Gestern gabs erstmals seit zwei Monaten Good news für die Moonshot-Truppe. Der Finma-Beauftragte liess die Le Bijou vom Haken.
Das Ur-Unternehmen des Moonshot-Investoren-Netzwerks darf wieder um reiche Kunden für seine Traum-Immobilien werben.
Kriegen damit jene recht, die hinter dem Finma-Vorgehen mit der Schliessung aller Konti und verhängtem Maulkorb bei 100’000 Franken Strafe eine massive Überreaktion des Watchdogs vermuten?
Oder die anderen, die werweisen, ob Moonshot vor allem eines ist: ein Big Scam?
Sicher ist, dass Zürich, Zug, Bern und das Tessin gerade einen der spannendsten Thriller der letzten Jahre erleben – einer Zeit, in der die Euphorie mit Immo-Ideen keine Grenzen mehr kannte.
Minuszinsen sei Dank.
The Sky is the Limit. Oder, wie hier, der Mond. Moonshot sammelte laut einer Quelle 70 Millionen Franken von kleineren und grösseren Investoren ein.
Einbezahlt anfänglich auf Konten bei der Credit Suisse, danach bei der Schwyzer Kantonalbank sowie einer Raiffeisen-Bank.
Es könnten auch mehr sein; die genaue Summe behalten die Protagonisten für sich. Der Mann im Zentrum, Alexander Hübner, schweigt – mit Verweis auf die Strafandrohung des Finma-Beauftragen, einem Anwalt der Zürcher Kanzlei Bellerive.
Hübners Fürsprecher stammt ebenfalls von einer bekannten Partnerschaft, der MLL am Schiffbauplatz in Zürich. Der reagierte gestern nicht auf Fragen.
Dafür mobilisieren die Investoren, die um ihren Einsatz fürchten. Eine dritte involvierte Kanzlei – was für eine Juristen-Schlacht -, die Nater Dellafior an der Stockerstrasse, mitten im Financial District, sucht Interessierte für eine Klage.
Gegen die Finma – den Watchdog.
Die Klage umfasse die „Interessenwahrung der Investoren“ der verschiedenen Gesellschaften von Le Bijou „gegenüber der FINMA“, so der zuständige Nater-Dellafior-Partner.
Billig kommt das die Geldgeber nicht. Die Stundenansätze bewegten sich „von CHF 320 bis CHF 800 (exkl. Mehrwertsteuer)“.
Man bitte um „einen Vorschuss von CHF 5’405 (inkl. MWST)“, schreibt Roberto Dellafior. Er selbst koste für seine zu Papier gebrachten Zeilen über 6 Seiten plus 3 Seiten noch leere Namens-Listen für mögliche Geschädigte 720 Franken pro Stunde.
Der Brief war adressiert an die „Investoren Le Bijou“, mit Adresse in Zug an der Gubelstrasse – dem Sitz der „Le Bijou Holding AG“, zu Handen von „Herrn Alexander Hübner“.
Kommt der Angriff auf die Finma zustande? Hat er Chancen? Oder müssten sich die Geldgeber die Frage stellen: Sind wir Schlaumeiern auf den Leim gekrochen?
Alexander Hübner und seine damals noch nicht mit ihm verheiratete Partnerin Madeleine gingen 2017 mit Le Bijou an den Start. Sie mieteten – möglicherweise handelt es sich teils auch um Käufe – Wohnungen oder Häuser.
Die standen oft an Traumlagen: Bahnhofstrasse 18 (eigentlich Kappelergasse) in Zürich, Limmatquai 82, Lintheschergasse 23 beim Zürcher Hauptbahnhof, Schauplatzgasse 22 in unmittelbarer Nähe des Bundeshauses in Bern.
Dann bauten sie um – und wie. Nur das Teuerste und Beste war gut genug. Die Sanierungen der Wohnungen muss jeweils in siebenstellige Kosten-Höhe gegangen sein, sagt ein Architekt, der von Anfang an auf dem Le Bijou-Verteiler stand.
