Sonnenkönig Herbert Scheidt wirkte im Sonntags-NZZ-Interview bestimmt, ohne in diplomatische Fettnäpfen zu treten.
Was gut ist für Scheidt, ist schlecht für Vontobel-CEO Zeno Staub. Obwohl als operativer Chef wichtigster Mann bei der Zürcher Privatbank, zeigt sich mehr und mehr, wer das Sagen hat.
Es ist definitiv nicht der 42-jährige Staub. Dieser darf nur König Scheidts Kämmerer spielen.
Staubs kürzliches Interview in der Sonntagspresse ging unter. Ganz anders das von Scheidt gestern im NZZ-Sonntagsblatt.
Dort navigierte der Vontobel-Oberboss clever durch Abgeltungstiefen. Während UBS-Ermotti den Wirtschaftskrieg ausruft und Raiffeisen-Vincenz den Informationsaustausch herbeisehnt, mahnt Scheidt in gut helvetischer Manier zur Vernunft.
„Die Abgeltungssteuer ist der richtige Weg“, sagte der 60-jährige dem Sonntabsblatt. „Ich kann nur an alle appellieren, im Interesse der Schweiz mögliche Eigeninteressen zurückzustellen.“ Alleingänge würden „die Position der Schweiz nach aussen“ schwächen.
Hier spricht ein scheinbar besonnener Mann mit Weitblick; und erst noch einer mit deutschem Pass, was in der hitzigen Steuerdebatte mit dem Nachbarstaat das Terrain besonders glitschig macht.
Staatsmännische Töne im richtigen Moment sind Scheidts unbestrittene Stärke. So sicherte er sich die Macht bei Vontobel.
Wie wichtig ihm der grosse Auftritt ist, zeigte Scheidt vor Jahresfrist, als er vom CEO- auf den Präsidentenstuhl wechselte.
Ein riesiges Büro musste her. Vontobel-Manager sprechen von einem kleinen Palast. Um die Zügel fest in den Händen zu halten, kürte Scheidt auch gleich seine langjährige Assistentin zu seiner Generalsekretärin.
Jetzt, da Übervater Hans Vontobels Kräfte nachlassen, lässt Scheidt niemanden neben sich glänzen.
Aus Unternehmenssicht ist die Rollenverteilung bei der kleinen Vontobel gefährlich, die sich unter Scheidt als Little big Onebank aufführt.
Das Zepter schwingen sollte nämlich CEO Zeno Staub, während Präsident Scheidt im Hintergrund die Fäden spinnen könnte. Strategische Grundlagenarbeit gäbe es bei der Privatbank mehr als genug.
Dass Staub die Nummer 2 freiwillig akzeptiert, sagt viel über den jungen Konzernleiter auf. Er gilt zwar als intelligent, scheint aber kein Powerplayer zu sein.
Mit starken Figuren hat Staub offensichtlich Mühe. Diese verabschiedet er lieber, als dass er ihre Stärken fördert und sie zu einem verschworenen Team zusammenschweisst, das Präsident Scheidt Paroli bieten könnte.
Illustres Beispiel ist die Trennung von Peter Fanconi. Der Chef des Private Bankings war Staub im Rennen um den CEO-Job unterlegen. Nun schickte Staub seinen intern beliebten Widersacher in die Wüste.
Statt Fanconi soll ein No name die Vontobel Vermögensverwaltung auf Vordermann bringen. Georg Schubiger von der nordeuropäischen Danske Bank kennt hierzulande kaum jemand.
Dem Vontobel Private Banking fehlt die Masse. Zudem leidet sie unter einem Kosten-Ertrags-Missverhältnis. Die Cost-Income-Relation stieg von 67 Prozent Ende 2007 auf aktuell 80 Prozent, deutlich mehr als bei Konkurrenten.
Das ist die Folge von Präsident Scheidts Grossbanken-Attitüde. Unter einem Dach Private Banking, Asset Management und Investmentbanking anzubieten, erfordert eine ausgebaute IT mit umfassenden Prozessen.
Die Kosten schiessen durchs Dach. An der GV von letzter Woche stimmte Präsident Scheidt die Vontobel-Eigentümer auf ein mageres erstes Halbjahr ein.
Kritische Vontobel-Insider zeigen sich im Gespräch enttäuscht. Sie hatten gehofft, dass sich der analytische Zeno Staub von Präsident Scheidt emanzipieren würde, sobald er das CEO-Amt auf sicher hätte.
Passiert ist das Gegenteil. Herbert Scheidt bestimmt, als ob Vontobel keinen CEO Staub hätte.
Nun rächt sich, dass Zeno Staub eine Blitzkarriere hinlegte. Vor rund 10 Jahren war er als unabhängiger Software-Unternehmer zur Bank gestossen und machte eine Art intellektuelle Tellerwäscherkarriere.
Nach ein paar Jahren Finanzchef, wofür er gute Noten kriegt, hüpfte er von Chefjob zu Chefjob. Er leitete ein Jahr lang das Investmentbanking, danach nicht sehr lange das Asset Management.
Beide Einsätze waren zu kurz für Staub, um zu zeigen, was er wirklich draufhat.
