Das Ausland stürmt den Finanzplatz Schweiz. Dass die deutsche Commerzbank mit 5 neuen Filialen und einer Verdoppelung des Personals vorwärts macht, ist nur die Bestätigung des Trends.
Schon zuvor machten grosse Player aus Europa und USA mit Investitionen und Ambitionen auf sich aufmerksam. Im Assetmanagement geben Multis wie Blackrock, Carmignac und Aberdeen Gas.
Derweil streichen Schweizer Banken die Segel. Die Bank Frey und die Bank Gutenberg haben nach Ermittlungen in Nordamerika soeben die Schliessung beschlossen.
Weitere könnten folgen. Die Medibank braucht sofort einen Käufer, sonst müssen die Aktionäre nächste Woche vermutlich das Aus verkünden. Die Valartis will ihre Bank fusionieren oder verkaufen.
Hinzu kommen unverkäufliche Traditionshäuser. Die BSI, eine Tessiner Tochter der italienischen Generali, wollte bisher niemand. Die Hyposwiss musste zerlegt werden, um Abnehmer zu finden.
Was ist los mit den Schweizer Banken? Warum finden die Verantwortlichen an der Spitze der mittleren und kleinen Finanzinstitute keinen Weg in die Zukunft?
Der Fall der Zürcher Privatbank Hottinger liefert Anschauungsunterricht. Ein Institut mit grossem Namen, langer Geschichte und gutem Ruf schaffte den Aufbruch aus eigener Kraft nicht.
Hottinger gehört der gleichnamigen Familie, deren Ursprünge auf das noble Zürcher Quartier zurückgehen. Oberhaupt war Baron Henri, der vor einigen Jahren an die nächste Generation übergeben hatte.
Nach dem Wechsel geriet die Bank immer tiefer in die Misere. Zur Krise mit Kundenabstinenz und Schwarzgeld-Abzug ab 2008 gesellte sich ein veritabler Familienstreit zwischen den zwei Brüdern des Barons.
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Operative Probleme verschlimmerten die Lage. Hottinger hatte auf das Banken-IT-System Olympic gesetzt, nachdem es vom Schweizer Industriestandard Avaloq abgerückt war.
Olympic musste weit verzettelte Aktivitäten abbilden. Hottinger hatte über die Jahrzehnte Privatebanking-Kunden in rund 30 Märkten aufgebaut. Damit mussten über 100 Mitarbeiter an mehreren Standorten in der Schweiz und im Ausland finanziert werden.
Die verschärften Vorschriften im Offshore-Banking trieben die Kosten in die Höhe. Die Verluste stiegen, während die verwalteten Vermögen mit knapp 3 Milliarden immer weniger Rendite versprachen.
Die Führung unter CEO Jörg Auf der Maur versuchte es zuerst mit Externen Vermögensverwaltern (EVV) als Wachstumsegment. Die Unabhängigen sollten mit ihren Kunden frisches Wachstum bringen.
Auf die gleiche Idee waren zuvor schon zahlreiche andere Privatbanken gekommen. Der EVV-Ausbruchsversuch von Hottinger scheiterte.
Die Lage verschlechterte sich zusehends. Ein Insider berichtet von einer verstärkten Beobachtung durch die Aufsicht in Bern.
Schliesslich kam die Führung unter Chef Auf der Maur zusammen mit den Eigentümern zum Schluss, dass die Bank Hottinger verkauft werden sollte.
Ziel war es anfänglich, einen grossen Investor zu finden. Der gesuchte neue Ankeraktionär hätte mit der Zeit weiter zukaufen sollen.
Auch dieses Unterfangen misslang. Offenbar war kein potenter Käufer bereit, der Familie den geforderten Preis für deren Bank zu bezahlen.
Für die Hottinger-Führungscrew wurde die Lage zunehmend schwierig. Als Nächstes sollte der Zusammenschluss mit einem ähnlich grossen Institut die Zukunft sichern.
