Im September hat Vontobel-CEO Zeno Staub mit seiner Prognose, dass ein Drittel der Schweizer Banken verschwinden wird, ein sehr düsteres Bild für die Finanzinstitute der Schweiz gezeichnet.
Diese Prognose wird – falls sie eintritt – nicht nur für die Finanzinstitute und deren Angestellte, sondern auch für das Schweizer Volk gravierende Folgen haben. Der Finanzplatz Schweiz wird weiter gefährdet, es kommt zu steigender Arbeitslosigkeit und höheren Steuern.
Obwohl Zeno Staub sich vor allem auf den US-Steuerdeal bezieht, liegt das Problem der kleineren Banken und des Bankensterbens viel tiefer. Die Gründe findet man unter anderem im erhöhten regulatorischen Umfeld, den damit verbundenen Folgekosten, der Weissgeldstrategie der Banken und insbesondere in der mangelnden echten Differenzierung durch ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP).
Man sollte zudem berücksichtigen, dass das Bankensterben auch ein natürlicher Prozess ist, da statistisch gesehen nur wenige Unternehmen einen überdurchschnittlichen Lebenszyklus vorweisen können. Somit könnte die Vermutung nahe liegen, dass der US-Steuerdeal allenfalls mehr ein Beschleuniger des Bankensterbens, aber nicht die alleinige Ursache ist.
Die Frage, die sich stellt, ist: Wie können insbesondere die verschiedenen kleineren Finanzinstitute wie Banken, Broker, Investmentfonds und unabhängige Vermögensverwalter in Zukunft bestehen? Und weshalb und bei wem sollen Kunden ihr Geld investieren?
Viele Bankkunden sind gegenüber den immer komplexer werdenden Bankprodukten und Mandatslösungen skeptisch geworden. Oft haben sie schlechte Erfahrungen gemacht oder sind verunsichert, da sie nicht nachvollziehen können, in was investiert wurde.
Viele der komplexen Finanzkonstrukte dienen den Banken dazu, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden und ihren Mehrwert zu unterstreichen.
Die erhobenen Gebührenpakete werden undurchschaubar, und es wird dem Kunden so verunmöglicht, diese mit anderen Konkurrenzangeboten zu vergleichen.
Komplexe Finanzkonstrukte vermitteln dem Kunden zudem, dass sie diese Investitionen nicht selber tätigen können, da zu herausfordernd und/oder zu zeitintensiv.
Wenig hilfreich ist zudem, dass viele Investoren in den letzten Jahren viel Geld verloren haben und sich schlecht beraten fühlten; wobei es nicht nur die Schuld der Banken und deren Berater ist, wenn Renditen enttäuschen.
Investieren ist nicht eine Einbahnstrasse und verlangt vom Investor Eigenverantwortung.
Eine Verbesserung der Situation kann nur erzielt werden, wenn sich die kleineren Finanzinstitute auf ihre wahren Stärken besinnen und sich fragen, wo sie dem Kunden und natürlich auch sich selbst einen wirklichen Mehrwert erbringen können.
Nur dann gibt es für den Kunden einen guten Grund, die Ersparnisse den Finanzinstituten anzuvertrauen.
Der wesentliche Vorteil der kleineren Finanzinstitute liegt in ihrer Grösse und Flexibilität. Sie können sich dadurch rasch neuen Herausforderungen stellen. Diesen Vorteil müssen sie unbedingt für sich nutzen.
Solange sie aber nur den Grossen nacheifern, werden sie über kurz oder lang auf die Verliererstrasse geraten – wenn sie es nicht schon sind. Denn die grossen Finanzinstitute können die Kosten einer breiten Expertise und die steigenden Ausgaben für den regulatorischen Aufwand besser tragen und auf mehr Kunden abwälzen.
Die zukunftsweisende Strategie der kleineren Banken liegt in der Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen, wie zum Beispiel Vermögensverwaltung, Private Banking, Investment Banking oder Hypotheken; und darin, diese Angebote verständlich und einfach zu gestalten.
Die Finanzinstitute mit einer jüngeren Geschichte haben den grossen Vorteil, dass sie ihr Businessmodell auf einem starken Alleinstellungsmerkmal (USP) – unter anderem Währungshandel ohne Gebühren, Online-Discount-Broker mit speziellen Handelsplattformen, unabhängige spezialisierte Anlageberatung – aufgebaut haben und sich nicht mit einem Businessmodell-Erbe herumschlagen müssen.
