Die Löhne im Spitzenbanking sind so hoch, weil es nur wenige Topleute gibt. So lautet das Standardargument.
Mit der jüngsten Personalie wird dieses ad absurdum geführt. Sie zeigt, wie die bestbezahlten und einflussreichsten Jöbli in Swiss Banking vergeben werden: aufgrund von Liebesdiensten.
Absoluter Meister der Disziplin ist Boris Collardi, mächtiger CEO der Zürcher Privatbank Julius Bär. Wie kein Zweiter vergibt Collardi Topjobs an Ex-Kollegen, die ihm damit hörig bleiben.
Aktuelles Beispiel ist die Wahl von Burkhard Varnholt zum neuen obersten Investment-Chef der Privatbank.
Varnholt wird als eine Art Genie angepriesen. „Burkhard Varnholt ist eine herausragende und allseits respektierte Persönlichkeit im Schweizer Anlagenmanagement, mit mehr als 20 Jahren Erfahrung an den Finanzmärkten“, schreibt Bär in einer Mitteilung von heute morgen.
Die Realität ist eher prosaisch. Varnholt war gescheitert. Bei Safra-Sarasin hatte er sich ins Abseits manövriert, nach seinem Abgang in Basel war es eigentlich um seine Karriere geschehen.
Bester Beleg für die Sackgasse, in der sich Varnholt befunden hatte, liefert die Geschichte mit Notenstein. Varnholt und sein damaliger Chef Joachim Strähle priesen sich dort als Duo an.
Zuletzt winkte die Raiffeisen-Tochter ab und begnügte sich mit den Nachhaltigkeits- und Assetmanagement-Teams von Andreas Knörzer und Aris Prepoudis. Strähle ging per sofort von Bord, Varnholt verliess das Schiff kurze Zeit später.
Jetzt taucht Varnholt überraschend wieder auf; und zwar nicht in irgendeiner Übergangsfunktion, sondern in seiner Lieblingsaufgabe als Herr über alle Investmententscheide.
Das hinterlässt einen Nachgeschmack. Warum Varnholt, der bei Sarasin unter der neuen Besitzerschaft aus Brasilien offenbar keine Zukunft hatte?
Die Antwort liegt auf der Hand. It’s the buddy, stupid!
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In diesem Fall heisst der Buddy Boris. Boris Collardi, der Chef der Julius Bär, und der Deutsche Burkhard Varnholt sind seit langem enge Vertraute.
Die Beziehung geht zurück in die Zeit, als die beiden bei der Credit Suisse waren. Varnholt zählte zu einer Gruppe von vier „Wilden“, die von Oswald Grübel die sogenannten Absolute-Return-Produkte voranbringen sollte.
Mit von der Partie war neben David „Dave“ Blumer, für den die CS-Rennleitung immer gut sorgte, auch Yves Robert-Charrue, ein kleines Genie, wie Beobachter in früheren Gesprächen meinten.
Und wo landete Robert-Charrue, nachdem er eine Zeitlang ein Timeout genossen und sich seiner Leidenschaft, der Musik, gewidmet hatte? Bei Freund Collardi und dessen Julius Bär. Robert-Charrue kriegte zuerst die Schweiz als wichtigsten Markt und leitet heute den Bereich der Externen Vermögensverwalter.
Als Charrue und Varnholt mit ihrem Intellekt neue, vermeintlich ausfallsichere Investmentprodukte kreierten, machte sich Boris Collardi bei der CS anderweitig nützlich. Er wurde zu einer Art Mädchen für alles, ähnlich der Rolle von Dave Blumer.
Collardi ging nach Singpur, wo er unter dem grossen Alex Widmer den Standort mithalf aufzubauen. Widmer kümmerte sich um die Kunden, Collardi um die Infrastruktur.
Das glückte nur zum Teil. Collardi war unter anderem verantwortlich für die IT. Das entsprechende Projekt geriet ins Schleudern. Es musste später von anderen CS-Managern für viel Geld zum Laufen gebracht werden.
Sobald sein Mentor Widmer weg war, geriet Collardis Karriere bei der CS ins Stocken. Er verlor seinen Platz im Management Committee des CS Private Bankings.