Die Wahl fiel auf die Genfer Banque Cramer, deren Präsident Marco Netzer dem riesigen AHV-Fonds vorstand.
Wieder klappte es nicht. Cramer und Hottinger brachen die Gespräche ab und gingen separate Wege. Zuletzt blieb den Zürchern nur noch die Sanierung aus eigener Kraft.
Hottinger-Chef Auf der Maur bestätigte in einer E-Mail-Antwort vor zwei Monaten, dass „wir uns nach dem Abbruch der Fusionsgespräche mit Cramer Anfang 2012 entschieden haben, unser Geschäft als unabhängige Bank weiterzuführen“.
Laut dem Hottinger-Insider sei dieses Vorhaben letztendlich geglückt. Die Privatbank würde heute wieder Gewinne erzielen. In ihrem neuen Rechtskleid als Aktiengesellschaft habe die Bank den Neufang nun angepackt.
Doch die Frage nach dem „Wie weiter“ bleibt unbeantwortet. Die Hottinger-Verantwortlichen haben zwar den Turnaround geschafft. Doch wie sie zu neuem Wachstum finden wollen, ist nicht klar.
Solche Überlegungen plagen die einmarschierenden Auslandinstitute nicht. Forsch laden sie die Medien zu Anlässen ein.
Jupiter Asset Management, eine angelsächsische Fondsgesellschaft, stellt nächste Woche ihren CEO der Öffentlichkeit vor.
Bonham Carter – so heisst der Mann – wolle nicht nur übers eigene Haus reden, sondern auch darüber diskutieren, „was die neue Ära für Vermögensverwalter eingeleitet“ habe.
Während die Neuen vollmundig an den Start gehen, verkriechen sich die Schweizer in ihren Schneckenlöchern.
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Die beliebtesten Kommentare
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Sehr geehrte Damen und Herren,
mein frueherer nachbar auf den Cayman Islands war ein Herr Heiner Gfeller, damals bei der UBS.
Er wechselte dann zur Bank Baumann und soll danach bei der bank Hottinger gewirkt haben. Wir haben nun eine Nachricht fuer Herrn Gfeller, sind aber nicht in der Lage diesen aufzufinden.
Koennten Sie eventuell behilflich sein.?Vielen Dank Ueli Paul Hammans
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Von „überrollen“ kann noch keine Rede sein. Die 5 neuen Filialen der Commerzbank müssen zuerst KMU akquirieren, was keine einfache Sache ist. KMU werden von Filialen der Grossbanken und Kantonalbanken in den Regionen gut betreut. Es bestehen langjährige persönliche Beziehungen zwischen Filialleitern/Kommerzchefs und KMU-Kadern.
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Die Internationalisierung des Bankgeschäftes zwingt den CH-Bankenplatz zur Größe und Verflechtung.
Bankenzwerge bleibt nur Schrumpfung in die Regionalität..
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Es ist eigentlich schon erstaunlich, dass sich eine deutsche Bank einfach so in der Schweiz niederlassen kann. Jeder Schweizer Vermögensverwalter, der in Deutschland tätig sein will, muss heutzutage so viele Erfordernisse des Deutschen Staates erfüllen (Protektionismus), dass CH Vermögensverwalter und CH Banken schon gar nicht mehr in Deutschland tätig sein wollen/können ! Uebrigens hatte sich die Commerzbank nicht aus der Schweiz verabschiedet vor einigen Jahren und jetzt kommen sie zurück – mal schauen wie lange die bleiben werden (eventuell nur bis zum nächsten Managerwechsel !)
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Seit rund 3 Jahrzehnten gibt es zwischen CH und DE ein Gentlemen’s Agreement, das die Eröffnung von Bank-Niederlassungen, beruhend auf Gegenseitigkeit, zum Inhalt hat.
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MIFID lässt Grüssen – dann werden die CH Banken ohne Präsenz in den Zielländern keine Auslandkunden mehr aktiv betreuuen dürfen. Traurig!
