Die Vontobel-Aktie ging bis gestern im Dezember um 2,9 Prozent hoch. Dies gegen den Trend. Der Börsenindex SMI verlor 1,8 Prozent.
Gleiches Bild vor einem Jahr. Die Vontobel-Aktie schoss damals im letzten Monat des Jahres um 10,8 Prozent hoch, während der SMI um 0,7 Prozent zurückging.
Oder auch im 2012. Da gewann der Titel der Bank Vontobel 6,4 Prozent, im Gegensatz zum SMI, der damals 0,2 Prozent verloren hatte.
Einziger Ausreisser war das Jahr 2011. Damals boomte die Schweizer Börse im Schlussmonat ungemein, ihr Leitindex schoss mit plus 4,5 Prozent in den letzten Wochen des Jahres durchs Dach.
Der Vontobel-Titel hingegen verlor 11 Prozent.
Konfrontiert mit der Frage, ob die Bank Vontobel zum Jahresende ihren Kurs pflege, reagieren die Verantwortlichen wie von der Tarantel gestochen.
Sicher nicht, meint die zuständige Investor-Relations-Frau. Wozu auch? Weder das mit Aktien entschädigte Management noch die Besitzerfamilie hätten ein Interesse an hohen Jahres-Schlusskursen.
Für die Steuern würden sich hohe Werte per 31. Dezember tatsächlich negativ auswirken. Doch in der Schweiz sind Vermögenssteuern im Vergleich zum Obolus auf die Erträge bescheiden.
Was hingegen mit einer hohen Schlussbewertung erzielt werden kann, ist das Wohlwollen wichtiger Investoren. Deren Performance aufs Jahr sieht deutlich besser aus, wenn der Titel einen Schlussspurt hinlegt.
Bei Vontobel liegen 67 Prozent der Aktien in den Händen von Familien-Angehörigen. Diese würden nicht verkaufen und hätten kein Interesse an kurzfristig gepushten Kursen, will die Vontobel-Frau einen verstehen lassen.
Doch so einfach ist die Geschichte nicht. Nur 40 Prozent der Vontobel-Titel in Familienbesitz dürfen nicht verkauft werden. Es handelt sich um den Anteil der sogenannten „Poolaktionäre“.
Mit den restlichen 27 Prozent, die von Angehörigen der inzwischen weit verzettelten Familie Vontobel gehalten werden, kann gehandelt werden.
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Diese werden „Freie Aktien der Hauptaktionäre“ genannt. Bei einem aktuellen Börsenwert von 2,4 Milliarden der Bank Vontobel entsprechen 27 Prozent derzeit 650 Millionen Franken.
Viel Geld. Und je nach Kurs der Vontobel-Titel sind es mehr oder weniger. Als Vontobel-Mitbesitzer, der einen Teil seiner Aktien verkaufen darf, wäre man interessiert an möglichst hohen Kursen.
Der Mehrwert durch einen guten Verkaufspreis übersteigt allfällig höhere Vermögenssteuern auf dem Restbestand um ein Vielfaches.
Das Interesse an hohen Kursen zu einem bestimmten Zeitpunkt wäre somit bei den entscheidenden Playern der Bank Vontobel, nämlich den Familienangehörigen, gegeben.
Das Gleiche gilt für die Bank Julius Bär. Auch dort haben die grössten Aktionäre als wichtigste Einflussnehmer ein grosses Interesse an hohen Jahresschlusskursen.
Die Julius Bär, die offiziell als grösste Schweizer Privatbank gilt, ist längst in Händen angelsächsisch geprägter Grossinvestoren und Hedgefunds.
Deren Anteil an der Schweizer Privatbank steigt und steigt. Inzwischen gehören ihnen bereits 45 Prozent der Bank. Vor 2 Jahren war Bär „erst“ zu 36 Prozent in den Händen solch globaler Finanzplayer.
10 Prozent von Bär hat eine Bostoner Assetmanagement-Firma namens MFS, je um die 5 Prozent halten die amerikanischen Finanzinvestoren Harris, Wellington, Thornburg, Davis und Blackrock.
Diese wollen jedes Jahr gut abschneiden. Ein Kursanstieg aus Zürich auf das grosse Bär-Aktienpaket hilft, die Performance gegenüber den eigenen Investoren eindrucksvoller darzustellen, als diese sonst wäre.
Und siehe da: Genau wie bei Vontobel entwickelten sich die Börsenkurse auch bei der Bank Bär immer im Dezember überaus vorteilhaft.
Diesen Dezember betrug der Kursanstieg bis gestern Abend 4,5 Prozent, dies im Vergleich zum erwähnten 1,8-Prozent-Minus des SMI.
Vor einem Jahr legten die Bär-Titel um 1,3 Prozent zu, während der Leitindex rot war. Gleiches Bild im 2012, auch da gab es ein leichtes Plus für Bär bei einem leichten Minus für den SMI.
2011 schoss Bär den Vogel ab. Plus 10 Prozent im Dezember. Allerdings machte damals auch der SMI einen Satz nach oben.
