Andreas Waespi hat Anfang Jahr sein Waterloo erlebt. Waespis Coop-Bank verschickte falsche Kontoauszüge und schädigte damit 74’000 Kunden. Als Äxgüsi gibts 10-Franken-SBB-Gutscheine.
Wer dachte, das wär’s für Waespi gewesen, wurde kürzlich eines Besseren belehrt. Waespi, 52, steigt nicht aus, sondern auf. Er wurde soeben zum neuen CEO der Aargauischen Kantonalbank gekürt.
Wie kann das sein? Da legt der Chef einer grossen und vermeintlich seriösen Retailbank einen Superflop hin; statt aber dafür geradestehen zu müssen, wird er gelobt und belohnt.
Das Rätsel um Waespi wirft ein Schlaglicht auf das Beziehungsfeld im Schweizer Regional-Banking. Vor allem im Mittelland, vom Aargau über Solothurn bis Bern, herrscht Vetterliwirtschaft.
Bei Waespi und auch bei Markus Gygax, dem neuen Chef der Valiant, stechen spezielle Connections ins Auge. Diese lassen vermuten, dass nicht Leistung, sondern Beziehung entscheidend für deren steile Karrieren sind.
Waespi machte seinen Weg bei der früheren Volksbank, der kleinsten von 4 Grossbanken, die Anfang der 1990er Jahre noch übrig geblieben waren.
Zuletzt leitete Waespi die Region Zürich der Volksbank. Zu Waespis Gebiet gehörte damit der Ableger im damaligen Hotel Nova-Park beim Fussballstadion Letzigrund.
Die Chef-Truppe dieser Volksbank-Filiale hat es inzwischen zu Berühmtheit gebracht. Ihr Agieren mit Schwarzgeld und Betrügern zählt zu den grössten Skandalen der jüngeren Banken-Geschichte.
Waespi wurde 1995 von seinem Ex-Chef bei der Volksbank, Werner Sigg, in die Geschäftsleitung der Basler Kantonalbank geholt (BKB). Sigg hatte nach dem Kauf der Volksbank durch die Credit Suisse ans Rheinknie gewechselt und grosse Pläne.
Waespi wurde Siggs Mann für das Privatkundengeschäft, also die Retail-Kunden. Dabei handelt es sich um das Kernbusiness jeder Kantonalbank.
Zwei Jahre nach Waespis Antritt als Nummer Zwei bei der BKB wechselte in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das alte Nova-Park-Team zur BKB. Hans Ringger, wie dessen Chef hiess, und seine Mannen ermöglichten mit ihren Kunden den Vorstoss der Basler ins umkämpfte Zürcher Private Banking.
Von da an wüteten Ringger statt für die Volksbank respektive die CS neu für die Basler KB. Ringger hatte einen direkten Draht zu CEO Sigg, der von der CS über gewisse Machenschaften der Ringger-Crew informiert wurde.
Privatkundenchef Waespi schaute dem Treiben zu. 2005 setzte die Basler KB Waespi auf den Chef-Stuhl ihrer Tochter, der Bank Coop.
Dort werkelte Waespi unbeachtet von der Öffentlichkeit vor sich hin – bis es im Januar dieses Jahres knallte. Der Fall führte zu einem Strafverfahren der Basler Staatsanwaltschaft wegen Bankgeheimnis-Verletzung, das noch am Laufen ist.
Als das Coop-Datendebakel passierte, war die Aargauische Kantonalbank auf der Suche nach einem neuen Chef. Dieser musste auf Beschluss der Politik den Job für maximal 600’000 Franken erledigen.
Waespi hatte einen direkten Draht in die oberste Leitung der Aargauer. Deren Nummer Zwei heisst Urs Bosisio und ist ein früherer Topmann der Basler KB.
Wie Waespi hat auch Bosisio einen Bezug zur unrühmlichen Zürcher Truppe der ehemaligen Volksbank. Bosisio war zu jener Zeit ebenfalls bei der Grossbank und wechselte von da zur Basler KB.
Dort traf er auf Andreas Waespi. Wenige Jahre später ging Bosisio zur Aargauer KB. Nun kriegt Bosisio mit Waespi einen Vertrauten aus alten Zeiten zum Chef.
Für Bosisio und Waespi fügt sich alles bestens zusammen. Falls die beiden Banker sich weiter mögen, werden sie sich nicht gegenseitig wehtun.
Waespi kann sich derweil als altruistischer Chef in Szene setzen. „Ich nahm nie ein Amt wegen des Salärs an“, meinte er in der Zeitung Nordwestschweiz. „Für mich stand immer die Freude an der Herausforderung im Vordergrund.“
Weit oben ohne sichtbare Leistung – das gilt auch für den neuen Valiant-Chef. Markus Gygax war jahrelang unter Jürg Bucher bei der Postfinance.
Dann hat Bucher aufs Alter hin zur Valiant ins Präsidium gewechselt. Dort hat er schnell den langjährigen CEO abgesetzt und seinen Intimus Gygax installiert.
Im Mai verblüffte Gygax die Leser der Finanz und Wirtschaft mit der Aussage, dass er das US-Steuerproblem bis Ende Juni vom Tisch haben werde.
Seine Valiant-Bank ist in der Kategorie 2, bei jenen Banken also, die sich schuldig bekennen, US-Kunden beim Verstecken von Schwarzgeld systematisch geholfen zu haben.
