Aberwitz eins: Die Dienstleistungsbilanz der USA ist positiv. Seit Jahren.
2023 importierten die USA Dienstleistungen im Wert von 722,7 Milliarden Dollar und exportierten für 993,8 Milliarden. Überschuss: 271,2 Milliarden.
Wollte man der Absurd-Logik von US-Präsident Trump folgen, müssten also die USA mit Strafzöllen belegt werden.
So lange, bis dieser Überschuss, der ja für andere ein Defizit ist, ausgeglichen wäre.
Aberwitz zwei: Das Handelsbilanzdefizit der USA ist eine andere Sache. Es betrug im Jahr 2023 ganze 1153 Milliarden Dollar.
Und es ist kontinuierlich gewachsen – von 750 Milliarden Dollar im Jahr 2013. Das bedeutet, dass die USA auf Kosten des Auslands leben.
Denn sie importieren viel mehr als sie exportieren. Das liegt unter anderem daran, dass US-Produkte schlecht und teuer sind, während Produkte vor allem aus China gut und billig sind.
Wer will schon amerikanische Autos oder landwirtschaftliche Produkte kaufen, wenn er nicht dazu gedrängt wird?
Zudem ist die ganze Herstellung im High-Tech-Bereich (Chips nach Taiwan, Handy, Computer und Unterhaltungselektronik nach China) ins Ausland abgewandert.
Das ist Trump dann doch noch aufgefallen, worauf er diese Produkte eilends von seinen Absurdzöllen von bis zu 145 Prozent befreite.
Oder doch nicht. Oder nur teilweise. Genaues weiss man nicht.
Welche Zölle gelten nun für den Import von Handys, Computern, Halbleitern oder Unterhaltungselektronik? In welchem „Eimer“ liegen die nun, oder sind sie schlichtweg im Eimer?
Da widersprechen sich Mitglieder des Trump-Umfelds öffentlich, und das stabile Genie trägt auch nicht viel zur Klärung bei.
Seine kühne Idee hingegen, dass beispielsweise Apple doch seine iPhones in den USA herstellen solle (statt zu 80 Prozent in China), ist realitätsfern.
Der Aufbau entsprechender Fabriken und das Schulen des Personals dauerte Jahre.
Und dann gäbe es noch das kleine Problem, dass das Lohnniveau in den USA ein wenig höher ist als in Asien.
Die USA leben deswegen auf Kosten des Auslands, weil sie gleichzeitig mit dem Handelsdefizit ein gewaltiges Budgetdefizit haben.
Wir sprechen von 1,3 Billionen Dollar.
Das wird mit laufend frisch gedrucktem (oder herbeigeklicktem) Geld ausgeglichen, das auch das Ausland für seine gelieferten Waren in Zahlung nimmt.
Und was machen die Handelspartner der USA mit ihren Dollars? Sie legen sie vor allem in US-Staatspapieren an, Vorteil USA. Ist dem grossen Dealer entgangen.
Wobei sie zuschauen können, wie der Tauschwert des Dollar seit Jahren nur eine Richtung kennt: nach unten.
Das war nebenbei auch der Hauptgrund, wieso Trump bei seinen gerade erst verkündeten Absurd-Zöllen zurückgekrebst ist.
Dass die Aktienmärkte Achterbahn fuhren, das hat ihn nicht weiter gekratzt. Im Gegenteil, da konnten er und seine Kamarilla mit entsprechendem Vorwissen mehrere goldene Nasen verdienen.
Da aber die US-Staatsanleihen an Wert verloren und ihre Zinsen hochgingen, wurde ihm dann doch beigebracht, dass das ziemlich blöd für die Finanzierung von Staatsschulden und auch für den US-Hypothekarmarkt sei.
Und was passiert, wenn der ins Rutschen kommt, das ist seit 2008 erinnerlich.
Dass die Berechnung der einzelnen Zölle für fast alle Länder der Welt (mit Ausnahme Russlands) völlig absurd ist, wird wohl ausser von seinem Zollguru und Berater Peter Navarro von niemandem bestritten.
Wieso sogar Pinguine und das mausarme Lesotho – neben China – die höchsten Strafzölle der Welt zahlen sollen, gaga.
Wer will denn noch in die USA exportieren, wenn er an einem Tag 31 Prozent Zoll zusätzlich zahlen soll, am nächsten nur noch 10? Oder 20? Und am übernächsten vielleicht 62?
Trump behauptet, rund 75 (oder 90, auch hier schwanken die Zahlen) Staatenlenker würden ihm gerade den „Arsch küssen“.
Abgesehen davon, dass das ein ziemliches Gedrängel bedeuten würde: Was ist eigentlich sein Plan B?
Wenn sich herausstellt, dass er mit diesen Zollerpressungen zwar den einen oder anderen Vorteil herausholen kann.
Das aber auf Kosten explodierender Preise und einer in die Rezession einbiegenden US-Wirtschaft?
Wo bleibt die Handlungssicherheit, wenn jeder, der nur laut genug quengelt, lobbyiert und bezahlt, sofort eine Ausnahmeregelung bekommt?
Zeichnet sich wirklich ein Zerwürfnis zwischen dem mächtigsten und dem reichsten Mann der Welt ab?
Elon Musk hat es bislang nicht geschafft, für seine Teslas ebenfalls Zollerleichterungen durchzuboxen.
