Die einen loben ihn in den Himmel, die anderen finden ihn überschätzt bis zum Gehtnichtmehr. Julius-Bär-CEO Boris Collardi lässt keinen kalt.
Time will tell. Eines aber ist jetzt schon sicher. Collardi geht grosse Risiken ein.
Das grösste heisst Merrill Lynch International und umfasst die Vermögensverwaltung der US-Grossbank ausserhalb Amerikas. Inklusive Rückstellungen und Neukapital kostet die Transaktion die Bär-Eigentümer knapp 1,5 Milliarden.
Bei Merrill Lynch International handelt es sich um eine halbe Bär. 72 Milliarden Assets wollen die Zürcher mit den Amerikanern an Land ziehen. Es ist die mit Abstand grösste Einzelakquisition in einer von Käufen reichen Geschichte.
Collardi ist erst 38 und machte im Rating der „Bilanz“ soeben einen Riesensprung auf Platz 3 der wichtigsten Schweizer Banker.
Entweder ist Collardi das Aushängeschild einer neuer Generation von Topleuten auf dem Finanzplatz. Oder er ist ein Hasardeur. Dazwischen gibts nichts mehr.
Gefährlich sein könnte, dass der Bär-Chef den Merrill-Deal offenbar unter allen Umständen wollte. Jedenfalls drückte er bei der Prüfung der Kundenvermögen beide Augen zu, was potenziell unversteuerte Gelder in Milliardenhöhe angeht.
Das geht aus einer grossen Buchungsplattform von Merrill Lynch im US-Bundesstaat Delaware hervor. Delaware gilt in Amerika als eigentliches Offshore-Zentrum für lichtscheue Vermögen.
„Wer (in Delaware) ein Unternehmen gründet, muss weder anwesend sein noch den Firmenzweck oder die Besitzverhältnisse angeben“, schrieb die Handelszeitung unter dem Titel „Schwarzgeld-Paradies USA“ im Februar. „Es reicht, einen der zahllosen Incorporation Services zu beauftragen – gerne auch online oder per Fax.“
Die Delaware-Buchungsplattform habe die Credit Suisse vor einem Kauf von Merrill Lynch International abgeschreckt, sagt ein CS-Banker.
Die CS hat als grosse Investmentbank viele Amerikaner in Spitzenpositionen und wird von den US-Behörden kritisch beäugt. Im laufenden US-Steuerkrieg gilt die CS als zentrales Ziel.
Aber auch Julius Bär steht unter US-Beschuss. Die Bär-Bank versucht mit einem Deal ihre Schwarzgeldvergangenheit in Übersee zu lösen.
Konfrontiert mit Delaware als grosser Buchungsplattform, auf der viele vermögende Kunden von Merrill ihre Gelder verwaltet hätten, wollten Julius Bär und Merrill Lynch nicht konkret Stellung nehmen. Ein Bär-Sprecher verwies an seinen Kollegen von Merrill Lynch in London.
„We have booking centres around the world that our international clients can use, including, currently, a number in the US“, meinte dieser. Er heisst John McIvor und ist „Head of International Communications Bank of America Merrill Lynch“.
Der Merrill-Manager betont, dass die in den USA betriebenen IT-Plattformen nicht den Besitzer wechseln würden. „None of our US booking centres form part of the sale to Julius Baer“, sagt McIvor.
In Delaware sei es möglich, ein Konto zu eröffnen, ohne dass der Bank der „Beneficial Owner“, also der tatsächliche Eigentümer der Gelder, offengelegt werden müsste, sagt ein Zürcher Banker.
„Es genügt, einen US-Anwalt als Kontoverantwortlichen anzugeben“, sagt die Quelle.
Das Schweizer Formular A mit der Angabe des Beneficial Owner wäre im Vergleich zum Delaware-Standard eine Kingsize-Offenlegung.
Zwei Fragen stellen sich: Wie viele der Delaware-Kundenassets wechseln von Merrill zu Bär?
Wie viele davon stecken in Steuer-Strukturen oder sind anderweitig lichtscheu?
Die Antworten darauf werden entscheiden, ob Collardi mit dem Kauf von Merrill Lynch International einen guten oder einen schlechten Deal gemacht hat.
Laut „Der Sonntag“ wird Collardi als Sieger aus der Geschichte hervorgehen. Er baue rasch bis zu 900 der 2’200 Merrill-Stellen ab, um die Synergien zu nutzen und die Kosten auf 70 Prozentpunkte des Ertrags herunterzubringen.
„Lange wurde Boris Collardi auf dem Zürcher Bankplatz belächelt“, meinte die Zeitung. „Doch bald dürften die Kritiker verstummen.“
Anderen Beobachtern sticht Collardis mangelnde Verlässlichkeit ins Auge.
Einerseits gebärdet sich seine Julius Bär als Vorreiterin des neuen Weissgeld-Zeitalters. Die Zürcher verbieten ihren Externen Vermögensverwaltern die Annahme unversteuerter Gelder in einer absoluten Form, wie dies nicht einmal die viel grössere UBS tut. Andererseits kauft Collardi eine Delaware-Bank.
Andererseits setzt Collardi das Geld der Aktionäre mit Merrill Lynch International ausgerechnet auf einen tiefmargigen Broker, bei dem vor allem die Kundenberater und nicht die Bank das grosse Geld machen. Die UBS kann mit ihrer Paine Webber von 2000 ein Lied davon singen.
