Schade. Die für den Finanzplatz spannendste und wichtigste Abstimmung seit Jahren findet nicht statt. Eveline Widmer-Schlumpf (EWS), die Schweizerische Bankiervereinigung und Michael Ambühl dürfen weiterhin im Schatten an ihrer „Weissgeldstrategie“ herum basteln.
Schuld daran ist die SVP, welche die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) beim Referendum gegen die drei Steuerabkommen im Regen stehen gelassen hat. Schuld ist die Bundesberner Bürokratie, welche durch die vorgezogene Publikation der Bundesbeschlüsse im Bundesblatt die Zeit für das Beschaffen der Unterschriften willkürlich um eine Woche verkürzt hat.
Und Schuld sind die vielen Gemeinden, welche ihren Verpflichtungen, die Beglaubigungsarbeiten „unverzüglich“ zu erledigen, nicht nachgekommen sind. Zwischen Freitag (29. September) und Montag (1.Oktober) sind bei der AUNS 120 Gemeinde-Briefe eingetroffen, die entweder am 24., 25. oder 26. September aufgegeben worden waren – per B-Post.
So fehlten am Einreichungstag (27. September) die Beglaubigungen für 4’974 Unterschriften für Deutschland, 4’722 für Grossbritannien, 5’033 für Österreich. Allein rund 1’500 Unterschriften gingen verspätet ein, weil Genf das Paket mit den beglaubigten Unterschriftsbögen am 26. September als langsame Economy-Sendung abschickte.
Für alle drei Beschlüsse lagen über 50’000 Unterschriften vor, aber nicht rechtzeitig beglaubigte. Sollten in Zukunft unsere Referenden und Initiativen von Wahlbeobachtern der UNO kontrolliert werden, wie bei anderen demokratisch unterentwickelten Ländern?
Das Scheitern des Referendums ist erstens schade, weil eine breite politische Diskussion und Klärung der wichtigsten Fragen rund um den Finanzplatz und um Steuern entfällt. Anderer Meinung können nur Leute sein, welche die Fragen für unwichtig betrachten, oder welche der Meinung sind, dass so wichtige Fragen nicht vom Stimmbürger, sondern von EWS, Herrn Ambühl und dem bundesrätlichen Kollegium entschieden werden sollten.
Staatssekretär Ambühl interpretiert das verpfuschte Referendum hurtig als „indirekte Zustimmung des Volkes“. Und er weiss auch, dass „die Zustimmung in einer Volksabstimmung […] wohl deutlich ausgefallen“ wäre, wie er der Finanz und Wirtschaft sagte. Schön, dass er das weiss.
Zweitens ist es schade, weil damit die drei schludrig konzipierten und schlecht verhandelten Abkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich am 1. Januar 2013 in Kraft treten werden.
Am wichtigsten und schädlichsten ist indessen das Abkommen mit Deutschland. Der Schaden für den Finanzplatz, die Arbeitsplätze, die Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen wird gross.
Die Lage bezüglich Deutschland ist aber nicht ganz hoffnungslos. Ein Retter zeigt sich am nördlichen Horizont hoch zu Ross, an der Spitze der deutschen Kavallerie.
Wenige Tage nach der misslungenen Beglaubigung der 50’000 Unterschriften wurde er zum Kanzlerkandidaten der deutschen Sozialdemokraten ernannt: Peer Steinbrück, der neue Freund des Schweizer Finanzplatzes.
Schon seit Monaten sagen die deutschen Sozialdemokraten, sie würden das Steuerabkommen mit der Schweiz in der von ihnen dominierten deutschen Länderkammer, dem Bundesrat, zu Fall bringen.
Naive Schweizer scheinen das auch zu glauben. Warum aber sollte Deutschland am 1. Januar 2013 auf garantierte zwei Milliarden Franken „Abgeltungssteuer“, bezahlt von Schweizer Banken, verzichten, warum auf die vielen Milliarden, die gleich folgen werden?
Kosten tut das Deutschland nichts, die Schweizer machen alles gratis. Und wenn es doch nicht wie geplant laufen sollte, dann kann Deutschland den Vertrag auf zwei Jahre gleich wieder künden.
