Seit Ausbruch der Finanzkrise vergeht keine Woche, ohne dass die Schweizer Banken mit neuen Abbau- und Sparmassnahmen aufwarten. Sei es Stellenabbau, sei es Auslagerung gewisser Bereiche nach Indien, Polen oder anderswohin. Oder seien es solch gravierende Massnahmen wie das Einsparen von Druckern bei der Credit Suisse – Massnahmen notabene, die die exorbitanten Einkommen der Teppich-Etage sichern sollen, wie mir scheint. Dabei wird verdrängt, dass die Schweizer Banken schlicht und einfach das Problem haben, sich von einem Geschäftsmodell verabschieden zu müssen, das jahrelang dafür gesorgt hat, dass die Erträge sprudeln, ohne dass es besonderer Kreativität oder Innovationen bedurft hätte.
All diese Sparanstrengungen, die zur Zeit von oben verordnet umgesetzt werden, tragen jedoch nicht dazu bei, auch nur die winzigste zusätzliche Ertragsquelle neu zu erschliessen. So sind die Auslagerungen ganzer Bereiche ins Ausland sogar in höchstem Masse kontraproduktiv und kurzsichtig, werden doch über einen Zeitraum von einigen Jahren oder einem Jahrzehnt die Löhne in Ländern wie Polen sich mit rasanter Geschwindigkeit dem Niveau der hier bezahlten Löhne annähern. Man braucht kein Prophet zu sein, um solches vorauszusehen.
Betrachtet man in der Schweiz andere Unternehmen, beispielsweise Swatch, Geberit oder Stadler Rail, fällt auf, dass diese sich bei neuen Herausforderungen komplett anders verhalten. Mir ist noch im Ohr, wie Nicolas Hayek vor wenigen Jahren im Schweizer Fernsehen auf das Wort „Krise“ angesprochen äusserst verschnupft reagierte und erwiderte, dass ein Rückgang der Erträge um rund 20 Prozent keine „Krise“ bedeute, sondern Teil eines ganz normalen Konjunkturzyklus sei. Eine Herausforderung also, der mit neuen Innovationen, mit dem Erschliessen neuer Märkte und mit Investitionen zu begegnen sei.
Sparen, dieses fast schon zum Bibelzitat gewordene Wort, das in den Banken tagtäglich in aller Munde ist, sollte in jedem Unternehmen im Grunde eine Selbstverständlichkeit sein. Selbstzweck und nicht Strategie also. Zumal heutzutage wohl fast jedem Bankangestellten das Wort „Sparen“ äusserst sauer aufstösst, blickt er einerseits auf die grosszügigen Boni der Topmanager und sieht andererseits, wie schal das Wort Banker im Volksmund mittlerweile klingt.
Extravertierte Alphatiere sind in allen Medien und auf allen Kanälen präsent, wenn es darum geht, Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, sich zu präsentieren, eine Firma voranzubringen und zum wirtschaftlichen Wachstum beizutragen. Alphatiere sind in fast jedem Meeting zu erleben, wie sie kleinste Allgemeinplätzchen auf Powerpoint-Präsentationen zum Besten geben und oft lautstark dröhnend für Sparen plädieren. Was jedoch nicht so schnell ins Auge sticht ist, dass Innovationen, neue Produkte, Dienstleistungen im Grunde meist von introvertierten, analytisch denkenden Menschen entwickelt wurden, die Zeit und Freiraum haben für ihre Arbeit; Menschen, denen es eher ein Gräuel ist, sich fortwährend zu präsentieren und zu verkaufen.
Es ist an verschiedensten Beispielen neuer wachsender Firmen zu beobachten, dass sie Erfolg haben, weil ein Konzernchef neben oder hinter sich geniale Entwickler und Tüftler weiss, die hochmotiviert sind, für ebendiese Firma zu arbeiten. (Als Beispiel sei hier nur das Duo Jobs-Wozniack von Apple erwähnt.)
Dass introvertierte Menschen viel analytischer zu Werke gehen, ja dass sie durchaus, wenn es ums Geld anlegen und ums Investieren geht, sich weit erfolgreicher anstellen, liegt auf der Hand. Denn es geht darum, in grösseren Zeiträumen und Zusammenhängen zu denken und von der Casinomentalität des schnellen Geldes wegzukommen, in der die Bankenwelt zur Zeit denkt.
