Die St.Galler Kantonalbank hat ein Problem mit aggressiv angebotenen Libor-Plus-Hypotheken. Wegen der Negativzinsen sind Immobilien-Kredite in grossem Umfang unrentabel geworden.
Das Problem der Nummer 4 der Staatsbanken ist, dass sie in ihren Libor-Plus-Verträgen, respektive „Geldmarkt-Hypotheken“, wie sie ihr Produkt nennt, keine untere Grenze für den Libor fixiert hatte.
Als dann der Libor als Basiszinssatz im Zuge der SNB-Negativzinsen auf rund minus 0,8 Prozent absackte, drohten die Hypotheken für die St.Galler zum grossen Verlustgeschäft zu werden.
Denn die Sankgaller konnten maximal 0,25 Prozent Zins für ihre Libor-Plus-Kredite verlangen. So stand es in der Abmachung mit dem Kunden, wo als Minimum ein „Kundensatz“ von 0,25 Prozent festgehalten war.
Die 0,25 Prozent, welche die SGKB von ihren Libor-Plus-Kunden somit als Minimum noch erhielt, waren nicht ausreichend, um die Kosten zu decken.
Statt den Fehler auf die eigene Kappe zu nehmen, schickte die Bank ihren Kunden in den letzten Tagen Änderungsverträge zu.
In der Produktevereinbarung passte sie einen einzigen Satz an. Diesen hob sie weder besonders hervor, noch machte sie ihre Kunden anderweitig auf den entscheidenden Passus aufmerksam.
Hingegen führte die Bank in einem langen Abschnitt ihren Libor-Plus-Kunden ausführlich vor Augen, dass sie besondere Risiken mit ihren Hypotheken tragen würden im Fall, dass die Zinsen steigen.
Das 2-seitige Schreiben verlangte vom Kunden keine Reaktion. Es war als einseitige Änderung der Vertragskonditionen bestimmt, ohne Gegenzeichnung des Kunden, dass dieser sich einverstanden erklärt.
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Wer auf den Brief der St.Galler Kantonalbank nicht sofort reagiert und diesen zurückschickt mit der Bemerkung, mit der einseitigen Anpassung nicht einverstanden zu sein, bei dem gelten die neuen Bedingungen.
Diese haben es in sich. Statt der bisherigen Untergrenze beim „Kundensatz“, also dem effektiv zu zahlenden Zins, hat die SGKB neu eine Untergrenze beim Libor. Und zwar bei 0 Prozent.
Damit holen die Sanktgaller nach, was führende Hypothekenbanken für den Fall von negativen Zinsen und deren Auswirkungen auf Libor-Hypotheken schon vor Jahren gemacht hatten.
Die UBS und die CS hatten ab 2010 ein Minimum von 0 Prozent Liborzins in ihren Libor-Plus-Hypo-Verträgen festgehalten. Die Raiffeisen folgte 2012.
Auch grosse Kantonalbanken waren frühzeitig aktiv.
„Die Berner Kantonalbank hat sich schon vor längerer Zeit mit dem Szenario der sinkenden Zinsen, die gegen Null tendieren können, beschäftigt“, sagt ein Sprecher.
„Aus Überlegungen der Refinanzierung hat die BEKB deshalb schon seit Jahren in den Verträgen einen entsprechenden Passus.“
Ein Sprecher der St.Galler Kantonalbank wollte die Frage, wann die Bank einen minimalen Libor-Satz eingeführt hat, nicht beantworten, obwohl sie ihm zweimal gestellt wurde.
„Ich bestätige: bei der St.Galler Kantonalbank gilt für die LIBOR-Hypothek: 0% + Marge“, sagte er lediglich.
Die Einführung der Libor-Untergrenze wirkt wie eine Notfallübung des Managements.
Die Berater der SGKB mussten ihre Libor-Plus-Kunden zunächst telefonisch kontaktieren. Dabei hätten sie von einem „Fehler“ gesprochen, meint eine Quelle.
„Dann meinten sie, man würde in Kürze eine angepasste „Produkte-Vereinbarung“ erhalten“, sagt der Gesprächspartner.
Die intransparente Information ihrer Libor-Plus-Kunden könnte den Grund in der Bilanz der St.Galler KB haben.
Die grosse Kantonalbank aus der Ostschweiz hatte per Ende 2013 knapp 20 Milliarden Franken Hypotheken ausstehend, ein Plus von fast einer 1 Milliarde oder gegen 5 Prozent im Jahresvergleich.
