Boris F.J. Collardi, der Mann mit den zwei Mittelinitialen, schien unaufhaltsam nach oben zu steigen. Jetzt wird der CEO der Julius Bär 40 – und schlägt auf dem harten Boden auf.
Der heutige Jahresabschluss zeigt: Collardi hat sich übernommen. Seine Zürcher Privatbank ist verfettet, verzettelt und verschönert.
Das Bild, das Collardi in seiner Berichterstattung zeichnet, ist gefärbt. Er spricht von einer Cost-Income-Ratio (C/I), die sich auf 71 Prozent „verbesserte“.
Tatsächlich verschlechterte sie sich dramatisch, nämlich von 81 auf fast 85 Prozent. Damit nähert sich Collardi der Notenstein Privatbank, die mit über 90 Prozent C/I bisher vermeintlich einsamer Klassenschlechtester war.
Der Graben bei der wichtigsten Kennziffer macht klar: Collardi lebt in zwei Welten.
Der Aufsteiger mit dünnem Rucksack und geschliffener Rhetorik will nur die schöne akzeptieren. Diese blendet Abschreibungen und Goodwill aus Akquisitionen und sonstige Sonderfaktoren aus.
Fast alle professionellen Beobachter folgen Collardi. In der Rechenschaftsablegung über das letzte Jahr ist praktisch nur von mehr Ertrag, mehr Vermögen und mehr Gewinn die Rede.
Doch das Abschieben der Altlasten in den buchhalterischen Abfallkübel ist riskant. Sollte Collardi nicht auf Touren kommen, dann wird seine Julius Bär zum grossen Sanierungsfall.
Für Collardi wäre das halb so schlimm. Der Bär-CEO ist gemessen an der Grösse seines Instituts der mit Abstand bestbezahlte Banker des Finanzplatzes.
Würde UBS-CEO Sergio Ermotti bezogen aufs Personal gleich gut entschädigt, dann hätte der Tessiner im 2012 rund 50 Millionen einkassiert.
Was Collardi im 2013 eingestrichen hat, bleibt vorerst gut gehütetes Geheimnis. Erstmals publiziert Bär den Geschäftsbericht mit den Vergütungen von Collardi&Co. einen Monat nach den Geschäftszahlen.
Eigentlich müsste Collardis Lohn massiv beschnitten werden. Unabhängig davon, ob man nun die Rosa-Buchhaltungsbrille aufsetzt oder nicht, fallen viele der ausgewiesenen Werte enttäuschend aus.
Im Zentrum steht bei Bär seit anderthalb Jahren der Kauf aller Nicht-US-Kundenvermögen inklusive Beratern der amerikanischen Merrill Lynch.
Versprochen wurden 57 bis 72 Milliarden Merrill-Gelder, die zu Bär wechseln würden. Das erfüllt Collardi – allerdings knapp.
Wenn die Übernahme in einem Jahr vollendet sei, dann werde der Assettransfer „am unteren Ende der Bandbreite“ ausfallen, schreibt die Bank.
Collardi, der geniale Selbstvermarkter, macht selbst daraus Good news. Der Preis für den Kauf von Merrill Lynch International (IWM), wie das Geschäft heisst, werde „entsprechend geringer“ ausfallen.
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„Damit wurde eine beeindruckende Zahl von Kunden, Vermögen und erstklassigen Fachleuten von IWM zu Julius Bär übertragen“, meint Collardi.
Erst im Nachgang zur Jubelbotschaft tritt die Schwierigkeit zutage, die Bär beim Akquirieren neuer Kunden hat. Nur 4 Prozent habe der Netto-Neugeldzufluss ohne IWM betragen, heisst es.
Das ist weniger als versprochen und enttäuschend für eine Bank, die sich als aufstrebende Macht im globalen Private Banking versteht.
Vor 5 Jahren, als Collardi als junger, selbstbewusster Manager das CEO-Steuer bei Bär in die Hände gelegt kriegte, beschlossen die Zürcher, zur reinen Vermögensverwalterin zu werden.