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von seinem gentlemen’s Agreement höre ich aber das erste mal ! Ist den MIFID auch ein Gentlemen’s Agreement ?
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@Ueli Meier
Siehe Google:
„Schweizer Banken erhalten erleichterten Marktzugang zu Deutschland“ (16.8.2013)
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Viele mittelgrosse CH-Banken befinden sich in einem Teufelskreis:
a) die Altlasten werden nur zögerlich oder gar nicht erledigt;
b) die Gewährsträger haben die Leitung ihrer Banken faktisch an grosse Wirtschaftskanzleien (NKF, Homburger, Bär & Karrer usw.) outgesourced;
c) aufgrund der teilweise verheerenden Reputationsschäden finden sie nur noch mediokres Führungspersonal ohne eigene Kundenbasis und mit keiner Vision für die Zukunft; und
d) hinzu kommt die Angst vor einer immer stärker werdenden FINMA, welche auch den nicht systemrelevanten Banken immer mehr im Nacken sitzt.
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stimme voll zu … und deshalb wird es bald ein Paar Dutzend dieser Institute nicht mehr geben …… Chance allerdings etwas neues aufzubauen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt nach wie vor zu viele Institute, die keinen Zusatznutzen für die Endkunden schaffen, wie z.B. eine konsistente, sehr gute Investment-Performance.
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Vielen Dank für diesen treffenden Kommentar! Ihren klaren Worten ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, ausser zu Punkt c) vielleicht, dass solche Banken natürlich auch nur noch auf zweitklassige Kundenberater, Compliance-Leute usw. zählen können, und der Kundenstamm aus zunehmend risikoreichen Beziehungen besteht. Ein Teufelskreis!
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Mit Ausnahme von Punkt b.) absolut einverstanden! Aber ob nun Kanzleien, Beratungsgesellschaften oder überforderte Manager ein solches Institut leiten, macht keinen grossen Unterschied mehr. Unternehmertum wird leider zu wenig gefördert. Gerade solche kleinen Banken hätten es verdient, unter neuer Führung von unternehmerischen KUNDENberatern sich erfolgreich neu zu positionieren.
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Magere Story – was hat denn die eine Geschichte (Auslandbanken) mit der anderen (Hottinger) zu tun? Sind wir doch froh, dass der Finanzplatz Schweiz wieder ausländische Players zu Investitionen motivieren kann!
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Der Finanzplatz mit gewerblichem Charakter ist dem Tode geweiht. Die verantwortlichen Politiker und Aufsichtsbehörden haben entschieden, dass hier eine „industrielle“ Revolution stattfinden muss. Es werden nur die grossen überleben. Gute, verantwortungsvolle und engagierte Finanzexperten und Mathematiker müssen sich aus dem Markt verabschieden, weil es der Regulator so will.
Gut für die ausländischen Global Player. Ihnen wird das Feld überlassen werden müssen.
Arme Schweiz. -
Die COMMERZBANK kann im KMU-Geschäft Schweiz-Deutschland enorm erfolgreich werden. Die CB kennt den Nr.1-Exportmarkt der Schweizer Unternehmen und hat eine riesengrosse D-Business-Kartei ‚in-house‘. Wenn es der CB gelingt, all den 1.20-gestressten, exportierenden CH-Firmen auch noch grad den Weg zu neuen Kunden/Abnehmer zu zeigen – etwa als door opener-buddy – werden ungeahnt viele neue Services-Abschlüsse gezeichnet. Die Export-Schweizer brauchen Wachstum.