In seinem Curriculum klang das anders. Da tauchte einfach ein neues Komitee auf, das offiziell gar keine Rolle hatte. Collardi nannte es das „Private Banking Europe Management Committee“ und machte sich zum dortigen Mitglied.
In der CV-Version von 2009, als Collardi zum CEO der Julius Bär bestimmt wurde, lautete die Bezeichnung für die letzte Funktion in den Reihen der CS: „Credit Suisse Private Banking EMEA, Zürich, Chief Operating Officer“. Als Zeitspanne gab Collardi 2004-2005 an.
Heute klingt es auf der Webseite der Julius Bär noch etwas besser. Der Bereich, für den Collardi tätig war, ist mit „Credit Suisse Private Banking, London / Zürich“ umschrieben.
Das wirkt nach mehr als nur „EMEA“. Und die Funktion lautet: „COO Europa, Naher Osten & Nordafrika und Head of Special Projects“, hinzu kommt die erwähnte Mitgliedschaft im „Private Banking Europe Management Committee“.
In der Zwischenzeit ist auch die Verweildauer angewachsen. Als Periode steht nun nicht mehr wie früher 2004-2005, sondern neu 2004-2006. Damit wird der Eindruck erweckt, dass der Wechsel von der CS zur Julius Bär nahtlos war.
Das Feilen am CV hat der Karriere wenn nicht geholfen, dann bestimmt auch nicht geschadet. Ziehvater Widmer hatte bei der neuen Bär, die ein scharfes Wachstum verfolgte, die Rolle des Big Private Bankers übernommen und den jungen Collardi erneut zu seinem Mädchen für alles gemacht.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Nach dem Ableben Widmers drängte sich für den VR der Julius Bär intern niemand sonst auf, und einen Externen wollte man offenbar nicht. Da machte Collardi vor bald 5 Jahren trotz seinem leichten Rucksack das Rennen als CEO.
Nun gebärdet sich der Sprachbegabte in der Rolle des Kaisers, der teilt und so seine Macht sichert. Er lässt alte Bär-Schlachtrösser das operative Geschäft erledigen und hilft abgehalfterten oder sonstwie verfügbaren Ex-Kollegen zu einem steilen Einstieg an der Spitze der Zürcher Bank.
Das Prinzip Collardi erreicht mit der Verpflichtung von Burkhard Varnholt einen neuen Höhepunkt. Bisher ist die Rechnung aufgegangen. Bär gilt als einzige Bank, die mit Schwung die Zukunft anpackt.
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Die beliebtesten Kommentare
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Habe BV seit seinem Abgang bei CS nicht mehr ,live on stage‘ erlebt. Damals war das schon hohe Schule. Natürlich ist beim zweiten Hinschauen und -hören vieles nicht mehr so genial simpel und auch nicht stringent. Aber sein Flair für den Moment, die Story und Stil war legendär. BV ist ein Verkäufer und Blender, kein CIO oder Wealth Manager. Wenn sie ihn als Speaker einsetzen und Verkäufer, werden die Bären ihre Freude an BV haben. Man muss sein Genie richtig nutzen. Vielleicht ist es das, was JB braucht. Lauber war weder ein Performancelieferant noch ein charismatischer Verkäufer. Nur biliiger Macho-Manager. Also insgesamt ist der Switch also gut für JB, Seilschaften und Buddies hin oder her.
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@Global village: Bitte nicht so abschätzig (billiger Macho-Manager) über Hans Lauber! Als einer der Ersten hat er bei der Credit Suisse, bei Dr. H. Maurer, eine saubere Asset Management Ausbildung genossen. Nach der Leitung des Portfolio Management der SBG folgten, immer als CIO, verschiedene Banken und Versicherungen. Eine breite, kompetente Ausbildung sinnvoll umgesetzt!
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Nicht das was man lernt zählt, sondern was man draus macht. Lauber war jedenfalls nirgends wirklich der Kracher. Vielleicht war Macho etwas unfair, aber Lauber ist mehr Machtmensch als CIO.
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Finnde den Kommentar über Hans Lauber auch daneben. Der hatte bei Winterthur als CIO die Verantwortung für über 100Mia Anlagegelder und hat dabei eine sehr gute Performance erzielt.