Und bis in zwei Jahren wird der Schweizer Bundesrat ohnehin dem automatischen Informationsaustausch, den Deutschland zusammen mit 23 anderen EU-Ländern fordert, akzeptiert haben. Wer wettet gegen diese Voraussage?
„Zwei Milliarden Plus“ ohne einen Finger zu rühren? Der gewiefte deutsche Bundesminister der Finanzen Steinbrück (2005 bis 2009) würde sich diesen Deal sicher nicht entgehen lassen.
Aber für den Kanzlerkandidaten Steinbrück sieht das anders aus. Jetzt geht es nicht mehr um Geld, nicht mehr um „Zwei Milliarden Plus“. Jetzt geht es um das Kanzleramt. Um Macht, um Prestige und Ehre.
Stellen Sie sich vor, Steinbrück fiele um und nähme die Milliarden. Oder SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück könnte die SPD-regierten Länder nicht bei der Stange halten, die im letzten Moment vielleicht doch die Millionen und Milliarden vorziehen würden. Das wäre das sichere Aus für Steinbrücks Ambitionen als Bundeskanzler.
Danken wir unserem neuen Freund Peer, dass er die Kanzlerkandidatur angenommen hat.
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Genauer lesen, Wiki, Geiger vertritt ja, was Du vorschlägst.
Und, lieber rk, mit originellem Stil allein lassen sich Deine unausgegorenen Ansichten nicht verkaufen. Richtig, gewisse Bankenmanager richten mit ihrer Gier noch heute grosses Unheil an, und immer noch zieht sie niemand zur Verantwortung. Aber Stellen im Bankenbereich werden vor allem gestrichen, weil Amerika und die Schuldenländer der EU mit vorwiegend sozialistischen Regierungen wichtigste Haushaltregeln in den Wind schlagen, und EWS in unserem Bundesrat unseren Finanzplatz widerstandslos preis gibt.-
Werter Herr Sidler, ich versichere Sie, dass mein Most feinster Innerschweizer Provenienz wunderbar ausgegoren ist, er würde sogar die Kollegen aus Mostindien erblassen lassen! Es git neyd bessers aus es meineid gueds triiiebs moscht, bigoscht!
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Normalerweise ist das doch auch „Geigi’s“ Meinung(?)
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(Antwort an „Wiki“)
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Der geistige Irrläufer Geiger hat es einmal mehr verpasst, einen logischen Gedanken zu entwickeln. Peer Steinbrück benutzt das Steuerabkommen D/CH seit Jahren um sein eigenes Profil zu schärfen. Weder seine SPD noch die D-Regierungsparteien würden ihm Gefolge leisten, würde der Schweizer Bundesrat eine harte Linie fahren. Doch letzterer lässt den Schweizer Bankenplatz Stück für Stück abtragen, und dabei meine ich nicht die schrittweise Auflösung des Bankgeheimnisses. Die Uebernahme der EU-Gesetzgebung für Hedgefonds zezgt von Angst und einer Bereitschaft sich schrittweise bei jeden Thema erpressen zu lassen.
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Steinbrück wird ein no-brainer, Merkel hat alles richtig eingefädelt: Weidmann aufs Eis gelegt und sich von Draghi……… Somit ist ihre Wiederwahl gesichert. Zurück zur CH: Ambühl, chapeau, EWS hat ihm carte blache gegeben, er spielt den muppet. Höhere Ehren werden ihm noch zuteil werden. Leider hat es der Mann/Frau von der Strasse nicht begriffen, dass es hier um die bösen, bösen Banker geht, die wir doch von der 3 Buchstabenbank bestens kennen, hier nur die 1. bis 3. Gilde, nicht der Chnudchti in Altstetten, sie reiben sich die Hände, dass es wieder glänget het. Schadlos sich halten, Entlassungen in der Schweiz aussprechen und weiterhin Boni kassieren, die Aktionäre ( instit. Provenienz) schlafen. EWS weiss das und sonnt sich im Indian summer und alle anderen sind schon im hibernation status. Freude herrscht!
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Ziemlich gut getroffen.
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Peer Steinbrück muss als Kanzler verhindert werden. Er will aller Voraussicht nach Alleinherrscher werden.
