Luzern, 11. September 2012. Familie Müller ist glücklich. Endlich können die Müllers ihr Eigenheim beziehen. Die tiefen Kapital-Zinsen sind eine Entlastung für das Budget. Und dank der Möglichkeit des Pensionskassenvorbezugs konnte sich die Familie endlich ihren Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen.
Mit Herrn Malfoy, dem Banker ihres Vertrauens, haben sie eine tolle Finanzierung vereinbart:
Kaufpreis Haus: CHF 1’000’000
Eigenmittel Vorbezug Pensionskasse: CHF 150’000
Eigenvermögen: CHF 100’000
Hypothek, Laufzeit 3 Jahre, Zins 1.4%: CHF 600’000, Zinsaufwand pro Jahr CHF 8’400
Hypothek, variable Laufzeit, Zins 0.8%: CHF 150’000, Zinsaufwand pro Jahr CHF 1’200
Zürich, 11. September 2012. Herr Huber hat die Enttäuschung über seine katastrophale Anlagerendite während der Finanzkrise 2008/09 immer noch nicht verdaut. Trotzdem will er sein Geld rentabel anlegen – ohne grosses Risiko. Sein Bankberater empfiehlt ihm eine Investition in Schweizer Immobilienfonds oder in Schweizer Immobilienbeteiligungsgesellschaften. So kann er mit einer gesicherten Ausschüttungsrendite von 4-5% pro Jahr rechnen. Vor allem aber kann er gut schlafen. Herr Huber entschliesst sich für die Immobilienfonds-Anteile.
Zürich, 11. September 2014. Herr Huber ist beunruhigt. Die Zeitungen berichten darüber in dicken Lettern: Die Immobilien-Blase ist geplatzt. Immobilien-Beteiligungsgesellschaften und Immobilienfonds müssen Wertberichtigungen vornehmen. Die hohe Leerstandquote bei den Wohnliegenschaften drückt auf die Mieteinnahmen. Die Banken verlangen deshalb einen höheren Risikozuschlag bei der Hypothekarzinsberechnung. Ausserdem steigen die Zinsen aufgrund von Inflationserwartungen. Diese Faktoren führen dazu, dass die Immobilien-Anlagevehikel innert kurzer Zeit um fast 20% einbrechen.
Herr Huber prüft den Kurs des Immobilienfonds in seinem Wertschriftendepot; seine sichere Anlage ist 4 Prozent im Minus. Nach zwei unruhigen Nächten beschliesst er, die Fondsanteile zu verkaufen. Die Bank teilt ihm mit, dass der betroffene Immobilienfonds momentan nicht gehandelt werde, da zu viele Anteilseigner ebenfalls ihre Anteile verkaufen wollten. Der Fondsmanager werde nun Immobilien veräussern, und das benötige eben Zeit.
Einige Monate später teilt ihm seine Bank schriftlich mit, dass der Immobilienfonds aufgrund zu hoher Rücknahmebegehren seitens der Anleger liquidiert werden müsse. Es werde mindestens 12 Monate dauern, bis das Geld zurückbezahlt werde. Experten gehen davon aus, dass bis zu 25% des investierten Geldes abgeschrieben werden müssen.
Einmal mehr muss Herr Huber erfahren, dass es so etwas wie eine risikolose Rendite nicht gibt.
Luzern, 11. September 2015. Familie Müller ist nervös. Heute ist es soweit: der Termin bei ihrer Hausbank steht an. Konkret geht es darum, die Verlängerung der 1. Hypothek zu besprechen. Die Müllers wissen, dass die Kapitalmarkt-Zinsen zwischenzeitlich angestiegen sind.