„Danach wurden die Wohnungen für 1’000 Franken pro Nacht angeboten“, führt der Gesprächspartner aus. „Dafür kann man im Superhotel übernachten.“
Dort aber gebe es vom Concierge über Zimmerservice, Spa, Frühgstücksbuffet und Limousinen-Service alles, was das Herz von Superreichen begehre.
Bei Le Bijou? „Da erwartete einen ‚James‘.“ Gemeint ist ein Tablet mit einer App, die den Gästen per Klick ihre Wünsche erfüllen sollte.
Selber Gewünschtes eintippen, so das Motto – Tech statt Portier, das senkt die Kosten. „Umso mehr rührten die Le Bijou-Leute die Werbetrommel, mit teuer anmutenden Webseiten, Youtube-Videos, Partys.“
Am Zürcher Limmatquai, wo die legendären „Filles“ von Singer-Songwriter Stephan Eicher stolzieren, luden die Le Bijou-Gründer zur Investoren-Roadshow.
Der Gesprächspartner war dabei. „Hinter einer trostlosen Strassentür und einem schmuddligen Gang trat man ein in die Wohnung und: Wow. Was für eine Loge, was für eine Sicht.“
Das Publikum sei gemischt gewesen. „Das waren nicht die typischen Vermögenden in edlem Tuch, auch nicht die neuen Millionarios, die auf leger machen, sondern die Mittleren, die Normalos, Junge und Ältere gemischt.“
Ihnen schmierten die „Le Bijous“ Honig um den Mund. Hohe Zinsen, vierteljährlich überwiesen, sicher investiert dank Traum-Immos an besten Lagen.
„Ich kriegte 8 Prozent fürs erste Jahr, dann 8,5 Prozent fürs zweite“, sagt ein Investor, der 2022 total 150’000 Franken investierte.
„Die Zins-Zahlungen erfolgten pünktlich. Als das 2-jährige Investment auslief, empfahl man mir, dabei zu bleiben. Ich beharrte auf Rückzahlung des Investments, was dann im Frühling 2024 umgehend geschah.“
Die entscheidende Weichenstellung in der Moonshot-Geschichte erfolgte 2019. Der Anwalt der Hübner-Kanzlei MLL holte damals bei der Finma grünes Licht für eine Art Franchising ein.
Die „Le Bijou Hotel & Resort Management AG“ in Zug wollte ihre teuer sanierten und herausgeputzten Wohnungen zur Vermarktung und Vermietung Schwestergesellschaften überlassen.
Als erstes einer frisch gegründeten „LG23 Central Station House AG“, ebenfalls in Zug.
Die Finma zeigte sich am 8. Mai 2019 damit einverstanden.
Solange die LG23 „selbst unter eigener Firma auf eigene Rechnung und Gefahr massgebliche Teile des operativen Geschäfts effektiv ausübt“, falle das Vorhaben nicht „unter das Kollektivanlagegesetz“, hielten die Finma-Zuständigen in ihrem Schreiben fest.
Der MLL-Jurist stützt sich bis heute auf das Plazet der Finanzpolizei ab. Das Konstrukt sei legal, halte sich an alle Vorgaben – das habe die Finma nach eingehender Prüfung selbst bezeugt; für eine „Gebühr von CHF 3’000.00“.
Mit dem Finma-Freipass in der Hand zündeten die Le Bijou-Leute Stufe 2 der Rakete für ihre Reise zum Mond.
Die zwei jungen Hübners, inzwischen verheiratet, stiegen ins Private Equity-Business ein. Nicht auf kleinem Feuer, sondern wenn schon, dann richtig.
Ab 2020 gründeten sie dafür zwei neue AGs: die HFWM fürs Geld-Auftreiben, die MISP für die mit den Investoren-Millionen erworbenen Assets.
Bei diesen handelte es sich um Tracker-Zertifikate auf Highflyer-Aktien: SpaceX von Elon Musk, ebenfalls vom Super-Milliardär dessen AI-Firma, dann die andere ganz Grosse im Geschäft mit der Künstlichen Intelligenz: ChatGPT.
