Auf dem Schweizer Finanzplatz gehts drunter und drüber. Nur einer scheint unbeeindruckt über den Wirren zu schweben.
Es ist Boris Collardi, der junge Chief Executive der Julius Bär.
Dabei steckt Collardis Bank mitten im Getümmel. Julius Bär stürzte sich ab 2008 besonders aggressiv auf US-Schwarzgeldkunden der UBS.
Während Bär damals mit hohen Finder’s Fees um die US-Klientel der externen Vermögensverwalter buhlte, setzte sich Collardi an seinen Schreibtisch.
Er begann mit den Aufzeichnungen für sein Buch „Private Banking – Building a Culture of Excellence“. Dieses erschien letzten Herbst in Asien. Nun erhält man es auch über Amazon Deutschland.
Collardi spielt es cool und haut nicht auf die Werbepauke. Wer aber nach seinem Werk fragt, der hat sofort den obersten Kommunikationschef am Draht. Persönlich meldet sich dieser meistens nur dann, wenn Collardi eine Sache für wichtig befindet.
Das Feeling für Good news zeichnet den smarten Collardi aus. Trotz dem Hosenlupf mit der Merrill-Integration sind bis jetzt keine internen Schlammschlachten bekannt geworden.
Das erstaunt. Denn Collardi hat in den letzten Monaten wichtige Positionen mit neuen Köpfen besetzt.
Dabei mussten gestandene Seniors über die Klinge springen, um das Feld für die aufstrebenden Collardi-Boys zu räumen.
Einer von ihnen ist Giovanni Flury. Flury war bis vor kurzem im Tessin, einer Randregion im Bär-Imperium.
Nun ist Flury der grosse Überflieger. Collardi holte ihn ins Headquarter nach Zürich, wo Flury seit Anfang Jahr das ganze Private Banking für die Schweiz kommandiert.
Hinter Flurys Aufstieg steht Bernard Keller, ein Urgestein und Langzeit-Herrscher im Schweizer Private Banking. Keller und Flury kennen sich aus gemeinsamen Tessin-Zeiten.
Gleichzeitig mit Flury greifen weitere Collardi-Loyalisten nach den Zügeln der Macht in der „grössten reinen Privatbank“ der Schweiz, wie sich Bär gerne selbst rühmt.
Das führt zu internen Turbulenzen. Vor allem in der Romandie gehen die Wogen derzeit hoch. Nach aussen drang davon bisher wenig.
Von der HSBC stiess vor einem Jahr Stephen Kamp zur Bären-Bank. Kamp gilt als der neue starke Mann für die Region Lateinamerika, einem notorischen Problemkind, das mit dem Merrill-Schulterschluss an Bedeutung gewinnt.
Umgekehrt musste der Chef von Lausanne ins zweite Glied zurück. Der Mann heisst Robert Bloch und zählte seit Jahren zu den absoluten Bär-Schwergewichten im französischen Teil des Landes.
Blochs Rückstufung hatte Folgen fürs Business. Ein Seniorberater der Romandie mit Hunderten von Millionen Kundengeldern habe die Bank verlassen, sagt eine Quelle.
Der Entscheid sei die Folge des Aufstiegs von Flury zum Chef Schweiz und der Rückstufung des Lausanne-Spitzenmanns.
Der Aufruhr habe bei Collardi Alarm ausgelöst. Der abgesprungene Kundenberater sei umworben worden und bleibe Bär als externer Vermögensverwalter erhalten.
Bisher unbeschadet durch die Wirren kam der grosse Genfer Chef Rémy Bersier. Von der Rhône-Stadt aus befehligt Bersier den ganzen Raum Europa und Mittlerer Osten.
Ein Angriff auf Bersier, so wie dies auf den langjährigen Lausanne-Chef passierte, scheint den Machthabern an der Zürcher Bahnhofstrasse derzeit zu gefährlich.
Ein Sprecher von Bär betont, dass die Personalentscheide aufs Konto der direkten Vorgesetzten gingen. Sie seien nicht von Boris Collardi gefällt worden.
Auffällig ist ein massiver Ausbau der Marketingabteilung. Im Zuge der Übernahme von Merrill Lynch International landen zahlreiche PR- und Event-Leute auf der Payroll der Privatbank.
Das könnte zur Aussage eines anderen Insiders passen, wonach der Merrill-Case „sehr anspruchsvoll“ sei. Mit Werbung und Showtime könnte versucht werden, die Probleme zu übertünchen.
Das Merrill-Privatebanking hatte bisher ein Kosten-Ertrags-Verhältnis von über 100, steckte also in den roten Zahlen. Das verschlechtert die Lage für Bär, die nach zahlreichen kleineren Übernahmen und einer in die Jahre gekommenen IT selbst ein Kostenproblem hat.
