Julius-Bär-Chef Boris Collardi jubelt. Er sei „sehr zufrieden“ mit dem „soliden“ Resultat, meint er zum Halbjahres-Abschluss. „Substanziell“ sei der Vermögenszuwachs, „ausgezeichnet“ das Neugeld.
Hinter den Worten steckt eine grosse Krise. Bär droht abzustürzen. Sogar eine Übernahme ist nicht ausgeschlossen.
Wie können Verlautbarung und Realität derart auseinanderklaffen? Der Grund sind Collardi und sein Kauffieber. Der Jungspund ramassierte fast alles zusammen, was auf den Markt kam.
Nun hat er sich übernommen. Der Kauf von Merrill Lynch International wird zum grossen Flop.
Das zeigt die Aktie. Bär stürzte seit Anfang 2014 um 15 Prozent ab. Die CS verlor trotz US-Milliardenbusse „nur“ 5 Prozent. Der SMI legte um 4 Prozent zu.
US-Hedgefunds spekulieren auf einen Einbruch beim Titel. Sie rechnen mit einer hohen US-Busse.
Diese könnte den Kapitalpuffer von Bär auffressen. Dann bräuchte die Bank frisches Geld.
Wie gravierend es um Julius Bär wirklich steht, geht aus einer der massivsten Restrukturierungen der letzten Jahre einer vermeintlich konservativen Schweizer Privatbank hervor.
Die Gruppe wies per Mitte Jahr 5’557 Mitarbeiter aus, davon sind über 1’000 von Merrill Lynch dazugestossen.
Nun schmeisst Bär massenhaft Leute auf die Strasse. Allein von Januar bis Juni baute die Bank 363 Hundertprozent-Stellen ab.
Das ist noch lange nicht das Ende. Für das ganze Jahr will Bär 550 bis 650 Stellen reduzieren.
Vergleicht man diese Dimension mit dem aktuellen Personalbestand, dann muss von einem regelrechten Blutbad gesprochen werden.
Rund 12 Prozent beträgt die geplante maximale Stellenreduktion, basierend auf dem heutigen Mitarbeiterbestand.
Die Zeche zahlen gestandene Schweizer Kundenberater. Sie sind die grossen Verlierer im internen Wettstreit mit den neuen Merrill-Leuten.
Soeben wurden 4 langjährige und erfolgreiche Russland-Privatbanker von Bord geschmissen. Ihre Qualifikationen waren immer gut.
Genützt hat dies wenig. Weil die Merrill-Zuzüger Priorität haben, müssen die Schweizer gehen.
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Dabei sind die Neulinge vom US-Multi viel teuerer. Sie haben bei der Übernahme das Maximum herausgeholt; für sich, nicht für die Bank. Und auch sie werden abgebaut, allerdings zu ungleich höheren Kosten.
Ihre Verträge umfassen Unternehmerklauseln. Damit partizipieren sie am Neugeld, das sie zur Bär-Bank gebracht haben.
Auch die Schweizer Kundenberater der alten Bär kennen unternehmerische Elemente. Doch bei ihnen macht die Erfolgskomponente nur einen kleinen Anteil an der Gesamtentschädigung aus.
Wie stark die Merrill-Übernahme auf die Kostenrechnung drückt, zeigt der vorgelegte Halbjahresabschluss.
Während der Ertrag um 15 Prozent stieg, nahmen die Kosten um 16 Prozent zu. Das Kosten-Ertrags-Verhältnis liegt damit bei knapp 71 Prozent.
1 Prozent mehr Kostensteigerung – who cares? So simpel ist das Problem nicht.
Die Zahl stammt aus der Schönwetterrechnung von Julius Bär. Dabei werden alle Goodwill- und weitere Bilanzposten aus den vielen Übernahmen der Vergangenheit herausgerechnet.
Nähme man die harten Kosten und Erträge gemäss Buchhaltungsstandard IFRS, dann sähe die Lage dramatisch aus.
81 Prozent betrugen in dieser Rechnung die Kosten im Verhältnis zum Ertrag in den ersten 6 Monaten des Jahres.
Das ist zwar spürbar besser als in der Vorjahresperiode, liegt aber weit über dem Schnitt im Schweizer Private Banking.
Zudem lastete im ersten Halbjahr eine 29-Millionen-Abgeltung aus dem Steuervertrag mit England auf der Bär-Rechung. Ohne diese schmilzt der Fortschritt.
Collardi hat alles auf die Karte Merrill Lynch gesetzt. Nun droht er zu scheitern.
Als der Bär-Chef vor zwei Jahren die Übernahme ankündigte, versprach er Merrill-Assets zwischen 57 bis 72 Milliarden Franken, die mit Merrill-Beratern zu den Zürchern wechseln würden.
Per Ende Juni sind es 56 Milliarden.
Das klingt nach mehr, als es ist.
Inzwischen sind die Börsen stark gestiegen. Bär weist per Mitte 2014 betreute Privatkunden-Assets über 274 Milliarden aus, inklusive den Custody-Assets von Externen Verwaltern sind es 372 Milliarden.
Die beiden Werte übersteigen die vor 2 Jahren beim Merrill-Deal prognostizierten Werte um rund 10 Prozent.
Damals sprachen Collardi und sein Finanzchef von 251 respektive 341 Milliarden, welche Bär nach der Merrill-Integration ausweisen würde; und zwar für den Fall, dass 72 Milliarden zuströmen würden.
