Seit sechs Jahren suchen die Schweizer Banken ihren Weg in die Zukunft. Sie werden seither gehetzt von den Schatten ihrer Vergangenheit, haben Milliarden von Franken verloren, zu denen sie von Gerichtshöfen und Schiedsgerichten verurteilt oder gedrängt wurden, welche Kunden zurück verlangten, befreundete Staaten als Abgeltung kassierten und eigene Mitarbeiter verspielten.
Den besten Schweizer Banken geht es nicht wirklich schlecht, denn sie verdienen im stagnierenden Heimatmarkt immer noch bis zu 40 Prozent ihrer Gewinne. Sie bezahlen ihre Verwaltungsräte und Spitzenbankiers grossartig wie eh und je. Sie schütten Boni in einer Höhe aus, die 99 Prozent aller Schweizer armengenössig wirken lassen. Sie zahlen aber auch keine oder immer weniger Steuern, weshalb eine Stadt wie Lugano nahezu bankrott ist und andere Schweizer Finanzplätze die Sparschraube anziehen.
Unter dem Druck der USA, der EU und zahlreicher anderer OECD-Staaten, der nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden, eines rasch zunehmenden und tatsächlich gnadenlosen Wettbewerbs sowie der bankinternen Unfähigkeit, die neuen Risiken zu erkennen und wie ihnen zu begegnen, wird auf dem Finanzplatz Schweiz mit dem Ausscheiden oder der Übernahme – was das Gleiche ist – eines Drittels aller Banken gerechnet. Wer bleibt übrig?
Suchen wir die Schweizer Bank der Zukunft, wobei wir jetzt nur vom ertragreichen Private Banking sprechen, müssen wir uns zuerst mit den Menschen in diesen Banken beschäftigen. Sie haben sich nicht wirklich verändert: An der Spitze sind viele gierig geblieben, was auch verständlich ist, denn die persönlichen Risiken steigen laufend. Es war kein Banker, sondern Ernst Tanner, Präsident und CEO von Lindt & Sprüngli, der an der jüngsten Generalversammlung zu den Aktionären sagte: „Mein Salär steht nicht zur Diskussion.“ Das gilt auch für die Spitzen der Schweizer Banken.
Im Mittelfeld der Managing Directors und abwärts herrscht grosse Besorgnis bis nackte Angst. Dort, wo das Wachstum herkommen soll, haben die „Lame ducks“ keine Chance mehr. Durchgesetzt hat sich das McKinsey-Selektionsmodell, welches den „Socially insecure overachiever“ begünstigt – jenen Mann und jene Frau, die unter Druck Höchstleistungen erbringen. Dort wachsen die Stars von morgen heran. Am Fuss der Pyramide, wo die 10’000 Kundenberater ihren Knochenjob leisten müssen, regieren die Computer und deren Quervergleiche.
Um es einfach zu machen, bleiben wir heute bei den beiden Grossbanken und dem Schweizer Markt im Private Banking; der Königsdisziplin. Kaspar Villiger hat sich soeben als Verlierer geoutet, der Job des Präsidenten des UBS-Konzerns habe seinem Ruf geschadet. Sein deutscher Nachfolger Axel Weber ist innenpolitisch so wenig glaubwürdig wie sein Pendant, Urs Rohner von der Credit Suisse. Beide schweben im globalen Limbo. Sergio Ermotti, CEO des UBS-Konzerns, und Brady Dougan, CEO der CS, entfalten bei Schweizer Privatkunden kaum Wirkung. Wer die führende Schweizer Grossbank im Private Banking werden will, muss an dieser Stelle Alternativen bieten. Pierin Vincenz von der Raiffeisen hat diese Schwäche erkannt und als „Local hero“ daraus für sein Institut grosse Vorteile gewonnen.
Das ganze Schweizer Middle Management, „Upper or not“, muss sich weiteren Stresstests unterziehen. Es fehlt ihm weitgehend die „Social credibility“, sei es intern oder extern, um die eigenen Botschaften glaubwürdig zu übertragen. Es ist ganz wie bei alt Bundesrat Moritz Leuenberger: Mit dem Amt schwindet die Würde. Die Persönlichkeit ohne Funktion reduziert sich auf den Golfspieler-Status nahe dem Nullpunkt. Dem oberen mittleren Management fehlt die Sprache. Wer vom „fairen Preis“ spricht, wenn „die Qualität stimmt“ (Jürg Zeltner, UBS) bewegt sich sprachlich im Nichts. Die Drohung der UBS, mein Kundenportfolio werde dort jede Nacht gemäss 50’000 Szenarien überprüft, löst bei mir nur die Sorge aus, ein richtiges Szenario werde nicht gefunden.
