Renzo Gadola ist ein Getriebener. Der Ex-UBS-Offshorebanker mit Operationsbasis USA stand vor der Wahl: kooperieren oder krepieren.
Gadola wählte das Erste. Er lieferte den US-Strafbehörden die Basler Kantonalbank ans Messer, im Gegenzug darf der Familienvater seine 5 Jahre Strafe auf Bewährung statt im Knast abarbeiten.
Die USA lobten Gadola als einsichtig und kooperativ. In der Schweiz wurde der Banker hingegen zur Unperson. Die Banken hassen ihn, die Kollegen fürchten ihn; eine Mischung zwischen Aussätziger und Verräter. Ein Bank- oder Dritte-Säule-Konto zu eröffnen, gleicht einem Spiessrutenlauf.
Juristisch hart anpacken will Gadola aber niemand. Obwohl Spionage fürs Ausland und Bankgeheimnisverletzung zur Debatte stehen, keine leichten Vergehen.
Die Akte wird zwischen Berner Bundesanwaltschaft und Zürcher Staatsanwaltschaft hin- und hergeschoben. „Derzeit gibt es in genannter Angelegenheit nichts zu kommunizieren, mit Ausnahme, dass die Staatsanwaltschaft III sich mit der Entwicklung dieses Falles befasst und unter anderem auch Zuständigkeitsfragen zu klären sind“, sagt Zürich.
Und Bern meldet: „Ob sich Herr Gadola in der Schweiz der Bankgeheimnisverletzung strafbar macht, kann das Bundesamt für Justiz ohne Prüfung der konkreten Umstände nicht beurteilen. Dazu wären detaillierte Kenntnisse des Falls notwendig.“ Auf die wird offenbar gern verzichtet.
Das Zaudern im Fall Gadola passt ins Bild. Seit 4 Jahren treiben die USA den Schweizer Finanzplatz in die Enge, in den kommenden Wochen dürften sich 11 Banken freikaufen. Wie im UBS-Fall werden wohl Tausende von US-Kundendaten offengelegt – die totale Kapitulation.
Statt den Fehlern selbst auf den Grund zu gehen, wird ein Bogen um eine transparente Aufarbeitung gemacht. Das ist die Folge der Macht der Bankenchefs im Land. Nur die kleinen Fische wie Gadola zu hängen – das käme beim Volk nicht gut an. Also lässt man eigene juristische Abklärungen der Offshore-Vergangenheit lieber ganz bleiben.
Das führt zu einem unbefriedigenden Resultat. Die Spitzen der Banken, welche den US-Offshore-Feldzugs ihrer Institute in letzter Instanz zu verantworten haben, kommen ungeschoren davon, während die Kundenberater, die ihren arbeitsrechtlichen Auftrag ausgeführt hatten, zusammen mit ein paar Anwälten und Treuhändern die Zeche zahlen müssen. Sie wurden von den USA zwecks Druckaufbaus auf die Fahndungsliste gesetzt, für sie wird die Schweiz zum goldenen Käfig.
Darunter: Christos Bagios, ein CS-Manager, der seit Monaten auf seine Anklage oder Freilassung in den USA wartet und die Rolle des Damoklesschwerts über den Köpfen der CS-Chefs spielt; weitere hoch- und tiefrangige aktuelle und ehemalige CS-Offshore-Berater, die angeklagt wurden, um die Grossbank weichzuklopfen; zwei Offshore-Banker von Julius Bär und einer der Bank Wegelin; ein Gadola-Kollege als externer Vermögensverwalter der Basler Kantonalbank, ein Ex-UBS-Chef der konkursiten Neuen Zürcher Bank, eine Handvoll Anwälte und Treuhänder.
Und natürlich UBS-Whistleblower Bradley Birkenfeld, mit dem niemand mehr etwas zu tun haben will und der noch ein gutes Jahr in einem US-Gefängnis ausharren muss.
Einen einzigen Big Boss hat es bisher erwischt. Raoul Weil, Nummer 3 in der UBS-Hierarchie, wurde Ende 2008 von den USA ins Straf-Visier genommen. Der Angriff erzielte die gewünschte Wirkung. Kurze Zeit später gingen die Schweiz und die Grossbank in die Knie, hoben das Bankgeheimnis auf und übergaben den Amerikanern viel Geld und geschützte Kundendaten.
Die Anklage gegen Raoul Weil war der atomare Erstschlag. Seither weiss jeder Topbanker der Schweiz, was es auf der persönlichen Ebene geschlagen hat. Spure ich nicht, komme ich als Nächster dran.
Illustres Beispiel ist Wegelin-Partner Konrad Hummler. Als die USA ihren Feldzug von der UBS auf den Finanzplatz ausweiteten, bot der bekannte und eloquente Banker der Grossmacht mutig die Stirn. „It’s time to say Goodbye“, schrieb Hummler im August 2009, wenige Tage nach dem UBS-Staatsvertrag. Seine Bank würde sich komplett vom grössten Finanzplatz der Welt abkoppeln.
