Die Traditionsfirma ist verkauft. Das Closing soeben durch. Die neuen, stolzen Inhaber sind voller Optimismus.
Es herrscht Post-Merger-Euphorie. Das Markenlogo blitzt im sonnigen Morgenlicht an der bröckelnden Fassade.
Ein Teil der neu eingesetzten Geschäftsleitung ist schon da. Nur die Gründerin oder der Gründer tauchen da nicht mehr auf.
Die Traditionsfirma ist jetzt ohne diese unterwegs – zu neuen Ufern oder dem endgültigen Aus.
Die Bally Schuhe tanzten von der Oerlikon Gruppe zu Texas Pacific und weiter bis zur aktuellsten Übernahme in diesem Jahr durch die Investmentfirma Regent.
Die Gründer-Philosophie? Weit weg.
Raichle (1999 bis 2003: Raichle Boots AG; 2003 bis 2005 RAIBO Sportartikel AG) war ein Schweizer Hersteller von Wander- und Wintersportschuhen.
Heute gehört der Markenname der Mammut Sports Group AG. Wie der Pionier Karl Molitor aus Wengen, berühmt für die Skischuh-Passform und die erste Schnallenschnürung, heute ebenso stillgelegt.
Nabholz Trainingsanzüge, 1821 in Schönenwerd AG gegründet, war jahrelang Ausrüster diverser grosser Nationalmannschaften.
Und etabliert durch die TV-Sendung „Fit mit Jack“, dem Frühstücksturnen für Schweizerinnen und Schweizer mit Olympiasieger und Trainerlegende Jack Günthard.
Die Sport-Textil-Marke macht heute keine Medaillen bezogenen Klimmzüge mehr.
Lahco Sport und Bademode – für sie und ihn. Im Jahr 1922 in Baden AG gegründet, nach einigen guten Jahren dann immer weniger Marktanteile.
Nach der Jahrtausendwende ein Neubeginn mit viel Geld und Geduld, bis Lahco 2017 definitiv Konkurs war. Heute wird die Marke von der Jacob Rohner AG in Balgach betreut.
Und jetzt also Künzli Schuhe in Windisch im Kanton Aargau. Das Aus nach 98 Jahren.
Die Markenbilanz ist verheerend, die Kennzahlen dürften in Windisch auf Sturm stehen. Das Sortiment mit Ortho, Protect und KStyle kommt wenig differenziert daher und ist viel zu schwach kommuniziert.
Die Nachfolgelösung? Ein Fragezeichen.
Nachfolgeregelungen bei KMU oder Familienfirmen sind für alle eher schwierige und zeitintensive Vorhaben.
Gerade die Markenfirmen oder Manufakturen mit einer echten Pionier- oder charmanten Gründergeschichte favorisieren eine neutralere Lösung ausserhalb des Hauses, wenn die Nachfolgeregelung nicht „en famille“ gelöst werden kann.
Bei bekannten Modefirmen, Trendsettern aus dem Sportswear-Segment oder bei profitablen oder serbelnden Lifestyle-Unternehmen entscheiden sich die Gründer vorzugsweise für einen sogenannten „Trade sale“, also eine Lösung innerhalb der Branche.
Oftmals ist das Vertrauen in gleichgesinnte Fachleute gegenüber dem Lebenswerk grösser als die Versuchung, den verlockenden Angeboten von Drittparteien und Investorengruppen zu erliegen.
Bei Künzli Schuhe dürfte ein MBO (Management Buy-out) durch die engagierten Fachleute im Betrieb eine solide Option sein. Dito, was die Fabrikation in Albanien betrifft.
Mitarbeiter werden Mitinhaber.
Privatinvestoren könnten die Künzli Schuhe in zwei Richtungen bewerten, einmal den Ortho-Sektor, sodann den Sport-Bereich.
Und falls das Firmenareal zur Holding gehört getrennt auch den Bodenpreis.
Schuhhersteller als Springer in der Not werden die Fabrikation eher nicht übernehmen und maximal für die Marke „künzli“ offerieren.
Die Wiederbelebung findet dann in den eigenen Fabrikhallen statt. Egal wer die Marke „künzli“ dirigiert, es braucht richtig Geld, um hier wieder auf die Beine zu kommen.
So stellt sich als Kernfrage: Wie viel Markenstrahlkraft ist noch?
Insider empfinden den Auftritt, das Marktverhalten sowie das Design der Markenfirma diplomatisch ausgedrückt „stark ausgetreten“.
Es komme wenig Überraschendes, und die Erfolgsfaktoren seien längst abhandengekommen.
Den Aufschwung im Schwinger-Sport hat man als Multiplikator verpasst, an einen grossartigen Markenauftritt erinnern sich leider nur wenige.