Die Schweizer Bank der Zukunft braucht nicht nur eine Praxis, die global wettbewerbsfähig ist, sondern auch das Personal, das die richtige Sprache beherrscht. Viele Schweizer KMU und kleinere Finanzinstitute haben gerade deshalb überlebt, weil sie über solche Spitzenkader und Mitarbeiter verfügen. Die Schweiz hat Hunderttausende hoch gebildeter und erfahrener Bankkunden, die sich nicht ohne weiteres über den Tisch ziehen lassen. Deshalb gilt, wer Hunderte von Millionen für ein notwendiges Computerprogramm investiert, darf sich nicht scheuen, den gleichen Betrag und mehr in die besten Mitarbeiter und deren Weiterbildung zu stecken.
Überleben – mehr noch: Als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen, werden die Banken mit den besten internen Organisatoren, die über ganzheitliche IT-Systeme verfügen. Sie müssen aber auch Kommunikatoren von Weltklasse haben, was zwei Paar Schuhe sind. Heute gilt: Weil Chefs wenig oder nichts von Kommunikation verstehen, beschäftigen sie auch die falschen Chefkommunikatoren und sündhaft teure Teams von beschränkter Wirkung. Ohne Spitzenkommunikation aber gibt es keine Spitzenbank.
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Ohje, Herr Stöhlker gibt sich wieder zum Besten. Doch nach seinem Text sind wir nicht weiter. Worthülsen bleiben eben ungefüllt, also ohne (fundierte Füllung).
Noch eine Bemerkung zu Raiffeisen: da hab ich meine Zweifel ob diese Bankengruppe nicht allzu schnell wächst. Solche oder ähnliche Gebilde haben wir in der schweizerischen Wirtschaftsgeschichte schon gehabt. Leider muss ich da die Vergangenheit wählen, denn diese Firmen existieren nicht mehr.
Und was CEO Tanner von L&S betrifft: es ist ein smarter Mensch der genau weiss, dass seine Aktionären keine Widerrede von sich geben werden. Merke: bei dem Preis dieses Valors bleibt man unter sich…
PS: betr. Kommunikation: ist das ein Wink mit dem Zaunpfahl auf das eigene Business? -
Ich beziehe mich auf die Behauptung „lame ducks“ hätten keine Chancen mehr. Die Theorie des „socially insecure overachiever“ auf den gesamten Privatbankensektor in der Schweiz anzuwenden halte ich nicht immer für angemessen. In einigen wenigen Situation nur glaube ich, dass diese Mechanismen wirklich so ausspielen. Schaut man sich den Privatbankensektor aber als Insider an, so wird man sicherlich schnell erkennen, dass die Hindernisse zur Akquisition von „net new money“ und zur Verbesserung der Dienstleistung ganz andere sind. Meist fängt es schon bei der Eigentümerstruktur an, die Veränderungen blockiert. Dann können Kontroll- und Exekutivgremien die ganze Bandbreite von Informationsassymetrien nutzen und das bekannte Principal-Agent Problem verursachen. Vielleicht sind diese Begriffe Abstrakt für den Laien, für Bankangestellte (teilweise auch leitende Bankangestellte), die aber unter diesen Bedingungen arbeiten müssen, heisst es aber, dass sie sich einer inkompetenten Führung unterordnen müssen. Angesichts der Personalsituation am Markt, können sie auch nicht „raus“. Wenn Sie mal am Bankenplatz Zürich fragen wie viele Angestellte mehr als 60% – 70% ihrer Tagesarbeitszeit mit privaten Dingen verbringen können, so wird sich eine erschreckend hohe Zahl ergeben. Ironischerweise gibt es Vorgesetzte die dies bewusst dulden. Wenn Sie es nämlich melden würden oder diese Leute für neue Projekte einspannen wollen, dann würden ihre Budgets ja von höheren Gremien in Frage gestellt werden.
Ich möchte betonen, dass solche Zustände nicht überall herrschen und werde hier auch kein Institut benennen. Ich glaube aber viele, die dies lesen, dies bestätigen können.
Es ist wirklich schade, was sich in dieser Finanzbranche abspielt und es nützt auch nichts Schuldige zu benennen.
Es wäre einfach gut, wenn man solche Einsparpotenziale und freie Ressourcen nicht zu Lasten verdienter Mitarbeiter verwendet. Die Angst, die viele in der Branche haben, verschlimmert die Situation und reduziert die Kooperation auf betriebliche Ebene noch mehr.
Ich finde, wenn man jemanden einstellt, übernimmt man auch eine Verantwortung für diese Person.
