Headcount zusammenzustreichen. Und auch das hat hiermit erneut und wiederholt bewiesen.
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tja… leider war das abzusehen. Der politik sei dank! kosten sparen um jeden preis, um die immens gestiegenen anforderungen stemmen zu können. Trotzdem ist dies die falsche strategie. Qualität und service sind zwei der wenigen usp’s, die der schweizer bankenlandschaft noch geblieben sind. Outsourcen heisst qualität einbüssen und arbeitsaufwand auf die partner übertragen. Ob sich diese das gefallen lassen oder ob sie dann andere partner suchen, wird sich zeigen.
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Durch die teilweise Verschiebung des Aktienresearch nach Indien geht nur wenig, wenn überhaupt, Swissness verloren. Was für die Industrie legitim ist, darf auch den Banken nicht verboten werden: kritisches Hinterfragen des Nutzens von Resourcen in der Schweiz ggü dem billigeren Ausland. Swissness ist gefragt beim Kundenservice, den Systemen, dem Image. Wir reden hier aber von Schreibtischresearch. Das scheint, aller Nutzlosigkeit bezüglich Performance zum Trotz, noch immer unabdingbar zu sein für einen Vermögensverwalter. Es ist verständlich, dass sich Collardi ein Outsourcing überlegt. Ich weiss nicht, wieviele Stellen das sein werden, aber bei der CS zum Beispiel waren es schlussendlich nicht viele. Vielfach folgt das heutige Aktienresearch quantitativen Modellen, die auch von gut ausgebildeten Indern bedient werden können. Das ist ein Commodity-Geschäft. Dort, wo es sich lohnt (v.a. wegen Investmentbanking, oder Hedge Funds) sitzen die Shots noch immer in London, New York, Hongkong, etc. Aber das ist ja nicht das Geschäft von JB.
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Nichts über Boris‘ Bonus und Gehalt ?
Oder über die Verbindungen zu Temenos ?
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also…
1. Glaube ich dass CHF issue eine gute Ausrede ist um nochmals auf die Kosten zu druecken… der CHF wird in Zukunft noch fuer vieles hinhalten muessen….2. Auslagerung von Research nach Indien… glaube jeder verantwortungsvolle CEO einer Bank muss darueber nachdenken, was der added value von Inhouse Research ist… finde das nicht so schlimm und insbesondere das „number crunching“ kann ein Inder auch… solange danach die Empfehlungen und Portfolio Konstruktion in der Schweiz gemacht wird ist alles Gut…
3. hat es wohl immer noch etwas zuviel Speck in der Organisation nach dem ML zusammenschluss…
Zudem, allenfalls weiss BC auch mehr wegen US… da kommen wohl schon noch einige Kosten auf JB zu…
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Wie an dieser Stelle schon oft von mir beschrieben, werden mit der von politisch mitte-linker Seite gewollten Aufhebung des Bankkundengeheimnisses TAUSENDE von Arbeitsstellen in allen Bereichen der Banken in der Schweiz verschwinden. Alle Entlassenen sollen sich bei folgenden Parteien melden für einen neuen Job (SP, Grüne und BDP, Teile der CVP, Teile der FDP). Auch der Staat schaft seit Jahren viele neue Stellen. Ich würde mich dort bewerben.
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…alles Leute, die nur „downstream“ arbeiten, also dort, wo Geld – woher es auch immer auf „wundersame“ weise herkommt (z.B. durch Zwangsmassnahmen wie Steuern) – ausgegeben werden kann und nicht auf +/- freien (Welt-)Märkten verdient bzw. generiert werden muss.
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Ja, liebe Ueli, so einfach geht das nicht. In erster Linie gehen die Jobs wegen der Bonus-Orgie verloren. Bei den Banken wird von unten nach oben gespart, d.h. das Management kassiert verantwortungslose Boni, baut unten Kosten (Stellen) ab, um dadurch verantwortlungslos Risiken (mit Staatsgarantie) einzugehen. Verluste werden verstaatlicht und Gewinne privatisiert. Ospel ist so ein Fall, der sich sehr gut mit gewissen SVPlern versteht…
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Vielleicht sollten wir uns doch mal überlegen den CHF fest an den EURO zu koppeln. Die Dänen tun dies seit Jahren und fahren gut damit. Der Lebensstandard und die Löhne sind nicht schlechter als bei uns. Leider scheint dies ein grosses Tabu in der Schweiz zu sein. SVP sei dank…
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Lieber Ueli, es gibt bei der JB Leute die einen üppig bezahlten Job bekommen haben – obwohl inkompetent und noch Kuhmist an der Hose klebend – einfach nur weil de SVP Papi dort einen hohen Millionen-Betrag in ein teures VV-Mandat gesteckt hat. Also bevor du hier einen politisch motivierten Kommentar postest – dreh dich zuerst kurz um und schau dir deine Hosen von hinten an.
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Chunnt sicher guet – toi toi toi.
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…ist etwa Boris der neue Brady?
…und Julia Bär wird die neue Clariden Löwin?
…und alle Rohnerkrepierer und sonstigen Zauder-Meister
auf dem Absprung?
Time will tell.
NB: Jedenfalls hat das Boris C. – Bashing massiv abgenommen – und das ist auch gut so. -
War das WIRKLICH nötig? kaum….
ein Wunder, dass Collardi nie auf die Idee kommt, den CEO-Posten nach Indien auszulagern… (ironie off)
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…na ja, mit CHF 2000.- im Monat als angestellter CEO in Indien käme Collardi kaum durch… Konsequent durchgedacht: Der Markt spielt hier nicht, noch nicht.
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Der Boris ist halt im Herzen noch immer ein echter CS Manager. Wohin outsourcen und krampfhaft sparen hinführt, sieht man ja bei der CS. Schade, mit der Bär fährt nun die nächste Bank mit Höchstgeschwindigkeit ins Verderben.
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der bereitet sich wohl vor auf eine Führungsposition beim grössten Outsourcer und Jobvernichter der Schweiz.
der bereitet sich wohl vor auf eine Führungsposition beim grössten Outsourcer und Jobvernichter der Schweiz.
Der Boris ist halt im Herzen noch immer ein echter CS Manager. Wohin outsourcen und krampfhaft sparen hinführt, sieht man…
War das WIRKLICH nötig? kaum.... ein Wunder, dass Collardi nie auf die Idee kommt, den CEO-Posten nach Indien auszulagern... (ironie…