Jetzt beschimpft Must Trumps Berater Navarro wüst, der sei dümmer als „ein Sack Ziegelsteine“?
Was Trump auch persönlich nehmen könnte.
Hätte man sich vor drei Monaten vorstellen können, dass ein einzelner Politiker die Weltwirtschaft ins Chaos stürzt?
Dass dieser in den USA eine Rezession auslöst? Und weltweit verunsicherte Konsumenten, Investoren, Hersteller von Exportprodukten mit seinem Zickzackkurs zum Wahnsinn treibt?
Dass ein US-Präsident Regierungsentscheide davon abhängig macht, von wem er hofiert und unterstützt wird?
Dass ein US-Präsident offen zu Börsenspekulationen aufruft, bevor er börsenrelevante Entscheidungen verkündet?
Dass ein US-Präsident mit untauglichen Mitteln versucht, China in die Knie zu zwingen, was in einem Desaster für die USA enden wird?
Dass es ein US-Präsident in nur drei Monaten schafft, dass die Wall Street, die Reichen, die Unternehmer, die Konsumenten auf ihn sauer sind?
Die Hausbesitzer, die Inhaber von KMU in den USA und weltweit ebenso?
Der Treppenwitz der Geschichte ist: Diejenigen, die Trump noch applaudieren, werden ihn bald verfluchen.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Zum Glück gibt’s die Schweiz (die “fast” alles richtig macht), und seine “Experten” und Journis die den baldigen Niedergang Trumps bzw Amerikas voraussagen. Amerika bzw Trump sind sicher sehr stark beunruhigt und verunsichert ob dieser Expertenmeinung. 😂😂😂 Die allgemeine Schweizerische Haltung Amerika gegenüber hat schon immer Züge der La Fontaine Fabel “Der Fuchs und die Trauben” durchschimmern lassen. Anstatt sich ständig über Trump zu ergötzen (hört sich gut an, nützt nix), sollte man sich besser so gut wie möglich auf eine Abfederung der Tarife vorbereiten.
-
Sehr guter Artikel, Herr Zeyer.
Kompliment!
-
Vermute mal, Trump braucht Russland, weil er früher oder später dort Asyl braucht.
-
Der Artikel ist nicht sehr gut, er ist bravurös gut!! Zeyer at its best. Fantastisch geschrieben und auf den Punkt gebracht- Chapeau!
-
-
Danke, Herr Zeyer, für diesen mutigen Text. Finde ich in den Mainstream“medien“ leider nicht. Weiter so und danke
-
Die Kommentare werden wieder sehr selektiv aufgeschaltet….aber ja bei IP gibt es ja keine Zensur und alles, was von der KI akzeptiert wird, wird direkt frei gegeben. Come on…
-
Die USA haben ihr Ziel bereits erreicht! Mit den neu geltenden Zöllen von 10 % (für die ersten 90 Tage) werden die USA ihre Zolleinnahmen vervielfachen. Das entlastet den Haushalt und dürfte zu Steuersenkungen auf privaten Erwerbseinkommen führen. Global agierende Konzerne sind die Hauptnutzniesser des Freihandels; sie werden stärker zur Kasse gebeten und dürfen wieder vermehrt einen Beitrag an die Staatskosten (u.a. Infrastruktur) leisten. Das ist gut so.
-
-
Der Artikel enthält berechtigte Kritikpunkte an der Wirtschaftspolitik von Präsident Trump, insbesondere hinsichtlich der Realisierbarkeit der Rückverlagerung der Apple-Produktion und der potenziellen negativen Auswirkungen hoher Zölle auf die US-Wirtschaft. Allerdings sind einige Aussagen übermäßig vereinfacht (Bsp. pauschalisierte Aussage schlechter Ware – dies müsste differenziert werden) oder etwas polemisch formuliert. Insgesamt bietet der Artikel eine gute, kritische Perspektive.
-
Die Berater-Entourage von Trump tut sich offenbar schwer, eine Zahlungsbilanz zu lesen und zu verstehen. Eigentlich eine einfache Sache und zudem international noch standardisiert. Lernt jeder im Grundkurs Volkswirtschaftslehre.
-
Welcher US Präsident war schon je unabhängig? Oder wie lange Leben unabhängige US Präsidenten? In den USA wechseln die Bühnenauftritte, aber die Regie bleibt immer die GLEICHE!
Die einen begreifen es nie… -
Trump ist ein herausragender Leader. Die freie Welt ist ihm dankbar, dass er die katastrophalen Auswüchse der Globalisierung zurückfährt. Die Oligarchen aus Brüssel, Peking und Kiew können jetzt ruhig ein bisschen zittern.
-
Dringend einen Büsikater aufsuchen, da wird dir geholfen.
-
-
Naja, die teuren, essentiellen Bauteile stammen aus Taiwan, Korea, Irland, Israel und USA.
In China wird nur die Handarbeit gemacht, das Zeug dann in ein Gehäuse zu kleben. Und schmutzige Komponenten wie Batterien.
-
Handarbeit in den USA wie in China? Das ist ja der Irrtum.
-
Trump ist ein herausragender Leader. Die freie Welt ist ihm dankbar, dass er die katastrophalen Auswüchse der Globalisierung zurückfährt. Die…
Danke, Herr Zeyer, für diesen mutigen Text. Finde ich in den Mainstream"medien" leider nicht. Weiter so und danke
Sehr guter Artikel, Herr Zeyer. Kompliment!