Dass Japan ein Dienstleistungsparadies ist, weiss jeder, der einmal das Land der aufgehenden Sonne besucht hat. Ob am Bahnschalter, in der Post oder in einem Kaufhaus, stets wird man als Kunde zuvorkommend und mit einem gewinnenden Lächeln bedient. Während ich in der Schweiz gewohnt bin, Verkaufspersonal beim Schwatz unterbrechen zu müssen, um überhaupt wahrgenommen zu werden, kann ich in Tokyo auch fünf Minuten vor Ladenschluss noch eine aufwendige Geschenkverpackung verlangen, ohne eine hässige Reaktion befürchten zu müssen.
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Innovation bei Dienstleistungen gehört in Japan zu den wichtigsten Managementaufgaben. Die Geschäftsleitung beispielsweise der marktführenden Transportfirma Yamato Takyubin steht in der Pflicht, jedes Vierteljahr eine neue Kundenleistung auf den Markt zu bringen.
Auch im Bankengewerbe steht der Dienst am Kunden an der Spitze der Geschäftspolitik. Ein Manager der Grossbank Mizuho erklärt mir, dass die Schalterangestellten angehalten werden, die Kunden wie Gäste zu behandeln.
„Ihr in Europa“, so erklärt er mir, „habt diesen billigen Slogan, der Kunde ist König. Dabei hat doch nie jemand mit einem König etwas zu tun. Wir bezeichnen den Kunden als Gast und jedermann weiss, wie man einen Gast behandelt.“
Selbst in Japan einzigartige Spitze ist die Tokyoter Kleinbank Sugamo Shinkin Bank. Als Motto erklärt die Bank: „Wir gewinnen grosses Vergnügen daraus, zufriedene Kunden zu bedienen.“
Bemerkenswert an diesem Motto ist, dass der zuvorkommende Kundenservice nicht als eine Pflicht erklärt wird, die man halt um des Geschäfts willen erbringen muss. Nein, der Fokus liegt darauf, dass der Mitarbeiter aus der Zufriedenheit seiner Kunden seine eigene Zufriedenheit schöpft.
Japan hat eine rasch alternde Gesellschaft. Ab und zu wird auch in westlichen Medien über irgendwelche komische Roboter berichtet, die in Altersheimen irgendwelche Dienstleistungen verrichten.
In Tat und Wahrheit bereitet sich Japan auf die Erfordernisse einer alternden Gesellschaft mit einer Konsequenz und einer Gründlichkeit vor, die auch in unseren Breitengraden angebracht sein sollte. Auch die Sugamo Shinkin Bank nimmt sich in ihrem Bereich dieser Herausforderungen an.
So steht bei den ATM-Maschinen in den Filialen auch nach Schalterschluss für ein paar Stunden ein Bankmitarbeiter bereit, der älteren Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Geldautomaten haben, behilflich ist.
Sollte ein Kunde nicht in der Lage sein, in die Filiale zu kommen, schickt die Bank einen Mitarbeiter zu ihm nach Hause, der dort entweder Geld abliefert oder einen Auftrag entgegen nimmt.
Von der Bank wird betont, dass, auch wenn es sich um Kleinkunden handelt, solche Dienstleistungen rentabel sind. Die zuvorkommende Behandlung führt zu ausserordentlicher Kundentreue und schliesslich wird ein Bankangestellter beim Hausbesuch auch die Chance nützen, neue Produkte dem Kunden anzubieten. Dieser befindet sich schliesslich auch in einer gewissen Verpflichtung, sich erkenntlich zu erweisen.
Eine in Tokyo lebende französische Architektin wurde zur Gestaltung der Sugamo Shinkin Filialen beigezogen. Das Design ist ultramodern, verschafft aber gleichzeitig ein einladendes Ambiente, das nie den Eindruck aufkommen lässt, man befinde sich in einer Schalterhalle. Polstergruppen und eine Cafeteria laden gar zum Verweilen ein.
In mancher Hinsicht, so ein Vertreter der Bank, will man als Begegnungszentrum fungieren, eine Dienstleistung, die in einer alternden Gesellschaft, wo auch die Vereinsamung der Menschen sehr häufig sein kann, besonderen Wert besitzt.