Dafür trennten sie die Assetmanagerin GAM ab und brachten diese an die Börse. Zurück blieb eine Julius Bär, die für die Investoren scheinbar ein „Pure play“ verkörperte. Das kam an.
Doch das Versprechen stimmt längst nicht mehr mit der Realität überein. Bär hat sich in eine Universalbank verwandelt. Das aber würde für den Highflyer unter den Finanztiteln an der Börse keine Prämie mehr rechtfertigen.
Wie sehr die Privatbank mit dem Kauf des internationalen Merrill-Lynch-Teils ihre Herkunft verleugnet und zu einer „normalen“ grossen Bank geworden ist, zeigt sich in der Bilanz.
„Vor allem auf Grund des von IWM übertragenen Geschäfts kletterten die Kundeneinlagen um 32% auf CHF 51.6 Milliarden und das Kreditbuch um 39% auf CHF 27.5 Milliarden (…)“, steht dazu im heutigen Communiqué.
Erstmals wird klar, dass Bär nicht nur aus einer Passivseite mit Depositen und einem Anlagegeschäft besteht. Sondern die Bank verleiht auch auf der Aktivseite im grossen Stil Gelder.
Sie ist zu einem „Lender“ geworden, wie die Angelsachsen sagen. Das aber ist ein komplett anderes Geschäft als die Vermögensverwaltung. Es geht um Brancheneinschätzungen, Kundenbonitäten und das Management von Risiken.
Vor allem in Asien offeriert Bär ihren Kunden grosszügig Kredite, oft abgesichert durch Wertpapiere. Doch sollten die Börsen dereinst crashen, dann wären je nach Konditionen auch solche Lombardkredite eine Gefahr.
Der komplett neue Charakter der Bank, die nur noch dem Namen nach mit einer Zürcher Traditionsfamilie verbunden ist, zeigt sich im Personalmix.
Stammten im 2012 noch 74 Prozent der Belegschaft aus dem Heimatland, so waren es im 2013 nur noch 61 Prozent. Insgesamt schoss der Mitarbeiterbestand auf über 5’300 Angestellte hoch.
Die Merrill-Übernahme hat die Julius Bär somit nicht nur im Geschäft in eine andere Liga katapultiert.
Aus der Privatbank mit Schweizer Wurzeln wurde unter Collardi in den letzten Jahren ein Globalplayer, der in Europa, Middle East, Fernost und Lateinamerika die Reichen fürs umfassende Banking gewinnen will.
Das mag langfristig erfolgversprechend sein. Kurz- und mittelfristig aber ist die Bank Julius Bär Flickwerk, das mit viel Managementaufwand zu einem funktionierenden Ganzen geformt werden muss.
Bär-Chef Collardi ist als CEO verantwortlich für das Gelingen dieser herkulinischen Aufgabe.
Ob er auch der richtige dafür ist, bleibt weiterhin eine der umstrittensten Fragen auf dem Finanzplatz.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rainer, bisch froh dass Du dusse bisch!!
B -
Nein.
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nochmals, zum x-ten mal, auf bloomberg phdc1 eingeben und schtudieren bei einem feinen mokka: wer sind die bestimmenden aktionäre? noch fragen? wenn , und nur wenn diese herren den daumen nach unten drehen, erhält BC eine noch fürstlichere apanage. also genug der undifferenzierten neidhammlerei, he his only doing his master’s ……work!
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Und jetzt auch noch die unangenehme Sache mit Alice im Genderland?
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Boris Collardi ist doch einer der grössten BSer in der Bankenszene. Und trotzdem geben ihm die Medien jede erdenkliche Plattform sein Erkenntnis an die Öffentlickeit zu bringen.Kein Wunder, dass solche Leute nie lernen.
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Es ist schon bedenklich, dass ein Boris Collardi zum CEO einer der einst besten Privatbanken in der Schweiz geworden ist.