Im 2010 stach Bär einsam aus der Masse hervor. Der Kurs schoss um fast 9 Prozent in die Höhe, während der Index nur leicht stieg.
Ähnliche Muster wie bei Bär und Vontobel finden sich weder bei der UBS noch bei der CS. Deren Titel bewegten sich zum Jahresende in viel engeren Bahnen und näher beim Leitindex.
Bleibt die Frage, was das Management bei Bär und Vontobel von solcher Kurspflege hätte?
Die Antwort ist simpel: Je zufriedener die grössten Aktionäre sind, desto sicherer sitzen die hochbezahlten Chefs in ihren Sesseln.
Vontobel-Präsident Herbert Scheidt hat seinen Weg an die Spitze der Familienbank geschafft, indem er das Vertrauen von Patriarch Hans Vontobel erlangte. Solange Scheidt die Familie bei Laune hält, kann ihm kaum etwas passieren.
Bei Bär fällt auf, wie CEO Boris Collardi kürzlich in einem grossen NZZ-Interview die eigene Bank lobte. Sein Schweizer Private Banking habe trotz vereinzelten Schwarzgeld-Abflüssen goldene Zeiten vor sich.
Das Interview erschien am letzten Samstag. Und wie entwickelte sich die Bär-Aktie am Montag und gestern?
Sie blieb schön hoch, während UBS und CS zwischen 1 und 2 Prozent verloren.
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Die beliebtesten Kommentare
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Das NZZ-Interview mit Collardi war eine einzige Farce! Keine einzige kritische Frage, weder zur hochriskanten Geschäftsstrategie noch zu den komplett fehlenden Rückstellungen für die erwartete Kat. 1 US-Busse, die realistischerweise wohl kaum weniger als 1 Mrd. betragen wird. Offensichtlich werden treue Inserenten nur mit Samtpfötchen angefasst. „Rückgrat und Charakter“ sehen anders aus, Herr Spillmann!
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Heute noch hochgejubelt, morgen in die Tonne getreten. – Bin zwar nicht Mike Shiva oder Madame Etoile, aber so wird’s mit Collardi enden, wetten dass?
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Bei Ihrer Anspielung auf des abtretenden Chefredaktor’s Abschiedszeilen (oder soll ich sagen Seitenhieberei?) musste ich gerade auch etwas schmunzeln. Wie wahr…
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Diese Spielchen haben eine lange Tradition: Im Jahr 2000 ordnete die Spitze der Bank an, dass Aktien, welche in die Depots der Kunden gelegt worden und dann gefallen waren, zum Jahresende hin auf einen Kurs gebracht werden müssten, bei dem den Depotinhabern kein Verlust ausgewiesen werden müsse. Der Auftrag ging an den Handel und wurde mit Termingeschäften, Käufen für Kundendepots, Kurstreppen und Manipulation der Schlussauktion ausgeführt. Positiver Nebeneffekt: die so für einen Tag geschönten Depotwerte brachten höhere Depotgebühren. Die damalige EBK kannte den Fall im Detail, unternahm aber nichts.
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Wenn’s denn so ist. Gibt es konkrete Hin- bzw. Beweise?
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Zunächst ist im Börsenbereich das Vorkommen eines Sachverhalts bereits ein Hinweis, welchem es durchaus nachzugehen gilt. Natürlich ist das kein Beweis, doch es darf auch aus juristischer Sicht als erster möglicher Hinweis gedeutet werden. Vergleichbar dem Strafrecht bei Gewaltverbrechen: Wenn jeden Donnerstag eine Leiche gefunden wird, von einem Menschen, der ebenfalls am bleichen Donnerstag verschwunden ist, dann darf nach ein paar Mal durchaus als Hinweis gewertet werden, dass wieder ein Mensch am Donnerstag – u.U. in der selben Region – verschwunden ist. Dies nennt sich Muster. Naütrlich ist hier Irrtum möglich – darum heisst es ja nicht Beweis.
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Raiffeisen lässt Grüssen und sagt Danke für einen hohen VT-Kurs. Sie besitzt 12,5 % der VT Aktien und wird somit wiederum einen netten Kursgewinn in ihrer Erfolgsrechnung verbuchen können.
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Bei dieser Raiffeisen scheint es mir fast so, als ob alles zu Gold wird, was sie in die Hand nimmt… Guten Rutsch ins neue Jahr!
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Raiffeisen ist mit Meldung Ende Juli 2014 aus dem Aktionärspool ausgeschieden und hat die Aktien zu 33.20 Fr. abgetreten.
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Raiffeisen lässt Grüssen und sagt Danke für einen hohen VT-Kurs. Sie besitzt 12,5 % der VT Aktien und wird somit…
Wenn's denn so ist. Gibt es konkrete Hin- bzw. Beweise?
Bei dieser Raiffeisen scheint es mir fast so, als ob alles zu Gold wird, was sie in die Hand nimmt...…