Heute geht es für Nationalbank-Chef Philipp Hildebrand um die Wurst. Kann er die Dollar-Käufe über sein Konto bei der Zürcher Filiale der Bank Sarasin glaubwürdig erklären? Oder kriegt die Weltwoche Recht, die behauptet, der „auffällig geschniegelte Herr Hildebrand“ sei ein „Gauner„?
Hildebrand klammert sich an einen Prüfbericht der PwC. Dieser stellt dem SNB-Chef einen Persilschein aus. Man sei auf „keine Sachverhalte“ gestossen, die nahelegen würden, dass das „Reglement über Eigengeschäfte“ der SNB von Hildebrand „nicht eingehalten“ worden sei. Der Bundesrat hält Hildebrand vor allem wegen des PwC-Befundes die Stange.
Doch der Bericht ist für Hildebrand kein hartes Entlastungsdokument. Aus 3 Gründen.
Erstens ist die PwC die Prüfgesellschaft der Nationalbank. Dass sie nicht die Hand beisst, welche sie füttert, konnte bereits beim „Freispruch“ für die Hyposwiss und deren Russen-Connection geargwöhnt werden.
Zweitens besteht eine Nähe zwischen Hildebrand und PwC-Schweiz-Chef Markus Neuhaus, der von Kennern der Szene als der wahre „Regulierer“ der hiesigen Finanzindustrie bezeichnet wird.
Neuhaus sitzt seit Anfang 2008 im Führungsorgan der „Stiftung zur Förderung des Studiengangs Master in Law and Economics an der Universität St. Gallen“. Im gleichen Gremium sass auch SNB-Chef Philipp Hildebrand, und zwar von 2008 bis 2010, wo ihn Thomas Jordan, sein Vize bei der SNB, danach ablöste. Das Gremium wird geleitet von UBS-Präsident Kaspar Villiger, Mitglieder sind bekannte Persönlichkeiten wie Konrad Hummler, Sepp Blatter, Filippo Leutenegger, Peter Kurer oder Michael Ringier.
Das Netzwerk von Neuhaus mit Verästelungen zu Hildebrand und der SNB ist fein gestrickt. Neuhaus ist Vorstandsmitglied der Economiesuisse, des Dachverbands der Wirtschaft. Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer sitzt im Bankrat der SNB, wo er die Eigengeschäfte von Philipp Hildebrand als unbedenklich befunden hat. Wie stark hat sich Bührer bei seinem Entscheid für Hildebrand auf Empfehlungen seines Economiesuisse-Kollegen Neuhaus abgestützt?
Drittens – und das ist der wesentliche Punkt – hätte der PwC-Bericht ebenso gut zu einem negativen Befund kommen können. Dies zumindest sagt ein Audit-Spezialist, der bis vor kurzem für die UBS tätig war und mit dem Spielraum bei solchen Prüfberichten vertraut ist.
Laut dem Fachmann handelt es sich beim PwC-Freispurch um „eine Interpretation der Tatsachen am Rande einer bestimmten Bandbreite“ von möglichen Interpretationen. „Ohne die Unwahrheit zu sagen, hätte man auch einen möglichen Verstoss attestieren können – das Reglement lässt eine solche Bandbreite zu.“
Die Quelle geht auf einen zentralen Punkt ein, der für Hildebrand zum Stolperstein werden könnte. Gemäss SNB-Reglement unterliegen Devisentransaktionen „für private Reisen wie auch für den persönlichen Erwerb von Nichtfinanzvermögen (z.B. Motorfahrzeugen, Antiquitäten)“ keinen Einschränkungen.
Beim Kauf von 400’000 Dollar Mitte August 2011, 3 Wochen vor der massiven Schwächung des Frankens durch Anbindung an den Euro, steht laut den Hildebrands Frau Kashya dahinter. Wie „privat“ diese Dollars sind, ist umstritten.
Als internationale Galeristin bewege sie sich vor allem im Dollar-Raum, heisst es aus Hildebrand-Kreisen. Dann aber wären die umstrittenen Dollar-Transaktionen „geschäftlich“ und würden nicht ohne Weiteres in die Kategorie der „zulässigen Eigengeschäfte“ fallen, sagt die Quelle.
Anfang Oktober verkauften die Hildebrands 500’000 Dollar. Alles in Ordnung, meint PwC, weil ein Konnex zum Kauf einer Ferienwohnung in Klosters bestünde und das SNB-Eigengeschäft-Reglement Devisen-Deals „für den Erwerb von nicht-Finanzvermögen“ erlaube.
Doch die PwC geht just bei diesem Verkauf noch einen Schritt weiter und weckt damit den Verdacht, ein Gutachten ausgestellt zu haben, das dem Auftraggeber eine Gefälligkeit erweisen könnte.
Es geht um die Vorschrift, dass bei Devisen-Transaktionen, die nichts mit Häusern oder Autos zu tun haben, sondern reine Geldströme betreffen, eine Mindestfrist von 6 Monaten zwischen Kauf und Verkauf eingehalten werden muss. Beim umstrittenen Verkauf vom Oktober sei dies der Fall, schreibt die PwC, „da die verkauften USD bereits im März 2011 gekauft“ worden seien. Es gelte das First-in-Frist-out-Prinzip, und die Hildebrands hatten bereits im März Dollars gekauft. Diese seien nun teilweise verkauft worden.
Diese Interpretation sei „haltlos“, meint der Audit-Experte. „Man sieht einem bestimmten Dollar ja nicht an, zu welchem Dollarkauf er gehört.“
Die Währungsdeals der Hildebrands kontrastieren schliesslich mit Aussagen von Philipp Hildebrand in einem Interview mit der Bilanz im Herbst 2006. Auf die Frage, was das Reglement als Eigengeschäfte verbiete, antwortete Hildebrand an einer Stelle: „Wir dürfen etwa keine individuellen Bankaktien halten oder Wechselkursoperationen vornehmen.“
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