Da ist es auch egal, ob er das Steuerabkommen verhindern will oder nicht. Erstaunlich, dass ein sonst geschätzter Schweizer, Joe Ackermann, Befürworter von Peer Steinbrück ist. -
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Der CD Kauf in NRW hat nur eine sehr sehr kleine Zahl von Steuersündern aufgedeckt. Für mich stellt deshalb die Frage, sind die hohen Steuererträge die sich Deutschland erhofft überhaupt realistisch, wenn „Schwarz“-Geld schon heute durch die Anleger „Weiss“ platziert wurden?
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Es ist einfach unfassbar, wie Frau Widmer-Schlumpf und ihre Adlaten den Finanzplatz und den Bundesstaat Schweiz immer weiter ins Abseits manövrieren können. Dass Deutschland und Frankreich mit oder ohne Steinbrück und Hollande eh den Bach runter gehen, wenn sie so weitermachen, kann ja kein Trost sein, im Gegenteil. Aber es ist ein Skandal, wie sich die offizielle Schweiz verhält. Es geht weiter mit Ideen zur Aufhebung des Bankkundengeheimnisses für Schweizer und es werden laufend Grundlagen geschaffen, den Bürger immer mehr zu kontrollieren. Und nun das: Es ist nur bezeichnend, wie die Ämter in diesem Fall gearbeitet und Bundesbern einen Gefallen getan haben, damit dieses für eine offene Diskussion so wichtige Referendum nicht zustande gekommen ist. Somit können Widmer-Schlumpf & Co weiterhin unvollständige Informationen, wenn nicht sogar Unwahrheiten, über die Inhalte der Abkommen verbreiten und haben freie Hand, die Schweizer Volkswirtschaft nachhaltig zu schädigen. Dafür braucht es tatsächlich keinen Steinbrück, das machen wir schon selbst, da bin ich mit Ihnen, Herr Geiger, völlig einverstanden.
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Danke, Herr Geiger. Sie sehen es richtig. Die Schweiz verhält sich als souveräner Staat nach international gültigen Regeln und lässt sich weder von der EU noch einzelnen EU-Staaten erpressen. Bei der heutigen Zusammensetzung unseres Bundesrates bleibt dies allerdings ein Traum. Wir können nur auf bessere Zeiten hoffen und mehr SVP im Bundesrat. Wie wär’s mit Ihnen?
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Gott bewahre.
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Für diese Prognose muss ich weder studiert sein, Professor sein noch Cummlaude haben.
Aber Danke Herr SVP-Proffessor… vielleicht sollte man mal ein Abwehrstrategie entwickeln, aber daran ist selbst die EBK (SBV) nicht interessert, da ich bereits den Vorschlag machte--
Sie meinten wohl FINMA. Die ist in der Zwickmühle: macht sie’s nun den Banken recht, welchen sie hörig ist oder der Politik, selche keine Ei… hat? Diese beiden Parteien liegen diametral auseinander!
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SVP: Einfach unfassbar. Dabei wurde an der letzten Delegiertenversammlung der SVP Schweiz in Basel durch einen Votanten auf die Dringlichkeit bei der Unterschriftensammlung hingewiesen. Es wurde gewünscht, dass die SVP alle Kräfte mobilisiere. Etwas ist dann geschehen, aber viel zu schwach und zu spät. Parteipräsident Toni Brunner hat in seiner Antwort an den Votanten u.a. der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass Deutschland das Abkommen ablehne…. Was man davon halten kann, steht oben im Artikel geschrieben.
Was aber durch die Gemeinden i.S. Beglaubigung geschehen ist, ist skandalös. Gemäss Art. 5, Ziffer 3, der Bundesverfassung haben staatliche Organe und Private nach Treu und Glauben zu handeln. Das ist hier nicht geschehen. Es ist nicht auszuschliessen, dass es Absicht war. Der ehemalige CVP-Ständerat aus dem Kt. UR, Franz Muheim, hat schon vor Jahren von der „Kalten Revolution von oben“ gesprochen. Hier haben wir nun ein Verhalten, das diese Prophezeihung bewahrheitet. AUNS müsste gerichtliche Schritte überlegen. Und die SVP-Führung müsste vielleicht wieder zurück zum Grundsätzlichen kommen. Das Parteivolk erwartet dies. Für personelle Spielchen soll jetzt keine Zeit mehr vergeudet werden.