Darum ging es vermutlich gar nicht. Entscheidend war, dass Präsident Scheidt seinen Favoriten beim VR als CEO durchbringen konnte. Mit einem abgerundeten C.V. mit Einsätzen in drei wichtigen Bereichen war Gegenkandidat Fanconi von Beginn weg chancenlos gegen Staub.
Nun hat Scheidt die unangreifbare Macht. Zeno Staub wird ihm das Leben nicht schwer machen.
Doch mit Feel good an der Spitze der Zürcher Privatbank verschwindet das strategische Dilemma nicht.
In Deutschland ist Vontobel mit einer teuren Onshore-Strategie auf Grund gelaufen. Die Kosten sind zu hoch, das Ertragspotenzial zu gering, als dass eine vernünftige Rendite in Sicht wäre.
Mit Raiffeisen hat sich Vontobel einen aggressiven Player ins Bett geholt. Die Zusammenarbeit im Produkte- und Wertpapiergeschäft ist für die Zürcher inzwischen überlebenswichtig geworden.
Raiffeisen-Zampano Pierin Vincenz hat dabei alle Trümpfe in der Hand. Mit seinem Vorkaufsrecht auf die Vontobel-Mehrheit kann er warten, bis das Duo Scheidt/Staub dereinst Kapital benötigt.
Die Konstellation verrät das Kernproblem der kleinen Bank. Es sind die Köpfe ganz oben.
Pierin Vincenz mag grosse Töne spucken. Doch er ist Street smart.
Zeno Staub mag gescheit und analytisch sein. Doch wenn es ums Ganze geht, braucht es zuoberst eine Power-Persönlichkeit.
Die hat der junge Vontobel-CEO nicht.
Weitere Artikel: Vontobel-Boss versteckt Spitzen-Entschädigung
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
es ist eine Zumutung, was ein Deutscher in der Schweiz alles anrichten kann…. Und nun ist er noch Schweizer geworden…. Und das Schlimmste er garniert auf dem Rücken der Mitarbeiter Millionen…Warum nur lässt der Aktionär dies alles zu?
-
…einer sollte sich hier „gescheidter“ aus dem Staub machen,… natürlich der Schauspieler unter den beiden.
-
…das ist auch gut so, wenn Staub Scheidt die Bühne überlässt… – Auf eine Bühne gehören Schauspieler, die vorgekauten Text von sich geben. Staub hingegen muss/sollte arbeiten und in der realen Welt ‚was liefern. – Und im Theater gibt es ja immer noch einen Souffleur… 🙂
-
Staub hat Substanz und versteht das Geschäft. Damit hebt er sich wohltuend von den zahlreichen Dummschwätzern und Selbstdarstellern auf dem Schweizer Finanzplatz ab. Die Zeit der Glamour-Boys ist glücklicherweise vorbei. Und das ist gut so.
-
brilliante analyse der schwachen fuehrungssituation bei vontobel
-
-
…Staub ist sowas von ’ner Schlaftablette.
-
-
Wenigstens ist Staub kein inhaltsloser Glamour-Boy wie BBC (Bahar, Baur, Collardi)… 😉
-
Staub kommt mir persönlich als analytischer Typ ‚rüber. Er ist eher ein typischer,akrybischer Stäbler, der Entscheidungen gut vorbereiten kann. Sicher keine kraftvolle Führungspersönlichkeit (darunter verstehe ich übrigens nicht die vielfach verbreiteten „Führungspersönlichkeits-Schauspieler“…)und wohl auch nicht einer, der im „Gefecht unter Feuer“ den Sieg herbeiführen kann.
-
Würde ich auch so sehen. – Ein guter, fürstlich bzahlter Stabsmitarbeiter, aber sicher kein „Commander“.
-
-
…voll auf den Punkt analysiert.
-
Sauregurkenzeit (auch Saure-Gurken-Zeit) ist ein sprichwörtlicher Ausdruck, der seit dem späten 18. Jahrhundert in Gebrauch ist. Der Ausdruck bezeichnete ursprünglich eine Zeit, in der es nur wenige Lebensmittel gab; ähnliche Ausdrücke sind das englische „season of the very smallest potatoes“ („Jahreszeit der kleinsten Kartoffeln“) und „cucumbertime“ („Gurkenzeit“).
Heute wird so unter Geschäftsleuten scherzhaft die Zeit des Hochsommers genannt, in der die meisten Leute Ferien machen und daher stille Geschäftszeit herrscht. Da sich zu dieser Zeit auch in Politik und Kulturleben wenig ereignet, wurde der Begriff vom Journalismus übernommen, um die nachrichtenarmen Wochen des Sommers zu bezeichnen, in denen die Seiten der Zeitungen häufiger als sonst mit nebensächlichen und kuriosen Meldungen gefüllt werden (die Verwendung ist also ähnlich der des „Sommerloches“).
Quelle: Wipikedia
-
...voll auf den Punkt analysiert.
Staub kommt mir persönlich als analytischer Typ 'rüber. Er ist eher ein typischer,akrybischer Stäbler, der Entscheidungen gut vorbereiten kann. Sicher…
Sauregurkenzeit (auch Saure-Gurken-Zeit) ist ein sprichwörtlicher Ausdruck, der seit dem späten 18. Jahrhundert in Gebrauch ist. Der Ausdruck bezeichnete ursprünglich…