Zum Beispiel sollte die primäre inhaltliche und visuelle Vereinfachung des Anlageangebots bei der Vermögensverwaltung dazu führen, dass die Kunden die Angebote verstehen und so im gemeinsamen Austausch eine Vertiefung der Vermögensverwaltungslösung ausgearbeitet werden kann.
Wenn die Banken dies schaffen, dann wird eine natürliche Glaubwürdigkeit gegenüber der jeweiligen Institution bestehen und ein Dialog zwischen Kunden und Bankberater sich entwickeln. Dies hat zur Folge, dass eine Win-Win-Situation für die Bank und den Kunden und somit für beide Parteien ein nachhaltiger Nutzen entsteht.
Dies hört sich leichter an, als es umgesetzt wird. Aber der Druck der Regulatoren, der Weissgeldstrategie und der Konkurrenz sollte die Banken dazu bewegen, auch wesentliche Veränderungen im Kundenangebot und den bisherigen Geschäftsmodellen zu wagen.
Wenn man von der eigenen Kernkompetenz spricht, dann muss diese so beherrscht werden, dass deren Komplexität für Kunden und Banker nicht spürbar ist.
Sie muss sich so anfühlen, wie die Betrachtung des folgenden scheinbar banalen arithmetischen Rechenbeispiels der Addition:
1 + 2 = 3
Wie Carl Friedrich Gauss (1777 – 1855), deutscher Mathematiker, Astronom und Physiker, schon sagte: „Die Mathematik ist die Königin der Wissenschaften und die Arithmetik ist die Königin der Mathematik.“
Mit anderen Worten, obwohl die Arithmetik mit den vier Grundrechenarten – Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division – so einfach und grundlegend für uns alle im Alltagsleben daherkommt, bildet sie für die Wissenschaft eine nicht wegzudenkende Rolle und ist die Basis für so vieles, was vielen komplex und undurchschaubar erscheint.
Diese gefühlte Einfachheit muss das Ziel jeder Bank sein, wenn sie ihre Kernkompetenzen definiert und ihre Produkte- und Servicepalette für den Kunden gestaltet.
Ein anderes Beispiel sind die binärcodierten Werte der Informatik, die bekanntlich nur die zwei Zeichen 0 für „falsch“ und 1 für „wahr“ benutzen. Auch sie bestechen durch ihre Einfachheit, obwohl sie für die komplexe Verarbeitung sämtlicher digitaler Informationen die Basis bilden.
Diese zwei einfachen Beispiele veranschaulichen deutlich das Potenzial und den Nutzen, wenn der Fokus auf Kernkompetenz und Einfachheit gelegt wird.
Man muss sich nur fragen, weshalb man sich persönlich von kleineren spezialisierten Kaffees, Boutiquen oder anderen Shops angezogen fühlt. Könnte es sein, dass es die kleinen Geschäfte schon von Natur aus verstanden haben, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und somit dem Kunden ein einzigartiges und spezielles Erlebnis zu bieten?
Manche werden sagen, dass man so als Bank kein Geld verdienen kann, da der Kunde den Mehrwert nicht sieht und alles ein bisschen zu einfach daher kommt.
Doch: Man sollte bedenken, dass der Kunde den Mehrwert nicht sehen, sondern wahrnehmen muss.
Und dass die Kernkompetenz mühelos erscheinen muss, dies im Wissen, dass viel Können und Erfahrung dahinter steckt, was der Kunde auch jederzeit überprüfen und vergleichen kann.
Neue Wege zu gehen, soll heissen, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und auf die Kundenbedürfnisse nach Einfachheit und Nachvollziehbarkeit einzugehen.
Dort liegt der Sweet-Spot – die optimale Wirkung – der kleineren Banken.
„Man kann niemanden überholen, wenn man in seine Fussstapfen tritt.“ François Truffaut (1932-84), französischer Filmregisseur, Filmkritiker und Produzent.
Wie im Artikel treffend erfasst, wird es Zeit, dass die Banken sich durch ein wahres USP hervorheben.
Die Führungskräfte wären schon lange gefordert, sich darauf zu konzentrieren.
Falls nicht, wird der Markt langfristig dafür sorgen, dass die passiven Manager gestraft werden.
Was für die kleinen Banken gilt, sollte auch für die Großbanken gelten!
Dieser Artikel trifft das Schweizer Banken Problem mitten ins Herz.
Gut und erfrischend geschrieben, mit Gedanken und Lösungen, die die Banken-CEOs in ihre Krisensitzungen mitnehmen sollten!
Bitte so weiter …