In den Lifestyle- und People-Magazinen findet die Traditionsmarke nur noch sporadisch Eingang.
Ehemalige sportive Erfolge sind kaum kommuniziert. Das Ortho-Segment bewegt sich leise.
Was ist nur mit dem anerkannten Marken-Kern passiert? Wo sind die Haus- und Produkte-Philosophie geblieben? Wo die sportlichen Erfolge?
Wo ist das Markentestament?
Fakt ist leider: Niemand weiss offenbar, wofür die Marke „künzli“ einsteht.
Wie lautet das hauseigene Markenversprechen auf Basis der wunderbaren Herkunftsgeschichte? Und welche Image-Faktoren tragen publikums- und medienwirksam die Mission „künzli“ Schuhe aus Windisch?
Nochmals. Wo ist das Markentestament?
Wie viel Philosophie und Wertigkeit sind denn noch drin in der ehemals oft ausgezeichneten und gefeierten „Marke“, wenn das Markentestament nicht gelesen, verstanden und angewendet wird?
Ein Umstand, womit jede Marke schnell an Profil, Einzigartigkeit und zukunftsweisendem Potenzial verliert.
Was, wenn die neuen Lenker der Traditionsfirma das generische Markenverständnis zu wenig begreifen und einbeziehen.
Die Marke ist zwar einem bedeutenden Anteil der Bevölkerung ein Begriff (Grundgesamtheit in Prozent), wobei da schnell auf eigene Erfahrungen mit Produkten und gewissen Unzulänglichkeiten hingewiesen wird.
Was früher offenbar weniger der Fall war.
Der bezahlte Preis und sein Goodwill können nur eingespielt und die Markenfirma prosperierend ausgebaut werden, wenn die eingesetzte Firmenleitung das Markentestament als Leitfaden für künftige Erfolge interpretiert und zeitgemäss einfliessen lässt.
Auf dieser überlieferten Gründer-Philosophie basiert schlussendlich die bisherige Identität und Wertigkeit der Unternehmung, deren Kernkompetenzen und das gewinnende Verständnis im Markt.
Und genau für diese bisherige Firmen- und Marken-Story, welche von ihren Fans langjährig mitgetragen wurde, hat die Käuferschaft für das Traditionshaus gutes Geld gezahlt.
Nur der Respekt gegenüber dem bisher Erreichten verbindet einen Inhaberwechsel oder gar den Neubeginn mit der bisherigen Käuferschar.
Und erst dann kommen zusätzliche Gruppierungen zur Marke.
Wem das nicht oder ungenügend gelingt, der verpasst seine Ziele, verliert seine treusten Jünger – die einzahlenden Kunden – und muss eher früher den Investoren Rede und Antwort stehen.
Fazit: Investoren tun gut daran, sich vor einem Engagement eine Markenbilanz der Traditionsmarke vorlegen zu lassen, um die tatsächliche Wertigkeit und die Dauer der Revitalisierungsphase optimaler nachvollziehen zu können.
Die Frage, wo ist das Markentestament, entscheidet über das Invest mit. Wer etwa die Gründer-Story weglässt, amputiert den Markenwert um sein stärkstes Element.
Das Management muss die DNA der Marke verstehen, ja verinnerlichen, und die Firma unter Einbezug des vielfältigen Markentestaments optimal aufstellen sowie deren Sortiment ideal ausrichten.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dieser langfädige Text hat mir 10 Minuten meines Lebens gestohlen, ohne dass ich danach nur ein kleines bisschen schlauer wäre.
Dabei hätte die Firma an und für sich schon Stoff für einen Artikel gegeben. Beispielsweise sei die Frage erlaubt: Wenn es um die Firma tatsächlich so schlecht steht, warum sind dann in den letzten ca. 20 Jahren div. Stories erschienen, wie die aktuellen Eigentümerin sie angeblich erfolgreich wiederbelebt hat?
Einen Tatbeweis hat sie jedenfalls bereits geliefert: Wer kurz vor Erreichen des ordentlichen Pensionsalters – angeblich ohne Not – einfach die Tür zusperrt, ist gewiss keine Patronne (da darf man ruhig mal Richtung Heinrich Villiger schielen, auch wenn dies das andere Extrem darstellt)! -
Wo Sarkasmus zu viel des Guten ist, hilft nur noch Poesie.
Herrlich. -
Emotionale Produkte benötigen ein emotionales Fundament. Da liegt der Autor Schindler schon richtig mit der Markenstrahlkraft. Worin liegt der grosse und margenträchtige Unterschied zwischen einer Ledertasche von «Louis Toujour» oder «Louis Vuitton»? Genau, in der Botschaft, im publikumswirksamen Auftritt, in der gesellschaftlichen Wahrnehmung.