Verantwortlich für diese Fehlbesetzung ist u.a. die Familie Baer, welche einer derartige Entwicklung überhaupt zugelassen hat.
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KORRELATION „DUENNER RUECKSACK“ und SMART? Bin selber zwar einigermassen gut ausgebildet, Uni ZH und MBA im Ausland… aber sorry, das heisst noch laaaaaaaange nicht, dass ich besser bin als irgend jemand der allenfalls Banklehre bemacht hat und sich danach weitergebildet hat.
Und dann ist es halt schon so, Fuehren kann man nicht wirklich lernen, und wenn man BB etwas lassen muss, Drive hat er und normalerweise recht gute Leute um sich.
Groesste Gefahr welche ich bei den Baeren momentan sehe, ist, dass Sie jetzt GROSS werden, d.h. wohl mittelfristig flexibilitaet verlieren.
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wer je die gelegenheit hatte, in der alterwürdigen ehemaligen sarasin-filiale an der freien strasse in basel „empfangen“ zu werden und sich ständig und immer wieder von neuem die selbstgefälligen „state of the art“-beweihräucherungsgesänge der dortigen statthalter anhören zu müssen… der wird von „geschäftsbeziehungen“ mit diesem institut gerne die finger lassen – warme luft vom feinsten
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Eins muss man bobbele schon lassen er hat früh erkannt, dass arbeit ist bloss ein umweg ist auf dem weg nach oben… Sein vorteil ist halt, dass alle seine seniors in JB nach dem motto: „When Boris is wrong it is not a good idea to tell him“ leben.
Shareholder? Who tha fuck is that? -
Schon am 23. Januar 13, konnten Leute die mit der Sache vertraut wa(h)ren, schon darüber berichten. Ein Schelm, dere etwas böses vermutet! Früher Vogel fängt den Wurm….
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Liegt der Grund für den eher bescheidenen ML Asset Akquisitions-Erfolg etwa in den hohen Courtagen und der veralteten IT ?
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IP laestert seit geraumer Zeit, dass keine Schweizer Banker mehr mit Zivilcourage am Werk sind. Boris Collardi hatte Mut mit der ML Acquisition, aber bis heute kann man wohl NICHT von einem Misserfolg reden. Der effektive Erfolg kann nach 3 Jahren abgemessen werden, dann naemlich wenn die ML Berater von der BJB Plattform ueberzeugt sind, oder eben auch nicht und entsprechend integriert sind oder die BJB verlassen haben.
Was die Kredite angeht, dies ist absolut normal im PB Geschaeft. Lombardkredite gehoeren zum Menu, ganz speziell in Asien.
Ich wuerde mir eine etwas objektivere Berichterstattung wuenschen, und hoffe, dass die Schweizer Bankenwelt noch andere Banker mit Mut zum Risiko hat. Das mit dem „duennen Rucksack“ ist doofes Geplapper. Ein Doktortitel hat noch nie automatisch zu einem guten Private Banker gefuehrt…
(ich bin weder BJB Angestellter, Aktionaer, Kunde oder sonstwie „vorbelastet“)
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DISCLAIMER: Ich bin weder JB Mitarbeiter, Aktionaer noch Kunde und schon gar nicht Insider, aber
… ist das Ergebnis wirklich soo schlecht. Wenn man sich sonstige Integrationen / Mergers anschaut, kommen doch die Baeren gar nicht so schlecht voran.
… kommt etwas auf die Betrachtungsweise an (Flasche halbvoll order halbleer…), aber NNA Inflow ist doch auch nicht so schlecht (wenn man Issues wie Deutschland Kunden etc. bedenkt).
… natuerlich ist momentane Situation etwas unuebersichtlich mit den Restrukturierungskosten. Gleichzeitig wird man wohl auch Doppelspurigkeiten abbauen, und das kostet ermal auch was.