Wie sich später herausstellt, hatten sie zu Recht eine innere Unruhe. Ihr Bankberater, Herr Malfoy, erklärt ihnen mit ernster Stimme, dass die Bank aufgrund des Preiseinbruchs auf dem Immobilienmarkt ihr Haus 20% tiefer bewertet. Somit ergäbe sich für das Geldhaus eine ganz neue Situation:
Wert Haus neu: CHF 800’000
Maximale Belehnung neu 70% = CHF 560’000
Hypothek, 3 Jahre, CHF 480’000, Zins 5%: Zinsaufwand pro Jahr CHF 24’000
Hypothek, 3 Jahre, CHF 80’000, Zins 6.5%: Zinsaufwand pro Jahr CHF 5’800
Herr Malfoy schaut in die verdutzten Gesichter der Müllers. Dann lässt er die Bombe krachen: In 30 Tagen würden die Konditionen angepasst. Konkret müssen die Müllers in dieser Frist CHF 190’000 Eigenmittel zusammenbringen (Hypotheken alt CHF 750’000 minus Hypotheken neu CHF 560’000). Der Zinsaufwand verdreifacht sich auf neu CHF 29’800.
Eigentlich wollten die Müllers mit Herrn Malfoy noch über eine Erhöhung der Hypotheken sprechen. Schliesslich muss das Dach bald saniert werden. Aber sie lassen es bleiben. Ihnen dämmert langsam, dass ihre Pensionskassengelder futsch sind und dass der vermeintliche Traum von den eigenen vier Wänden zum „Fass ohne Boden“-Alptraum geworden ist.
Die beiden Geschichten sind frei erfunden. Einige Sachverhalte und Schilderungen mögen überspitzt oder oberflächlich sein. Trotzdem stellt sich nicht die Frage, ob sich einige Leser in dieser Geschichte wiedererkennen werden, sondern nur wann.
Und eine Bank mit 10 roten Buchstaben dürfte dann vermutlich ebenfalls ‚grössere‘ Probleme haben. Kommt Zeit – kommt Rat…
Nein, nein, nicht überspitzt, nur noch nicht ganz so realistisch wie es wird, und war, erst kürzlich, in den 90er:
Herr Hubmüller ist im Baugewerbe tätig und hat seinen Job verloren. Seine Frau ist Immobilien Maklerin und da ist der Ofen auch aus. Die Kinder sind in einer Privatschule, der Jahresbeitrag ist fällig, für das neue Auto auf Pump (sorry: leasing) reicht der ’negative cash flow‘ auch nicht mehr. Zum Glück sind noch die Grosis da wo man doch so gern hingeht, zum essen, und die Kinder bekommen einen Notbatzen. Übrigens, Herr Hubmüller hat viel zu tun, viele Termine: Betreibungsamt, Arbeitsamt, Sozialhilfe. Auch mit dem Staatsanwalt hat er zu tun weil der Boss im Geschäft Ungutes gemacht hat und man Herr Hubmüller als Zeugen braucht – oder auch verdächtigt.
Alles Fantasie? Mitnichten. Ähnliches aus nächster Nähe erlebt, mehrfach, in Genf, als die Blase der ‚go-go‘ 90er platzte. Viele Familien haben sich bis heute nicht erholt, sind Sozialfälle, Depressionen und leider auch Schlimmeres.
Und die feinen Pleitegeier-Nasen können das Bränzeln der ‚fast‘ 2000er schon wieder riechen, sehen schon die Räuchlein der angesengten Existenzen. Nur wirds diesmal um einen Zacken schlimmer weil die Pensionskassen geräumt werden dürfen. Hospiz, Hilfswerke werden Hochkonjunktur haben. US Subprime mit Verspätung.
Hoffen wir nur, unser Geld, via Staat konfisziert, (auch Steuern genannt) reicht aus diese Phalanx von Wohlstandsverwahrlosten mit I-pads und null Geldpolster, die da auf uns zukommt, durchzufüttern.
Weshalb man:
a) Tatsächlich mit 20% Preisschwankungen gefallen lassen müsste
b) Nur eine 8-10 Jährige Hypothek in Frage kommt.
c) Bei der PK nur Verpfändung und kein Vorbezug zulässig.
d) Wenn die Bank nein sagt, dann machen wir nichts aber Konti, spätestens bis 2014 geschlossen werden.
e) Ein Amortisationsplan auf 10 Jahren auch erwägt sein sollte
Interessante Geschichte mit Zinsniveaus von 1991…
KSL