Joachim „Joe“ Strähle ist entweder dumm oder genial; dumm, wenn ihn die Kraftprotzerei der neuen Sarasin-Besitzerin Safra aus Brasilien auf dem linken Bein erwischt hat; genial, wenn er trotz deren absoluter Machtübernahme länger als andere in einer Spitzenposition überlebt.
Die Frage akzentuiert sich nach der Mega-Akquisition von Strähles grossem Widersacher und Intimfeind Boris Collardi von Anfang Woche.
Jungspund Collardi setzt mit seiner Julius Bär alles auf Karte Wachstum. Statt endlich die eigene IT aufzurüsten, treibt er seine Crew mit Merrill Lynch International zur nächsten Herkules-Integration.
Mut ist Collardi nicht abzusprechen. Scheitert der 38-jährige mit seiner Offensive, ist er in ein paar Jahren Geschichte.
Ganz anders Strähle. Der kämpfte letzten Herbst, als seine Sarasin zum Verkauf stand, gegen eine Übernahme durch Collardis Bär-Bank, wie die Bilanz und die Basler Zeitung berichteten – seine eigene Zukunft und jene vieler Sarasin-Mitarbeiter wären auf dem Spiel gestanden.
Kurzfristig hat Strähle damit das Maximum für sich und seine Karriere herausgeholt. Aber wird er als Gewinner in die Geschichte des grossen Umbruchs von Swiss Banking eingehen?
Ein Weggefährte aus alten CS-Zeiten hält grosse Stücke auf Strähle. „Joe dachte immer ein paar Züge voraus und überraschte seine Zürcher Chefs mit dem Absprung nach Basel.“ Dumm sei Strähle weiss Gott nicht.
Vielleicht skrupellos?
Die Kleinaktionäre der Sarasin wurden kürzlich von den neuen Safra-Herren mit einem Butterbrot abgespiesen, die Pflichtofferte aus Sao Paulo ist enttäuschende Kost. Es ist die lehrbuchmässige Behandlung der Miteigentümer nach Carl Fürstenbergs berühmtem „Aktionäre sind dumm und frech“.
Den 54-jährigen Strähle scheint das wenig zu kümmern. Es macht den Anschein, dass er öffentliche Kritik über sich ergehen lässt, wenn er dafür ein paar Jahre länger im Sattel bleiben kann.
Strähles Karriereverlauf zeichnet sich aus durch geschicktes Verhalten in brenzligen Situationen.
In der CS gehörte Joe, wie ihn seine Mitstreiter und Widersacher nennen, zu den Rädelsführern, als es darum ging, den charismatischen Chaos-Chef Alex Widmer wegzuputschen.
Widmer zog weiter zur Julius Bär und holte seine CS-Verbündeten an Bord, darunter Boris Collardi. Die beiden bliesen zum Sturm auf Asien.
Strähle konnte sich im Sieg sonnen. Aber nicht lange.
Bei der Grossbank übernahmen Mitte der 2000er Jahre die Angelsachsen des Investmentbankings das Kommando.
Selbst im boomenden Private-Banking-Markt Asien, wo Strähle der oberste Vermögensverwalter der CS war, gaben die selbsternannten Masters of the Universe mehr und mehr den Ton an.
Bevor die Lage für ihn gefährlich werden konnte, zog Strähle die Reissleine. 2006 wurde er Chef der Basler Sarasin, die etwa ein Zehntel der CS Vermögensverwaltung ausmachte.
Den Abstieg kompensierte Strähle mit einem grossen Plan. Er wollte es Widmer gleich tun und Sarasin in Asien auf die Landkarte setzen.
Ein einzigartiges Wettrüsten begann. Strähle und Widmer machten der CS gute Leute streitig, stampften Ableger aus dem Boden und lockten Kundenberater in Fernost mit lukrativen Bonusversprechen zu sich.
Mit seinen Buddies aus der CS besetzte Strähle neuralgische Positionen in der Zentrale am Rheinknie. Von der Grossbank holte der den neuen Personalchef, den neuen Asienchef, den neuen Investmentchef, den neuen Zürich-Chef.
Es nützte alles nichts. Die Nase vorn hatte das Julius-Bär-Duo Widmer-Collardi.
2011 verlor Sarasin-Grossaktionärin Rabobank die Freude und suchte eine Käuferin. Bär-Collardi wollte den Deal unter allen Umständen. Es wäre die Geburt eines reinen Schweizer Private-Banking-Riesen gewesen.