Plus viele mehr. Man freue sich, den „Beginn einer neuen Ära nahtloser Wearables-Technologien durch Aether Eyewear anzukündigen“, frohlockte das „Moonshot-Team“ im Frühling 2023 in Emails an interessierte Investoren.
Die Aether würde mit „fortschrittlichen KI-Funktionen die Zukunft der Brillen“ mitbestimmen.
Am 31. Mai 2023 um 5 Uhr an der Bahnhofstrasse 18 – dem Le Bijou-Haus an der Kappelergasse – könne man sich an der „Aether Live-Präsentation mit den Unternehmensgründern“ vom Potenzial der Super-Technologie ein Bild machen.
Zwei Arten von Anlagen seien möglich: ein Bond Investment für 9,25 Prozent Zins, „paid monthly“; dafür brauche es ein „minimum ticket of CHF 25’000“.
Oder ein „Tracker certificate on Aether shares“, da könne der Anleger mit einem „equity multiple of 11.25-15.54x“ rechnen; auch dafür musste man mindestens 25’000 Franken einzahlen – bei „5-7 years of the investment horizon“.
Sprich: So lange blieb man gefangen. Exit? Chancenlos.
„Solche Konstrukte waren damals längst bekannt und absolut anerkannt in Anlegerkreisen“, sagt jener Zürcher, der 150’000 Franken in einen Bond investiert hatte von Le Bijou.
Die war 2021 Teil des Moonshot-Netzwerks geworden. „Ich glaube nicht, dass diese Tracker-Gelder verloren sind“, so der Investor.
Der Architekt, der über die teuren Le Bijou-Umbauten und das edle Marketing mit teuerster Werbung die Stirne runzelt, ist anderer Meinung. Seine Skepsis untermalt er mit Projekt „Amea Villas“.
Es dürfte sich um das grösste aller bisherigen Moonshot- und Le Bijou-Vorhaben handeln. Mit Abstand.
Im Tessiner Ronco, einem Weiler oberhalb Ascona am Lago Maggiore, planen die Hübners mit dem Geld ihrer Investoren eine Villensiedlung der Hyper-Klasse.
In einem Video ist rot das Baufeld eingezeichnet; es liegt mitten im Wald. Die Behörden im Tessin hätte grosse Freude am Projekt und bisher sämtliche Bewilligungen erteilt, liessen Alexander und Madeleine Hübner verlauten.
„Eine Luxus-Siedlung im Schweizer Wald? Mit Flächen-Rodungen? In der heutigen Klima-Zeit?“
Der Architekt, der heute eine Risk-Analyse-Firma betreibt, glaubt nicht, dass die Promotoren das Versprochene je realisieren können.
Alexander Hübner, Kopf und Treiber hinter Moonshot, kennt das Tessin. In Minusio, unweit von Ascona, residiert er zwischen Tessiner Palmen und mondänen Nachbarhäusern – Traumblick auf den grossen See inklusive.
Für seinen Flug ins Finanz-All installierte Hübner an zentraler Stelle eine junge Frau mit Wohnort Amsterdam. Diese übernahm 2022 das jeweilige Präsidium der beiden Firmen im Herzen des Moonshot-Gebildes, der HFWM und der MISP.
Ihr Beruf? Fashion-Queen. Die Frau ist Co-Gründerin eines Unternehmens namens Pause Fashion Hub. Im Netz steht:
„Pause Fashion Hub is a thriving community of some of the world’s coolest sustainable fashion brands, by which (L.) and (R.) aim to provide consumers and brands alike, a space to rethink their choices and gradually transition to a lifestyle that promotes conscious and mindful consumption of fashion.“
Auf die Frage, was eine Mode-Königin auf dem Präsidentenstuhl eines Millionen-Finanz-Vehikels verloren habe, hiess es aus dem Umfeld von Alexander Hübner, dass viele Aufgaben von Freelancern erledigt worden seien.
Bei den Immobilien und der Vermarktung grenzenlos, beim Personal knallhartes Kostensparen mit Tagelöhnern: Das Phänomen Moonshot gibt mit jedem Tag neue Rätsel auf.
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