Zudem hat er bei der Arecon als CIO die Kunden 2008 in der Finanzkrise sehr gut vor Verlusten geschützt, notabene als einer der ganz wenigen.
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Immer wieder erstaunlich, wer da so alles Karriere macht in der Banker-Szene (und wohl auch anderswo, siehe z.B. der mittlerweile abgehalfterte Dany Bahar).
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Dann kommt sicher bald ein Fund auf Africa..
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Varnholt hat das Schiesspulver ebenso nicht erfunden, sonst wäre er nämlich Investor und nicht angestellter Bänkler.
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Die Realität ist EHER prosäisch – kalt, nüchtern, poesielos.
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Das sog. „Genie „Varnholt st ein Schönredner und absolut starker Verkäufer, der weiss wie man die Leute abholt:
1) auf der Oeko-Schiene und
2) auf der Human-Schiene, vorzugsweise mit Afrika-Engagementfrei nach dem Motto: Tue gutes und lege dein Geld bei uns an. Dies funktioniert in der Vor-Weihnachtszeit noch besser.
Die ex post Performance-Ergebnisse sind jedoch Durchschnitt!Ein schillernder Mosaikstein mehr im Bär-puzzle!
(ich kenne ihn seit seiner Studienzeit und habe seinen Weg mitverfolgt)
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Nuschel-Machiavelli Boris ist einer wie viel andere auch. Es gibt diese Typen in der Industrie (etwas weniger), in der Verwaltung (inkl. Unis) und bei NGOs (bei den letzten zwei wieder in schwer gehäufter Menge). – Karriere-Rezept: Viel Lärm um wenig machen, wichtig tun und geschniegelt auftreten, zuverlässige aber potentiell gefährliche Mit-„Streiter“ wo es geht verarschen und beschäftigen, sich aber gleichzeitig bei den mächtigen Leuten einschleimen auf Teufel komm ‚raus und dann die dafür erlangte Position absichern (personell und finanziell). – Auf echtes Können oder tatsächliches Machen und Ziele wirklich erreichen kommt es da am Ende nicht an. Man kann ja auch – falls nötig – die Meriten der fähigen, mitdenkenden und engagierten Mit-„streiter“ (ca. 20% in fast jedem Betrieb) für sich vereinnahmen bzw. Kraft der Position „stehlen“. – Wohl bekomm’s in der realen Welt, die weit weg ist von den Leistungsmythen, welche der naïven Studentenschaft an der Schule/Uni von naïven oder raffinierten (?) Professoren noch verklickert werden.
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Sehr treffend formuliert.
Ich alter Pensionär kenne diese beiden Collardi und Varnholt bestens aus der Grübel(Förderseilschaft)-Zeit bei der CS. Sie erinnern mich immer an Physikexperimente mit heisser Luft. Pumpen…puff.. und alles ist wieder weg.
Aber was schrieb ich da? Sind doch alles Top-Banker, die bei jedem Headhunter im Telefonbuch stehen – solange bis zur Abdankung im Friedhof geladen wird. 2 Wochen später weiss kein Mensch mehr, wer sie waren.
Aber kassiert haben sie alleweil – nur die dummen Aktionäre haben’s nicht gemerkt.
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Seien wir ehrlich, die einzige Innovation die das Swiss Banking herbeigebracht hat heisst doch die zur Perfektion gebrachte Vetterliwirtschaft.
Ich habe vom Vater gelernt: gut studieren, hart arbeiten und ehrlich wirtschaften, damit kommst weiter, damit also viele Jahre verbracht, Meritocracy…. Völlig naiv natürlich, es geht hier zur Lande ausschliesslich um Seilschaften.
Die Frage ist also nicht wie gut die Banken funktionieren, in dem Fall JB unter Collardi, sondern wie gut hätten die Banken funktionieren können, wenn es nicht diese Opportunitätskosten der Vetterliwirtschaft gäbe. Und über Kosten (iwS) gesprochen: die Zürcher Psychiater wissen Bescheid was da am Platz läuft….. Und auf gehts, zum nächsten Personenunfall, merry xmas!