NB: …«Gemeinsam wachsen.» heisst gemeinsam Erfolg haben. (Slogan im CH-Bankenbereich) Jetzt hilft die CB grenzüberschreitend mit! -
Viele CH-Banken pennen einfach und wollen nur „low-hanging“ Früchte ernten statt die Aermel nach hinten zu krempeln und wirklich zu arbeiten. Die Commerzbank wird in der Schweiz eine wichtige Lücke schliessen, welche ihnen vorab die Schweizer Grossbanken mit ihrer Strategie geöffnet haben. – Viele viele „KMU“ (und da sprechen wir z.T. über Firmen mit mehreren hundert Million Umsatz) mit Export-Bedürfnissen sind total unglücklich über die Leistungen der CS und UBS. Sie werden von denen, wenn überhaupt, nur als lästiges, Kosten verursachendes bzw. Kleinerträge bescherendes Beigemüse oder Uebel betrachtet. Die Grossbanken wollen sich nur noch auf die ganz Grossen konzentrieren. Gut kommt da die Commerzbank nun ins Spiel. Sie wird hier, stellt sie sich nicht dumm an, reiche Ernte mit echter Leistung einfahren und die Saat für eine tolle, langjährige Erfolgstory legen können. Das wird sich dann herumsprechen, auch bei den grossen Firmen. – Zieht Euch warm an, UBS und CS (und Ihr Star-Manager)! – Hochmut und Arroganz wie Ihr sie erfolgreichen Unternehmern in der Schweiz zum Teil entgegenbringt, kommt vor dem Fall.
Ach ja, und die von einem Zahnarzt „gegängelte“ Medibank mit ihrem Aerzte-Portfolio hätte in der Vergangenheit schon mehrfach verkauft werden können, hätte bloss der „Zahnarzt“ nicht solch unrealistische Wahnvorstellungen eines Deals gehabt. Nun bestraft ihn die Zeit, da ich davon ausgehe, dass die Aerzte und Zahnärzte aus D, die dort noch Kunden sind, nicht nur versteuertes Geld dort liegen haben.-
Ich bevorzuge Inländische Banken wie Raiffeisen und Kantonalbanken für meine Firmentransaktionen.
http://www.raiffeisen.ch/firmen
https://www.sgkb.ch/de/kmu_bank.htm -
@KMUler: Na klar, die SG-KB oder Raiffeisen sind natürlich total kompetent wenn es um Dinge geht wie Akkreditiv-Geschäfte mit Gegenparteien in beispielsweise den Philippinen, in Malaysia oder Saudi-Arabien…
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@Frigor:
Sorry, aber wer zum „Saldo“ bietet heute überhaupt noch Akkreditive oder sonstige Handelsfinanzierungen an?
Sicher nicht die grossen CH-Player, die KB’s vermutlich auch nicht wegen dem Ausland-Exposure, die Raiffeisen vielleicht???Sollen die ausländischen Banken, wie z.Bsp. Barclays o.ä. sich diesem riskanten „Zweig“ ruhig annehmen.
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@Frigor:
Also ich kriege bei meinen Banken ein Akkreditiv –> siehe Links (was nicht zwingend heisst, dass es auch diese Banken selbst abwickeln).
http://www.raiffeisen.ch/web/akkreditiv+und+dokumentarinkasso
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Möchte ich als KMU wirklich Kunde der Commerzbank werden?
Da ist mir sogar UBS und CS sympathischer!!Aber ja, trotzdem erschreckend, wie unsere eigene Politik unsere eigenen Banken schwächt und somit Platz macht für die Anderen!
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@Yves: wieso denn nicht? Konkurrenz ist doch der Preismacher! Wo Politik eingreift, funktioniert es sowieso nicht.
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@stardust: Das stimmt schon, aber eine Deutsche Bank käme für mich nicht in Frage. Siehe die Geschichte der Deutschen Banken… Ist mir einfach unsympathisch!
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Möchte ich als KMU wirklich Kunde der Commerzbank werden? Da ist mir sogar UBS und CS sympathischer!! Aber ja, trotzdem…
Viele CH-Banken pennen einfach und wollen nur "low-hanging" Früchte ernten statt die Aermel nach hinten zu krempeln und wirklich zu…