Nun hat Bär diese Prognosen deutlich übertroffen – und das bei nur 56 frischen Merrill-Milliarden.
Mit anderen Worten: Der Markt hat die Asset-Basis massiv angehoben, nicht die aus der grossen Übernahme stammenden Assets.
Daraus folgt, dass die Merrill-Zuflüsse tiefer liegen als erwartet.
Viel tiefer. Nämlich unter der versprochenen Untergrenze.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Die Börse sieht das anders: Aktie heute plus 10 %.
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Mal eine prinzipielle Frage:
WAS KÖNNEN DIE US-BANKER EIGENTLICH?
–> ausser persönlich „Kohle“ scheffeln!
Man liest die Berichte und längerfristig (also nicht was der Bänker unter langfristig meint) hört man die Bank ist abgewirtschaftet, das Klima ist mies, das Vertrauen ist weg, die Geschäfte immer noh risikoreich.
Gibt es keinen Entrepreneuer mehr, der hier gegensteuert – siehe CS VR dann kann die Antwort nur NEIN sein :0((Wie wäre es den hier mal einen Zuwanderungsbegrenzung von Haifischen einzuführen. Ich bin raus aus allen Bank- und Versicherungsnvestment.
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… nicht zu vergessen die anderen ungelösten JB Probleme:
– katastrophale Stimmung (aufgrund der ständigen Uebernahmen und pendenten Entlassungswelle)
– schwacher VR / Führung / Nepotismus
– ungelöstes IT Problem
– Kulturprobem zwischen ML und JB MitarbeiternMein Tipp: Aktien bei der heutigen Hausse verkaufen!
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Vielleicht kann Insideparadeplatz noch eben kurz zusammenfassen wieviel Boris bei CS und Bär an Total Compensation bekommen hat und wieviele Ferraris er hat. Als Hintergrundinformation damit die Leser wissen worum es geht.
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IP wurde durch Tagi um 13:00h üerholt!
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was ist mit dem Leumi-Staff? Finews behauptet alle würden vom Bär übernommen: „Im Zuge der neuen Kooperation sollen auch die Kundenberater und übrigen Mitarbeiter zu Julius Bär wechslen, wie es weiter heisst.“
quellen nahe Leumi sagen aber was ganz anderes.
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Ich habe zwar keine Details, aber auch wenn die vom Bär übernommen werden, werden sie dann halt ca. 6 Monate später entlassen. Diese Version lässt sich den Private Bankers deutlich besser verkaufen.
Und zudem darf man nicht vergessen, dass in der Bär wohl ein wenig ein rauherer Wind bläst als in einer Leumi, insb. in Sache Targets, in-house Proudcts, usw. usw…. Sprich, auch wenn man nicht entlassen wird, wird es für Viele schwierig sein, mit dem Bär-pace mitzuhalten.
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Julius Bär ist bereits auf den Eisberg gestossen. Nur merken oder wahr haben will es „noch“ keiner. Schon gar nicht der grosse Selbstdarsteller Boris Collardi. Niemand stoppt ihn in seinem Tun. Das Halbjahresergebnis sieht nur oberflächlich gesehen gut aus, im Hintergrund fallen die Kosten total aus dem Ruder. Und wieder einmal trifft es vor allem Schweizer Arbeitnehmer, die zugunsten von wenig fähigen Amis geopfert werden. Schade um diese einstmals tolle Schweizer Bank, die nun im angelsächsischen Sumpf zu versinken droht.
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Deshalb ist die Aktie heute 5.8% „explodiert“……
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Na ja, bei diesem Zahlensalat, den die Medien heute verbreiteten. Vielleicht sollte man die Zahlen etwas mehr hinterfragen und bereinigt betrachten.
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Abwarten ….
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Collardi ist wirklich eine Jungspund und ein Möchtegern mit
Allüren. Dabei ist er ein Backoffice – Mann, der nur dank dem verstorbenen Mentor W soweit ist. Der Absturz des Aktienpreises war vorauszusehen. Collardi hat einen Frontalcrash erzeugt.
Wieder ein Grossverdiener, dem die Flügel nun gestutzt werden. -
Na ja, sieht heute aber ganz anders aus. Spitzenergebnis!
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Ein Spitzenergebnis? Warten wir doch zuerst noch das US-Settlement ab und rechnen dann nochmal nach.
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JB
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Willkommen im Sumpf Julius Bär! Achtung die Angelsachsen kommen und ihr werdet sie so schnell nicht wieder los! Genau das selbe lief in etwa damals ab, als die CS die FB geschluckt hat. Als nächstes werdet ihr bald eine Armada von McKinsey „Präsentatoren“ auf den Fluren antreffen. Und am Ende wird der Boris verkünden: Er wusste von dem alles gar nichts. Wo war er doch gleich nochmals angestellt bevor er damit begann die Bär zu kapern?
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Auch Boris kocht nur mit maximal lauem Wasser. Das wissen alle bestens, welche ihn tatsächlich kennen.
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wie recht Du hast… einer der meist überschätzten Player am Markt mit ganz dürftigem Rucksack aber umso grösserem Auftritt. Schade um die Bank….
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Auch Boris kocht nur mit maximal lauem Wasser. Das wissen alle bestens, welche ihn tatsächlich kennen.
Willkommen im Sumpf Julius Bär! Achtung die Angelsachsen kommen und ihr werdet sie so schnell nicht wieder los! Genau das…
JB