Der Brief stammt vom letzten Freitag. „Bank Julius Baer’s Tax Compliance Framework for New Clients“ lautet die Überschrift.
Es geht um eine neue Direktive an die External Asset Managers (EAM), also die externen Vermögensverwalter. Diese werden im verschärften Wettbewerb für alle Banken zur zentralen Kundengruppe, da sie viele Offshore-Gelder verwalten.
Der Bär-Chef Lateinamerika und ein Steuerspezialist der Bank fordern im Schreiben vom 14. September die EAMs unmissverständlich auf, ab sofort keine Schwarzgeld-Kunden mehr zur Bank zu bringen.
Besonders auffällig: Bär verschickte den Brief an ihre EAMs eingeschrieben. Damit kann die Bank den ausländischen Steuerbehörden jederzeit beweisen, dass sie ihre „Pflicht“ erfüllt habe.
Die Arbeit überlässt Bär den Externen Verwaltern. Diese müssen sicherstellen, dass sie nur noch mit versteuerten Kunden am Zürcher Bär-Sitz an der Bahnhofstrasse 36 aufkreuzen.
Kunden hingegen, von denen man „positive knowledge“ habe, wonach „the respective assets are non-tax compliant, cannot be opened with Bank Julius Baer“, lautet die konkrete Anweisung aus dem Bär-Headoffice.
Das „Tax Compliance Framework“ gelte für sämtliche neue Kunden; also sowohl jene, die Bär direkt betreue, als auch jene, die über einen EAM zur Bank kämen.
Bär gebärdet sich nach aussen als ultimatives Weissgeld-Vorzeigeinstitut.
Die neue Regelung erfasse „not only individual and legal counterparties, but also the beneficial owners of individual accounts of legal arrangements or legal entities (i.e. structures such as domiciliary companies, trusts and foundations)“, steht im Dokument.
Auch müssten sich sämtliche Bär-Gesellschaften an die neue Regelung halten. Somit gilt Bärs Weissgeld-Only-Strategie auch für eigene Töchter unter anderen Namen.
Die Zürcher Privatbank vollzieht mit ihrem „Framework“ für neue Offshore-Kunden einen spektakulären U-Turn.
Der Kontrast zur früheren Politik ist eklatant. Lange galt Julius Bär unter Externen Vermögensverwaltern als wenig streng bei der Annahme neuer Gelder, so wie viele andere Schweizer Finanzinstitute.
Wachstum der Kundenassets hatte Priorität, selbst im riskanten US-Offshore-Geschäft.
Als die UBS im Sommer 2008 bereits unter massivem Beschuss der amerikanischen Behörden stand, liess die Bär-Bank mit einer angepassten „US Clients Policy“ die Tür für Kunden aus Übersee offen.
Explizit blieb damals möglich, dass US-Offshore-Kunden Nummernkonti eröffnen konnten.
Der zuständige Kundenberater musste lediglich unterschreiben, dass „the client was informed about the nature of a numbered account“, wie Dokument D-1046-00 festlegte.
Grosszügig war auch die Regelung von Wertpapiergeschäften, die für viele US-Personen verboten waren.
Aktiengesellschaften „including offshore companies“ wurden bei Bär nur nach ihrem Domizil beurteilt. Waren sie auf einer Karibik-Insel beheimatet, dann galten die strengen US-Richtlinien nicht.
Der abrupte Wechsel von einer möglicherweise eher laschen zu einer betont strengen Compliance könnte mit dem US-Steuerkonflikt zusammenhängen, vermutet ein Zürcher Berater.
„So was eingeschrieben zu versenden bedeutet, dass es ein CYA-Letter ist“, meint der Insider.
CYA steht für „Cover your ass“ und meint in diesem Zusammenhang, dass die Bär-Verantwortlichen mit dem Schreiben einen Entlastungsbeweis für allfällige zukünftige Ermittlungen in der Hinterhand hätten.
Auch könnte das Schreiben helfen, mit den USA einen Deal zur Bereinigung der Schwarzgeld-Vergangenheit zu erzielen
Ein Bär-Sprecher wollte gestern Abend mit Verweis auf die kurze Zeit, die für eine Antwort zur Verfügung stehen würde, keine Stellung zum neuen Compliance-Framework nehmen.
Auffällig ist, dass die UBS als grösste Schweizer Bank ihren Externen Vermögensverwaltern kürzlich ebenfalls Weissgeld-Aufflagen gemacht hat.
Diese sind im Vergleich zur Bär-Policy zwar harmlos, dafür konkret und somit fassbar.
Die Grossbank begründete ihre wenig strenge Compliance-Regelung damit, dass die Finma-Regeln massgebend seien.
Die Wandlung vom Saulus zum Paulus soll bei Julius Bär offenbar noch weitergehen. Laut einem Bär-Insider werden derzeit alle Kundenberater gezwungen, sämtliche Steuerunterlagen bei den Kunden einzufordern.