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In einem hatte aber Kaspar Villiger recht. Er schrieb in einem Frontseite-Artikel der NZZ, ich glaube am 1. April 2008, dass es zwei Dinge gebe, welche sowohl die Ursache der Krise als auch das Rezept für die Lösung beschreiben würden:
1. langfristiges Denken
2. persönliche IntegritätLeider sind diese beiden Dinge in bestimmten Bereichen der Wirtschaft und des Finanzmarkts immer noch Mangelware, aber nicht nur dort.
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Sehr geehrter Herr Stöhlker,
Sie schreiben Zitat.
Als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen, werden die Banken mit den besten internen Organisatoren, die über ganzheitliche IT-Systeme verfügen. Sie müssen aber auch Kommunikatoren von Weltklasse haben, was zwei Paar Schuhe sind. Heute gilt: Weil Chefs wenig oder nichts von Kommunikation verstehen, beschäftigen sie auch die falschen Chefkommunikatoren und sündhaft teure Teams von beschränkter Wirkung. Ohne Spitzenkommunikation aber gibt es keine Spitzenbank.
Zitat Ende.
Ich frage mich, ob Sie in den letzten 6 Jahren auf unseren Planeten gelebt haben, – oder auf dem Jupiter! Oder, es könnte auch sein, dass Sie in einer absoluten Scheinwelt leben.
Durch die flächendeckende Anwendung der doppelten Buchhaltung (Sollbetrag = Habenbetrag) sowie der bilateralen Verträge zwischen den Menschen (z.B. Verkäufer und Käufer) haben wir (ohne, dass dies den meisten von uns bewusst ist!) die Regel festgeschrieben, dass es nur dann möglich ist, den eigenen Wohlstand zu vermehren, wenn IN GLEICHER HÖHE jemand anders an Wohlstand VERLIERT. Die doppelte Buchhaltung transformierte unser Wirtschaftssystem daher in ein Nullsummenspiel.
Wenn daher das Vermögen von Anlegern vermehrt werden soll… dann muss ZWANGSLÄUFIG das Vermögen anderer Menschen oder Menschengruppen in gleicher Höhe vermindert werden – solange wir für die Verwaltung dieses Vorgangs die doppelte Buchhaltung in der heute üblichen Form verwenden. Wenn nun die Bank Geschäfte mit ihren Kunden abschließt („Anlagegeschäfte“), die Bank also Verkäufer ist, der Kunde Käufer, … wer wird in diesen Geschäften gewinnen und wer verlieren, wenn im doppischen System Geldgeschäfte stets nur als Nullsummenspiel möglich sind….?
Der Konflikt zwischen der Bank und ihren Kunden ist in diesem System vorporgrammiert und unvermeidbar!
Denken wir doch einmal an sog. festverzinsliche Anlageformen wie z.B. Sparbücher oder Bausparverträge: wo kommen da eigentlich die Zinsen her? Verschuldet sich die Bank um die Zinsen zahlen zu können? Sind es die Gewinne der fleißigen Unternehmer, die sie bei der Bank abliefern? Oder sind es die Einzahlungen neuer Sparer, die als Zinsen für alte Sparverträge ausbezahlt werden? Letzteres wäre jedoch ein Pyramidenspiel und als solches illegal! Können Banken heute aufgrund ihrer Buchhaltung nachweisen, dass sie die Zinsen NICHT aus den Einzahlungen neuer Sparer begleichen? Falls ihnen dies nicht möglich ist, welche Konsequenzen ergeben sich dann daraus?
Das Geschäftsmodell inkl. Kommunikatoren ist am Ende!
Es ist Zeit für etwas neues basierend auf Kooperation und neues Geldsystem.
Grüsse
Der Praktiker-
Sie vermischen die Schulden des Systems mit jenen der Systemteilnehmer. Kredit / Kundengelder = Geldschöpfung mit neuer Schuld für einen Systemteilnehmer. Gold / Kundengelder = Geldschöpfung ohne Schuld für einen Systemteilnehmer. In beiden Fällen nimmt die Schuld der Bank zu.
Zitat:
„[…] dass es nur dann möglich ist, den eigenen Wohlstand zu vermehren, wenn IN GLEICHER HÖHE jemand anders an Wohlstand VERLIERT“
Zitat Ende.
Ist schlicht falsch. Wenn Sie der Bank einen Wert verkaufen und dafür Geld erhalten, verliert niemand an Wohlstand. Es kommt immer darauf an, was auf der Aktiv-Seite steht bei der Geldschöpfung. Nach Ihrer Logik wäre der Gesamtwohlstand seit dem Jahre 1494 (Luca Pacioli …) unverändert – das ist absurd.
Zitat:
„Können Banken heute aufgrund ihrer Buchhaltung nachweisen, dass sie die Zinsen NICHT aus den Einzahlungen neuer Sparer begleichen?“
Zitat Ende.
