Das E-Mail seines Sarasin-Kundenberaters brachte SNB-Chef Philipp Hildebrand zu Fall. Nach dessen Abgang bedrängt es höchste Instanzen: den Bankrat, Prüferin PwC, den Bundesrat.
Am Donnerstag vor anderthalb Wochen, vor seiner ersten Pressekonferenz, hatte Hildebrand das Mail. „I also remember you saying in our yesterday’s conversation that if Kashya wants to increase the USD exposure then it is fine with you.“
Hildebrands zentrales Verteidigungselement, nichts vom Dollarkauf über einen halben Jahreslohn durch seine Frau Kashya kurz vor Währungsinterventionen seiner Notenbank gewusst zu haben, war damit erschüttert. 4 Tage später war er weg.
Damit wird dieses Mail zentral in der Affäre Hildebrand. Es hätte es nie auftauchen sollen. Publik wurde es nur, weil der Sarasin-Direktor seinen Kunden Hildebrand daran erinnerte.
Die von Bundesrat und SNB-Oberaufsicht Bankrat beauftragten Untersucher hatten hingegen nicht danach gefragt. Beide Prüfungen befanden den 500’000-Dollar-Deal der Hildebrands für unbedenklich.
Das sei fahrlässig, sagt ein erfahrener Banken-Kontrollexperte. „In solchen Fällen lässt man sich das sogenannte Journaling herausgeben, dann hat man den ganzen E-Mail-Verkehr auf dem Tisch.“
Hildebrand hatte das Mail in seinem Papierkorb, wie eine involvierte Quelle sagt. Eine gründliche Untersuchung hätte es somit hervorzaubern können.
Von gründlich kann in dieser Geschichte jedoch keine Rede sein. Vielmehr wollten die Instanzen möglichst schnell den Deckel über die Affäre legen.
Nicht nur der angeschossene Hildebrand, sondern auch seine Vorgesetzten im Bankrat und deren Revisionsgesellschaft PwC gingen den Vorwürfen nicht auf den Grund.
Das bestätigt heute die SNB. „Wir waren anfänglich nicht im Krisenmodus“, sagt Sprecher Walter Meier. „Das erklärt, warum wir nicht von Anfang an alle relevanten Mails aus dem Logbuch der SNB herausgefiltert und analysiert hatten. So gesehen war es gar keine richtige Untersuchung, welche die PwC durchgeführt hatte, sondern sie hat einfach die ihr zugänglich gemachten Informationen ausgewertet.“
Müssten die teuren PwC-Profis nicht von sich aus sicherstellen, dass alle relevanten Unterlagen vorliegen? Dass PwC den Ernst der Vorwürfe erkannt hatte, legt die Tatsache nahe, dass Hildebrands Eigengeschäfte von höchsten PwC-Partnern beglaubigt wurden.
Eine PwC-Sprecherin verteidigt die Untersuchung. „Bei solchen Aufträgen geht es darum, die uns vorgelegten Unterlagen zu prüfen“, sagt Claudia Sauter. „Man darf dies nicht mit einem investigativen Auftrag verwechseln.“
Offenbar war die Prüferin aber hellhörig geworden, als sie im Auftrag des Bankrats „die Einhaltung des Reglements“ von Eigengeschäften bei Hildebrand abzuklären hatte.
„Wir wurden von der SNB informiert, dass die EFK (die Eidgenössische Finanzkontrolle, die Red.) ein Gespräch mit Hildebrand wollte, die SNB die Anfrage jedoch ablehnte“, sagt Sprecherin Sauter. „Wir stellten darauf hin verschiedene Fragen. Auf Wunsch der SNB hatten die Fragen schriftlich zu erfolgen, begründet damit, dass auch die Dokumentation der Antworten präzis sind. So stellten wir schriftlich Fragen zur Vollständigkeit der Unterlagen, Begründung von Transaktionen und auch Fragen zum Nachweis der Liegenschaftentransaktionen. Wir erhielten auch entsprechende Antworten.“
Sowohl die PwC als auch die Finanzkontrolle, die im Auftrag der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey in der Causa Hildebrand aktiv wurde, fragten nicht nach dem gesamten Mail-Verkehr von Hildebrand. Statt dessen sprachen ihn beide in ihren Berichten frei.
Sie begründeten dies mit einem Entlastungsmail von Hildebrand. „… you are not authorized to execute any currency transactions unless the order comes from me or I confirm it“, hatte er seiner Frau, dem Sarasin-Berater und dem Compliance-Chef der Nationalbank geschrieben, nachdem sein Kundenberater Kashya’s Dollarkauf mitgeteilt hatte.
Es schien der perfekte „Cover-your-ass“-Beleg für allfällige Untersuchungen. Der Bundesrat und der Bankrat sprachen Hildebrand denn auch kurz vor Weihnachten das volle Vertrauen aus.
Es war jedoch DER zentrale Fehler von Hildebrand. Seine Klarstellung hätte er einzig Frau Kashya und dem SNB-Rechtsdienst schicken sollen, niemals aber dem externen Kundenberater.
Denn Hildebrands Mail setzte diesen unter Zugzwang. Es suggerierte, dass der Sarasin-Banker Deals über das Konto des obersten Notenbanker des Landes abwickeln würde, ohne dafür autorisiert zu sein.
Dem Sarasin-Kadermann blieb nichts Anderes übrig als zu reagieren; und brachte damit ein halbes Jahr später jene Persönlichkeit zu Fall, die vielen unersetzlich schien.
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