Im Laufe der fünfzehn Jahre, die wir nun in Japan leben, haben wir Dienstleistungen als einen wichtigen Aspekt der Kultur schätzen gelernt. In der Tat kann man in Japan von einer Dienstleistungskultur sprechen.
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Diese setzt allerdings voraus, dass man auf beiden Seiten der Schalters, sowohl beim Bankenvertreter wie beim Kunden, versteht, mit Dienstleistungen umzugehen. In Japan hat man nur deshalb ein so hohes Qualitätsniveau erreicht, weil auch die Empfänger von Dienstleistungen ihre Verhaltensregeln verstehen. Auf jeden Fall geht in Japan der Dienstleistung der Beigeschmack einer servilen Handlung, eines Austausches zwischen Herr und Knecht, wie er ja schon im Begriff „Dienst“ zum Ausdruck kommt, ab.
Aus der Ferne verfolgen wir die gravierenden Imageschwierigkeiten, welche das Bankengewerbe in Europa und in der Schweiz hat. Ob bewusst oder unbewusst, ob fahrlässig oder nicht, viele Aspekte, welche das Banking zu einer geschätzten und prestigereichen Dienstleistung gemacht hatten, sind im Verlaufe der letzten Jahrzehnte vernachlässigt oder ganz über Bord geworfen worden.
Häufig scheint ein falsches, kurzfristiges Verständnis von Effizienz der Grund dafür zu sein. Vielleicht sollte man einmal sorgfältig und ohne falsche Scheuklappen klären, ob die Tatsache, dass ein zufriedener Kunde für den Dienstleister nicht nur ein gut gemachter Job, sondern gar ein Teil seines eigenen Glücksgefühls ist, nicht ein erstrebenswertes Geschäftsziel sein könnte, das nicht nur emotional, sondern auch monetär einträglich sein kann.
Polstergruppen und eine Cafeteria in Banken, Postoffice etc. Das klinkt super. Das Sie in Japan seit 15 Jahren leben, arbeiten und noch Geld verdienen können wundert mich oder werden Sie von einer Schweizer Institution bezahlt? Klar ist, dass die Mentalität es in Japan verlangt in den höchsten Entscheidungsstufen bei Fehlern sich zu entschuldigen und sich reumütig tief zu verneigen vor den Untergebenen. Auch diese Einsicht fehlt hier gänzlich. Polstergruppen und eine Cafeteria sind Kosten die sich nicht rechnen, so wird bei den Entscheidungsgremien die Mentalität verlangt und durch Verkaufsziele oder dem Benchmarking der Mehrwert generierenden Arbeiterklasse ganz unten aufgezwungen. Wen Sie nur qualifiziert und als guter Mitarbeiter zählen, wenn sie den Kunden unnötiges verkaufen können wird die Frustration verständlich. Zuerst muss das Geld erwirtschaftet werden für die Teppichetage und deren Neffen, Göttikinder, Liebschaften und dem Porscheverkäufer aber auch den Anzügen und wiederum den Vorgesetzten. Vielleicht noch dafür um zuletzt die Ziele zu erreichen.
Ich stimme mit Ihnen völlig über die super Service Qualität auf breitester Front in Japan überein, welche wirklich nach Herausfordern sucht.
Im Artikel wird jedoch das Japanische Bankenwesen meiner Meinung nach zu positiv dargestellt.
Es weist massive Mängel auf, welche es nur für Japaner erduldbar macht, welche nicht ins Ausland reisen.
* Total und komplett überreglementiert.
* Online Banking z.T. nicht existent und nicht auf English vorhanden.
* Mühsame Auslandüberweisungen (Formulare ausfüllen etc.)
* Prinzip der Cash Card welche nicht im Ausland benutzbar ist, Kreditkarte nötig etc.
* Mühsame Kontoeröffnungen (auch für ansässige Japanischsprechende Residents)
* Öffnungszeiten nur bis 3pm
* ATM Gebühren wenn man ausserhalb der Öffnungszeiten Cash bezieht, Überweisungen tätigt
* Mühsames Passbook
* Überladene Webseiten: Auch bei http://www.sugamo.co.jp/ fällt einem auf der total überladenen Webseite der