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Es sieht so aus, dass Sie ein Insider sind! Schade, dass Sie so allgemein Schreiben: das wäre wirklich interessant die Details zu kennen, aber es geht nicht über IP…
Schade, da ich in diesem Gebiet mir nicht auskenne. So pessimistisch würde, aber, auch nicht sein: wer Bergsteiger ist oder war, weißt er, dass immer eine positive Wahrscheinlichkeit um hinunterzufallen gibt. Aber das muss nicht immer tragisch sein, vor allem, wenn das Seil gut verankert ist und der Bergsteiger ein vorsichtigen „profi“ ist.
So sieht mindestens bei BC aus. -
… und warum wohl gibt es bei der Bär soviele Externe ?
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Bei uns in der Firma sind „Head of special projects“ das definitive Abstellgeleise; ein letztes Zeichen von sozialer Rücksicht für Looser. Getoppt wird das nur noch durch „Global head of special projects“ and „Global head of global special projects“. Nun, ganz soweit hat es Boris offenbar nie geschafft 🙂
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BC kann absolut etwas. Er hat ein Netzwerk, pflegt das und bekommt Support. Das haben und können nicht alle.
Er hat aber bei der CS viele verärgert mit seinen ständigen Name Droppings (Alex, Ossi) und Hubschrauberartiges Auftreten. Reinfliegen, viel aufblähendes Gewinde und dann wieder weg.
Sein Projekt in Singapore war ein Kostengrab mit über 25 Mio Ueberziehung. Aber wer lässt einen 27-jährigen überhaupt an sowas ran ? Später wurde er etwas milder aber seine Glaubwürdigkeit bei vielen Funktionen war in einer Sackgasse geraten. BC hat es immer genossen sich von ja-Sagern begleiten zu lassen. Oft traurige Typen die hoffen auf eine Karriere aber die ebenso of scheitern. Anyway, Boris steht ganz oben auf dem Olymp, er kann also doch etwas !-
„Mädchen für alles“ trifft gut. Er ist intellektuell den meisten Aufgaben nicht gewachsen und ihn als „Brain“ zu bezeichnen wäre nicht angemessen. Mit seinem Machtgehabe verbirgt er seine sozialen Komplexe. Sein Netzwerk hat er nur wegen seiner Position, kaum wegen seinem Charisma oder sonstigen Fähigkeiten. Wenigstens hat er nun genug Geld, um sich im Olymp der Banker ein wenig Ansehen zu verschaffen.
Übrigens: Bei CS war er noch ein kleines Würstchen, worüber damalige Mitarbeitende nicht viel positives erzählen.
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… bin da nicht ganz der Meinung von LH, Varnholt ist ein top shot der einfach seine Freiheit braucht, klar sind da Seilschaften im Spiel, aber das ist ja nicht nur schlecht. Glaube viele Banken wuerden gerne Varnholt bei sich haben – und glaube bei den Baeren hat er dann auch das richtige Umfeld. Julius Baer ist ja eine CS Bank – (50% des Boards), die Frage stellt sich eher, warum die CS diese Leute nicht halten konnte.
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„… warum CS diese Leute nicht halten konnte“ – super, selten so gelacht! Ironie vom Allerfeinsten!
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Buddy.. Varnholt erzählt seit Jahren die gleiche Präsentationen. Sein Problem ist zusätzlich, dass er mit seinen InvestIdeen ca 3-5 Jahre ahead of the curve ist. Leider gehen die Strategien zuerst mal 50% gen Süden. Dann erholen sie sich vielleicht und nach weiteren 5 Jahren sind sie vielleicht plus 50%. Sowas goutiert kein normaler Investor.
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@fishy farmer. Sie wissen aber schon, dass wenn Sie auf einer Basis von 100 50% verlieren und darauf wieder 50% gewinnen, dass sie dann erst bei 75 und nicht wieder bei 100 sind ?
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@calculator. Das ist mir sehr gut bekannt.. Also weitere Jahre warten.
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... bin da nicht ganz der Meinung von LH, Varnholt ist ein top shot der einfach seine Freiheit braucht, klar…
BC kann absolut etwas. Er hat ein Netzwerk, pflegt das und bekommt Support. Das haben und können nicht alle. Er…
Bei uns in der Firma sind "Head of special projects" das definitive Abstellgeleise; ein letztes Zeichen von sozialer Rücksicht für…