Die Deutsche Bank will hoch hinaus. Im Prime Tower im Zürcher Industriequartier hat sie ihr Private Banking in luftiger Höhe über der Stadt installiert.
Im anderen Geschäftsteil der Deutschen, dem Investmentbanking, gehts derweil ruppig zu und her. Dieser Bereich der Auslandbank, die grosse Ambitionen auf dem hiesigen Finanzplatz hat, zügelte nicht ins hippe Westend, sondern blieb am alten Ort in der Innenstadt.
Nun wird bekannt, dass es dort in den letzten Wochen und Monaten zu einem regelrechten Köpferollen und Reissaus an der Spitze gekommen ist.
Gleich vier Spitzenkader in einflussreichen Positionen mussten ihren Stuhl räumen oder entschieden sich aus freien Stücken, das Investmentbanking der Deutschen Bank zu verlassen.
Die Aufzählung liest sich wie ein kleines Who is who. Chef des Devisenverkaufs in der Position eines Direktors: weg zur Citigroup. Eine seiner früheren Mitstreiterin im Devisenverkauf: weg.
Besonders strub scheint es im Aktiengeschäft der Deutschen zu- und herzugehen. Dort soll es gleich mehrere Direktoren „erwischt“ haben.
So soll der Chef des Cash-Aktienverkaufs laut einer Quelle ebenso entlassen worden sein wie ein Kollege von der Derivate-Seite. Beide trugen bei der Deutschen Bank den Rang eines Direktors.
Schliesslich ist auch noch der Chef des Zinsengeschäfts, in der Fachsprache Fixed Income, von Bord gegangen.
Auch er ein Direktor, ist der Mann heute bei Konkurrentin JP Morgan tätig, der Schweizer Tochter des US-Giganten.
Laut der Quelle handelt es sich um die Spitze des Eisbergs. Neben den Topshots hätten auch zahlreiche Mitarbeiter und mittlere Kader in jüngster Zeit das Zürcher Investmentbanking der Deutschen Bank verlassen – freiwillig oder forciert.
Eine wichtige Rolle beim grossen „Abbruch“ spielen soll Gregor Guggisberg. Der Managing Director der Deutschen Bank Schweiz war bis vor kurzem Chef des hiesigen Investmentbankings.
Laut der Quelle habe Guggisberg mit seinem Führungsstil und seinen Entscheiden dafür gesorgt, dass eine einst starke Equipe heute in Einzelteile zerlegt und geschwächt dastehe.
Guggisberg war für eine Stellungnahme nicht auffindbar. Er ist seit einigen Monaten nicht mehr für das Investmentbanking zuständig, sondern hat im Prime Tower eine neue Kaderfunktion im Schweizer Privatebanking der Deutschen Bank übernommen, wie dort bestätigt wird.
Unabhängig davon, wie Guggisberg den Bereich über die letzte Zeit geführt hat, ist klar, dass die Deutsche Bank keinen grossen Faktor mehr darstellt im Schweizer Geschäft mit Börsengängen, Kapitalmarkttransaktionen und Wertpapierhandel.
Das war früher anders. Die Bank aus dem nördlichen Nachbarstaat machte immer wieder von sich reden durch die Verpflichtung ganzer Teams von der Konkurrenz.
Von der ZKB hatte sie einst nach deren Sulzer-Debakel im Frühling 2007 die umstrittene Derivate-Crew der Kantonalbank übernommen.
Ein langjähriger Zürcher Investmentbanker, der die Szene kennt, berichtet von einer beklagenswerten Form der Deutschen Bank in ihrem Schweizer Investmentbanking.
In einem Wettbewerb für eine Kapitalmarkttransaktion für eine grössere Schweizer Firma sei es darum gegangen, Geld bei Anlegern aufzunehmen. Zu diesem Zweck seien die darauf spezialisierten Bankhäuser eingeladen worden, eine Offerte abzugeben.
„Das Angebot der Deutschen Bank war schlicht schlecht“, sagt die Quelle. „Damit verspielten sich die Mitstreiter nicht nur jegliche Chance auf den Zuschlag, sondern warfen auch kein gutes Licht auf ihre Bank.“
Eine Sprecherin der Deutschen Bank Schweiz dementiert nicht, dass es zu gewichtigen Abgängen im Investmentbanking auf dem Platz Zürich gekommen sei.
Doch nur von Abgängen und einem Köpferollen zu sprechen, sei zu einseitig. Vielmehr würden die Zugänge die Abgänge in Teilbereichen übertreffen.
„Im Bereich Fixed Income hatten wir über die vergangen drei Jahre sieben Zugänge und vier Abgänge“, sagt die Deutsche-Bank-Frau.
Anders sehe es bei den Derivaten aus. Dort habe die Deutsche Bank Schweiz „durch natürliche Abgänge frei gewordene Stellen zum Teil nicht wieder besetzt“.
Die Gründe für die Massenabgänge bei der Investmentbank, die nach der Strategieumkehr der UBS als einzige in Kontinentaleuropa weiterhin den Anspruch hat, mit den führenden Wallstreet-Häusern mitzuhalten, könnten in der Strategie der Zentrale in Frankfurt zu suchen sein.
Die Co-Chefs an der Spitze, der Inder Jain und der Deutsche Fitschen, traten nach ihrem Stellenantritt vor Jahresfrist scharf auf die Bremse.
Sie setzten ausgerechnet dort das Messer an, wo ihr Vorgänger, der Schweizer Josef Ackermann, die Deutsche Bank zur führenden Adresse weltweit machen wollte: im Handel mit Wertpapieren.
Unter Ackermann hatte sich die Deutsche Bank zur Zeit der grossen Blasenbildung in den 2000er Jahren ähnlich wie die UBS in einen riesigen Hedgefund verwandelt.
Mit rasierklingen-dünnem Eigenkapital und einer riesigen Verschuldung drehten die Deutschen das grosse Rad im Geschäft mit verbrieften Wertschriften oder anderen undurchsichtigen Papieren.
Als es im Herbst 2007 knallte, war die Deutsche Bank stark exponiert. Doch Ackermann manövrierte seinen Tanker geschickt zwischen den Klippen hindurch.
Es gab zwar Verluste, aber viel geringere als bei der UBS, deren Führung sich vergleichsweise tolpatschig verhalten hatte.
Ähnlich wie die zweite clevere Investmentbank, die Credit Suisse, schien die Deutsche Bank dank einem geübten Investmentbanker an der Spitze mit einem blauen Auge davonzukommen.
Doch der Schein trügte. Die Deutsche Bank leidet heute unter den Nachwehen der Ära Ackermann. Sie steht im Verdacht, ihre Bücher derart frisiert zu haben, dass sie nötige Abschreiber hinausschieben konnte, bis sich der Markt vom Gröbsten erholt hatte.
Wie schlimm diese und andere Affären enden werden, muss sich weisen.
Fürs neue Gespann Jain-Fitschen ist Zuwarten aber offenbar keine Option mehr. Die beiden Spitzenleute der Deutschen Bank bauen ab und um.
Das führt zu Flugwetter auch in der Schweiz – mit Aussicht vom hohen Prime Tower.
Schreiben Sie doch mal etwas über das Deutsche Bank (Schweiz) Private Banking – was machen die eigentlich hier genau? Welchen Nutzen hat eine Deutsche Bank / ein ausländischer Kunde von einem bankgeheimnislosen Offshore-Ableger?
Ein bisschen weniger Schwache in der Bank als in D. Das ist alles, kann aber den Unterschied machen.