Julius-Bär-CEO Boris Collardi kriege beim Namen Sarasin einen fiebrigen Blick, sagt ein Konkurrenzbanker. „Collardi würde fast alles bieten, um die Basler zu kaufen.“ Trifft das zu, könnte Sarasin für den jungen Bär-Chef zum Karrieretest werden. Fiebrige Käufe sind meist überzahlt.
Zu allem Unglück stösst Collardi in seinem Buhlen auf einen Gegner, der offenbar ebenso „crazy“ auf Sarasin ist. Pierin Vincenz könnte vom Alter her Collardis Vater sein. Statt aber dem Jungen den Vorrang zu lassen, trommelt der Chef der Raiffeisengruppe auf die breite Bündner Brust. Vincenz‘ Plan: Sarasin mit Vontobel, an der seine Raiffeisen einen kleinen Teil besitzt, zusammen zur neuen Privatbankenkraft machen.
Das Ringen zwischen dem elektrisierten Collardi und dem Haudegen Vincenz treibt den Preis in die Höhe. Jetzt soll gar noch ein ausländischer Bieter auf den Plan getreten sein, wie Schweizer Medien jüngst berichteten. Lachen kann die holländische Rabobank als Sarasin-Mehrheitsbesitzerin. Endlich stehen die Käufer Schlange für den Schweizer Ladenhüter. Es ist mittlerweile das dritte Mal in rund 7 Jahren, dass Sarasin zum Verkauf steht.
Warum Collardi sein ganzes Kapital auf Sarasin setzen will, ist nicht sofort einsichtig. Die Summe von 2 Milliarden Franken steht im Raum, das wäre in der heutigen Weissgeld-Zeit ein stolzer Preis für die 100 Milliarden Sarasin-Kundenvermögen.
Erstens ist nach einer Übernahme mit Kundenabgängen und Vermögensverlusten zu rechnen. Zweitens liegt rund die Hälfte der Sarasin-Vermögen bei Pensionskassen und anderen Institutionellen sowie in Nachhaltigkeits-Fonds. Beide Geschäfte passen nicht zur „Pure Play“-Privatbank Bär.
Vielleicht geht es Collardi vor allem um den Sarasin-Computer. Die IT von Bär ist veraltet, während Sarasin vor Jahren auf Avaloq gewechselt hat. Offenbar erfolgreich. Collardi hingegen liess die bereits erworbene Avaloq-Lizenz im Keller an der Bahnhofstrasse vermodern und brach lieber in den wilden Osten nach Singapur und Hongkong auf, statt sich mit einer mühseligen Ablösung der alten EDV abzugeben. Letzteres versprach wenig Glamour.
Doch 2 Milliarden auf den Tisch zu blättern für einen neuen Computer, wäre ein bisschen viel. Auch sollten die Strategien nicht vermischt werden. Beim möglichen Sarasin-Kauf geht es um die Positionierung im Markt und bei den Kunden. Bär würde auf über 200 Milliarden Kundenvermögen springen und wäre klare dritte Kraft des Schweizer Private Bankings.
Ein komplett anderes Paar Schuhe ist die IT, ein Thema der zuverlässigen Infrastruktur, bei dem Kosten und Effizienz im Vordergrund stehen. Wenn mit einer Akquisition sowohl Marktsprung als auch IT-Erneuerung zu haben sind: umso besser. Nur wäre es verwegen, ein IT-Problem mittels teurem Kauf eines Konkurrenten zu lösen.
Collardis Nebenbuhler Vincenz interessiert sich nicht für IT. Sein Ehrgeiz ist es offenbar, endlich richtiges Banking zu betreiben. Seine unzähligen Raiffeisen-Genossenschaften mit Ablegern im hintersten Winkel des Landes ist zwar erfolgreich. Aber wirklich zu reden gibt sein Unternehmen nur, wenn es wie jüngst die Rating-Bestnote verliert oder mit Tiefpreisen Jagd auf Hypo-Schuldner macht. Sonst interessiert sich kaum jemand für die grundsolide, biedere Bankengruppe.
Vincenz ist aber ein anderer Typ. Einer, der gar nicht so recht zu einer zersplitterten Bauern-Bank passt, bei der an Genossenschaftsversammlungen abgestimmt wird. Er kommt aus dem Grossbankenumfeld und landete eher aus Verlegenheit als aus strategischem Kalkül in der Sankt-Galler Raiffeisen-Zentrale. Dort hat er sich über die Jahre zum einsamen Herrscher und grossen Zampano aufgeschwungen. Die von ihm orchestrierte Verschmelzung der kleinen Vontobel mit der mittelgrossen Sarasin wäre der Höhepunkt dieser Entwicklung.
Collardi, Vincenz und ein allfälliger Mister X können aber nur warten und hoffen. Hoffen, dass die Holländer dieses Mal tatsächlich verkaufen. Bei früheren Verkaufsrunden bliesen sie die Übung jeweils wieder ab und behielten Sarasin, an der sie knapp die Hälfte des Kapitals und eine klare Mehrheit bei den Stimmen besitzen. Schliesslich machten die Basler immer einen schönen Gewinn.
„Niemand verkauft eine Bank gegen den Willen des Managements“, sagt ein Kenner der Szene. Der Insider rechnet deshalb nicht mit einem Deal. Tatsächlich wehrt sich die Sarasin-Spitze mit Händen und Füssen gegen einen Verkauf an Julius Bär. Dort würde die Crew von Joachim Strähle vermutlich unter die Räder geraten. Zur Rettung der eigenen Karriere fand Strähle in Vincenz einen, der gerne als weisser Ritter auftritt.
Die Wetten laufen heiss, wer das Rennen macht. Schon oft in der Geschichte blieb in solchen Situationen alles beim Alten.
Kommentare