Ein US-Anwalt mit direkten Verbindungen ins amerikanische Justizministerium antwortet auf die Frage, wie gross die Wahrscheinlichkeit einer Klage gegen die Bank Wegelin sei: „All too high.“ Auch Bern schliesst eine Strafanklage gegen die Sankt-Galler nicht aus.
Wie viel ist Taktik, wie viel ist ernsthafte Überlegung der Amerikaner? Was würden die USA damit gewinnen, was riskieren, wenn sich die Schweiz mit der kleinen Wegelin solidarisieren würde?
Niemand sieht in die Köpfe der US-Ankläger hinein. Sie allein entscheiden, ob die USA nicht nur einige Milliarden und Tausende von US-Kundennamen vom Finanzplatz herauspressen, sondern auch ein Exempel an einem Institut statuieren.
Völlig dem Schicksal ausgeliefert ist Wegelin nicht. Sie könnte selbst ein Zeichen setzen: mit einem Rücktritt auf oberster Ebene.
Exponiert hat sich im US-Steuerkrieg Konrad Hummler, geschäftsführender Wegelin-Teilhaber. Dank seinen öffentlichen Auftritten gilt Hummler als „Aussenminister“ der Bank, der andere Teilhaber Otto Bruderer schwingt intern das Zepter.
Gemeinsam haben die Ex-UBS-Manager die Privatbank zur Blüte gebracht. Nun stecken sie im US-Steuersumpf fest. Ein Abgang auf oberster Ebene könnte eine Chance zum Neuanfang für die übrigen Partner und den Rest der Bank werden.
Gefordert ist Konrad Hummler. Er hat den Zorn der Amerikaner auf sich gezogen hat, er hat sich in einer frühen Phase des Konflikts als Verteidiger des alten Bankgeheimnisses exponiert, er hat mit seinem NZZ-Präsidium grosse Strahlkraft ausserhalb des Bankings.
Kurz: Hummler ist zum Symbol des widerspenstigen Schweizer Bankers alter Schule geworden und gehört mit seinen übrigen Mandaten zur Schweizer Machtelite.
Wenn die Amerikaner tatsächlich edles Blut auf der Strasse sehen wollen, könnte ihnen Hummler solches liefern. Er müsste zurücktreten und explizit die Verantwortung für die Highrisk-Strategie mit den US-Steuersündern auf sich nehmen, die ab 2008 im grossen Stil von der UBS zu Wegelin flüchteten.
Nach seinem berühmten „It’s time to say good-bye“, mit dem Hummler Mitte 2009 dem US-Finanzmarkt den Rücken kehrte, käme nun ein lautes „Mea culpa“.
Warum sollte sich Hummler opfern und Gefängnis in Amerika oder ein Leben mit Bewegungsradius von Romanshorn bis Genf riskieren?
Zum Einen wäre es eine Chance im epischen Kampf zwischen den USA und der Schweiz um das Ende des Bankgeheimnisses. Hummler würde zum Winkelried von Swiss Banking. Wie der Volksheld der Hellebarden-Zeit würde er seine eigene Karriere und Teile seiner persönlichen Freiheit hergeben, um die Bank vor Schlimmerem zu bewahren. Das gäbe Renommée.
Zum Anderen würde ein geopferter Hummler die USA vielleicht besänftigen. Im UBS-Konflikt zeigten die US-Ankläger jedenfalls null Verständnis für die Tatsache, dass führende Manager der Grossbank im Amt bleiben konnten.
Würde Hummler im Unterschied zu den UBS-Chefs unter Anerkennung von Schuld abtreten, wäre dies in den Augen der USA ein Zeichen dafür, dass die Schweizer Banken die Lektion begriffen hätten.
Soweit ist es nicht. Statt ein Opfer zu bringen, agieren Hummler und seine Wegelin nach dem bisherigen Motto des Finanzplatzes. Dieses lautet: Rette sich, wer kann.
Dafür wird alles, was Wegelin heilig war, über Bord geschmissen. Sämtliche Partner würden mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten gegenüber Kunden geradestehen, hiess es bisher.
Unter der Drohung einer nächsten Anklage gegen einen Partner will Wegelin nichts mehr davon wissen. Die „Solidarhaftung der Kommanditgesellschaft“ würde nicht für „persönliche Verbindlichkeiten“ greifen, hielt die Privatbank kürzlich fest. „Es findet kein Bail Out statt.“
Will heissen: Um sich selbst und ihr Institut zu retten, würden die Spitzenleute einen angeklagten Partner wie eine heisse Kartoffel fallengelassen. Das Versprechen der unlimitierten Partner-Haftung entpuppt sich als Werbegag.
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Hummler hat nie behauptet, er habe kein steuerneutrales Vermögen angenommen. Das war und ist in der Schweiz nicht verboten und war bis 2010 Geschäftsmodell, welches jedem Schweizer Steuerzahler zu Gute kam. Hummler ist der einzige Bankchef, der genug Eier hatte und den Cowboys die Stirn bot. Die anderen Bankchefs hatten nur ein Ziel: Auch weiterhin in USA Ferien machen zu können. Dafür opferten sie Kunden, Mitarbeiter und shareholder!!! Statt Hummlerbashing zu betreiben sollten Sie ALLE sich überlegen, wer die einzige Bank ist, die genug Ethik an den Tag legt und ihre angeklagten Mitarbeiter nicht gleich auf die Strasse stellt und so tut, als ob man „einige wenige kriminelle Mitarbeiter“ habe. Pfui Kurer/Rohner, pfui Bradey D. und Urs R., Pfui Vontobel, Pfui ZugerKB, Pfui Aquila, Pfui Eveline Widmer-Schlumpf. Rückgrat haben Wegelin und – wenn auch ein sehr verkümmertes Rückgrat – JB.
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Byebye wegelin. Byebye hummler. Byebye hafner
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Wen wunderte das ? „Ich habe keine Lust darauf ,eine Nacht in einer Zelle am Kennedy Airport zu verbringen.“So Herr Hummler.Das ist die Sprache des Nicht-Wohl-in -der Haut-Fühlen, des Unbehagens. Und das schon vor rd. 2 1/2 Jahren.Und an alle Welt da draußen der Schlachtruf :“It’s time to say Good bye.“Sollte das ein geniales Ablenkungsmanöver gewesen sein? Stimmt es,daß trotz dieses Schlachtrufes seit damals derselben WegelinBank rd. 1,2 Milliarden US$ zugeflossen sind? Wenn ja,kann Herr Hummler sicher keine Kenntnis davon gehabt haben,hätte er sich ja sonst unglaubwürdig gemacht.
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Es gibt einen Anlagekommentar von Konrad Hummler aus dem August 2009 (!) unter dem Titel „Abschied von Amerika“. Der lohnt sich noch einmal zu lesen. http://www.wegelin-anlagekommentar.ch/de/news/anlagekommentar/abschied-von-amerika
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Frau Sorglos,quod erat demonstrandum.Dieses Konvolut von 2009 aus der Feder des Finanzplatz-Spezialisten hat schon damals beeindruckt!
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Es gibt einen Anlagekommentar von Konrad Hummler aus dem August 2009 (!) unter dem Titel "Abschied von Amerika". Der lohnt…
Wen wunderte das ? "Ich habe keine Lust darauf ,eine Nacht in einer Zelle am Kennedy Airport zu verbringen."So Herr…
Frau Sorglos,quod erat demonstrandum.Dieses Konvolut von 2009 aus der Feder des Finanzplatz-Spezialisten hat schon damals beeindruckt!