Es ist offensichtlich, dass all die neuen Finanzprodukte der letzten dreissig Jahren von findigen Köpfen erdacht und konstruiert wurden, seien es Portfoliofonds, Hedge Funds, Derivate und vieles mehr. In den Händen von Alphatieren, die alle dem schnellen Geld hinterherrannten, waren die allermeisten dieser Innovationen erstens kaum verstanden worden und zweitens oft auch in einer Art und Weise eingesetzt worden, dass der Nutzen pervertiert wurde.
Diese ganze „Krise“ der Schweizer Banken ist aus meiner Sicht nichts anderes als eine Herausforderung, sich auf andere Werte zu besinnen, die Schweizer Banken etwas anders zu positionieren und sich mit gewissen Gewinnrückgängen abzufinden. Solange es aber den Banken-Alphatieren nicht gelingt, in grösseren Zeiträumen zu denken, das Personal anders zu motivieren, als über gewisse kleine Boni-Anreize, und weiter einzig auf Wegducken und Sparen zu setzen, solange sind die Finanzinstitute nicht in der Lage, diese Herausforderungen zu meistern.
Es braucht dringend ein Umdenken, ein anderes Verhalten (insbesondere in den Grossbanken), um die schöpferische Qualität und die Intelligenz der personellen Ressourcen dafür zu nutzen voranzukommen. Banken sind nicht zu vergleichen mit Firmen, die ein Produkt verkaufen, das sich vielleicht eines Tages im Markt erübrigt. Banken sind im Grunde genommen immer notwendig in unserer Gesellschaft und sollten mit zunehmendem Alter als Marke und Name stärker und bedeutender werden. So gesehen ist es ein Hohn, in der heutigen Zeit Marken wie Clariden Leu, Wegelin und vielleicht bald andere dem kurzfristigen Denken zu opfern.
Auch wenn die Welt zusammenwächst und das Bankenmodell der Schweiz der Vergangenheit angehört, gibt es gerade in unserem Lande Chancen zuhauf. Politische Stabilität, zentrale Lage, stabile Währung, Sicherheit. Was unseren Banken fehlt sind Führungskräfte, die vorhandenes Potential nutzen, in anderen Zeiträumen zu denken beginnen und sich nicht nach zwei bis drei schlechteren Jahren ohne Verantwortung mit Taschen voller Geld absetzen.
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Gute Analyse, die Lösung steht aus. Ich stelle als Insider einer Grossbank fest, dass das Top Mgmt in der Schweiz keinen Plan hat. Sparen ok, aber die wenigsten kennen das Business gut genug, um die Schwächen des alten Modells zu erkennen. Und es geht fast allen noch viel zu gut, um kreative Risiken einzugehen. Also werden Nebelpatarden geworfen, um von der eigenen Entscheidungsschwäche abzulenken.
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Den meisten Äusserungen in diesem Bericht stimme ich absolut zu und finde es bedauerlich, wie undifferenziert und wenig sachlich/fachlich gewisse Leser immer wieder argumentieren. Im wesentlich geht es doch einfach darum, dass die ewig geglaubte Geldquelle des Investment Bankings – wo Teils enorme Risiken eingegagnen werden (vgl. Finanzkrise 08, diverse Handelsverluste UBS, SoGe, JPM ect.) – langsam zu versiegen droht. Damit die Top Manager auch weiterhin die hohen Boni und Löhne rechtfertigen können, versuchen sie nun mit dieser Spartwut die Profitabilität der Banken zu halten. Auf die Dauer ist dieses kurzfristige Denken sicher nicht die geeignete Lösung wie sich zeigt. Die Grossbanken brauchen wieder mehr Visionäre!
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Bin ich die Einzige, die die Schnauze langsam voll hat von den ewigen Besserwissern a la Peter Kühnis? Hört endlich mal auf mit dem Bankenbashing! Die Tatsache, dass die Chefs nur immer sparen, ist kein Branchenproblem sondern erstreckt sich über die ganze Wirtschaft (Novartis, Sunrise, etc.). Herr Kühnis war da auch keine Ausnahme. Und jetzt die grossen Sprüche ablassen!
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Haben die den Autor auch eingespart oder warum schreibt er so verbittert?
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Eine Unternehmen ist immer verpflichtet mit seinen Mitteln sorgsam umzugehen.