Nun verhandeln teure Merrill-„Stars“ mit den Bär-Chefs über 3-Jahres-Verträge.
Take it or leave it, sollen sie den Schweizern sagen, meint die Quelle. Wenn Bär ihre Forderungen nicht akzeptieren würden, dann würden sie zur Konkurrenz überlaufen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Durch den Kauf der unrentablen ML hat sich Collardi aus der US-Affäre frühzeitig rausgekauft. „Du kaufst uns das Sorgenkind ab, und wir lassen dich in Ruhe“….das werden wir ja noch sehen.
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Emporkömmlinge dieser Art, sind meist getrieben von Paranoia und Komplexen. Verständlich, dass er die wenigen Vertrauenspersonen, die noch zu ihm halten, um sich schart. Nach seiner schriftstellerischen Leistung – die bestimmt noch Plagiatsgeprüft wird – kauft er sich wohl mit seinem nächsten ausserordentlichen Bonus einen Doktortitel.
Wahrlich ein grosser Mann der Schweizer Gesellschaft!
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Collardi, give me a break! Was soll an dem Knaben so speziell dran sein. Ein Hype, that’s it.
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Ich kann nur gebetsmühlenmässig wiederholen: bitte aktionariat anschauen, d.h. wer befiehlt, BC führt aus. Also, ruhig weiterschlafen gem. tagesbefehl. storm in a teacup.
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Collardi hat sicher alles im Griff: Mit seinen Augen schaut er ja in jede erdenkliche Richtung nur nicht auf die Probleme, die vor ihm sind 😉
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Es erstaunt mich schon, dass jemand der den Aktionären soviel Substanz vernichtet in Form von Firmenwert, weiterhin so ungestört werkeln und manövrieren kann. Mal schauen, wie das rauskommt.
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solche Manager braucht das Land!
150% Job und findet Zeit ein Buch zu schreiben!
da ist aber echt der Baer los! (der Bulle waere mir lieber)Thx übrigens für den Buchtip; habe grad nichts sinnloseres zu lesen…
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Ein kleiner Mann der grosse Töne spuckt und noch grössere Eisen schmiedet. Und trotzdem hat er bis zum heutigen Tag noch nie geliefert. Smart ist anders.
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Passt! Denn sein Motto ist „DELIVER, DELIVER, DELIVER“.
Ein wahrlich grosser globaler Manager dieser JFBC Collardi!
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Ob er einen guten Job macht bzw. gemacht hat zeigt sich erst, wenn das was er da zusammenkauft und -bastelt auch nachhaltig ist – und nicht die nächste Ganovenbank wird, die Wenigen die Tasche füllt bevor sie dem Steuerzahler um die Ohren fliegt und den Schweizer Bankenplatz weiter runterreitet. Bis jetzt leider nur selbstgefälliges Auftreten, Sendungsdrang (wow, ein Buch…) und für den Standort Zürich gewöhnliche Fahrzeugwahl.
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Warum nicht, Herr Collardi muss ja nichts riskieren – falls alles schief geht, dann hat er wenigstens das Geld im Sack und eine kleine Abfindung. Aus der Traum und es kommt schon der nächste!
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Sehe ich auch so. Mit fremdem Geld an einer altehrwürdigen Institution herumdoktern und gleichzeitig die „Rente“ schon fürstlich – und ohne Risikokomponente – bereits im voraus abgesichert. – Unternehmerisch ist anders!
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Collardi macht einen guten Job. Zugegeben, er ist klein von Wuchs, was sich über kindliche Kompensationshandlungen ausdrückt (Ferrari-Fahrer, Buchautor etc.). Unter dem Strich macht ihn das aber zu dem was er ist: ein Menschlein, der halt etwas mehr verdient als andere. Auch das ist ihm nachzusehen.
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Naja, ich habe Herrn Collardi als mindestens 180 cm wahrgenommen, „kleiner Mann mit dicken Eiern“ trifft es daher nicht wirklich.
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Korrigenda:
Die Rückstufung hatte Folgen fürs Business. Ein Senior-Kundenberater von Bär mit Hunderten von Millionen Kundenberatern habe die Bank verlassen, sagt eine Quelle.
Sollte es nicht heissen: ….von Bär mit Hunderten von Millionen KUNDENGELDERN habe die Bank….
Korrigenda: Die Rückstufung hatte Folgen fürs Business. Ein Senior-Kundenberater von Bär mit Hunderten von Millionen Kundenberatern habe die Bank verlassen,…
Collardi macht einen guten Job. Zugegeben, er ist klein von Wuchs, was sich über kindliche Kompensationshandlungen ausdrückt (Ferrari-Fahrer, Buchautor etc.).…
Warum nicht, Herr Collardi muss ja nichts riskieren - falls alles schief geht, dann hat er wenigstens das Geld im…