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(Roland M.’s Alternativen) Zunächst muss das „Nichts“ als Alternative akzeptiert werden. Alles weiter wie bisher und ein Kräftemessen auf der politischen Ebene. Weiter wäre da dann noch der automatische Informationsaustausch als vorauseilender Gehorsam. Die Abkommen selber sind natürlich auch eine Alternative, jedoch eine lauwarme, weder Fisch noch Vogel. Grundsätzlich muss sich das Swiss Banking zu einer Strategie durchringen und die kann nur auf Qualität, Stabilität, Vertrauen und GESUNDE Performance basieren. Dazu muss das „SWISS“ jedoch wieder mehr werden als ein Wort und man muss die Schweizer(innen) wieder direkt im Business spüren: mit ihrem Akzent bei Englisch und Deutsch, mit ihrer vornehmen Zurückhaltung, mit ihrem Fachwissen das über die Interpretation von Quartalszahlen und „Schongesagtem“ hinausgeht sowie ihrer Hartnäckigkeit bei der Lösung der Probleme des Kunden.
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Ich habe diese Zeilen gestern auf hartgeld gefunden:
Focus: „Kein Knecht des KapitalsWegen seiner Nebeneinkünfte hagelt es zurzeit von allen Seiten Kritik für Peer Steinbrück – auch von Transparency International. Doch nun schießt der SPD-Kanzlerkandidat mit scharfen Worten zurück. Transparenz gebe es nur in Diktaturen, sagt er, und unterstellt Kritikern politische Motive.
Und immer wieder Steinbrück. Transparenz gibts nur in Diktaturen. Er fordert Transparenz vom Volk, selbst will er sich dem Diktat aber nicht unterwerfen. Wohl niemand verkörpert die Unzulänglichkeit, die Widerwärtigkeit und die Überheblichkeit der heutigen Politiker besser als dieser geistige Gnom. Er widert mich einfach nur an!Passt bestens zum Gesamtbild
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Ich bin froh, muss das Volk nicht über diese Abkommen abstimmen. Wer aus dem Volk weiss über die Tragweite dieser Abkommen schon Bescheid? Und wer, ausser Leute aus der Finanzbranche interessiert sich dafür?
–> der Nutzen wäre meiner Meinung sehr klein gewesenInteressant wäre von den Gegner zu wissen, was es für eine Alternative gäbe!? Vielleicht kennt der eine oder andere Kommentator ja eine 🙂 Bin gespannt…
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Roland M. Wir lösen Ihre Spannung gerne….
Sie fragen nach Alternativen. Hier sind sie:
(A) Die Schweiz ist ein Land wie jedes andere. Wir halten uns an die internationalen Abkommen und Standards und gehen nicht über diese hinaus.
(B) Die Schweiz vertritt ihre nationalen Interessen bei der Festlegung internationaler Standards und Abkommen selbstbewusst.
(C) Die Schweiz ist ein Rechtsstaat und achtet die eigenen Gesetze.
(D) Die Schweizer Diplomatie verbündet sich mit Ländern mit gleichen Vorstellungen.
(E) Regeln zum internationalen Steuerrecht:
(1) Es gilt grundsätzlich das Domizilprinzip. Steuern auf beweglichem Vermögen sind am Domizil des Steuerpflichtigen geschuldet und zu bezahlen.
(2) Die Schweiz behandelt Inländer und Ausländer nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen.
(3) Die Schweiz hält sich an die OECD-Standards.
(4) Der Bundesrat muss sich gegen den automatischen Informationsaustausch stellen, insbesondere im Rahmen der OECD, wo er Veto-Möglichkeiten hat.
(F) Die Geschäftsbanken sind selbst für ihre Geschäftspolitik und deren Konsequenzen verantwortlich.
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Ich bin froh, muss das Volk nicht über diese Abkommen abstimmen. Wer aus dem Volk weiss über die Tragweite dieser…
Ich habe diese Zeilen gestern auf hartgeld gefunden: Focus: „Kein Knecht des Kapitals Wegen seiner Nebeneinkünfte hagelt es zurzeit von…
Roland M. Wir lösen Ihre Spannung gerne.... Sie fragen nach Alternativen. Hier sind sie: (A) Die Schweiz ist ein Land…