Zuerst nichts, im Juni dann 350 Millionen Dollar, jetzt 550 Millionen: Die Rückstellung der Julius Bär für die US-Steuerstrafe steigt rasant nach oben.
Ob’s dabei bleibt, ist offen. Bär hat heute lediglich eine „prinzipielle“ Einigung mit den Amerikanern bekanntgemacht. Eine definitive Lösung erwartet die Privatbank bis Frühling.
Auch so ist der Betrag happig. Mehr als eine halbe Milliarde, das übersteigt den „adjustierten“ Gewinn von 2013 und ist nur leicht tiefer als jener des Vorjahrs.
Bezogen auf den „echten“ Gewinn nach Buchhaltungsstandard beträgt die US-Strafe gegen Bär sogar weit über einen Jahresgewinn der Privatbank.
Die 2,6 Milliarden der Credit Suisse vom Frühling 2014 sind im Verhältnis deutlich weniger. Die CS hatte im 2013 einen Gewinn von 4,5 Milliarden erzielt, also knapp zwei Mal soviel wie die Busse.
Die Julius Bär nimmt somit den Spitzenplatz im Steuerstreit ein. Ein Mal den ganzen Jahresgewinn als Strafe ist klar neuer Rekord.
Die UBS mit ihren 780 Millionen von 2009 ist daneben gar nur ein Rinnsal.
Bei der Nummer 1 des Finanzplatzes kam darauf eine völlig neue Mannschaft ans Ruder. Bei der CS folgte das Köpferollen diesen Sommer, rund ein Jahr nach der US-Steuerstrafe.
Bei der Julius Bär hört man nichts von Absetzungen. Bis dato können sich alle Verantwortlichen in ihrer Stellung halten.
Allen voran CEO Boris Collardi. Der heute 41-Jährige kam vor knapp 10 Jahren von der Credit Suisse zur Bär-Bank und war dann die ersten 3 Jahre zuständig für alle Abläufe im Betrieb.
In Collardis Phase als oberster Backoffice-Steuermann fiel die Aufnahme von amerikanischem Schwarzgeld, das von der UBS zur Bär und anderen Banken strömte.
Bär war aggressiv im Akquirieren solcher Gelder. Die Privatbank bot zusammen mit der ebenfalls gejagten ZKB höhere „Finder Fees“ als andere Institute, die reiche US-Kunden mit nicht deklarierten Vermögen bei sich aufnahmen.
Die ungestüme Strategie führte dazu, dass sich die US-Schwarzgelder auf mehrere Milliarden Dollar türmten. Bär-Chef Collardi sagte einst, seine Bank habe nie mehr als eine einstellige US-Milliardensumme verwaltet.
Als die USA nach dem Fall UBS die zweite Angriffswelle auslösten, geriet Bär ins Visier. Gleich wie die CS, Pictet, die ZKB und weitere Banken wurde Bär von den Amerikanern als kriminelle Vereinigung verfolgt.
Dass Bär im 2009 husch-husch die Türen für die US-Steuersünder schloss, nützte nichts mehr. Die Privatbank, die von ihrem guten Ruf lebt, war bereits in der Sackgasse gelandet.
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Mit im obersten Team sitzen langjährige Bär-Chefs. Gustavo Raitzin gehört seit 2005 zur Topgilde der Bank.
Raitzin kümmert sich seit Jahren um die grossen Lateinamerika-Kunden. Viele von diesen haben Aktivitäten in den USA und könnten deshalb von den US-Ermittlern verfolgt werden.
In der laufenden Fifa-Affäre ist ein Raitzin-Kundenbetreuer bekannt geworden. Der Banker, der den rund um Fifa beschuldigen Sportvermittler Alejandro Burzaco betreute, hat die Bank inzwischen verlassen.
Gian Rossi gehört seit 2006 zur Bär-Spitze und war lange für die Deutschschweiz und Nordeuropa verantwortlich. Als die UBS-Kunden zu den Bären überliefen, könnte seine Crew diese aufgenommen haben.
Bernhard Hodler ist seit bald 2 Jahrzehnten bei der Julius Bär. Als oberster Riskchef ist Hodler Herr aller Risiken.
Schliesslich noch Christoph Hiestand, der seit Jahren entscheidend für die rechtlichen Risiken verantwortlich ist.
Hiestand, Hodler, Rossi, Raitzin, sie alle können sich bis dato halten. Geschützt von ihrem Chef Boris Collardi.
Ob das Vorhaben gelingt, trotz Rekordstrafe zur Tagesordnung überzugehen, ohne dass Spitzenleute dafür belangt werden, muss sich weisen.
Der Verwaltungsrat der Julius Bär machte bisher den Eindruck eines schwachen Gremiums. Das Sagen hat CEO Collardi, er zieht die Show ab. Präsident Daniel Sauter steht im Schatten des obersten Bär-Angestellten.
Collardis Führungsprinzip sind seine Friends & Buddies. Er hat langjährige Vertraute um sich geschart, denen er immer wieder ein warmes Plätzchen in den obersten Gefilden zuhält.
Ex-Schweiz-Chef Giovanni Flury erhielt ebenso eine neue, hochbezahlte Aufgabe wie Ex-Zürich-Leiter Daniel Aegerter.