… allenfalls bin ich eine banause aber zum Beispiel dass die Marge gehalten werden konnte hat mich mehr als positiv ueberrascht. C/I ratio geht bei einer solchen Uebung automatisch runter – da waere ich zumindest mittelfristig nicht allzu nervoes und bei einer Kostenuebung dauert es halt auch einige Monate bis die Bottum line dies wirklich speuhrt…
Also – abgerechnet wird am Schluss, persoenlich finde ich ML deal immer noch einen mutigen Schritt und eine Vorwaertsstrategie welche soweit ich lesen kann, bis jetzt nicht schlecht umgesetzt wurde (ok, allenfalls ist meine Erwarungshaltung einfach etwas tief…). Immerhin mal etwas anderes als cost cutting, outsourcing – sehr langweilig.
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Es ist wichtig, aber ich denke den C/I Ratio auch nicht der Mass alle Dinge ist! Dazu kommt noch, dass auch in schwierigen Zeiten von tiefen Zinsen, schmelzende Margen, steigende IT-,Compliance- und Security Kosten noch Möglichkeiten geben um die C/I Ratio zu reduzieren. Es ist vielleicht nicht immer so einfach und es braucht Zeit, aber wir wissen wie es funktionieren kann. Ich verstehe nicht, wieso dynamische und fähige Banken nicht diese Weg schreiten. Dazu kommt noch, dass die Entwicklungsländer wahrscheinlich nicht die Renditen abwerfen werden, die man erwartet mindestens mittelfristig. Und im allgemeine, die Finanzmärkten werden nicht mehr so viel helfen können, dann nur eine ausgefeilte Strategie kann den Erfolg garantieren.
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Aber Moment, sorry, hat irgendjemand das Geplapper vom Boris geglaubt? Dass jemand mit dünnem Rucksackt (sehr schön!) smarter als alle anderen und der Bankplatz ist? Das war doch so offensichtlich Märchenstunde, dass man jetzt gar nicht dagegen messen kann. Tatsache ist einfach,dass es wieder einem Dampfplauderer gelungen ist, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen – und jetzt folgt eben die Landung, für die einen dann auf dem RAV, für die anderen im Ferrari…
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Boris hat mit Ziehvätern Grübel und Widmer natürlich immer viel Glück gehabt. Ueberall wo er reinhaute, reinhauen sollte oder reinhauen wollte nannte er „Alex“ oder „Ossie“ in jedem zweiten Satz. Das ist natürlich viele Kollegen auf den Senkel gegangen. Boris war bei CS klar der Sunny Boy ohne dass er grosse Projekte oder anderes tatsächlich geliefert hat. Das hat vielen irritiert. Trotzdem wünsche ich Boris viel Erfolg, es ist nicht einfach dieses verstaubte Haus mit all diesen alten Motzern umzubauen.
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Weil er so unglaublich gut ist, hat er ja letztes Jahr seinen Spezial-Integrationsbonus erhalten.
Er reitet den letzten wertvollen Private Banking Brand der Schweiz seit fünf Jahren in den Boden und alle schauen zu.
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Collardi ein begnadeter Schriftsteller?
Als Banker doch eher ein Märchen-Erzähler!Der Markt wird ihm bald quittieren:
Der kleine Bär kommt auf allen Vieren.Die Zeiten von Schönreden und Hell-Färben passen schon lange nicht mehr. Nimm den Fuss vom Gaspedal, Boris!
Collardi ein begnadeter Schriftsteller? Als Banker doch eher ein Märchen-Erzähler! Der Markt wird ihm bald quittieren: Der kleine Bär kommt…
Weil er so unglaublich gut ist, hat er ja letztes Jahr seinen Spezial-Integrationsbonus erhalten. Er reitet den letzten wertvollen Private…
Boris hat mit Ziehvätern Grübel und Widmer natürlich immer viel Glück gehabt. Ueberall wo er reinhaute, reinhauen sollte oder reinhauen…