Die LV-Trägerin bekommt den LV-Code und damit die Chance als wertig, stilbewusst und gutsituiert von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Die Louis Toujour-Tasche hat fast identische Herstellkosten, keine nach aussen wirkende Botschaft für die Trägerin dafür einen günstigen Preis mit kleiner Marge. Bei gleichem Tragnutzen.
(NB: Louis Vuitton erlernte 1837 das Gepäckhandwerk. / s.Wikipedia) -
Viele Leute, von alt bis jung,laulfen mit Turnschuhen aus Asien herum.
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Für jeden Schuh,
den passenden Schuh.
Muh. -
@Walter Scharnagl
Walter, die Schweizer ON Schuhe aus Vietnam mit Roger als Werbefigur verkaufen dir den Schuh Produktionskosten in Vietnam CHF 19 – Du als Bioschweizer mit Ur-Milch- Parteibuch, kaufst ihn wegen der Schweizer Qualität für CHF 220,- –
Merkst was Walter?
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Hätten Künzli-Schuhe sich den allwissenden Beratern anvertraut, wären sie vermutlich schon längst pleite gegangen.
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Komisch, irgendwie scheint es bei dieser Diskussion nur um die „Marke“ zu gehen (der Wert hier dürfte gleich null sein, da nur noch wenigen Sport-Nostalgikern Ü60 ein Begriff). Entscheidend wären andere Faktoren wie die Qualität und das Design des Produktes, dass es in der Schweiz hergestellt wird ohne Ausbeutung von Drittweltländern, hier Arbeitsplätze sichert, vom Schuhmacher repariert werden kann usw. Verkehrte Welt.
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Hergestellt werden die Schuhe in Albanien, also in der zweiten Welt. In der Schweiz sind 11 Arbeitsplätze betroffen.
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„Niemand weiss, wofür die Marke einsteht.“ für fünf Streifen eben – hat habe keine 5 Freunde dafür…
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coach oder genauer: Oberlehrer, der alles meint, besser zu wissen: hatte er selber mit einer seiner Marken schon Erfolg oder ist er Berater, d.h. erfolglos geblieben?
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Unsägliches Textbaustein blablabla… nehmt diesem Möchtegernberater den Marketingratgeber aus dem Brockenhaus weg und schickt ihn ins Altersheim.
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ist das wieder so eine SwissMarke a la ShissCom, ShissAir, ExpertShuisse?
was ist nur aus der so stolzen und reichen Schweiz geworden? -
wenn man eine Qualitäts-Marke generiert sollte man auch stets Qualität liefern!
Wir vom Weltmarktführer in Deutschland pflegen, zu unseren Worten zu stehen!gez.
Adidas Brand Management -
LH mir wird übel. Dieses ellenlange Geschwafel ist eine Zumutung für jeden Leser. Die Autoren von IP sinken täglich, mein Bedarf ist gedeckt. Die Zeit auf IP reut mich….
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„Never stop sinking“ – we are proud of our high-quality slogan!
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Wenig elegante Art sich als Experte zu postulieren
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das haben Hohl-Birnen so an sich … – musst du doch kennen?
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@Thomas Hohl
Experte für was, Rollpullies?
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Da hat die Marketing Dame wohl gepennt im Home Office…
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Ist Hanro noch Schweizerisch? Wird mittlerweile in Oesterreich und Portugal gefertigt. Die Telefonnummer hat eine +43-Vorwahl. Der Aktienkurs von Calida sinkt und sinkt. Wielange die Aktionäre noch einen jährlichen Gratispyjama erhalten? Schild wurde in Globus integriert und ist nach Thailand verkauft. Voegele-Shoes existiert nicht mehr. Ja. Traurig. Ich habe noch einen Mammut-Rucksack, der in China scheinbar ein Glücksbringer ist (Leute drücken das Markenlogo). Die sind nun deutsch? Jedenfalls nicht mehr Teil der Conzzeta und die sind nun Bystronic. Und deren Aktienkurs geht auch ohne Bekleidungsgeschäft Richtung Süden.
Gähn…
Und nun auch noch Künzli-Schuhe. Kenne ich gar nicht. Schon tragisch, wenn irgendein aargauisch-zürcherisches Produkt nicht mehr im Schuhladen erhältlich ist. Als Wutbürger würde ich das auch als Ausverkauf des Abendlandes empfinden. Jetzt muss man die gestreiften Schuhe statt vom Künzli doch noch vom Orginal kaufen. Krass. Die Welt geht unter. -
Auf neue Materialien wie GoreTex, schoeller Softshell und so weiter wurde verzichtet. Neuentwicklungen völlig ignoriert. Atmungsaktive Schuhe? Innovationen? Das brauchte es bei Künzli nicht. Nein, Künzli handelte mit Schuhen aus zusammengeklebtem Leder mit Gummisohlenbestückung. Das unverändert gleiche Produkt seit 70 Jahren. Verkauft wurden die „Opa Sneakers“ dann für 300. Happig!
