Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut für die freie Welt. In St.Gallen ist die Welt nicht mehr so frei, müsste man demnach befürchten.
Eine grosse Story über den Besitzer der Bank Alpinum, die seit Monaten nicht aus den Schlagzeilen findet, wurde von der dortigen führenden Zeitung online ausradiert.
Das machte letzte Woche der Blog „Die Ostschweiz“ publik. Und publizierte die Story gleich nochmals – leicht „bereinigt“.

„Tagblatt“ heisst das Medium, das löschte; es gehörte bis vor kurzem der NZZ und ist nun Teil des neuen Verbunds namens CH Media, bei der die Macher aus dem Aargau das Sagen haben.
Das „Tagblatt“, die grosse Tageszeitung der Ostschweiz, liess einen freischaffenden Zürcher Journalisten über die Vorgänge bei der kleinen Alpinum mit Sitz in Vaduz ausführlich berichten.
Der Journalist griff in die Tasten. Unter der Headline „Das weitverzweigte Sherkati-Imperium“ ging er nicht nur auf die Alpinum ein; davon war schon einiges durchgesickert.
Sondern er förderte vor allem Firmen des Iraners namens Yousef Sherkati auf, welche dieser in St.Gallen hält und die „das Interesse der US-Behörden auf sich ziehen könnten“.
Da ging es um den Sitz des „Firmenkonglomerats“ – „in einer hübschen Villa“ – unter dem Namen Transinvest. Die bestehe aus einer Holding, aus einer Group AG und 8 weiteren Firmen.
„Alle diese Firmen sind im Transportbereich tätig“, hält der Journalist in seinem Artikel fest, und fügt an: „Alleine daran wäre nichts Anrüchiges (…).“
Dann aber nennt er den Namen eines Geschäftsmanns, der bis vor 13 Jahren im VR der Holding von Sherkati sass. Das ist brisant.
Dieser Ex-VR tauche „in diversen Untersuchungen von europäischen Strafverfolgungsbehörden auf, in denen es um Korruptionsfälle in Russland und den anderen neuen Staaten nach dem Zusammenbruch der UdSSR geht“.
Zudem ging der Autor der Tagblatt-Story auch dem Umstand nach, dass die Alpinum Bank in Liechtenstein vom Dollar-Verkehr abgehängt werden könnte. Dieser Fakt kam letzte Woche auch in einem Finews-Bericht zur Sprache.
Viel Stoff also, angeheizt durch Prozesse von mehreren Ex-Alpinum-Bankern, welche ihre frühere Firma vor das Arbeitsgericht in Liechtenstein zerren. Sie sehen sich zu unrecht entlassen und fordern Entschädigungen.
All das türmt sich auf zu einer Skandalgeschichte. Die Alpinum durchlebt unter ihrem Besitzer Sherkati, dessen Tochter und deren Ehemann, einem bekannten Liechtensteiner Anwalt und Treuhänder, höchst unruhige Zeiten.
Das Thema liefert dem „Liechtensteiner Vaterland“, der grossen Zeitung in Vaduz, viel Stoff. Berichtet wird von Massenabgängen ganz oben und dem Aderlass im Kader. Die ganze alte Geschäftsleitung sei weg, hiess es zuletzt.
Ein Blick auf St.Gallen, wo der Alpinum-Besitzer seine Holding hält, lohnt sich – würde man meinen. Das wäre im Interesse der Leserschaft und der Öffentlichkeit.
Das „Tagblatt“, die wichtige Stimme im Verbund von NZZ und Aargauer Zeitung, hat sich aber entschieden, die Story zu löschen. Offenbar hat ein PR-Beauftragter von Sherkati bei der Zeitung interveniert.
Der Journalist und Autor des Berichts sagt, der Kommunikationsberater habe „an diesem und jenem Detail im Artikel“ herumgemeckert.
Der Blog „Die Ostschweiz“, der den Fall nun aufs Tapet gebracht hat, ging auf die „Tagblatt“-Macher zu, und hält dazu fest:
„Auf Fragen dazu, welche ‚Die Ostschweiz‘ den Kollegen beim St.Galler Tagblatt stellte, hiess es freundlich, aber sehr knapp, die Redaktion überarbeite ‚die Inhalte ihres Online-Portals laufend und nimmt gegebenenfalls auch Änderungen daran vor.‘ Was den Rest angehe, gelte das Redaktionsgeheimnis.“
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Die beliebtesten Kommentare
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https://archive.org/web/ oder http://archive.is/ sind da vielfach hilfreich.
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Mich würde interessieren, wer besagter Spindoctor war.
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Na, wer wohl? Sollte doch stadtbekannt sein in St. Gallen. Fällt der Groschen immer noch nicht? Nun, er fängt mit B an und hört mit e auf.
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NB „Freier Zürcher Journalist“; wer da böses denkt 🙂
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Leider keine Ausnahme. Die PR-Beauftragten der Zürcher Grossbanken machen das fast täglich und hetzen schon mal ihre bissigen Anwälte auf die Medien. Diese haben meist (finanziell) wenig entgegenzusetzen und kuschen recht schnell. Brave new world…
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Die Sherkatis sind hier in St. Gallen wegen ihrem prahlerischen und breitspurigen Auftreten immer wieder ein besonderes Reizthema und lösen schon seit Jahren hitzige Diskussionen aus…
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Es wird ja auch immer wieder gesagt, dass die Bank eigentlich nicht den Sherkatis gehört sondern eher dem Staat Iran…..jeder gute Unternehmer würde nicht so viele Millionen investieren ohne jemals einen Cent wieder zu sehen…..
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Moderner „Journalismus“: Wir „überarbeiten Inhalte laufend“. Dabei verstösst es gegen journalistische Ethik und Professionalität, einmal publizierte Artikel zu ändern, ohne die gemachten Änderung am Ende des Artikels selbst zu protokolieren. Aber man sieht hier wieder mal ein Beispiel dafür, wie beliebig der „Journalismus“ in Zeiten der „corporate mass media“ geworden ist. Aber fake news machen natürlich nur die anderen…
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Ja, das ist die kritische und unabhängige Presse, die quasi alleine die Demokratie am Leben hält…
Fakt ist: Blogs und furchtlose Einzelkämpfer sind heute deutlich wichtiger als Gegengewicht für die Mächtigen als die Systempresse. Man Vergleiche nur mal, was Hässig als Einzelkämpfer erreicht mit dem „Output“ der immer noch wohldotierten Tagi-Wirtschaftsredaktion – übrigens hat der Preis da wieder happig aufgeschlagen. Und da wundern sich die Medien, wenn der Leser sich gegen eine Verlängerung des Abos entscheidet.
Ja, das ist die kritische und unabhängige Presse, die quasi alleine die Demokratie am Leben hält... Fakt ist: Blogs und…
Moderner "Journalismus": Wir "überarbeiten Inhalte laufend". Dabei verstösst es gegen journalistische Ethik und Professionalität, einmal publizierte Artikel zu ändern, ohne…
Die Sherkatis sind hier in St. Gallen wegen ihrem prahlerischen und breitspurigen Auftreten immer wieder ein besonderes Reizthema und lösen…