Ich kann Sie beruhigen. Die Zinsen werden auch geschöpft: Zinsaufwand / Kundengelder.
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@Ergänzung,
Besten Dank für den Input. Meine Darstellung bezog sich auf die systemische Erpressung, welcher die Realwirtschaft unterworfen ist seitens des Bankensystems (Schuldgeld)
Sie schreiben Zitat:
Ist schlicht falsch. Wenn Sie der Bank einen Wert verkaufen und dafür Geld erhalten, verliert niemand an Wohlstand. Es kommt immer darauf an, was auf der Aktiv-Seite steht bei der Geldschöpfung. Nach Ihrer Logik wäre der Gesamtwohlstand seit dem Jahre 1494 (Luca Pacioli …) unverändert – das ist absurd.
Zitat Ende.
Wie ist der Systemteilnehmer zu diesen Werten gekommen? Wie vermehrt sich Geld?
Solange es nur als Zahl auf einem Konto steht, einfach durch eine mathematische Formel: pn = po . (1+i)^nDoch Vorsicht: dabei entsteht noch kein „Geld“ sondern nur eine „Forderung auf Geld“ – ob diese jemals als „Geld“ einlösbar ist, kann niemand (auch kein Gläubiger) im voraus entscheiden, denn im schlimmsten Falle werden Sicherheiten zu Liquidationspreisen verkauft!
Beim Erfinden von Geld mittels Buchungssatz (Forderung der Bank gegenüber dem Kreditnehmer an Verbindlichkeit der Bank gegenüber dem Kreditnehmer) handelt es sich also um das rechnungstechnische Gegenstück des Hütchenspiels auf mittelalterlichen Jahrmärkten – die Hütchen sind die beschrifteten Kontenblätter, die (goldene?) Kugel stellt hingegen echtes Geld dar. Solange dem interessierten Zuseher vorgegaukelt werden kann, irgendwo hinter den Hütchen bzw. Konten wäre noch echtes Geld bzw. Gold vorhanden, kann ein Unternehmen weiterhin existieren. Besonders einfach wird die Täuschung aber dann, wenn die Beobachter in den tiefen Glauben versetzt werden können, die mit Zahlen beschrifteten Konten wären selbst schon so eine Art von Geld, z.B. indem man Schuldscheine verwendet. Wer an die Rückzahlung der Schuld nicht glaubt, der kann ja den Schuldschein weiterreichen d.h. gegen echtes Geld verkaufen, erhält dann richtiges Geld und sieht so, dass die Sache funktioniert – natürlich aber nur, indem er selbst, falls der Schuldschein wertlos ist, damit wieder den nächsten in der Kette betrügt, also unwissentlich ein Pyramidenspiel betreibt.
Durch die Erfindung von Geld in Form weitergegebener Schuldscheine, also Schuldgeld, haben die Banker die Bevölkerung also schon vor Jahrhunderten in ein verdecktes Pyramidenspiel gelockt, das nur in Zeiten des Wirtschaftswachstums zur Zufriedenheit aller Teilnehmer funktionieren kann, bei Stagnation oder im Abschwung jedoch mit schrecklichen Folgen für den Großteil der Bevölkerung verbunden ist.
Zinsen müssen, da das Geld für sie von den Banken nicht geschöpft wird, schließlich einem anderen Wirtschaftsteilnehmer „geraubt“ werden. Dieser augenfällige Zusammenhang darf natürlich von (Zentral)Bankern nicht erkannt werden, weil dadurch das wichtigste Dogma der Geldpolitik widerlegt wäre.
Es kann aber inzwischen darüber hinaus, auch erkannt werden, dass die Zinszahlungen an die Anleger von den Banken selbst geschöpft werden.
Die Geldschöpfung der Banken ist der Katalysator des Zinssystems.
Die Zinsaufwendungen der Banken sind die Zinszahlungen an die Anleger. Die Zinsaufwendungen werden mit geldschöpfenden Schreibvorgängen beglichen. Nicht wie bisher angenommen kommen die Mittel für die Zinsaufwendungen aus den Zinserträgen der Kreditverträge, sondern sie kommen, in Abhängigkeit von der größe der Bank durch die gegenseitigen Geldströme innerhlab des Bankensystems.Grüsse
Der Praktiker
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Sehr geehrter Herr Stöhlker, Sie schreiben Zitat. Als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen, werden die Banken mit den besten internen…
Sie vermischen die Schulden des Systems mit jenen der Systemteilnehmer. Kredit / Kundengelder = Geldschöpfung mit neuer Schuld für einen…
In einem hatte aber Kaspar Villiger recht. Er schrieb in einem Frontseite-Artikel der NZZ, ich glaube am 1. April 2008,…