Inzwischen schweigt Hummler zur US-Offshore-Vergangenheit. Sein Institut zählt zu den 11 bedrängten Banken, die mit einem aufgeschobenen Strafdeal den Kopf aus der Schlinge ziehen. Hummlers Name dürfte bis Ende Jahr ebenso wie jener von Raymond Bär von der gleichnamigen Zürcher Privatbank sowie den Ex-Chefs der CS-Vermögensverwaltung und weiteren nach Washington geliefert werden.
Die Lust auf Powerplay ist Hummler & Co. vergangen. Die Spitzenleute von Swiss Banking müssen froh sein, mit heiler Haut aus der Affäre zu kommen und wieder unbehelligt in die USA reisen zu dürfen.
Dass dies den angeklagten, meist unbekannten und wenig einflussreichen Kundenberatern und Zulieferern des alten Bankensystems auf Jahre hinaus verwehrt bleibt, braucht die Elite des Finanzplatzes am Ende des Tages nicht weiter zu beschäftigen.
Schwamm drüber. So löst die Alpenrepublik ihre existenziellen Krisen. Nicht mit Aufarbeitung und Transparenz, wie die Cowboys in Übersee.
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Aufarbeitung und Transparenz bei den Cowboys?
Wo denn; bitte schön? Die grössten Steueroasen liegen ja in den USA selber (Florida, Delaware und z.T. Nevada). Aber das sind wenigstens ihre eigenen Gauner und gegen die gehen die USA ja nicht vor. Hat die USA schon je etwas aufgearbeitet? Z.B. alle kriegerischen Interventionen nach dem 2. Weltkrieg? Südamerika, Irak, Afghanistan? Hunderttausende Tote? Die Lügen von Bush jr. und sen.? Die Kriegsgewinnler, die der Regierung nahestehen? Ihre Milliardengewinne (die genau über Firmen in den US-Steueroasen laufen…), die natürlich privat verteilt werden, mit diesen Ländern, während die Allgemeinheit die Kosten der Kriege trägt? 48 Millionen (!) US-Bürger überleben nur noch mit Food stamps. Von den USA haben wir gar nichts zu lernen, schon gar nicht Transparenz und Aufarbeitung. Einfach lächerlich was sie hier schreiben! Völlig inkompetent und naiv. Merken sie denn nicht, was die USA hier spielt? So dumm können sie ja nicht sein, oder doch? Hauptsache die bösen CH-Banken CEO’s bluten, dann sind sie glücklich. Aber dies wird nie passiert, auch die Reichen in der CH sind unantastbar, genau wie überall.-
Dadurch ,daß andere ggfs. gleich oder ähnlich kriminell handelten oder handeln, wird das eigene Tun doch weder gerechtfertígt noch entschuldigt.Dieser Abwehrreflex gehört zu den primitivsten Verteidigungen.Richtig ist lediglich, daß die Steuerhinterzieher kriminell handeln gleichermaßen wie die inkriminierten Finanzdienstleister, die ihnen behilflich sind. Daß letztere sich auf das ominöse Gesetzeskonstrukt aus dem Jahre 1934 abstützen, macht dieses auch nicht akzeptabler.Zu bedauern sind die vielen anständigen Schweizer,die seit rd.90 Jahren im goldenen Käfig des zum nicht geringen Teil durch das Bankgeheimnis ermöglichten Wohlstands leben,und dabei sehen,daß sie damit an einer jedem anständig Denkenden zuwideren Lage partizipieren.Schade.Et respice finem. Leider müssen das die Vielen in aller Brutalität ausbaden,die Drahtzieher haben ihre Schäfchen ins Trockene gebracht.
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Tja liebe Banken, jahrelang habt ihr für ein bisschen Neugeld und Bonus aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet. Die Konsequenzen tragen aber wieder mal andere. Die meisten Manager und CA’s von damals sind immer noch in der Schweiz oder auf den Bahamas. Einfach nur peinlich für den ganzen Bankenplatz… Die Amis tun gut daran diese „grossen Manager“ zu jagen…
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Bravo. Weiter so. Es ist unsäglich, wie die Bankenführer ihre Mitarbeiter, Aktionäre und Kunden verraten, um ihre eigene Haut zu retten.
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Bravo. Weiter so. Es ist unsäglich, wie die Bankenführer ihre Mitarbeiter, Aktionäre und Kunden verraten, um ihre eigene Haut zu…
Tja liebe Banken, jahrelang habt ihr für ein bisschen Neugeld und Bonus aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet. Die Konsequenzen tragen…
Aufarbeitung und Transparenz bei den Cowboys? Wo denn; bitte schön? Die grössten Steueroasen liegen ja in den USA selber (Florida,…