Einerseits will Julius Bär erste Adresse für alle Vermögenden in China sein. Sie unterstreicht dies mit einer heute publizierten Studie zu den Superreichen in Asien.
Andererseits gelten die Asiaten nicht als typische Private-Banking-Kunden, sondern als Trader, die von ihrer Bank Kredite für ihre Deals einfordern. Entsprechend muss auch die Bär-Bank Risiken auf ihre Bilanz nehmen, wenn sie mit grossen Asiaten-Kunden ins Geschäft kommen will, was neues Knowhow und zusätzliche Kosten bedeutet.
Collardis Merrill-Deal verärgerte viele Investoren, der Bär-Kurs sackte von knapp 36 auf unter 31 Franken ab. Im September hat er sich erholt und pendelt derzeit zwischen 33 und 34 Franken.
Die Wette läuft. Sie dürfte in rund 2 Jahren entschieden sein.
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Schauen Sie, wenn Europäer in Amerika eine Akquisition tätigen, ist bei der Firma entweder etwas faul dran oder sie zahlen einen solch horrenden Goodwill, der niemals wieder eingespielt werden kann. Paine Webber und Donaldson Lufkin & Jenrette lassen grüssen. Merrill Lynch ist doch nicht dumm und verkauft einfach so sein Vermögensverwaltungsgeschäft (International). Es muss einen anderen Grund geben. Vielleicht sind viele oder sogar sehr viele Vermögen wirklich nicht sauber und sie wollten sich von diesem Dreck befreien. Oder vielleicht haben sie Wind bekommen, dass die Regierung … IRS eine Invasion auf Delaware plant. Diese Transaktion kommt mir etwas überstürzt vor und ich frage mich, ob da überhaupt eine seriöse Risikoanalyse gemacht wurde. Die Zukunft wird es zeigen, ob Julius Bär gut gezockt oder sich verzockt hat.
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Ganz einfach ein Psychopath. Smart, scheinbar menschenfreundlich und interessiert. In Wirklichkeit persönlichkeitsgestört.
Wir sollten uns von solchen Leuten befreien.
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Die Delaware Schwarz und Drogengelder waren bei einer US Bank bis jetzt sicher.
Da nun eine CH Bank den ganzen Plunder übernimmt ist das ein gefundenes Fressen für die Amerikaner.
Ich würde anstelle von Julius Bär schon mal ein paar Milliarden zurückstellen.
Viel Spass.
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Cocollardi. Wird eine eher unwichtige Episode in der Geschichte von Bär sein. Etwa so wie Bahar bei Lotus.
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Zitat: „Wie viele der Delaware-Kundenassets wechseln von Merrill zu Bär?“
Hmm, vielleicht wird das eher umgekehrt fliessen? Schwarzgeld ähmm „Lichtscheue“ Geld versteckt man direkt beim Feind…
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Ein aufschlussreicher Artikel lh. Danke! Bitte auch an unseren USA-Unterhändler Michael Ambühl senden!
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Der Name Bär wird verschwinden analog Leu und das zurecht. Wer so offensichtlich stümperhaft dem Abhang entgegenschreitet hat es auch nicht andern verdient. Es gibt sehr grosse Parallelen in beiden Fällen
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Collardi „überschätzt bis zum Gehtnichtmehr“ ist untertrieben. Die unglaublich hohen Geschäftsrisiken ähneln eher denen eines Spielers und nicht eines seriösen Private Bankers. Letzteres ist er sowieso nie gewesen. Er war (und ist) ein Operations-Mann und der Falsche um das Überleben einer der letzten Traditionsbanken in der Schweiz zu sichern.
Bär wird dank Collardi in 2020 nicht mehr existieren – wetten!?
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Ja das wird er,vorher wird er aber noch viele Lob und Boni einstreichen. Schade das es immer gleich läuft, negativ bspl. gib es ja mehr als genug (Nützi,Müllemann,Rohner,Ospel, und der letzte der Lehmann Bank) auch der gute Boris wird weg geholt aber erst muss er noch das Trümmerfeld perfektionieren. Dann muss vieleicht nochmal Ossi ran.
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Collardi wird ebenso auf dem Friedhof der Stümper enden wie ein Dany Bahar. – Bald ausgenuschelt, Boris! Wetten?
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Nur mit dem Unterschied, dass er sich einige Jahre relativ gut oben halten konnte. Dany Bahar hat nirgendwo irgendetwas zustande gebracht.
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Herr Collardi ist ein Angeber, hat komplexe und wird es nie schaffen den Brand Julius Bär zu sichern. Er ist omnipräsent weil er sich selber ständig inszeniert – anstatt Kunden, Mitarbeitende und Aktionäre zufrieden zu stellen.
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„Stümper“ ist der richtige Ausdruck für Dany Bahar. Voll ins Schwarze getroffen!
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Collardi wird ebenso auf dem Friedhof der Stümper enden wie ein Dany Bahar. - Bald ausgenuschelt, Boris! Wetten?
Der Name Bär wird verschwinden analog Leu und das zurecht. Wer so offensichtlich stümperhaft dem Abhang entgegenschreitet hat es auch…
Nur mit dem Unterschied, dass er sich einige Jahre relativ gut oben halten konnte. Dany Bahar hat nirgendwo irgendetwas zustande…