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Werbespot?
Markenbilanz, natürlich vom Autor.
Er bettelt ja darum, etwas geschwätzig und langfädig.
Aber, ja, warum kein Management Buyout?-
pupsi-bär!
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Es würde nicht erstaunen, wenn das Management oder ein anderer Interessent ein paar Millionen bezahlt hätten. Die Besitzerin wollte aber mehr haben, also den Gewinn der nächsten 5-7 Jahre. Das konnte oder wollte niemand bezahlen.
Jetzt liquidiert sie alles und wird in etwa das erhalten, was man ihr geboten hat. Was ist die Moral der Geschichte: Gier und Stolz verunmöglichen eine Weiterführung. Schade.
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Der Autor hat recht – es muss Markenstrahlkraft haben. Es sollte aber auch Spannkraft entwickeln, wie Shamtu Shampoo.
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Langweiliges Beratergeschwätz ohne jeglichen Praxiswert.
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Auch so einer der alles besser weiss. Leider nur nachher.
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mir kommt das Bewusstsein und Erleuchtung auch meist post-latrinum!
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Blöder Schwafli….
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Zum Text des Autors (Zitat unten):
Wenn die Leute nicht wissen, wofür die Marke Künzli steht, warum muss ich mich dann als neuer Eigentümer an die den Menschen unbekannte Gründerphilosophie orientieren? Vielmehr kann ich die dem Namen nach bekannte Marke nutzen um ein neues marktfähigeres Markenprofil zu etablieren!Autor: „Die Frage, wo ist das Markentestament, entscheidet über das Invest mit. Wer etwa die Gründer-Story weglässt, amputiert den Markenwert um sein stärkstes Element.
Das Management muss die DNA der Marke verstehen, ja verinnerlichen, und die Firma unter Einbezug des vielfältigen Markentestaments optimal aufstellen sowie deren Sortiment ideal ausrichten.“ -
Viel spannender wäre es zu wissen was Loomit in Pattaya, Villa Garmania, so treibt. @Lukas: Kannst du ein Expeditions-Team zusammen stellen? Stoiker und Frenkel sind sicher auch mit von der Partie.
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Nicht nur Loomit’s – Auch Pierin’s Treiben würde interessieren….
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Loomit ist verschollen. Seine 12 Kinder (alle von verschiedenen Frauen) erhalten nun eine Waisenrente vom Schweizer Staat.
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Künzli war schon bei der Gründung wegen den uncoolen, langweiligen, bünzlihaften Firmennamens faktisch Konkurs.
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Es gibt noch FCZ-Fans, die sich an Fritz Künzli erinnern. Dieser hatte zwar mit dem Schuhproduzenten ausser dem Namen nichts gemein, aber er fuhr amix mit dem Porsche an den Match und wirkte auf Frauen (1970-er Jahre Stil mit toupierter Frisur) sehr cool.
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Und Fritz trug
Künzli- Schuhe.
Köbi, Leimgruber und Stierli 1&2 auch.
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Marken muss man auch beerdigen können. Dafür entstehen andernorts neue. Das ist der Kreis des (Wirtschafts-)Lebens.
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Black Rock ist nur durch den US Staat dermassen gross und mächtig geworden. Ebenso etliche andere US Konzerne denen der Staat zur schieren Grösse verholfen hat. Das war oft auch in der Schweiz der Fall wenn sich der Staat entschlossen hat ein Produkt zu verwenden. Die Wander Ovomaltine ist so ein Fall… nun, leider wurden vielen Staaten derartige Zentralplanerischen Vorhaben untersagt, die WTOVwrträge und die Bilateralen wollen es so. In mancher Gemeinde werden staatliche Aufträge immer mal mit dem Zusatz (nicht WTO Unterliegend) versehen um lokale Anbieter unterstützen zu können. Ich find es ist viel zu viel Liberalismus zelebriert worden, mit enormen Schäden für Individuum, Gesellschaft & Staat und immer wieder auch Freiheit und Wohlstand zerstört worden. Die USA tun das übrigens Regelmässig, ihre Konzerne und nationale Wirtschaft unterstützen…
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leider hast du von den staatlichen Subventionen wohl nicht profitieren können, Heiri? – als aufgeweckter Mensch muss man halt doch früher aufstehen – Pech das!
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Viel spannender wäre es zu wissen was Loomit in Pattaya, Villa Garmania, so treibt. @Lukas: Kannst du ein Expeditions-Team zusammen…
Langweiliges Beratergeschwätz ohne jeglichen Praxiswert.
Wenig elegante Art sich als Experte zu postulieren