Laut der Quelle seien ein stolzer Teil davon, nämlich rund 3 Milliarden, Libor-Plus-Hypotheken.
Auf diesen 3 Milliarden wäre ohne einseitige Vertragsanpassungen in Zukunft nur noch eine Marge von 0,25 Prozent – der minimale Kundensatz – angefallen.
Diese Marge ergibt sich aus der Differenz zwischen 0 Prozent, welche die SGKB für Kundeneinlagen auf der Passivseite bezahlt, und den 0,25 Prozent Minimum auf der Aktivseite.
Ein Viertel Prozent Marge in einem Geschäft mit Risiken ist viel zu wenig.
Deshalb wohl die Anpassung. Statt 0,25 Prozent erhält die St.Galler KB neu nämlich mindestens 0,8 Prozent. Ihre Marge steigt entsprechend von 0,25 auf 0,8 Prozent.
Damit hat die Bank ihr Problem in ihrem sogenannten Asset- and Liability-Management gelöst. Dort hatte sie zuvor 3 Milliarden – falls die Angabe des Insiders zum Volumen stimmen – nicht sauber refinanziert.
Statt zu ihrem Fehler zu stehen, versuchen die Ostschweizer Kantonalbanker, ihren Lapsus ohne Angaben von klaren Gründen rückgängig zu machen.
Sie könnten in guter Gesellschaft sein. Laut einem Zürcher Banker hätten andere Kantonalbanken das gleiche Problem.
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Die beliebtesten Kommentare
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Die SGKB ist offenbar in guter Gesellschaft. Habe von der UBS noch einen Libor Vertrag von 2010 den ich damals zusammen mit einer 10 J fest abgeschlossen habe. Vorgehen seitens UBS Kundenberatung praktisch identisch. Im Januar 2016 habe ich einen neuen Libor Vertrag zur Unterschrift erhalten. Dieser erhält rückwirkend auf 2014 eine Margenerhöhung und die Liboruntergrenze was rechtfertigen soll was bereits abgerechnet wurde!
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Ich verstehe das zugrundeliegende Problem nicht.
Angenommen der zugrundeliegende Libor beträgt -1% und die Marge der Bank ist 0.75%. Wieso kann die Bank dann nicht das Geld zu -0.25% weitergeben?
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Auch bei Raiffeisen ist es so. Habe noch eine „alte“ Produktevereinbarung, in der gar kein Mindestzinssatz drin steht. Einfach LIBOR + Marge.
Nun, das der LIBOR bei -0.8 % ist, nimmt Raiffeisen einfach einen fiktiven LIBOR-Satz von 0.0 % an und erhebt darauf noch die Marge. Da nirgends festgehalten ist, dass der LIBOR eine Untergrenze hätte, ist das glatt Vertragsbruch.
So erhöht die Raiffeisen einfach mal kurzerhand die Marge der Bank.
Aber kann man dagegen etwas tun?-
Bei Raiffeisen wurden die alten Produktvereinbarungen vor rund 4 Jahren ersetzt –> allenfalls haben Sie „stillschweigend“ zugestimmt, da Sie sich nicht gemeldet haben.
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Kenne ein paar Kundenberater die Kunden entsprechend telefonisch informieren mussten. Für die war es eher ein Akt der Peinlichkeit und viele mussten sich auch ein wenig Hohn gefallen lassen. Ob dies Konsequenzen auf der Produktmanager ebene sowie auf der Legal seite hat? Hinzu kommt dass die SGKB Liborhypothek immer noch an einen Rahmenvertrag gebunden ist (3 oder 5 Jahre) – ein komplett veraltetes Konstrukt und überhaupt nicht mehr konkurrenzfähig.
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Das Problem mit dem notwendigen Floor 0% bei LIBOR-Hypos war seit Jahren in der Branche bekannt und intensiv diskutiert.
Es ist schier unglaublich, dass es noch Anbieter gibt, die das in den letzten Jahren noch nicht bereinigt haben.
Wenn die Story wahr ist, dann gehört aus meiner Sicht der zuständige Produktmanager bei der SGKB fristlos gefeuert. Ebenso alle, die von dem Problem gewusst haben und nichts unternommen haben.