Hier wird aber in der Schweiz gespart, um das USA-Geschäft der Grossbanken zu
subventionieren. In den USA zahlen sie Steuern und in Zürich haben sie ihre
Verlustvorträge, aber die riesigen Verluste sind in den USA angefallen und
das Schweizer Geschäft hat sie gerettet. Ich habe den starken Verdacht, dass
sie es nicht wagen, ihren Informatiker-Bestand in den USA abzubauen. In der
Schweiz ist das natürlich möglich und die Auslagerung nach Osteuropa und
Indien wird von der Schweizer Politik als Effizienzsteigerung verkauft. Gibt es
Kritik, ist natürlich die EU Schuld und nicht die von Angelsachsen und Deutsche
durchsetzte oberste Geschäftsleitung. Schweizer Kader von Banken sind natürlich
Schlafmützen und haben zu recht schlechtere Arbeitsverträge als die von Übersee
hereingeholten Roulette-Spieler mit garantiertem Einkommen. Übrigens hat Herr
Ospel das Trade Finance Geschäft der UBS grosszügig der Standard
Chartered Bank überlassen. Nur Konzentration auf Vermögensverwaltung ist nicht
zu empfehlen, sowenig wie Investment-Banking in den USA mit ehemaligen zweit-
klassigen Leuten von Goldmann Sachs. -
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Soso, „es braucht dringend ein Umdenken“ … da merkt man sofort, dieser Mann kommt draus.
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„Auch wenn … das Bankenmodell der Schweiz der Vergangenheit angehört, gibt es gerade in unserem Lande Chancen zuhauf. Politische Stabilität, zentrale Lage, stabile Währung, Sicherheit.“ Das stimmt leider so überhaupt nicht: 1. Für das Bankenmodell der Schweiz waren Bankgeheimnis und Rechtssicherheit so zentral, dass ihr – unrühmlich zustandegekommener – Verlust nie mehr wettgemacht werden kann. 2. Die politische Stabilität ist im Sinkflug. Die Zauberformel ist tot, Splitterparteien geben den Ton an, plötzliche Schwenks und verdeckte Agenden sind an der Tagesordnung. 3. Die zentrale Lage wäre nur von Vorteil, wenn die Schweiz klar als Anti-EU-Bollwerk erkennbar wäre. Ist sie nicht mehr, seit die Damen in der Regierung das Sagen haben, geben wir an allen Fronten nach (nüchterne Analyse, bin kein Frauenfeind). 4. Stabile Währung ist nicht – der Franken ist künstlich unterbewertet und kann jederzeit steil in die Höhe schiessen. Er wurde zum Spekulationsobjekt gemacht. 5. Sicherheit: Welche Sicherheit? Verkauf von Daten-CDs, ungesühnter Verrat von Kunden und Mitarbeiterdaten, Bundesstaatsanwälte ausser Rand und Band etc etc… Fazit: Die Banken müssen sich drastisch und schnell verkleinern. Die Managerboni für diesen miesen Job müssten eigentlich grösser sein als vorher, denn die Sache ist viel undankbarer…
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Ich stimme mit Ihrer Analyse vollkommen überein – vielleicht ‚rettet‘ die CH Finanzbranche die gegenüber dem Ausland RELATIV bessere Stellung?
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Alles gesagt. Noch bevor ich mich ereifern konnte. Amen.
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Betreffend Offshoring/Outsourcing stimme ich zu und möchte anmerken, dass oftmals nicht alle Kosten berücksichtigt werden und somit überhaupt ein kleiner kurzfristiger Kostenimpact fraglich ist! Die Flüge für Manager, Legal-Abklärungen, weniger loyale (oder ineffiziente) Mitarbeitende, etc. – die Banken probieren hier gute Strategien aus anderen Branchen zu kopieren (z.B. Produktion), die einfach im Banking nicht funktionieren…
Betreffend Offshoring/Outsourcing stimme ich zu und möchte anmerken, dass oftmals nicht alle Kosten berücksichtigt werden und somit überhaupt ein kleiner…
"Auch wenn ... das Bankenmodell der Schweiz der Vergangenheit angehört, gibt es gerade in unserem Lande Chancen zuhauf. Politische Stabilität,…
Ich stimme mit Ihrer Analyse vollkommen überein - vielleicht 'rettet' die CH Finanzbranche die gegenüber dem Ausland RELATIV bessere Stellung?