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Die beliebtesten Kommentare
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@Weissgeld; klar so würde es ja auch gemacht,aber so ein kleines Schlüpflöchlein brauchts eben noch. Selbst wenn alle Schlupflöcher zu sind, könnte man es ja noch in das Banksafe legen. Wird ja auch gemacht vor allem in der Tiefzinsphase.
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Ich frage mich langsam, wieviele Hirnzellen die Weissgeldfasler tatsächlich haben. – Eine?
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Nix Weissgeld. Alles Trug. Solange die Kunden der Bank gegenüber kein Dokument unterschreiben müssen welches ihre Steuer-Compliance bestätigt und Bestätigungen von Wirtschaftsprüfern/Steuerbehörde einreichen müssen, ist das Wort Weissgeld Schall und Rauch und Fassade für die Banken, egal welche Gelder zu akquirieren (siehe Zielvorgaben Neugeld des Managements an die Mitarbeiter: unrealistisch hohe Zahlen, Steuer-Compliance mit keinem Wort erwähnt).
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Und wie finde ich raus, was Weissgeld ist? Annahme die Steuerbehörde bestätigt, dass ich 2 Mio. versteuert habe und der Bank X bringe ich 1 Mio., der Bank Y 1 Mio. und der Bank Z 1. Mio –> jeder bekommt die Bestätigung, dass 2 Mio. versteuert sind und keiner weiss vom anderen!
Warum verbessern die stark betroffenen Länder nicht einfach die Rahmenbedingungen, dass Steuerflucht gar nicht in Betracht gezogen wird?
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Die Lösung ist Rotgeld:
Man müsste das bereits versteuerte Geld mit roter Farbe besprühen, welches dann bei der Bank nur Bar eingezahlt werden und dadurch klar identifiziert werden kann. Wodurch jedoch durch Verwechslungsgefahr das Risiko der Annahme von Blutgeld wieder erhöht wird.
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Und wieder mal steht Julius Baer am Pranger – völlig zurecht, wie mir scheint. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn Inside Paradeplatz bald wieder Opfer einer DoS-Attacke ist… Einer Bank, die Mitarbeitern mit Lügendetektoren auf den Leib rückt, ist alles zuzutrauen.
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Von denen haben wir eine ganze Menge…
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Definiere ‚Weissgeld‘: Geld bei dem es keinerlei Geheimhaltung gegenüber dem Fiskus braucht oder Geld bei dem ich als Bank nicht weiss, dass es schwarz ist…?
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Es scheint als wolle sich der „Bär-Chef Lateinamerika“ – nach jahrelangen Geschäften im Graubereich – reinwaschen. CYA funktioniert nicht, wenn Details bekannt werden. Wer ist er überhaupt?
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Solange Julius Bär weiterhin als Depotbank für sogenannte „Insurance Wrapping“ Produkte agiert, ist die Weissgeldstrategie wohl erst auf dem Papier reif. Unter anderem finden wir hier auch Namen wie UBS, welche ja ebenfalls von den eVV’s eine Weissgeldstrategie erwartet:
http://www.swissfin.de/de/swiss-banking/private-banking-versicherung.html-
Was genau von einer Weissgeldstrategie widerspricht einem Insurance Wrapper?
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@ Peter Zwygart: Ein Insurance Wrapper wird unter dem Deckmantel der Nachfolge-/Erbschaftsplanung grösstenteils nur zur Steuerhinterziehung genutzt. Jeder der etwas anderes behauptet ist ein Lügner. Aus welchem anderen Grund ist der Kunde bereit, jährlich 3% für ein solches Konstrukt zu bezahlen? (VV-Gebühren, Gebühren für Mantel etc.)
Hier noch ein paar Beispiele:
http://de.wikipedia.org/wiki/Asset-Wrapperhttp://www.handelszeitung.ch/unternehmen/steuer-razzia-politische-probleme-waren-vorhersehbar
http://www.infosperber.ch/Wirtschaft/Dummheit-ist-doch-strafbar
http://www.cash.ch/news/alle/die_versicherungsmaentel_werden_fadenscheinig-1215635-448
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Eine Weissgeld-Strategie in Offshore-Konstrukte wie Trusts, Stiftungen bzw. Special Purpose Vehicle ist ziemlich praxisfremd. In den meisten Fällen wird hier die wirtschaftliche Berechtigte sowie die Herkunft der Gelder vschleiert. Das ist auch ein wesentlicher Comperative Advantage dieser Produkte. Schlussfolgerung: wer an die Umsetzung einer Weissgeld-Strategie glaubt, ist meines Erachtens naiv!
Eine Weissgeld-Strategie in Offshore-Konstrukte wie Trusts, Stiftungen bzw. Special Purpose Vehicle ist ziemlich praxisfremd. In den meisten Fällen wird hier…
Solange Julius Bär weiterhin als Depotbank für sogenannte "Insurance Wrapping" Produkte agiert, ist die Weissgeldstrategie wohl erst auf dem Papier…
Es scheint als wolle sich der "Bär-Chef Lateinamerika" - nach jahrelangen Geschäften im Graubereich - reinwaschen. CYA funktioniert nicht, wenn…