Aber wie gesagt, ich kann es eigentlich kaum glauben, dass es noch Anbieter gibt, die das nicht schon vor Jahren gelöst haben. -
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Ich habe im April 2014 eine Geldmarkt-Hypotheken Produktevereinbarung mit der St.Galler Kantonalbank abgeschlossen, Laufzeit 3 Jahre – mit der Fixierung eines min. Zinssatzes von 0.25%.
Wortlaut: „Der Zinssatz des Darlehens setzt sicht zusammen aus einem Basiszinsatz (3 Mth Libor) sowie einer individuellen Marge. Der Zinssatz beträgt in jedem Fall mindestens 0.25%.“
Bingo – es wurde also nicht wie eigentlich ich es erwartet hätte der Libor mit einem Minimum fixiert, sondern der Zinssatz.
Wenn die Zinslage so bleibt, wird mein nächstes Fixing am 31.03.15 0.25% für meine Geldmarkt Hypo bedeuten.
Aktueller Status: Verhandlungen mit der St.Galler KB sind im Gange im Sinne von einer (Wortlaut SGKB) Win-Win Situation…. -
Es ist wirklich unglaublich, aber bei der SGKB ist dies der Fall! Gewisse Kunden werden nun mit ultraniedrigen Langfristzinsen dazu ermuntert, die neuen Bediungungen zu aktzeptieren!
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Diese Aktion belegt einmal mehr, dass diese grosse Armada von Juristen in den wirklich wichtigen Sachfragen der Marktrisiken immer wieder versagt und dann die Kunden mit Notfallübungen dank in den Verträgen vorhandenen Finten überrumpelt werden. – Kein Wunder, dass immer Mehr Banken mit dem Slogan „Faires Banking“ werben. Die Branche hat es dringend nötig.
Liebe Bankkunden sucht Euch einen unabhängigen Berater und braucht die Bank nur noch als Depotstelle!
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auch den unabhängigen Berater braucht es nicht!!!
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Gerade bei Banken welche zu Unrecht sich Slogans wie „fair banking“ oder „garantiert sicher“ auf die Fahne schreiben, ist besondere Vorsicht am Platz!
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Berater braucht es wirklich nicht (denn gar keiner ist unabhängig, auch der externe Vermögensverwalter nicht)! Das Bankgeschäft ist absolut keine Rocket-Science und die Bank (das Portal) wird nur Zwecks Ausführung gebraucht! Setzt voraus, dass man sich selber schlau macht; vergleicht und nochmals vergleicht; seine Bankgeschäfte „pflegeleicht“ strukturiert; Kosten optimiert und die letztlich undelegierbare Verantwortung tatsächlich selber übernimmt.
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@observer und @ macheallesselber: wenn ihr das nötige wissen habt, gerne! nur stellt sich die frage, ob ihr eure auto auch selber wartet, die kaputte kaffeemaschine auch selber repariert und den neuen parkett im büro auch selber verlegt. kann man alles selber machen, wenn man a) weiss wie und b) die zeit dafür aufwenden will.
in diesem sinne: keep calm & do it yourself!
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Diese Staatssubventionierten! So etwas kann sich wirklich nur ein „Staatsbetrieb“ leisten!
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Wie wahr…, die de facto Staatsbetriebe CS, UBS & Co. leisten sich zudem noch ganz anderes….
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Was die SGKB auch getan hat, sie hat diesen Kunden Festhypotheken zwischen 0,90 bis 1.00 % p.a. auf 10 Jahre angeboten.
So etwas kann sich nur eine Staatsbank mit Staatsgarantie leisten.
Oder es lebe die uneingeschränkte Haftung der Bürgerinnen und Bürger!-
Liebe Tina, sie haben recht – in Tat und Wahrheit kamen Kunden sogar in den Genuss von 10 Jahres Festhypotheken zu 0.75%!!! Man höre und staune…. An alle Kunden der SGKB – fordern Sie ebenfalls solche Zinsen auf langfristige Hypotheken, oder sind Sie etwa weniger Wert!?
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Was die SGKB auch getan hat, sie hat diesen Kunden Festhypotheken zwischen 0,90 bis 1.00 % p.a. auf 10 Jahre…
Diese Staatssubventionierten! So etwas kann sich wirklich nur ein "Staatsbetrieb" leisten!
Diese Aktion belegt einmal mehr, dass diese grosse Armada von Juristen in den wirklich wichtigen Sachfragen der Marktrisiken immer wieder…