Nun wird bekannt, dass Gygax noch gar nichts erreicht hat im US-Fall. Ein Deal mit der amerikanischen Justiz (DOJ) ist nicht in Sicht.
„Zum Zeitpunkt des Interviews Anfang Mai ist Valiant davon ausgegangen, dass die Frist bis Ende Juni dauern und im Anschluss dann die Vereinbarung unterzeichnet werden kann“, sagt eine Sprecherin der Bank.
„Anfang Juni hat dann das DOJ bekannt gegeben, dass die Firsten verlängert werden. Valiant richtet sich nach den neuen Fristen.“
Für Gygax ist der Fauxpas peinlich. Eigentlich weiss jedes Kind, dass niemand ausser den USA bestimmt, wann ein Deal zustande kommt.
Gygax von der Valiant und Waespi, der neue starke Bankenchef im Mittelland, zeigen, wie in der Schweizer Provinz hingeschaut wird.
Gar nicht.
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Das Anforderungsprofil an den Beruf des Bankers scheint klar definiert: Raffgier zur Profitmaximierung für sich und zu Gunsten der privaten Geschäftsbank. Das ist ihr Job. Jeder gegen jeden, der Erfolg wird mit lukrativen Boni-Zahlungen belohnt. Gelingt es in Kooperation mit Politik, Risiken der Papiergeld-Zockerei auf Steuerzahler zu übertragen, werden noch höhere Wagnisse eingegangen. Finanzlobbyisten, darunter sehr viele „Think Thank“, sorgen erfolgreich dafür, dass das so bleibt. Wer sich von der Bankwirtschaft einkaufen lässt, wird zu ihren Komplizen.
Der regulatorische Rahmen wurde in den letzten Jahrzenten so gestaltet, dass die FINMA keinerlei Chancen hat einzugreifen. Klar, es ist einfach und bequem, wenn man die Realität nicht versteht oder verstehen will, sich einer populistische Argumentation hinzugeben.
Eine Veränderung wird ausschliesslich eine aufgeklärte Zivilgesellschaft herbeiführen-erzwingen können. Von einem Rechtsstaat haben wir uns schon lange verbschiedet.
Grüsse
Der Praktiker -
Tiefer Sumpf und leider auch weitgehende Inkompetenz bei der Bank Coop.
Sie hat eigentlich nichts mit Coop zu tun hat. Es frägt sich, wie lange Coop dem treiben zuschaut und den Namen der Bank überlässt, da doch der der Name Coop mehr und mehr Schaden nimmt.
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Der Tiefpreis-CEO verdient pro Jahr immerhin 200’000 Franken mehr als ein Bundesrat!
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Gratulation an Andreas Waespi zu seinem formidablen moove.
Wahrscheinlich hat er schon längstens realisiert, dass auch der Bank COOP-VRP Dr. Levin nichts unternimmt, damit im BKB-Konzern endlich mit den Altlasten aufgeräumt wird. Und die Basler Skandalbank weiterhin von ihrer unrühmlichen Vergangenheit immer wieder eingeholt wird.
AKB-Bosisio muss man zugute halten, dass er den ASE-Kunden abgelehnt und den faulen Braten schon früh gerochen hat.
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Endlich dürfte auch Marcel Arzner, ex-Volksbank, ex-BKB und ex-Swissfirst, in seinem ehemaligen Wohnkanton wieder eine faire Chance im Banking erhalten.
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E chli viil EX…
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solange die FINMA nicht endlich ihren Job macht und aufhört Bankenschutz und Managerschutz zu betreiben wird sich der Finanzplatz nicht zum besseren ändern. Daran ändern auch keine Weissgeldstrategie, FACTA, oder andere Regulatorische Massnahmen irgend etwas.
Bis jetzt wurde meines Wissens kaum ein verantwortlicher einer Bank von der FINMA gerügt. Vielmehr hat sie ihnen einen Persilschein ausgestellt. Wie soll sich so etwas ändern? -
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FINMA?! Dieser Laden ist so lange unnötig wie ein Kropf bis das Publikum endlich einmal von sanktionierten Banken Chefs etwas vernimmt. Die FINMA sieht eher aus wie ein komfortabler Abstellplatz für gescheiterte Bankmanager und Juristen . . . ausser neuen, fragwürdigen bürokratischen Hemmnissen kommt nichts aus dieser Ecke. Und dass dort ein Angelsachse auf dem Chefsessel sitzt. . . ein Schelm, wer dabei böses ahnt!
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Wer auf dem Banken Karussell Platz genommen hat, braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Postenschacherei garantiert Job’s, komme da was wolle!!
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Weder die alte Banken-Aufsichts-Behörde noch die neue FINMA haben ein echtes Interessse daran diesen ‚Stall des Augias auszumisten!
Würden diese krummen Helden alle aus dem Gefecht gezogen, was bitter nötig wäre, müssten womöglich bald Azubi das Zepter übernehmen.
Da auch Aufsichts- und Bankräte fast ausnahmslos Profiteure dieses reichlich fragwürdigen Systems sind, wuchern diverse Syndikate munter weiter im Karussell der gegenseitigen Bevorteilungen.
Weder die alte Banken-Aufsichts-Behörde noch die neue FINMA haben ein echtes Interessse daran diesen 'Stall des Augias auszumisten! Würden diese…
Wer auf dem Banken Karussell Platz genommen hat, braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Postenschacherei garantiert…
solange die FINMA nicht endlich ihren Job macht und aufhört Bankenschutz und Managerschutz zu betreiben wird sich der Finanzplatz nicht…