Strähle legte sich quer, und Collardi fand in Merrill Lynch International eine Alternative. Deren Integration dürfte viel schwieriger werden als ein Zusammenschluss mit der Basler Sarasin. Jedenfalls suchen die Bär-Aktionäre derzeit das Weite.
Für Strähle scheint die Rechnung aufzugehen. Ein hoher Sarasin-Manager meint im vertraulichen Gespräch, dass der CEO noch lange am Ruder bleiben wird.
Oder hat Strähle doch naiv verhandelt?
In England besitzt Sarasin seit Jahren eine Tochter, die Sarasin & Partners. Letztere halten mit 40 Prozent eine Sperrminorität.
Daran ändere sich durch den Verkauf an Safra nichts, meint eine Sprecherin in Basel.
Mit anderen Worten: Die Engländer-Fraktion innerhalb der Sarasin bleibt auch nach dem Verkauf an Brasilien autonom. Strähles Überleben als wichtiger Topshot des Finanzplatzes hängt hingegen allein von der Laune der Safra-Geheimbanker ab.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zu Strähle nur eins … dumb and dumber!
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Das Management um Strähle hat Sarasin versenkt. Eine Rabobank zu vergraulen statt in deren Windschatten erfolgreich zu sein gehört in die Kategorie „dümmer gehts nimmer“. Punkt.
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Immerwieder hoert man, mehr „swissness“ wird gebraucht, „zurueck zum Ursprung“, wenn es um Private Banking geht …
In einer Legal & Compliance getrieben Bankenwelt ist dies laengst nicht mehr moeglich – vertauen zum Kunden, zum Angestellten, sind laenstverloren. Heute ist jeder Kunde, jeder Angestellte, jeder Transaktion ein Riskio. Legal & Compliance regiert die Bankenwelt, auch, weil die Teppichetage von der Kundenarbeit keine Ahnung hat, und im Grunde auch nicht interessiert daran ist… ist ja auch nicht fancy.
Joe hat wenigstens Kunden getroffen und diese verstanden. -
Es hat Für und Wider wenn zuviel „Prozesskenntnis“ vorhanden ist: man gibt dann sicher brav die Üblichkeiten der Betriebsanläufe bekannt und hat Verständnis für alles. Hier aber soll gerade eben KEIN (Selbst)Verständnis herrschen sonder kritische Reflektion. Wem das nicht passt, der soll anderweitig klicken. (BTW: ich bin nicht der Verfasser)
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Es ist halt schon nicht einfach, jeden Tag eine halbwegs süffige Story zu erfinden! Die heutige über Joe Strähle ist sowas von konstruiert. Sie kommt dem echten Insider so rüber, wie der kleine Moritz die Bankenwelt sieht. Strähle hat sich mit Erfolg für die Eigenständigkeit von Sarasin eingesetzt und damit wohl gegen 1000 Arbeitsplätze bei Sarasin und Bär gerettet. Der selbsternannte Bahnhofstrasse-Insider beweist mit seinen holzschnittartigen Clichékonstruktionen auch immer wieder, wie wenig Ahnung er wirklich hat von Entscheidungsprozessen und Abläufen in derartigen Unternehmens-Transaktionen. Aber es ist wahrscheinlich ein besonderer Kick, wenn man Banker in die Pfanne hauen kann, die man persönlich gar nicht kennt. Wichtigtuerische Einflüsterer findet man an jeder Ecke, und ein paar naive Leser auch….
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Mir kommen die Tränen :‘-/
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Es ging im nur darum den eigenen Kopf zu retten … Das einzige was ihn interessiert … die MA sind ihm vollkommen egal.
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Strähle hat viel Gutes für Sarasin gemacht, immerhin „segelt“ die Bank in Zukunft in ruhigeren Gewässern als die Bären. Genial oder dumm?
Im übrigen: Wer „Joe“ gut kennt, weiss, dass er ein guter Mensch ist. Meint Herr Hässig denn wirklich, dass er es nötig hat, seinen Job in den Vordergund zu stellen? Eben, Herr Hässig kennt Joe nicht, schade!
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A*kriecher oder gar das Subjekt selber…
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…ja, ganz tief ins Dunkle ‚reingekrochen. – Finden Sie da jemals wieder heraus?
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Rausfinden: nicht notwendig. Dem ist es wohl dort.
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ja das ist es im winter auch schön warm! und gibt’s jetzt eine Beförderung?
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So kommt er mir auch ‚rüber.
Mir kommen die Tränen :'-/
So kommt er mir auch 'rüber.
Strähle hat viel Gutes für Sarasin gemacht, immerhin "segelt" die Bank in Zukunft in ruhigeren Gewässern als die Bären. Genial…