Divide et impera oder das Verteilen von Pfründen schützt Jung-Collardi vor Angriffen aus dem Innern.
Die Gefahr liegt im Nepotismus.
Nicht Leistung und Verantwortungsbewusstsein wären dann bei Bär entscheidend für die Besetzung von Spitzenfunktionen.
Sondern die Nähe zu Sonnenkönig Collardi.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lieber Herr Hässig, Ihre Beiträge – insbesondere diejenigen gegen Julius Bär – finde ich jeweils total daneben und teilweise haltlos. Doch mit diesem Bericht haben Sie den Nagel mehr als auf den Kopf getroffen. Ich arbeite seit bald zwanzig Jahren bei Julius Bär und die Kultur und Führung hat nie mehr gelitten als heute unter der Leitung von Herrn Collardi. Er ist ein selbstverliebter Sonnenkönig und ExB Members wie Hodler, Raitzin und Rossi haben das Peters-Prinzip schon lange überschritten. Leider sind sie neben ihrer Überforderung auch noch arrogant und vor allem nicht lernwillig. Es ist dringend an der Zeit, dass diese Trauermannschaft entlassen wird und der CEO ersetzt wird.
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Da sind wir doch alle froh, dass sich BC mit Fruiti auch noch einen Charakter-Zwilling geangelt hat.
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Why did CS pay $2 Billion more than UBS & JB? Both had bigger businesses than CS and were far more aggressive in pursuing Americans. What’s the difference in the CS activities?
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CS recognized itself as being a criminal organization and it missed the point in time to really collaborate.
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Und ganz wichtig – UR und seine Top Manager konnten Ihre „weisse Weste“ behalten.
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Nicht zuletzt damit UR und seine Top Manager ihre „weisse Weste“ behalten konnten.
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Offensichtlich bolzte man unter Collardi bei Bär auf Bilanzwachstum und damit mehr Gewinn mit gefährlichen US-Vermögen. Die Strategie war riskant und ungesund, was sich jetzt zeigt. Einige klügere Bankmanager liessen die Finger von diesen Kunden. Ob Bär und Collardi daneben auch sonst Erfolg hatten, also mit einem überzeugenden Leistungsausweis und mit nicht US-Vermögen, weiss ich nicht. Unglaublich, wenn einer der offensichtlich Hauptverantwortlichen für diese Katastrophenstrategie von Bär unbehelligt davon käme.
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Ich zweifle stark an der Ertragskraft einer Julius Bär. Diese enorme Busse (aus rechtlicher Sicht sowieso eine EWS Willkür und Staatenrechts Sauerei!) muss wohl oder übel der Kunde bezahlen. Die Konditionen für die Kunden sind jetzt schon am obersten Ende der Abzockerskala und der Jubel der „Finanzplatzhelden“ an der Börse ist eigentlich nichts anderes als ein bisschen „Selbstbeweihräucherung“ oder eine „Gruppentherapie“ für verschmähte Banker. Boris Collardi und seine Buddys gehören zu den Gewinnern dieses Deals aber der Kunde und Aktionär wird es kaum sein.
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Und falls dann doch noch jemand gehen sollte, wird er noch fürstlich entschädigt. Solange es keine strafrechtlichen Konsequenzen für unsere top Betrüger gibt, werden die drei Grossbanken weiterhin keinen Finanzskandal auslassen.
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Natürlich bleiben alle. Nur Angestellte machen Fehler, Manager sind schliesslich innovativ.
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Endlich wieder mal eine Nachricht von Boris, es fehlt seine total Compensation.
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Es geht ja hier primär um die Busse und dass eventuell Baer spät noch potenziell nicht deklariertes Geld von US Kunden aufgenommen hat. Daher haben die Aktionäre ein Interesse zu erfahren, wer im Management dafür verantwortlich gewesen könnte. Diese Diskussion fängt beim CEO an, oder?
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Ja, Boris ist hier schon (viel zu) lange nicht mehr in die Pfanne gehauen worden. – Seine Ex hat ihm diese höchstens um die Ohren gehauen, als er anfing, auf fremden Pfannen zu kochen…
Eigentlich müssten die „extremüberkompensierten“ Risikoträger auch einmal die Risiken und deren Konsequenzen tatsächlich tragen, die sie selber bewusst eingigen/eingehen. Jetzt einfach mal den Aktionären quasi einen Jahresgewinn spülen und selber Boni kassieren für die Einigung mit den Justiz-Behörden in den USA für Vergehen, die man selber mitverschuldet hat? – Welch ein Witz für die Aktionäre und welch ein Käferfest für BC und seine Entourage! -
@Peter Müller: Da haben Sie völlig recht. ABER: Die Rechnung bezahlt immer der Kunde mit überhöhten Gebühren. UBS ist diesbezüglich die Königin der Gebühren, spielt aber keine Rolle, wenn die Kunden brav weiter bezahlen. Ich nicht mehr, aber ich bleibe Aktionär, ist doch klar!
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Endlich wieder mal eine Nachricht von Boris, es fehlt seine total Compensation.
Natürlich bleiben alle. Nur Angestellte machen Fehler, Manager sind schliesslich innovativ.
Und falls dann doch noch jemand gehen sollte, wird er noch fürstlich entschädigt. Solange es keine strafrechtlichen Konsequenzen für unsere…